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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 4): Südwestdeutschland — Berlin, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.10980#0404

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umgestaltet. Wohlerhalten nur der entsprechende Raum über der
Johannes-Kap. Er ist der erste unumwunden got. Bauteil am
Münster; leider nicht genau zu datieren; doch gewiß älter, etwa
um 1 oder 11/a Jahrzehnte, als das Auftreten des Meisters vom
Engelspfl. Der neue Stil wird hier in sehr selbständiger Auf-
fassung schlicht und kräftig vorgetragen; die Einteilung in 3 x 3
quadr. Gewölbeabteilungen war durch die Johannes-Kap. gegeben.
Die Bestimmung als Kapitelsaal führte zur Verblendung der in
der rom. Bauzeit vorgesehenen Öffnungen gegen das Qsch. Sehr
viel später die bestehende Zwischenwand eingezogen. In ihr eine
interessante, noch rom. Tür wiederbenutzt.

VIII. Langhaus. Im Unterschied zu dem bisherigen verwirrenden
Wechsel der Bauabsichten ist es, obschon zwei verschiedene Meister
an ihm tätig waren, in allem Wesentlichen einheitlich. Der lang-
same Fortgang der OPartien war nur deshalb erträglich gewesen,
weil so lange das alte rom. Lhs. noch im Gebrauch blieb. Der
Neubau begann c. 1250, 1275 wurden die Gwbb. geschlossen.
Es ist wohl die schnellste Bauführung, die wir aus dem Ma.
kennen. Lange Zeit auch der einzige ganz große got. Bau auf
deutschem Boden, der fertig dastand und dadurch den Zeit-
genossen einen vollen Begriff vom Wesen der neuen Kunst gab;
für den Einfluß Straßburgs auf die Entwicklung der Baukunst
Süddeutschlands ein Gewicht mehr. Was das erste Neubau-
projekt, um 1210—20, gewollt hatte, läßt sich in den Haupt-
punkten noch wiedererkennen: der Querschnitt aus den 3 Öff-
nungen der WWand des Transepts, die Neigung der Seitenschiffs-
dächer und damit die Fußlinie der Hochschiffsfenster aus der
Traufleiste der Querschiffsaußenwand, die Höhe der Arkaden-
kämpfer aus ihren Ansätzen an den Vierungspfll. Das System
kann man sich für jene Zeit nur als ein gebundenes denken. Die
Aufteilung des Gr. ergibt 3 Doppeljoche in etwas überhöhtem
Quadrat, wie sie am Oberrhein allgemein üblich waren (vgl. z. B.
Rosheim, Altdorf, Schlettstadt, S. Martin in Worms.) Die Raum-
verhältnisse wären schwer und breit geworden in echt elsässischer
Weise, am ähnlichsten Gebweiler. Ein Menschenalter später, als
man wirklich zur Ausführung schritt, waren diese Anschauungen
veraltet. Ein radikaler Neuerer war auch der got. Meister nicht.
Bei vollkommener Beherrschung der in Frankreich ausgebildeten
Konstruktionsformen ist er in seinem Raumgefühl ein Deutscher
geblieben. Sein Werk ist die vollkommenste bei uns je erreichte
Synthese von weltbürgerlicher Kultur und Heimatkunst. — Auf-
gegeben ist das gebundene System, beibehalten aus dem älteren Pro-
jekt die Höhe der Sschiffe, gesteigert die Höhe des Msch., doch nur
so, daß das schon seit längerer Zeit im Elsaß (Altdorf, Schlettstadt,
 
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