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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 4): Südwestdeutschland — Berlin, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.10980#0406

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hat er nicht erlebt. Von ihm sind die 2 ersten OJoche und die
unteren Teile des dritten. Sein Nachfolger änderte an den großen
Linien nichts, nur die Behandlung der Details verliert etwas von
der Saftfülle und Energie der älteren Teile; vgl. besonders den
Unterschied in den Arkaturen der Sschiffe, aber auch im Maßwerk
der unteren und der oberen Fenster, am meisten die Veränderung
im Strebewerk. Die Gwbb., wenn auch oft ausgebessert, sind im
wesentlichen noch die alten. Ihr Material Backstein.
Eine Besonderheit des Straßburger Münsters ist es, daß gegenüber
der SSeite von jeher ein freier Platz gelegen hat und auch die
NSeite nicht eigentlich beengt ist. So behaupten diese Ansichten
neben der WFassade ihre volle eigene Bedeutung und es war keine
Verschwendung, ihnen die sorgfältigste Behandlung angedeihen zu
lassen. Allerdings wird das Baubild des 13. Jh. durch spätere An-
bauten nicht unerheblich gestört. 1. An den beiden letzten Jochen
des s Ssch. im Winkel zum Qhs. die Katharinen-Kap., erb. 1331
bis 1349; die in gewundenen Reihungen ausgeführten Gwbb. M. 16. Jh.
erneuert. 2. Symmetrisch dazu an der NSeite die Martins-Kap.
1515—20. 3. Die Lorenz-Kap, zwischen den Strebewänden des
NKreuzarms, erb. 1495—1505 von Jakob von Landshut, ihre Fassade
eine der glänzendsten und stilsichersten Leistungen des spgot. Barock.
4. Die an beiden Langseiten vom Qsch. bis zu den Türmen
sich hinziehenden Schranken. Bis 1772 waren hier Kaufbuden
angeklebt. 1772 wurden sie abgebrochen und durch eine monu-
mentale Anlage gleichen Zweckes ersetzt. Zuerst wollte man sie
im Modegeschmack ausführen. Der Münsterwerkmeister Götz setzte
aber got. Formen durch.*) 1848 wurden diese Läden aufgegeben,
die Zwischenwände und Dächer weggebrochen, die Türme ge-
schlossen und ihre Bögen mit Maßwerk ausgesetzt, wie sie noch
heute bestehen, ohne einen ernstlichen Zweck, ohne Denkmalswert,
im Organismus des Münsters ein Fremdkörper. Ihre Beseitigung
wäre ein Gewinn.

IX. WFassade und Türme. An ihnen wurde gebaut 1276 bis
1439.' Fünf Hauptabschnitte, jeder mit einer Abweichung vom
vorangehenden Plan verbunden, sind leicht zu erkennen: 1. Erd-
geschoß mit den 3 Portalen nebst Rosengeschoß; 2. zweites und
drittes Geschoß der Türme; 3. Zwischenbau über der Rose; 4. Ok-
togon des STurmes; 5. Turmhelm. — Für Meister Erwin kann
von vornherein nur der erste Abschnitt in Frage kommen. Aber
auch dieser ist weder in der Erfindung noch in der Ausführung

*) Restaurationen, zuweilen umfassende, in mittelalterlichen Stilformen, waren
im 18. Jh. im Elsaß nichts Ungewohntes, vgl. Andlau, Maursmünster, S. Fides
in Schlettstadt.
 
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