Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

DOI Heft:
No. 1 – No. 26 (1. Januar – 31. Januar)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.43993#0009

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext






Sonntag, I. Januar.

Organ der deulſchen

iIÌÊIÊ.ÏLÏLÏÌÏ.I.u. . .....

Vollisparlei




\ f

in Baden.

Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag

15 in Mannheim und bei allen Voſtanſtallen.













Fraktionen.

Die württembergiſchen Kammer-:

f

ſtellt und das Anstreben eines Südbundes als das einzige
Rettungsmittel für die ſüddeutſchen Staaten bezeichnet fan-
den. Daß die Schaukelpolitikt Varnbülers nicht schärfer ge-

y. Unſcre Ständeversammlung ist nach dreirvöchent-]|tadelt, daß die Verträge neuerdings von der Kammer als

lichem Beisammensein wieder auf unbestimmte Zeit vertagt;]Richtſchnur des Verhältniſſes zu Preußen festgestellt worden,
die ihnen zu-
§

unterdeß werden die verſchiedenen Ausſchüſse
gewieſenen Gesegentwürfe berathen.

cr

wollten sie in den Kauf nehmen, wenn nur in einer Adresse
einer ſüddeutſchen Volksvertretung ofsen ausgeſprochen war,

Ueber die Stärte und Stellung der Parteien auf demſvaß der norddeutsche Einheitsfiaat Wohlfahrt und Freiheit
kurzen Landiag gaben die Wahlen und die Adreßdebattenſves Volkes schävige und doch nicht Gesammtdeutſchland

geiügende Auskunft. Die (demoktratiſcheföderalitiſche) Volts umfafsſe. pie Migel
partei bildete in Gemeinschaft mit der großdeuiſchen Frattion1 Hr. v. Varubüler, der über die Ablehnung der Adresse

den linken Flügel der Kammer der Abgeordneten; beide zu-|sehr erfreut sein und seine Stellung neuerdings ſür ſtärter
sammen, an Stärke eindnder die Waage haltend, zählen 10ſbefestigt anfehen joll, tönnte sich doch verrechnen; oder dentt
bis 42 Mitglieder und haben jedesmal dig Mehrheit in demſer nicht an die Zeit, wo ihm die Preußen für geleiſteten

88-90 Mitglieder zählenden Hause, ſobald 4-6 von denſSuceurs die Rota überreichen werden?

Seine Rede, in

zu keiner Fraktion zähtenden „Wilden“ sich zu ihnen ſchlagen.ſwelchcr er die Idee eines Südbundes als unausführbar zu-

Dieſe Wilden, ihrer Grundgeſinnung nach großdeulſ

ch y in

inneren Fragen mehr der konſervativen Richtung huldigend,taumelung an Bayern proklamirte, war ein wahrer Cier-

geben sonach jedesmal den Ausschlag. Denn den zwei Frattio-

nen der vereinigten Linken, welchen der großdeutſsche Gedante
gemeinſam iſt und die nur in Freiheitsfragen durch eine mehr

oder weniger entſ

ſleht eine Koalition zweier Parteien gegenüber, die sowohl in]Minister genannt , bezeichnet hatte.

ci

der deutschen Frage, als in den inneren Angelegenheiten ſichikannte seine Leute!

von einander unterſcheiden und die, jede einzeln für ſich viel
zu schwach, der gemeinfsame Haß gegen die Linke verbindet.
Es iſt die Regierungspartei, 10 Mann ſtart, charatterlos, wie
alle miniſteriellen Parteien, ohne Programm in der inneren,
ohne Zielpunkte in der äußeren Frage, von der Hand in den i (
Mund lebend, wie ihr Herr und Meiſter Varnbüler und sein Navoleon bestätigte in ſeiner Neujahrsrede den ,„Gei



Politiſche Ueberſicht.
Mannheim, 2.
* Wer unbedingt zu vertrauen vermöchte!

Januar.



Mesrur, der Landvogt Geßler. In ihrer Angjt und Nolh,ſver Verſöhnlichteit", der nach ihm die „verſchiedenen Mächte“

gegenüber der vereinigten Linken, hat sie ſich der national-libe-

ralen Partei an den Hals geworfen, die, 12.13 Mitglieder
ſtark, sür sich ebenſo unmächtig wäre; und ſo bilden jie zuſam-
Nun tvären ſie sreilich|befeſtigen."

men ein Häuflein von 23 Getreuen.

der geſchlossenen Linken gegenüber immer noch in allen Fragen
jn der Minderheit,. wenn nicht die 23 Privilegirten (Ritter-
ſchaftliche, Prälaten u. s. w.) wären, die kraft der Verfaſſung
in der Kammer ſiten, von jeher der „jeweiligen“ RegierungſKonferenz „eine friedliche Löſung erhalten werde! . .
zugethan waren und in neuerer Zeit faſt durchaus mit Sack

ebenſo wie das versloſſene,

<

d Pack ins preußiſche Lager übergegangen ſind, too ſie, nachſuicht ſo roſenfarbig und sieht keineswegs in Vertrauen

den Vorgängen in ihrem Eldorado zu ſchließen, auf ,ferner-
. ;!

weite Verköſtiqung“ hoffen dürfen. Von diesen ertbält
hreußiſch-miniſterielle Partei einen Zuwachs von 19

D

der Konferenz entgegen; wie leicht iſt es geſchehen, ſagt die

die| „N. fr. Pr.“ daß sich „die politischen Kurpfuſcher in Paris

20[zuſammenseßen, um den Bruch unheilbar zu machen, den

Stimmen und damit das Gleichgewicht gegen die großdeut-ſeine geschickte Hand leicht eingerichtet hätte.“

ſchen Fraktionen.
ertvähnten Wilden.

ſlönſt räthſelhaften Päſidentenz-, die Kommisſionswahlen, so-jden Frieden nicht.

Den Ausschlag geben sodann jene oben-

Die Versicherungen Napoleons und Viktor Emanuels,

Mit dieſcm Schlüſſel laſſen ſich nun dieſdie Verſicherungen der Kahinette da und dort gewährleiſten

Unter der gleisneriſchen Decke friedlicher

hie die Abſtimmungen in dec Adreßdebatte erklären. Bei der]Verſicherungen ſpinnen Trug und Argliſt ihre Fäden, und

Präſidentenwahl hielt ſich Kanzler Geßler (Kandidat des rech-
len Flügels, ein gemäßigter Rationalliberater) und Probſt
qroßdeutſch) in mehreren Wahlgängen die Wage; endlich
f Aen einige jener Unentſchiedenen von Probſt ab, und im

slebenten Wahlgang ſiegte schließlich Geßler.

tifen aus der Adreß- Debatte.

&

machen.
. „hat zur Deviſe die Kriegsausſicht,

hstten die Abgeordneten der Volkspartei, um ihre Stellungſden Völkern Frieden werden, so dürfen ſie nicht dem Frie-
ir der Kammer scharf zu bezeichnen, eine Reihe von Amen-ſden der Kabinette vertrauen, der ſie nöthigt, das Miß-
d ments eingebracht, ohne Aussicht, damit durchzudringen.ſtrauen gegen andere Regierurgen zu hegen und darum die

E e erhietten Minoritäten von 86-28 Stimmen.

Aus|eigene Regierung zur ewigen Kriegsbereitſchaft zu stärken.

Y n Volke ſelbſt sind seitdem an diese Abgeordneten genug[Die Völker müssen sich für den Frieden ertlären, deſſen

er. \unternde und

anerkennende Zurufe ergangen, lautelMertmal nicht die Rüſtungen, sondern die Abrüſtungen ſind.

HZengen, daß ſie vom Bolle, das ja überall die lezte In-\Jedes Volt soll nur ſelber den wahnwitziigen Patriotismus
stong und der ſchließlich entscheidende Fattor ist, an Ver-|bannen, der den Frieden durch die verſtärkten Kriegsrüſtungen

tralen dadurch nur gewonnen hyben.

In der deutſchenſgarantiren will. Thun sie Dies, so wird keines mehr über

Frage wurde der nationalliberale Adreßentwurs mit 64|den Wahn des anderen zu klagen haben, den wir mit dem
gegen 23 Stimmen, der miniſteriele mit 51 gegen s6MNamen „Chauvinismus“ bezeichnen; ſind die Völker ſich
Stimmen abgelehnt, (die Preußiſchgesinnten stimmten, nachſihrer wahren Aufgabe bewußt, so werden ihre Forderungen
Verwerfung ihres Entwurfs, für den ministeriellen), derſauch in den Kabinetten erfüllt werden müssen.“

großdeutſche mit 46 gegen 41 Stimmen angenommen.
Als aber die einzelnen Abſätze dieſes großdeutſchen Ent-|Regierung viele Sorgen.

In Spanien machen die Republikaner der proviforiſchen
Eine am 27. Dez. zu Madrid ab-

wurfs zur Berathung kamen, fielen überall, wo das Mini-ſgehaltene republikanische Versammlung hat ſich einſtimmig da-
ſterium die Vertrauensfrage ſtellte, die Halben und Unent-ſhin ausgeſprochen, daß die Munizipalitäten eingeladen wer-
ſchiedene von der großdeutſchen Seite ab, und als vollends|den follen, der von der proviſoriſchen Regierung beabſichtigten
durch einen ſchlauen Oberbürgermeiſter in die Adresse einſEntwaffnung der Miliz entschieden und nöthigenfalls mit den

Kuluksei gelegt und eine deutlich formulirte AnerkennungſWaffen in der Hand entgegenzutreten.

Die republitaniſchen

der Allianz- und Zollverträge hineingeſchmuggelt worden|Munizipalitäten werden dieſer Aufforderung wohl nach-
war, vermochten tnehrere von der vereinigten Linken in demſtommen, und so iſt die provisorische Regierung nach dieser
ſo entſiellten Wechſelbalg die. ursprüngliche Form nicht mehrſSeite hin weit davon entfernt, beruhigt sein zu können. In
zu erkennen und stimmten vereint mit den MiniſteriellenſSevilla, wo die von der proviſoriſchen Regierung vor-

und Nationalliberalen für Verwerfung der Adresse.

Wennſſsorglich zuſammengezogenen starken Truppenabtheilungen einen

die übr'gen Großdeutschen ſich ihnen hiebei nicht anſchloſſen,ſſolchen Widerſtand von vornherein unmöglich machten, haben
jo geſch:h Dieß deßhalb, weil dieselben in einzelnen Sätzenſdie Republikaner zwar sich zur Waffenabgabe entſchloſſen: daß
er Adreſſe immer noch den großdeutſchen Gedanken feſtge-ldie obige Aufforderung aber bercits gezündet hat, beweist eine



rüctvies und Anlehnen an Preußen mit gelegentlicher An-

tanz, wobei freilich nicht an die Mignon, ſondern an den
grauen, fequldbeladenen Harfner zu denken toat. Mir fie-
[en dabei die Worte ein, mit denen unſer verſtorbener Kö-
chiedene Schattirung von einander abweichen, nig einmal Hrn. v. Varnhüler, den man ihm als möglichen
Und der alte Herr

t

beseelt und die Hoffnung beſtärkt, es werde das Jahr 1869,
„die Befürchtungen zerſtreuen
und den für die ziviliſirten Völker ſo nothwendigen Frieden
König Viktor Cmanuel bezeichnete die türkiſch-
griechische Frage als die „einzige wichtige Frage“, die der-
malen vorliege, und stimmte mit allen offiziösen und offi-
ziellen Kundgebungen überein: daß dieſe Frage durch die
. An-
dererjeits hält man die Bilanz des ſéheidenden Jahres für

die Welt hat es zum Deftern erlebt, daß Eroberungsſucht
und Ruhmbegierde den für die ziviliſirten Völker „fo noth-
wendigen Frieden“ nicht länger beachtet haben, als es noth-
wendig war, die Vorbereitungen zum blutigen Kriege zu
„Der Frieden, den die Kabinette bieten“ + ſagt
11 Am Byzeichnendſten ergab sich die Stellung ver Par-[die „Volkszeitung“

In den inneren Fragen|die den andern Kabinetten fürchterlich erscheinen foll. Soll



aus Madrid, 31. Dez., eingetroffene ielegraphiſche Nachricht,

wonach es in Malaga bereits zum Bau von Barrikaden ge-
kommen und Blutvergießen nur dadurch verhindert worven
iſt, daß der mit der Entwaffnungsvornahme beauftragte
General Caballero da Rodas die Erklärung abgab, nichts
Feindſeliges unternehmen und dem guten Geiſte der Bürger-
schaft vertrauen zu wollen. Andererseits ſtellte das demotra-
tische Versöhnungskomite das Verlangen einer Mitiſterver-
änderung, um die Gewalt nicht ganz in die Hände der Repu-
blikaner fallen zu laſſen. Auf Verhandlungen mit der Regie-
rung stand das Komite von seinem Verlangen ab, da es in
Folge der Verhandlungen die Besürchtungen der Regierung
theilt, daß vielleicht gerade eine jezt vorgenommene Minister-

veründerung den Gegnern den Vortheil ganz in die Hände zu

geben vermöchte. So stehen die Dinge in Spanien der repu-
blikaniſchen Bewegung nur günſtig; betvahrt sie ihce bisher
bewieſene Feſtigkeit, ſo darf ſie auf den ſchließlichen Sieg mit
größerer Sicherheit rechnen.

Auch in Portugal die europäische Krantheit, genannt
Defizit. Der dermalige Finanzminiſter und Miniſter der
auswärtigen Augelegenheiten, Herr Carlos Bento, machte den
Verfuch, durch eine Anleihe im Auslande die Lücke in dem
Sitaatsfchate auszufüllen. Die Schwierigkeiten, die ſich den
betreffenden Unterhandlungen entgegenftellten, ſollen von den
Kollegen des Finanzministers eine andere Beurtheilung, als
von ihm ſselbſft erfahren haben. Er trat deshalb aus Amt
und Würden und wird nun im Finanzfache durch Herrn

. ſMenezes und in den auswärtigen Angelegenheiten durch den
Der Kaiſer

Konfseilspräſidenten Bandeira proviſoriſch vertreten. Die Lage
des Schatzes bleibt nichtsdcſtoweniger dieselbe, und es wird ſich
nun zeigen, ob die Rachfolger des zurüctgetretenen Miniſters
mehr Geschick haben, Geld aufzutreiben.
Oesterreich ſtellt die oft betannle Geneigtheit Preu-

ß ens „für Wiederanknüpfung freundſchaftlicher und ver-
traaensvoller Beziehungen“ auf die Probe. Der döſfter-
reichische Gesandte in Berlin fordert als ,ſicheren Beweis“
die Zuſtimmung und Mitwirkung Preußens zu der ,be-
reits vereinbarten gemeinsamen Attion der Westmächte und
Österreichs zur Gewinnung einer dauernden Grundlage
für den Frieden im Orient . . .

„Hätt’' ich Dich früher so gerecht erkannt,

„Es wäre Vieles ungeſcheh’n geblieben."
Ob Graf Bismarck das Beiſpiel Don Cäſars befolgen und
die „Bruderhand ergreifen“ ~~ wird ?

Deutſchland.
* Mannheint, 2. Jan. Cine der erſten Arbeiten,
mit welchen sich der wiederzuſammengetretene Bundesrath
des Nordbundes beſchäftigen wird, betrifft die Tabatſteuer.
Den Ausschüssen für Zoll- und Stenuerweſen und für
Handel und Verkehr liegen zwei Geseßentwürfe vor: 1) der
Entwurf einer Anweiſung, betreſſend die Ausführung des
Gesetzes voin 18. Mai 1868 über die Besſtenerung des
Tabats und 2) der Entwurf von Beſtimmungen über den
(Erlaß der Tabaksteuer wegen Mißwachſes oder anderer Un-
glücksfälle. Hiezu tommt ein dritter Entwurs und zwar
der Entwurf eines Regulativs, welches auf die Steuerver-
gütung, für den in das Ausland gehenden Tabak Bezug
hat. Der Entwurf hat neben der Bergütung der Steuer
sür ausgehenden inländischen Tabat auch die Vergütung
des Zolls für ausgehenden fremden Tabat zum Gegenſtand.
Es iſt dabei eine gleichnäßige NRormirung der Vergütungs-
ſäte in Aussicht) genommen, sv daß der höhere Sat, wel-
her bei der Ausfuhr nach der Schweiz bisher galt, in
Wegfall kommt. Dafür soll der bisherige geringe Sat



für Schnupftabat und auf 3 Thlr. 5 Sgr. für ausgehende
Tabatsfabritate von fremden Tabaken erhöht werden. Die
bei der Ausfuhr inländiſchen Tabaks zu gewährende Steuer-
vergütung iſt auf die Voraussegung cines Ertrages von
etwa 10 Zentnern pro Morgen begründet und mit 17 !
Sgr. für Rohtabat und Schnupftabak, ſo wie auf 22 !|2
Sgr. für Tabatsfabrikate geſetlich festgestellt.

* Karlsruhe, 1. Jan. Die Atten über dic Vor-

arbeiten zu den alle drei Jahre ſtattfindenden Volkszä h-
lungen jollen tünftig, ſobald sie bei dem ſtatiſtiſchen Bureau
entbehrt werden können, den betrefsenden Gemeinden zur
Aufbewahrung in den Gemeinderegiſtraturen zurückgegeben
iverden. |

Die früheren Verordnungen über Bestrafung des un-

befugten Schriftversaſsens ſind außer Wirksamteit ges
ſetzt und wird eine Beſtrafung wegen unbefugter Ausübung
der Anwaltſchaſt jezt nur noch auf Grund von ß. 138



des Polizeiſtrafgesetlbuches und in den für das Verfehren

von 2, Thlr. 10 Sgr. per Zentner auf 2 Thlr. 15 Sgr. |


 
Annotationen