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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 12
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Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
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!(66

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 12.

Vermisstes.

Breslau. Hugo Lederers „Fechter" ist nun in Bres-
lau bei der Universität als Brunnenfigur aufgestellt worden,
wo er übrigens die sittliche Entrüstung einiger schämigen Bres-
lauer erregte, die ihm Schwimmhosen anziehen wollen. Die
Schlesische Zeitung bringt Zuschriften gegen den schamlosen
„Studenten"; sie plaidiert zwar selbst für seine Unterbringung
im Museum, mahnt aber doch von seiner (angedrohten!)
Demolierung ab.
München. Der erste Bürgermeister, Geheimer Hofrat
vr. v. Borscht, hat eine umfangreiche Denkschrift, betr. die
Schaffung eines Ausstellungsplatzes auf der Theresien-
höhe und die künftige Gestaltung des Ausstellungswefens
in München, ausgearbeitet.
München. Ausstellungspark auf der Theresien-
höhe. In der Sitzung eines Kumulativ-Ausschusses von Mit-
gliedern beider städtischer Kollegien wurde beschlossen, Grund-
stückankäufen für Ausstellungszwecke auf der Theresienhöhe
im Betrage von z 200000 Mk. zuzustimmen.
llew-chork. Bei einem Brand in Eornish N. H. wurde
das Atelier des Bildhauers Gaudens vollständig zerstört
und damit eine Reihe nahezu fertiger Arbeiten. So war die
Statue für Marcus Daly zum Guß bereit, das Lincoln-
Nonument war zwei Drittel beendet, während das Monument
für Parnell sehr weit fortgeschritten war. Gaudens teilt mit,
daß er an der Lincoln-Statue zwei Jahre, am Parnell-Monu-
ment über zwei Jahre und an der Daly-Statue ; ^2 Jahre
gearbeitet habe. Das Merk von fast vier Jahren ist ver-
nichtet, und der Künstler muß feine Arbeit von neuem beginnen.
Lileralur-Umscbau.
Berlin. Eine Reproduktion des Lenbach-Porträts
von Kunstmaler Anton Schön er-Berlin, welches die letzte
Aufnahme von dem verstorbenen Meister gibt, ist im Photogr.-
Reproduktions-Verlag von Hermann Boll, Berlins, sq., Unter
den Linden erschienen. Das Bild ist jetzt hier in Keller 6c
Reiners Kunstsalon ausgestellt.
A. Bengc'ler-Albmn. München. Verlag von Braun 6:
Schneider. Preis geb. Mk. 8—. Keinem Freund gesunden
Humors in Wort und Bild — oder hier richtiger gesagt —
in Bild und Wort, hätte der Verlag zn diesen Weihnachten
eine willkommenere Gabe darbieten können, als diese Samm-
lung des bekannten Münchner Künstlers. Das Hengeler-Albuin
reiht sich würdig dem Gberländer-Album an. Speziell die
Leser der „Fliegenden Blätter" finden hier die Einfälle eines
der beliebtesten und hervorragendsten Mitarbeiter in feinster
Ausstattung gesammelt.
Moderne Illustratoren. In zwölf Heften. von Herm.
Eßwein. Verlag von R. Piper 6c Lo., München. Zu-
nächst erschienen gleichzeitig: I. Thomas Theodor Heine,
II. Hans Baluschek, III. Henri de Toulouse-Lautrec, IV. Lugen
Kirchner. Mit den Porträts und Facsimiles, vielen zum Teil
farbigen Beilagen und Text-Abbildungen. Groß-(!Zuart.
Kartoniert mit Segeltuchrücken. Preis je z Mk., bei Sub-
skription auf das ganze Werk Mk. 2.50. — Der Verlag
begleitet diese verdienstvolle Publikation mit folgender Selbst-
anzeige: Unter Illustratoren versteht diese Publikation, welche
keine Fachschrift, sondern eine künstlerische Darstellung sein
will, eine Reihe moderner bildender Künstler, denen das auf
Grund des allgemeinen impressionistischen Rezeptes heute Er-
zielbare nicht genügte, die vielmehr durch die charakteristische
Auswahl ihrer Stoffe, die charakteristische künstlerische und tech-
nische Behandlung derselben sich als Persönlichkeiten von wei-
terem Umfange und geistvollerein Typus offenbart haben, als
der „Maler" des Durchschnittes. — Es handelt sich hier nur
um solche Künstler, die — das Ringen und Kämpfen unserer
Uebergangszeit aus eigenem Ich, jeder nach seiner weise mit
erlebend — sowohl zu eigenartig-persönlichen, als auch zu zeit-
charakteristisch-modernen Werten gelangt find, zu deren Bffen-

barung dann die modernen illustrierten Zeitschriften, voran
der „Simplicissimns", hilfreiche Hand boten. Es gilt nun,
diese Künstler und die Formen, deren sie sich bedienen, als
innerhalb unserer Zeit notwendig und im Hinblick auf das
Wesen unserer Zeit als vollwertig nachzuweisen und so für
das allgemeine Empfinden jene Kluft überbrücken zu helfen,
die man zwischen „hoher" Kunst — l'art pour l'art — und
Kleinkunst, angewandter Kunst heute geöffnet sieht. Soll durch
die Veröffentlichung psychologisches Verständnis für die Zeit-
Eigenart und für das Wesen des neuzeitlichen Künstlers in
weitere Kreise getragen werden, so mußte der Verfasser eine
internationale Elite ganz verschieden gearteter und entwickelter
Persönlichkeiten vorführen, die nur darin einander wesens-
verwandt sind, daß ihr Schaffen den Geist unserer Zeit ver-
deutlicht. Das auf diesem Wege angestrebte künstlerische Zeit-
bild kann natürlich erst im weiteren Verlaufe der in zwölf
Linzelschriften geplanten Veröffentlichung klar hervortreten.
Auch durfte es der Ehrgeiz des Autors nicht fein, jede der
der zum Zwecke der Verdeutlichung eines bestimmten Ge-
dankenganges herangezogenen Persönlichkeiten ihrer ganzen
Tiefe nach ausschöpfen zu wollen. Hätte er das beispielsweise
bei Th. Th. Heine versucht, so hätte der Raum, in den sich
zwölf verschiedene Künstler teilen sollen, dem Vielseitigen
allein gewidmet werden müssen. Hier soll das den Heften
reichlich beigegebene Bildermaterial dem Leser dabei helfen,
die vom Autor jedesmal gegebene Anregung sebständig
weiter auszubauen; zugleich mögen an ihm die persönlichen
Auffassungen des Verfassers kontrolliert werden. In der Fort-
führung der Arbeit wird derselbe immer inehr bestrebt sein,
die unsere heutigen Kunstdebatten so stark färbende Subjek-
tivität zu vermeiden, aber auch die Langweiligkeit, welche
von der zünftigen Sachlichkeit leider fast nicht zu trennen ist,
ist doch das Werk keiner Parteigröße oder einer gelehrten
Autorität gewidmet, sondern Wilhelm Busch.
Die Kunst des Jahrhunderts, o von vr. Friedrich
Haack, Privatdozent der Kunstgeschichte an der Universität
Erlangen, Seiten. Mit drei farbigen Tafeln, einer Helio-
gravüre, einem Lichtdruck und 29; Abbildungen im Text.
Stuttgart, Paul Neff Verlag (Karl Büchle).
wenn wir diese vom Verlag auf das Reichste und Feinste
ausgestattete Geschichte der Kunst des Jahrhunderts auch
nur auf ihre Illustrationen hin durchblättern, so werden wir
zu dem.Zugeständnis kommen, daß die Kunst der neuesten
Zeit an Fülle und Kraft der Ausdrucksmittel turmhoch über
jener der Vergangenheit steht. Die Meisterwerke der Antike
in allen Ehren, aber wer uns Modernen jene zur Nach-
ahmung empfiehlt, der predigt den Anachronismus, den er
sonst verwirft, auf einem Gebiete, das aufs innigste mit
dem Empfinden des Menschen zusammenhängt, was nur der.
verkennen kann, der zu der Kunst selbst kein eigenes inner-
liches Verhältnis finden konnte und in Schulmeinungen er-
starrt ist. vr. Haack hat in diesem Werke eine heikle Aufgabe
im ganzen glücklich gelöst. Heikel war die Aufgabe, weil es
naturgemäß schwieriger ist, über eine Kunst zu sprechen, die
immer noch den Kampf der Meinungen entfesselt, als über
eine Kunst, die dem Streite der Tagesmeinungen entrückt
ist. Daß er bestrebt war, die Kunstwerke nicht nach grauer
Aesthcten-Theorie, sondern aus sich selbst heraus zu betrachten,
ist ein Vorzug des Werkes, den man zu würdigen hat. Haack
hat auch die neuesten Erscheinungen der illustrierten periodischen
Presse nicht übersehen, die, speziell von München ausgehend,
eine große Bedeutung auch für die Künstlerschaft gewonnen
hat. So ist er z. B. auch bestrebt, die Künstler des „Simpli-
zissimus" objektiv zu werten. Aber ein leises pädagogisches
Bedenken kann er doch nicht unterdrücken. Wir möchten dem-
gegenüber doch feststellen, daß für die künstlerische Würdigung
der pädagogische Standpunkt gänzlich außer Betracht bleiben
sollte. Wir haben schon bemerkt, daß auch die Ausstattung
des Buches eine ganz vorzügliche ist. Als Titelbild finden
wir eine ausgezeichnete farbige Reproduktion nach Meister
Böcklins „Vita somnium drsve" aus dem Böcklin-Saale im
Basler Museum, zu dem zu wallfahrten wir bei keinem Be-
such in Basel versäumten.
 
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