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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

DOI issue:
No. 180 - No. 205 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43993#0771

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YUrtheil in der Regel der Maßſtab.“











Organ der deulſchen Vol








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ra] Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nr. 15 in Mannheim und bei allen Poſtansſtalten.

dzeitung“ wird rs mit Ausnahme der. Sonntage und Feſttage ~ täglich als. Abendblatt ausgegeben. – Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag







Cin neues Strafgeſetz.

(]) Im Nordbunde wurde soeben der „Entwurf“
eines norddeutſchen Strafgesſeßbuches“ vertheil. Die „Mo-
tive" dazu wurden im letzen Augenblicke der Oeffentlich-

keit vorenthalten. Aber auch ohne diese Waffen spricht |

ſich die Kritik durchaus nicht günstig uber das Werk des
preußiſchen Juſtizminiſters aus. . Das Urtheil der ju-
riſtiſchen, mehr aber noch der politiſchen Kreise über den
Entwurf ist ein verurtheilendes. j
„Der Entwurf „iſt, wie .die „D. V. Z.“ ausführt,
durchaus eine Abklatſch des preußiſchen Strafgeſetbuches,
beſeitigt und verändert zwar einige Bestimmungen, welche
sich in der richterlichen Praxis. von Anfang an als voll-
kommen unhaltbar erwieſen haben, erhebt ſich aber im
Ganzen nicht über den Standpunkt der Manteuffel-
Hinckeldey ſchen Aera, aus welcher das geltende preußische
Strafgeſeßzbuch ſtammt. In allen politiſchen Fragen
würde die Lehre desſelben geradezu einen Rückſchritt dar-
ſtellen und bestätigt ſich bei der ganzen Arbeit. eben nur
wiederholt, wie der Reformeifer des Miniſteriums Bis-
marckt ſofort in das gerade Gegentheil umſchlägt , ſobald
ft lich um wirklcih p o lit i ſ<h e Machtfragen
handelt. f
Bezeichnend für. den ganzen Karakter der Entwurfs
des Strafgeſeßbuches. erscheint, daß- die ſchwerſten Brand-
ſtisſter, Brunnenvergifter oder Zerſtörer von Eiſenbahnen
nicht mehr mit dem Tode bestraft werden ſollen., wohl
aber Perſonen, welche ſich thätlich gegen die Person eines
norddeutſchen Bundesfürſten vergehen. Der bverühnite
Haß- und Verachtuugsparagraph, auf welchen hin die
meiſten Verfolgungen der Preſſe eingeleitet werden, ist bes
kanntlich in die norddeutsche Bundesverfaſlung von dem
Reichstage in Folge eines Antrages von Tweſten. nicht
aufgenommen worden. Danach. darf man in Preußen
gegenwärtig zwar nicht Anordnungen und Einrichtungen
der preußiſchen Regierung, wohl aber der norddeutschen
Bundesregierung in einer Weiſe beſprechen, welche den
Haß und. die Verachtung dagegen erregen, Der vor-
liegende Entwurf dehnt nun diesen Paragraphen auch
auf die norddeutſchen Bundesregierungen aus. , Wer die
jeder Regierung und Staats - Verwaltung nothwendige
öffentliche Achtung und das Vertrauen zu derselben ab-
ſichtlich untergräbt“, heißt es im alten Polizeiſthl in den
Motiven, „greift damit die Stüten der öffentlichen Ord-
nung ſelbſt an." . Die. Motive thun sich denn viel dar-
auf zu gut, daß sie ferner nicht auch die bloße Schmähung
obrigkeitlicher Anordnungen und Einrichtungen, sondern
nur die Verbreitung erdichteter oder entſtellter Thatsachen,
welche ſolche Anordnungen und Einrichtungen verächtlich
machen, bestraft wijſen wollen. j i
Bisher hatte man in Preußen noch das Grundrecht,
fich ühgeſtraft, wenn auch nicht über einhe imiſch e Ver:
hältniſſe, ſo doch über die mecklenburgiſchen Junker, meck-
lenburgiſche Zuſtände, Gebrechen der Kleinſtaaterei u. ſ..w.
ungestraft luſtig machen zu dürfen. Das ſoll jett
aufhören. Man muß hier der Redaktion der „D. V.-

J. "heften, wenn fie fich dahin ausſpricht : Die Er? |

laubhiß der preußiſchen Preſſe zum Angriff auf außer-
preußiſche Verhältniſſe neben der Unmöglichkeit, dürfte die
Hauptursſache des preußiſchen Dünkels sein, welcher, in
allen Schichten der preußiſchen Bevölkerung verbreitet, den
preußischen Staat niétht nur nicht als den unfreiheitlichſten
in Deutſchland anerkennen will, ſondern denselben viel-
mehr an der Spitze der freiheitlichen Enttvickelung zu er-
blicken glaubt.. So sehr wir daher für die volle Freiheit
der politischen Presſſe einzuſtehen alle Ursache haben: so
erwarten wir doch von der Beſeitigung der Freiheit, welche
die preußiſche Preſje lediglich nach Außen hin genoß, den
Vortheil, daß die Unzufriedenheit in Preußen künftig des
Ableiters entbehren wird, welcher sie für den preußiſchen
Staat unwirtſam machte und die preußiſche Bevölkerung
mit falschen Einbildungen über ihre politischen und Kul-
turverhältniſse erfüllte. ]

Klaſsiſch iſt ſchließlich der in den Motiven zur Begrün-
dung aufgestellte Saß : „Ueber die Wahrheit oder Un-
wahrheit behaupteter Thatſachen fehlt dem öffentlichen
Da haben wir die
neueste Bismarct’ſche Auflage der Rochow’ſche Lehre vom

beſchränkten Unterthanenverſtand. Nicht minder bezeichnend | F

für den Karakter des Entwurfs ist die Verschärfung der
Strafen für Beamtenbeleidigung, wie für Beleidigungen
überhaupt. Das Maximum der Strafe der Beamten-
beleidigung wird erhöht von einem Jahr Gefängniß bezw.





300 Thlr. Geldbuße auf zwei Jahre Gefängniß bezw.
500 Thaler Geldbuße. Die einfache Privatbeleidigung
ſoll künftig statt als Uebertretung, als Vergehen angesehen
und bis zu zwei Monaten Gefängniß, bezw. 100 Thaler
Geldbuße, beſtraft werden. Die Ehre der Privatperſonen,
erzählen die Motive, sei durch die Bestimmungen des
preußischen Geseßes nicht wirkſam genug geſchützt worden.
Man erinnert ſich dabei an die Beſchwerde, welche Bis-
marc einmal im Reichstage darüber erhob, daß der
„Kreisrichter“ Beleidigungen itt der Regel nur mit 10 Thlr.
Geldbuße beſtrafe. Lyztes, j

Politiſche Ueberſicht.
; . Mannheim, 13. August.

* Die National-Liberalen auf der ganzen Linie freuen
ſich über die Maßen, daß die Berliner Regierung
— die. Hand am Schwerte + „unzweideutige Mitthei-
lungen „nach Wien gelangen ließ, welche den Nachweis
verlangen, daß Bismarck es war, der eine freundlichere
Gestaltung der Beziehungen zwiſchen Wien und Berlin
unmbglich gemacht habe. Heute treten gar die „Times“
zu Gunsten der „Hand-ameSchwert-Mittheilung“ auf und
da wird denn Freude itt allen ſchwarz- weißen Herzen hell
auflodern, Freude über die ebenso tvürdige als’ feſte Hal-



tung der preußiſchen Diplomatie. Die „Zukunft“ nennt

den ganzen Vorgang tine ,„ſchlau berechnete Sensationss
nachricht" des miniſteriellen Berliner Blattes, indem sie
bemertt: „Wenn in Folge der ablehnenden Haltung des
Grafen Bismarck der diplomatische Verkehr zwiſchen Oeſter-
reich und Preußen seit dem Dezember v. J. sich auf Null
reduzirt hat, so sind eben keine Depeschen, Noten tc. ge-
þflogen worden, ſo wiro man mit denen bei dieſem Hin-
und Hergeflunker schon fertig werden. Die Beziehungen
zwiſchen Oesterreich und Preußen sind klar genug, und

die gegenseitigen Beſchuldigungen, „wer angefangen hat",

streifen nachgerade an das Kindiſche.“
Gestern haben wir darauf hingewiesen, daß der ur-
sprünglich von Oesterreich ausgegangene Vorschlag zur
Löſung der orientaliſchen Frag e von , anderer
Seite" wieder aufgenommen worden ſei. Heute haben
wir nach einer Meldung aus Wien in der „Karlsr. Ztg.",
beizufügen: daß Oebſterreich jenen Vorschlag gegenwärtig
als nicht mehr so zweckmäßig erachtet. Gleichwohl aber

dürfte Oesterreich ſich vollſtändig bereit erklärt haben, ſich

jeder von den Kabinetten, und namentlich zwiſchen Frank-
reich und England zu vereinharenden Aktion zuzugeſellen,
und nur der Erwartung Ausdruck gegeben haben, dag
man nicht abermals die Unabhängigkeit und Integrität
des Ottomaniſchen Reichs im Prinzip proklamire, um, hin-
tether dieses Prnzip von Jedermann ungeahndert durch-
löchern zu lassen. , :

Die Washingtoner Regierung hat beſchloſs.n, die
Berathungen über die Frage wegen Kuba auf vierzehn
Tage auszuſezen, in der Erwartung, daß bis dahin wich-
tige Depeſchen von General Sikles eintreffen werden. +
In New- York ſind aus Europa bedeutende Aufträge für
den Verkauf von Bonds eingetroſſfen . . . wahrscheinlich
eine Fortentwickekung der Tendenznachricht, einflußreiche
und energiſche Mitglieder des Kongreſſes bereiteten eine
Gesetzesvorlage zur Besteuerung der Zinskoupons von in
Europa befindlichen Bonds vor. ~ Die sozial = demokraz
tiſehe Partei in Nordamerika, die sogenannte neue De-
mokratie“ stellt die Forderungen auf : 1. Abſchaffung des
Senats, Uebertragung des ,Veto“ (Widerſpruchsrechts)

vom Präſidenten auf das Volk, gemäß dem Grundsatz |

der Volksſouveränetät, auf der die Vereinigten Staaten
gegründet worden ſind und Urabstimmung aller Bürger
über alle neuen Geseze. 2. Die Regierung der Vcrei-
nigten Staaten solle industrielle Unternehmungen begrün-
den, um zur Verhinderung von Armuth und Verbrechen
den unfreiwillig müßigen Personen Beschäftigung zu geben.
Der Gewinn ſolcher Unternehmungen solle zur Verminder-
rung der Steuern verwendet werden. 3. Die Privilegien
der Pazific-Cisenbahnen an Geld und Land sollen wieder
aufgehoben, die Bahnen von der. Unionsregierung zurück-
gekauft, vollendet, verbeſſert und betrieben werden. 4. Der
massenhafte Verkauf von Staatsländereien an Spekulanten
ſolle verbuten werden und nur wirkliche Ansiedler Land-
ſtücke und Kredit von der Nnionsregierung erhalten.

Deutſchlannle.

: * Mannheim, 13. Aug. Wiederholt das alte
~ das garſtige Lier! In München beabsichtigt der
Magistrat, eine „Gemeindezeitung“ zu gründen, in welcher





sere Preußen, 684 deutſch-demoktratiſch geſtimmt haben.

Journ.“ vom 18. Aug. 1849 berichtet, starb Trütſchler



die Berichte über die Sitzungen des Magiſtrats und der
Gemeindebevollmächtigten möglichſt vollſtändig veröffentlicht
werden und die vom 1. Okt. an erſcheinen soll. Dem
deßfallſigen Beſchluſſe des Münchener Magiſtrats, eine
Kommission niederzuſegen, welche die ganze Angelegenheit
einer eingehenden Vorberathung zu unterziehen hat, iſt
von den Gemeindebevollmächtigten die Zuſtimmung er-
theilt worden.

Und bei uns. Immer noch die alte Heimlichkeit
und Zurückhallung + trotz der zur Schau getragenen
Liberalität. Es gehört nachgerade viel dazu, sich fort und
fort an die Erfüllung von Forderungen erinnern zu laſ-
ſen, die wohl die gewohnte Bequemlichkeit und ſtille Be-
haglichkeit stören mdbgen . . . immerhin aberzeitgemäß und
längst gerechtfertigt ſind. ;

Die Prototolle über die lezten Wahlmännerwahlen
ſind zur allgemeinen Einſicht noch nicht offen gelegt.
Trotdem weiß das nattonal-liberale Journal ſchon heute
zu berichten, daß von 3460 Wahlberechtigten nicht die
Hälfte, nur 1694 gewählt und von dieſen 988 für un-

* Aus Baden, 18. Aug. „Ich ſterbe mit dem
Bewußtſein, dem Vaterlande, der Freiheit mein Leben zu
opfern; das iſt, iwas mich hebt und hält; es wird Euer
Troſt sein." Mit diesen Worten nahm heute vor zwanzig
Jahren Adolf v. Trüt ſchler Abschied von ſeiner ihn
im Gefängniſſe beſuchenden Frau, nachdem das Sta n d-
gericht in Mannheim einstimmig das Todesurtheil
über ihn ausgesprochen hatte. Trützſchler wurde am
14. Aug. 1849 erſchoſſen. Noch kurz vorher hatte ihn
sein Anwalt , Herr Küchler, beſucht und diesem empfahl
Trützſchler beim Abschiede: „Bringen Sie meiner Frau
meine letzten Abſchiedsgrüße; ſagen Sie ihr, ſie möge
mit meinen Knaben nach Amerika gehen, daß ſie im
Vaterlande nicht etwa dereinſt ein ähnliches Schichſal
ereile, wie ihren Vater.“ Trütſchler wurde Morgens
zwiſchen 4 und 5 Uhr erſchoſſen ; wie das „Mannh.

„gefaßt, von sieben Kugeln getroffen." Nach der Ere-
kution eilten Hunderte zu der Stätte derſelben und tauchten
Tücher und Bänder in das vergoſſene Blut . . . bis
dieß später untersagt und die Erde umgegraben wurde.
Am gleichen Tage wurde von dem Standgericht zu
Raſtatt der großh. Lieut. Franz Ma hl er von Baden
zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt. - M si
Bei Berathung des Preß geſe ß es in der zweiten
Kammer sagte der jeßige Staatsminiſter Hr. Jolly „das
Préßgeseß würde in Baden freier als in irgend einem
anderen Staate, aber ob ſich damit regieren laſſe, das
ſei eine andere Frage." Nun Jollen die Kammern wieder
zuſammentreten und da findet denn in der ,Tauber"
irgend ein Menſchenkind aus Baden heraus: das Préß-
geseß müſſe abgeändert werden und ſei namentlich geboten,
die Beamteten bis zu einem „gewissen Grade“ zu ſchüten,
weil die gegnerische Preſſe darauf ausgehe, „das Regieren
däiuit zu erschweren, daß man die ausführenden Organe
fortgesett herabwürdigt , verdächtigt und verläumdet."
Dieſe Behauptung ist doch stark Angesichts der bekannten
Sicherheitsgeſeßes.# Paragraphen 630,, 631 ag des
Strafgeseßbuches (. Nr. 178 der „Mannh. Abendzeit.“)
und eine Herausforderung reaktionärer Bestrebungen ſonder
Gleichen . . . die hoffentlich auf keiner Seite, namentlich
aber nicht auf Seiten der Regierung und der Kammern
Anklang finden wird. :10
Staatsminiſter a. D. v. Rüdt hat, wie der „Karlsr.
Ztg.“ mitgetheilt wird, die auf ihn gefallene Wathſl zur
erſten Kammer abgelehnt. ~ Bezüglich der Wahlen zur
zweiten Kammer wird gemeldet, daß die Ultramontanen
in Baden den dortigen großh. Staatsanwalt Hrn. vr
Gulet als Kandidaten ausſtellen. Die Wahlmännerwahl
von Windſchläg wurde für ungültig erklärt. . Die
Bismärcker erwarten von der Neuwahl ein ihnen günſtiz
geres Resultat, als bei der erſten Wahl. D
Gin erfreuliches Seichen , daß es auch dort beginnt
zu tagen.“ Mit dieſem Freudenruf begrüßt die „Bad.
Ldsztg. “ die Mittheilung, daß „auch von Lienheim,
im Amte Waldshut, eine Zuſtimmungsadreſse , mit 59
Unterschriften dortiger Bürger bedeckt, an Herrn Staats-
miniſter Dr. Jolly abgegangen. Iſt dieß nicht einer
jener byzantiniſchen Auswüchse“ von welchen die,Heidelb.
Ztg.“ geſprochen, als sie die Abzweigung einer „national-
demokratiſchen“ Partei von der national-liberalen in An-
regung brachte ?

Die Cniſcheidung der Frage überlassen wir der „Hei-



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