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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 30
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Französisch-deutsche Tauschausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0406

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§02

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 30.

legten, daß der Gedanke in beiden Ländern wohl-
verdiente Beachtung gefunden. Einhellig erklärten
sich die französischen Aünstler bereit, den deutschen
Aollegen den gastlichen Empfang zu sichern, dessen
sie selbst bei uns in so hervorragender Weise teil-
haftig geworden, und hielten im übrigen mit ihren
Meinungen und Vorschlägen über das Projekt nicht
zurück.
Indem wir uns eine zusammenfassende Be-
trachtung der Angelegenheit für den Schluß dieses
Referates Vorbehalten, lassen wir nun, mit freund-
licher Einwilligung sowohl des mehrmals genannten
Verfassers der Artikelserie*) als auch der „Allge-
meinen Zeitung", zunächst diese französischen Aund-
gebungen an Earl Lahm hier folgen, denen sich
die später erfolgten der deutschen Aünstler an-
schließen werden. Es schreibt
Jean j)aul Laurens:
„Die kleine deutsche Kollektion auf der Weltausstellung
von s900 war für alle jene, die wie ich in Paris -eherne'
leben, eine Art Enthüllung; und noch sagte man mir, daß
sie nicht ein vollständiges Bild der Höhepunkte aller Kunst-
richtungen gab. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß eine
im Rahmen des Vorschlags hier durchgeführte deutsche Aus-
stellung, die ich keinen Augenblick zögere, als sensationell zu
bezeichnen, ihren Erfolg haben und sich auch finanziell halten
würde. Der Besuch wäre ganz ohne Frage ein großer, und
für das Ausländische, wenn es einen originellen Charakter
trägt, ist unser kunstfreundliches Publikum soeben eingenommen.
Der Gedanke, daß die deutschen ihre französischen Kollegen und
die französischen ihre deutschen zur Ausstellung bringen und
gewissermaßen ihr Iahreswerk gegenseitig protektionieren sollen,
gefällt mir ganz außerordentlich, von einem solchen Vorgehen
muß die Kunst beider Länder ihre Vorteile haben. Ich bin
durchaus dafür, daß die Kunst keine Grenzen in ihrer Aus-
breitung kennt. Je enger der Kontakt, um so besser. Und so
zählen Sie ganz aus mich, wenn Sie der Ausführung näher
treten. Dann bin ich bereit, mich mit den hervorragenden Kollegen
jeglicher Richtung ins Benehmen zu setzen. Es wäre erstaun-
lich, wenn ein so vorteilhafter plan nicht zum guten Ende
geführt werden sollte."
Henri Martin:
„Ich erkläre mich voll und ganz als Anhänger Ihres
Projektes. Gern leihe ich ihm meinen Beistand, da ich es
gleicherweise im Interesse der französischen wie der deutschen
Künstler und für eine glückliche Solution längst gehegter
Wünsche halte. Ich gebe zu, daß die deutsche Malerei lange
nicht genug bei uns bekannt ist, und daß wir es sehr be-
grüßen würden, wenn uns ihr Studium alljährlich in anderem
Maßslabe als bisher ermöglicht würde. In den Tauschaus-
stellungen sollten alle Schulen unterschiedslos ihren Platz
haben; die Bildung des Komitees müßte auf dies von vorn-
herein reflektieren, weshalb ich sehr für den Eintritt in die-
selben von Nichtkünstlern, etwa von Kunstkritikern und Kunst-
freunden, eingenommen bin. Sobald hier ein solches Komitee
zustande gekommen, wird man sich über die Zweckdienlichkeit
der offiziellen Protektion nach einem Meinungsaustausch mit
den Deutschen zu entschließen haben. Ueber den besten Zeit-
punkt möchte ich mich nicht ohne weiteres äußern. Im

Dieselbe wird in ihrem vollen Umfange demnächst
vom Verlage der „Allg. Ztg." als Broschüre heransgegeben
werden. D. Red.

Herbst ist, was Paris angeht, das vornehme Publikum noch
nicht zurückgekehrt, im Mai, neben den „Salons", das wäre
ein verkehrter Gedanke; deshalb glaube ich, daß die Wahl
aus Dezember oder Januar fallen dürfte."
Rene Menard:
„wir französischen Künstler können uns zur Aufnahme
in deutschen Landen nur gratulieren. Die Gesuche um Aus-
stellungssendungen von drüben kommen oft; es freut uns be-
sonders, daß selbst die deutschen Museen häufiger kaufen; man
geizt nicht mit Ehrungen aller Art. Trotzdem habe ich wie
zahlreiche meiner Kollegen ab und zu die Erfahrung gemacht,
wie unangenehm es ist, wenn man im Auslande keine per-
sönlichen Beziehungen hat. Manche Gesuche wollen mit größter
Vorsicht ausgenommen sein, wenn wir nicht alle Garantien
über die Art der Ausstellungen haben. Und selbst in Aus-
stellungen, in denen wir einige Jahre glänzend behandelt
wurden, passiert es uns hie und da wieder, daß uns be-
sonders wertvoll dünkende Werke so schlecht placiert werden,
daß wir nicht bloß den Zweck der Sendung nicht mehr ein-
sehen, sondern im leicht erregbaren Künstlergemüt uns die
Frage stellen, ob nicht eine gewisse Beleidigung für unser
Talent vorliegt: Wir senden dann nicht mehr. Genau die-
selben Verhältnisse — und dann noch Gründe, die seit ein paar
Jahren mehr und mehr in Wegfall kommen — mögen unsere
deutschen Kollegen abgehalten haben, bei uns auszustellen.
Man kann ja nicht wegen jeder Ausstellung eine Reise an-
treten, um sich selbst von der Güte des angewiesenen Platzes
zu überzeugen; und die Anwesenden oder jene, die im Komitee
ihre Freunde haben, okkupieren die besten Räume. Unsere
-Salons' haben den Ausländern gegenüber die liberalsten
Statuten; man behandelt sie beinahe auf demselben Fuße
wie die Einheimischen. Sie brauchen nur zu senden, und
wenn sie die Prüfung der Kommission bestanden, konkurrieren
sie in den Medaillen geradeso mit wie wir. Trotzdem wissen
wir so gut wie nichts von deutscher Kunst. Lenbach war bei
uns beinahe unbekannt; wie viele von unseren Malern sahen
nie einen Böcklin. von Menzel gab es zyoo gerade einen
Leckerbissen! Man wäre hier beschämt, wenn man über diesen
oder jenen deutschen Meister, dessen Name schon lange durch
die Welt gedrungen, ein Urteil fällen sollte. Deshalb halte
ich den plan einer Ausstellung im Tausch für vortrefflich,
für eine Abhilfe unserer beiderseitigen Beschwerden und für
durchführbar, vielleicht würde man gut tun, in jedem Jahre
einen entschwundenen großen Maler in seinen besten Werken
als Mittelpunkt der Ausstellung zu bestimmen. — Wir fran-
zösischen Maler könnten uns eine bessere Ausstellung als eine
solche unter dem Protektorate unserer deutschen Kollegen nicht
denken Und die deutsche Sammlung würde hier gewiß großem
Interesse begegnen; finanziell gehen hier alle Ausstellungen,
wenn die Kritik der ernsten Presse dafür eintritt, woran es
für eine solche deutsche Musterausstellung niemals fehlen würde.
Der beste Moment in Paris wäre meines Erachtens Januar oder
Februar. Ich stelle mich ganz in den Dienst der schönen Sache."
Henri Gervex:
„Die Idee gefällt mir. Es ist ganz richtig, daß wir
das Fehlen unserer deutschen Kollegen in Paris bedauern,
und wir stellen uns um so lieber in ihren Dienst, als wir
selbst in bewundernswerter Weise in Deutschland ausgenommen
werden. Zudem müßte uns eine jährliche französische Aus-
stellung, wie vorgeschlagen, die außer in Berlin vielleicht auch
in München oder in Wien gezeigt würde, weitere Vorteile
bringen. Die deutsche Ausstellung könnte eines der künst-
lerischen Iahresereignisse in Paris werden; man soll in Deutsch-
land nicht glauben, daß hier ein verkauf — was ja nicht
zum wenigsten in Betracht kommt — ausgeschlossen wäre;
ich bin im Gegenteil der Ansicht, daß sich hier Liebhaber für
die charakteristischen fremden Werke finden werden, zumal
wenn sie in einem nationalen Rahmen zu sehen sind. Falls
die beiden Tauschausstellungen staatliche Protektion genössen —
was in Paris nicht ausgeschlossen ist —, wäre wohl von vorn-
herein die finanzielle Seite der Organisation überwunden, ins-
 
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