[kspartei in
Paden.
S 55
Anzeigen-Gebilhr : bie
Die „üüannheimer Abendzeitung“ wird ~ mit Ausnahme der Sonntage ur ;
§ einſpaltige Petitzeile 3 kr., bei Vokalanzeigen 2
e und Feſttage ~ täglich als Abendblatt ausgegeben. – Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
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M Hierzu ein zweites Blatt, wel-
ys. Sonntag Morgen ausgegeben
Badiſcher Landtag.
* Karlsruhe, 10. Dez. 32. Sizung der Z wei-
ten Ka m m e r. Vorsitzender: Präſ. Hildebra. dt.
Petitionen wurden angezeigt über: Straßent , Stif-
kungengeſez und eine Pferdebahn von Gernsbac his an
die württembergiſche Grenze.
Abg. S ch u pp verlieſt die Redaktion des § durch
die Kommiſſion. Hiernach wird geſagt: „Wä z1u.m
Amt eines Bürgermeisters und in den Gemeind * ſind
sämmtliche Gemeindebürger; die Ortsabweſenh ! kein
Hindernißgrund für die Wahl. Unter denselb D.aus-
ſsezungen kann auch jeder Staatsbürger gewählt nicht
von der Staatsbehörde ernannt werden. Mit Ver An-
nahme der Wahl erwirbt der Gewählte das Ortsbürger-
recht unentgeltlich. Es ſteht ihm frei, ſich in den Ge-
ineindenutzen einzukaufen oder nicht." |
Die Fassung wird angenommen.
Zu '§ 16.
Abg. Baumſtark: nimmt zunächſt Bezug auf die
geſtern eefolgten feiner zugeſpitten Angriffe der Herren
Jolly und Kiefer und die gröberen der Abg. Holtmann
und Eckhard, welch lettterer ſogar von ſchlechter Ge-
ſellſchaſt geſprochen habe , in die er durch ſeine Abstim-
mung mit. den Ultramontanen gerathe. Seit der An-
nahme von Eckhards Antrag sei. die katholiſche Partei im
Stande, an dem Gelingen der Geſeßesvorlage mitzuwirken.
Man möge objcktiv und ruhig beurtheilen und vergessen,
daß die katholiſche Volkspartei dabei betheiligt ſei. So-
dann beantragt Redner: daß das Amt des Bürgermeisters
6 und das der Gemeinderäthe 4 Jahre dauere, mit Neu-
wahl nach je 2 Jahren.
Abg. v. Feder: unterſtüitt diesen Antrag und er-
kläct im Auftrag des abweſenden Abg. Eckhard, daß er
mit genanntem Ausdruck nur einen Scherz gemacht habe.
Aehnliche Erklärung gibt auch das Präſidium.
Nach kurzer Debatte, an der ſich die Abgg. Kiefer,
Nirsner und Baumſtark betheiligen, wird Baumſtarks
Antrag gegen 5 Stimmen verworfen (v. Feder, Biſſing,
Baumnttart, Lender und Lindau). Zu $§ 17 beantragt
der Berichterſtatter Sthupp die Einschaltung einer Ziffer
5a, welche ſagt, daß ſolche Gemeindebürger die Wahl ab-
lehnen könnten, welche sich im Falle der §§ 54
und 55 Abhſ. 1 des Bünrgerrechtsgesetßes befinden.
_ Abg. Baum ftark ; beantragt zu beſtimmen: ,„Jeder
nicht ortsabweſende Gemeindebürger muß die auf ihn ge-
gefallene Wahl annehmen, worauf der Präsident mit
ſlilſſchweigender Einwilligung des Hauſes diesen § an die
r§
NKommisſion zurückgibt.
[Bei Berathung des § 18 wünscht
Abg. K irsner: daß ſtatt 4000 Einwohner 3000
nöthig ſein sollen, wenn ein zweiter Bürgermeister er-
_ nannt werden will. !
|
1
Abg. Schu p p weist darauf die Unmöglichkeit nach,
eine allgemeine Rorm für ſolche Orte aufzuſtellen, welche
den Namen „Stadt“ führen.
Abg. Kief er: unterſtütt Nirsners Antrag und
zwar aus Aweckmäßigkeitsgründen. M:
Die Abg. Gerber, Paravicini, Renk und Nikolai
(welch letzterer auf das Gewerbſteuergeſeß als hier ein-
flußreich hinweiſt) betheiligen ſich an der Diskussion, an
deren Schluß Baumſtarks Antrag abgelehnt wird.
§ 19, letter Abſat, findet Widerſtand in dem Abg.
Nölle. (Dieſer Abſaß beſtimmt : „Jn Fällen der Ver-
hinderung des Bürgermeiſters versieht deſſen Stelle der
dienſtälteſte Gemeinderath.“) Möglicher Weiſe entgingen
diesem die nöthigen Eigenſchaften, während die Stellver-
tretung lange dauern tönne, wodurch Verwirrung erzeugt
werde. Ueberlaſſe man die Ernennung des Stellvertre-
ters dem Gemeinderath, und sage (Antrag) : In Fällen
der Verhinderung des Bürgermeiſters tritt der von dem
Gemeinderath aus seiner Mitte erwählte Stellvertreter ein.
Abg. Pa ra vic ini für Aufrechthaltung der Kom-
| miſsionsfaſſung.
Schuster und H eilig unterſtüßen den Antrag des
Abg. Kölle. Verletzungen würden ſonſt oft unvermeid-
ein.
ht ! Roder dagegen. Die Stellvertretung ivürde
zu oft stattfinden und bald auch Koſten veranlassen.
Abg. Ren k für den Kommiſſions-Antrag. Verſtand
und Schonung werden helfen.
Staats-M. Jo oll y desgleichen. its
Abg. Kölle hält die von dem Minister und dem
Nachbar „rückwärts“ (Renk) angeführten Gegengründe
für Beweiſe seiner Ansicht und Paravicini sei offenbar in-
konsequent. Er habe früher anders geſprochen. ;
Abg. S < upp : die Stelle müſſe ſtets beſett ſein.
Das geschehe am beſten durch die Kommissionsfasſung;
am b et en beſeßt werde ſie zwar dann ſein, wenn der
Gemeinderath den tauglichſten wählt, doch werde der Vor-
theil nicht so groß sein, als der bei längerer Stellver-
tretung erwachſende Nachtheil.
Nö ll e's Antrag wird abgelehnt.
Zu § 20 hebt f
Abg. Lender die veränderte Stellung des Rath-
ſchreibers in der letzten Zeit hervor, weßhalb man den
Regierungsentwurf herſtellen und den Rathſchreiber durch
die Gemeinde wählen lassen ſoll.
Abg. Friedrich für den Kommissions-Antrag (Wahl
durch Gemeinderath.) Der Rathſchreiber müſſe das Ver-
trauen des Gemeinderaths ganz beſonders beſitßen, deſſen
Haftung mit den Handlungen des Rathſchreibers im Zu-
sammenhang ſtehe. )
Abg. Ba umstark unterstüzt Lender. Fri d erich
fürchtet einmal aus dem Rathſchreiber einen Agitator ge
macht und den Gemeinderath finanziell gefährdet. Erſteres
würde auch die Regierung gemerkt und keinen Vorschlag
dahin gemacht haben; zudem sei das Amt des Rath-
| ſchreibers sehr wichtig, und deßhalb habe der Rathſchreiber
unabhängig zu sein.
|
Abg. Ki ef er: Der Rathſchreiber habe keine repräſen-
tative Eigenſchaft und sei nur techniſcher Gehülfe des Ge-
meinderaths, deſſen Vertrauen er doch haben müſſe. Man
ſolle den faktiſchen Geſchäftszuſtänden der Gemeinden
Rechnung tragen.
Staats-M. Joll h: erklärt sich mehr im Einverſtänd-
niß mit dem Kommissions-Vorſchlag als mit der Inter-
prätation des Regierungsentwurfs gegen Lender und Baum-
tark.
Abg. Ho ff: Ich ſchließge mich dem Abg. Friderich
Wort für Wort an. :
Lenders Antrag wird abgelehnt.
Bezüglich der §$§ 25 und 26 Disziplin gegen die
Gemeindebeamten, bemerkt
Abg. R o ß h i r t : die Kommission habe ihre Absicht
der Einschränkung nicht erreicht. Die Faſſung lautet:
„In schwereren Fällen kann die Dienſtentlaſſung ohne
vorausgegangene Besſerungsverſuche sofort stattfinden, wenn
andernfalls das ſtaatliche oder Gemeinde-Intereſſe in hohem
Grade gefährdet wäre.". Die Beſtimmungen paßten nicht
ganz zum Rechtsſtaat, führten zur Verwechslung von Re-
gierung mit Staat.
ſoll. Ich kenne etwaige Einwenduugen. Man wird den
Wegfall der Staatsgenehmigung hiegegen geltend machen,
aber es liegt da eine Verſchlimmerung vor. Gegen das
Abſetzungsrecht konnte man die Regierungsbeſtätigung leicht
aufgeben, wenn erſtes auch durch die Bezirksräthe auszu-
prechen iſt.
| Wirthſchaft iſt für die Gemeinde nicht Zweck sondern
Mittel zur Erreichung von Zwecken. Redners Antrag geht
dahin, die § § 25 und 26 des Entwurfs durch die §§ 23
und 24 der Gemeindeoronung von 1881 resp. 51 zu
(Schluß folgt.) j
Politiſche Ueverſicht.
Mannheim, 11. Dezember.
* Spaziergänger in Europa werden von der Demokr.--
Korreſpondenz zur Vorsicht ermahnt; Miniſter-Porr
erſet en.
| tefeuilles ſchwirren durch die Luft. In ſo großen
Zahl, wie wir uns ſeit langer Zeit nicht erinnern. In
der ganzen romaniſchen Welt und einem großen Theil
der germanischen ſind die oberſten Regionen in einer Krise,
Ein seltſames Schauspiel! Und, daß wir's den hohen
und höchſten Herrſchaften nur offen ſagen, ein höchſt be-
dentliches Schauſpiel für die Mächte der Ordnung, für
den Geiſt und das Syſtem der Autorität. In der Welt
der Ordnung dürften die Minilter eigentlich nur mit
Tode abgehen. Daß ſie auch ſsonſt abgehen, ſchadet dem
Ansehen dieſer Inſtitution ungemein. Da iſt z. B. Jta-
lien, iſt Bayern. Jahrelang galten .die bisherigen Mis
uiſter für unentbehrlich, beinahe für ſakroſankt. Mit einem
Male fallen ſie wie die Fliegen. Ja, noch schlimmer.
Als Schrecken aller Schrecken pflegt gegen volksthümlicken.
Forderungen geltend gemacht zu werden: ,dabei kann
keine Regierung beſtehen“ ; das iſt denn ein Grund der
alles niederſchligt. Und wenn nun wiitllich keine. Re-
Gemuüth und Amtszwang. Ig
(7. Fortſeßbung und Schluß.)
. Der Präsident ſtand auf, und feine Hand auf die
Schulter des jungen Mannes legend, erwiderte er, sichtbar
bewegt: „Und wer ſagt Ihnen, daß Sie ſich getäuſcht ?
Was Ihnen bis vor einer Stunde noch ein Räthſel
dünkte, war mir bis dahin ein Geheimniß. Ihr Erschei-
nen und Ihr Begegnen hat dem Munde eines Mädchens
erſi die Lippen geöſſnet. Kommen Sie, meiner Nichte
haben Sie einen Dienſt erwiesen. Mag ſie Ihnen jett
dafür dankten, wie ich es hiemit gethan haben will.
Kommen Sie! = es ehrt den Mann zumeiſt nicht, was
er thut I ſondern vie. er es thut !!. z uts
Mit dieſen Worten führte er den Kreisrichter zum
Nebenzimmer, wo er ihn der jungen, tieferröthenden Dame
vorſtelte mit den Worten :
vorſtelte mt „Hier , Eveline , bringe ich
Dir Deinen Ritter, für den auch Du vorhin gesprochen.
Sieh’, ob er Deine Vertheidigung gelten läßt ~ und ob
fu feinen gehablen Vedruß aufwiegt. [:: Auf Wie-
erſehen !“ j
Gegenſeitig befangen ſtanden sich Beide einige Zeit
gegenüber, ungewiß über das erſte Wort, und wer es
sprechen würde. Endlich sagte er, als müsſe doch etwas
geſagt werden: „Verzeihung! Ich dachte, ich ahnte nicht“
~ô ! Mehr war nicht von ihm zu hören; aber Eveline,
ihre gewohnte Sicherheit g.winnend, lächelte, noch immer
ein wenig erröthend, und sprach ſchüchtern: „Sie wollen
sagen, Sie ahnten nicht, in einer Vagabundin > die
Nichte Ihres Präſidenten wieder zu finden! Doch ich
preiſe den Zufall /' der mich Sie vorhin ſehen ließ , wo-
verfolgte und peinigte? Und wie dieß, nachdem es von
der Braut und ihrer Mutter erkannt worden, mir zur
Quelle der bitterſten Leiden und Demüthigungen wurde?
Soll ich Ihnen darthun, wie diese Zuſtände für mich
zum Unerträglichen wurden, nachdem alle Schritte, aus
dem Hauſe zu kommen, mißlungen waren und der Bräu-
tigam ſein Verhältniß zu lösen erklärte ! Auf der einen
Seite die Anträge eines Mannes, zu den ich keine Nei-
durch mir Gewißheit wurde, daß Sie es ſeien, den der | gung hatte und der doch nur um wantltelhafter Liebe
Ontel erwartete, der um meinetwillen bereits gelitten, ohne
meine Zwiſchenkunft vielleicht noch zu leiden hätte. Jett
bin ich Ihnen eine Aufklärung schuldig, mein Incognito,
)
|
willen eine Braut vernachläſſigte, die mir , gleich der
Multer , jedes Wort mit Gift tränkte, während anderer-
seits nur geholfen werden konute durch meine Entfenunn, Fc.rr
das ich damals so ängstlich zu bewahren ſirehte, muß nun die offen auszuführen nicht möglich war.. In diesem
Ihnen gegenüber für immer ſchwinden, mein damaliges
Geheimniß für Sie nicht länger verborgen ſein.
Ich habe Vater und Mutter früh verloren und bei
Verwandten und Freunden der Gesſtorbenen kein Glück ge-
funden. Im Hauſe einer Tante aber wurde mir das
Leben zur bitterſten Qual, es wurde mir zur Hölle, als
die eigene Tochter Braut geworden und der Verlobte nach
kurz vorher erfolgtem Wechſeln der Ringe zu bemerken
meinte , ich sei für ihn wohl paſſender als seine Braut.
Soll ich Ihnen dieß genauer ausmalen? Soll ichIhnen
darthun, wie der Bräutigam, der mir völlig gleichgültig
war, mit seinen Anträgen und Aufmerkſamkeiten mich
| Drangsal von der Ueberzeugung durchdrungen, daß nach
meinem Entweichen die Verlobten sich wieder vereinigen
würden – wie es auch geſcheheniſt + gedatte ich in einer
durchweinten Nacht einer lieben, treuen Jugendfreundin,
die, seit Nurzem glücklich verheirathet, mir einen Aufent-
halt gewähren würde — bis mir die Uebersſiedelung zu
meinem Oheim, der in Geſchäften auf Monate verreiſt
war, möglich geworden. Der Freundin vertrauend und
nun den Entschluß fasſend, heimlich zu entfliehen, um
Allem aus dem Wege zu gehen –~ das war Eins. Vor
Tagesanbruch schnürte ich mein Bündelchen und meinen
Verwandten in einem Briefe, den ich offen zurückließ, '
Selbst der Staatsbeamte kann nicht '
| so kurzweg entlaſſen werden, wie dieß hier eingeführt werden