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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 24
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Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
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Heft 2fl>.

Die Werkstatt der Aunst.

323

der auch die Ausführung der Räume des Obergeschosses oblag.
Mit der Ausstattung der Räume des Erdgeschosses wurde
Professor pfann betraut, der sich nach definitiver Klar-
stellung des Grundrisses der verschiedenen Räume mit den
Werkstätten für Wohnungseinrichtung (Karl Bertsch)
in Verbindung setzte. Die Arbeit wurde nun in der weise
verteilt, daß Professor P. pfann die Entwürfe zu dem Saal
samt Vorplatz zu fertigen hatte, während A. Niemeyer
das Speisezimmer, w. v. Beckerath das Frühstückszimmer
und Karl Bertsch das Bibliothekszimmer übernahm.
München. (Kunstverglasung.) In den Atelierräumen
der bekannten Münchner Anstalt für Kunstverglasung von
Karl Ule in der Schellingstraße war für kurze Zeit ein großes
Fenster ausgestellt, welches für das Vestibulum des von Hugo
Licht erbauten Rathauses der Stadt Leipzig bestimmt ist.
Bekanntlich sind die dekorativen und plastischen Arbeiten in
diesem gewaltigen Monumentalbau des genialen Leipziger
Stadtbaumeisters zum ganz überwiegenden Teile von Münchner
Künstlern geschaffen worden. So sehr man auch über unsere
Münchner herzieht und vom „Niedergang" faselt — man weiß
doch, wo man hinzugehen hat, wenn man wirklich etwas
Frisches geschaffen haben will. Meßel hat sich ja die von ihm
am herrlichen Neubau des Warenhauses Wertheim zu Berlin
in so ungewöhnlichen Maßen angewandte dekorative Plastik
auch aus München geholt. — Den Entwurf zu dem bei Ule
geradezu mustergültig ausgeführten Fenster hat Julius Diez
geschaffen, wir sehen zwei jugendliche weibliche Gestalten,
deren lebhaft bewegte Gewänder durch die Linienführung der
Verbleiung höchst reizvoll und stilgerecht wiedergegeben sind.
Sie halten mit erhobenen Händen einen grünen Kranz über
ein Becken, aus dem ein Wasserstrahl anfsteigt, um in an-
mutigem Bogen in die Schale zurückzufallen. Das in den kolo-
ristischen Details mit subtilster Feinheit abgewogene Fenster
ist fast durchaus mit deutschem Opaleszentglas ausgeführt.
Es ist die reifste Arbeit, die wir von Jul. Diez bisher auf
diesem Gebiete gesehen haben.
Vermisstes.
Amberg. Die Burg des Feldhauptmanns Schwepper-
mann, Pfaffenhofe, eine landschaftlich überaus schön gelegene
Burgruine im romantischen Lauterachtale bei Amberg in der
Gberpfalz, wird — nach dem „Burgwart" — unter Leitung
des Kgl. Landbauamtes Amberg wieder hergestellt und
zugänglich gemacht. Die Burg war einst im Besitze des tapferen
Feldhauptmanns Seyfried Schweppermann. („Jedem ein Ei,
dem braven Schwepperman zwei.") welchen Zweck eine solche
Restaurierung haben soll, ist schwer ersichtlich.
Berlin. (Schicksale gestohlener Bilder.) Ermittelt
sind jetzt die Aquarelle, die vor sechs Jahren dem Professor
P. Meyerheim durch einen ungetreuen Diener gestohlen
worden sind. Ls waren ursprünglich vier Bilder, welche der
Dieb entwendet hatte. Eine Nachbildung der Arbeiten war
seinerzeit veröffentlicht worden und hatte den Erfolg, daß
zwei der Aquarelle wieder seinem Eigentümer zugestellt werden
konnten. Die beiden anderen Bilder blieben verschwunden.
Jetzt ist der Diener aus Amerika, wohin er sich damals ge-
flüchtet hatte, zurückgekehrt und von der Polizei verhaftet
worden. Seine Flucht nach Amerika entbehrt nicht einer ge-
wissen Romantik. Nachdem er den Dienst bei Professor Meyer-
heim verlassen hatte, war er Krankenwärter geworden. Da
sah er eines Tages in der Hand eines seiner Obhut anver-
trauten Patienten die Nummer der Zeitung mit den Nach-
bildungen der von ihm gestohlenen Aquarelle, Hals über Kopf
entfloh er aus der Anstalt und trat die Reise über das Meer
an. Bei der nach seiner jetzigen Rückkehr erfolgten Verhaf-
tung machte er über den verbleib der noch fehlenden Aqua-
relle falsche Angaben. Die Polizei entdeckte jedoch die Kunst-
werke in der Behausung eines Schneiders, wohin sie auf
Umwegen durch seine frühere Geliebte gelangt waren, viel-
leicht gelingt es nun auch noch, zwei wundervolle Aquarelle,
die vor fünfzehn Jahren aus der Behausung Adolf v. Menzels
entwendet wurden, wieder ans Licht zu bringen. Das eine

stellt zwei alte Harzer Bauernfrauen dar, die mit einem kleinen
Mädchen sprechen, welches eine Puppe am Fuß gefaßt hat
und hinter sich herschleift. Das andere Bild stellt einen Meeres-
strand dar; ein mit zwei Pferden bespannter wagen kommt
auf den Beschauer zu. Die Pferde werden an den Füßen von
den Wellen bespült, während der Knecht nebenhergehl. Die
Zipfel seines roten Halstuches flattern im winde.
Dildesheiin. Das berühmte Kaiserhaus in Hildes-
heim ist nebst den dazu gehörenden Gebäuden für den Preis
von 130000 Mk. in den Besitz der Stadt übergegangen. Auf
dem Grundstück soll eine Schule erbaut werden, das Kaiser-
haus selbst soll an eine andere Stelle desselben versetzt
werden, so daß die jetzt wenig zur Geltung kommende,
höchst interessante Hofseite des Hauses nach der Roland-Seite
hin zu stehen kommt.
Köln. Die Kunsthandlung von Wilhelm Abels ver-
anstaltet im Laufe dieses winters sechs kunstgeschichtliche Vor-
träge. Mit Beihilfe zahlreicher Lichtbilder sprach am ersten
Vortragsabend Herr Oskar Fischl von der Humboldt-Aka-
demie in Berlin über die Mode von der Zeit Ludwig XIV.
bis nach dem Sturz Napoleons. Die vorgeführten Bilder
waren Stiche nach Meisterwerken derjenigen Künstler des
18. Jahrhunderts, die besonders ihre eigene Zeit wiederge-
spiegelt hatten: Watteau, Moreau, Lhodowiecki, Reynolds,
Raff u. a. An dem bekannten Kölner porträtbilde der Familie
Begas wurde die Biedermeiertracht gezeigt. Neben den Trachten
wies der Redner noch auf die wechselnde Mode des Möbel-
stils an Hand dieser Bilder hin.
lleiden (Holland). Holland rüstet sich zur Feier des
300 jährigen Geburtstages Rembrandts (geboren 15. Juli
1606). Bekanntlich lag die Mühle des Vaters des Malers an
einem Arm des Rheins bei Leiden — daher Rembrandt van
Ryn — und an seiner Geburtsstätte soll dem Künstler ein
Denkmal errichtet werden, während Leiden selbst eine Aus-
stellung der Werke Rembrandts und seiner Schüler beabsichtigt.
Die Feier soll im Juli stattfinden.
München. Der berühmte Gobelin des Regens-
burger Reichstagssaales ist jetzt nach vierjähriger Arbeit
in sorgfältigster weise in der Münchner Gobelinweberei von
Frau Mastaglio wiederhergestellt worden, obschon der kost-
bare Wandteppich sehr beschädigt war. Das Werk ist eine
flandrisch-burgundische Arbeit aus dem Anfang des 15. Jahr-
hunderts von einer ganz einzigen Schönheit und Pracht in
Entwurf, Farbe und Ausführung. Dargestellt ist ein Iagd-
zug. Der Fürst ist vom Roß gestiegen, um seinen an ihm
hochspringenden Hund zu begrüßen. Die Fürstin selbst schaut
von ihrem Zelter nieder. Auf der Erde sind wilde, giftspeiende
Tiere zu sehen, nach rückwärts das Gefolge von Paladinen
und Edeldamen, alle hoch zu Roß in ganz wunderbar schönen
Trachten. Ganz entzückend ist der kleine Fries am Fußende,
der in naiver, doch dabei höchst raffinierter Verkleinerung der
Maße und Figuren die ritterliche Galanterie darstellt: kleine,
reigenartige Szenen von süßester Anmut und Zierlichkeit in
der Bewegung und im Aufbau. Der materielle wert des
Wandteppichs ist nicht zu schätzen. Die Stadt Regensburg
besitzt in diesem Stück eines der größten Meisterwerke der
Bildweberei aus ihrer gotischen Blütezeit, aber auch die Leistung
der Münchner Kunstweberei, die ein solches Meisterwerk stil-
gerecht zu restaurieren imstande war, ist rühmlich anzuerkennen.
München. In den mit dem Ratskeller in Verbindung
stehenden Souterrain-Räumen des neuerbauten Teiles im Rat-
haus hat der durch seine dekorativen Malereien bekannte Maler
Joseph Rösl sehr gelungene Travestien geschaffen. Im Stil
sich an gotisierende Ornamentik anschließend sind allerhand
abenteuerliche Fisch-, Frosch- und Fabeltiere verwendet, um
den „Im Sumpf" genannten Kneipräumen ein charakte-
ristisches Gepräge zu geben. Die wandflächen weisen einen
eigenartigen Bilderzyklus auf mit Szenen aus Richard Wag-
ners Nibelungen, alles durch Fische und Frösche in parodistisch-
packendem Humor dargestellt. Der plastische Schmuck der Konsol-
gestalten, die den Abschluß der Stützen der Wölbungen bilden,
stammt von Bildhauer Korner.
 
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