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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

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No. 206 - No. 231 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43993#0911

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Organ der deulſchen Volkspartei in Vaden.



Freitag, 24. September.

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Die „Mannheimer Abendzeitung“ wird ~~ mit Ausnahme der Sonnt
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 83 kr.,

bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nr.

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allen Poſtboten und Poſtanſtalten, in
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nen Gulden.

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zeile. Lokalanzeigen 2 kr.

Die tſchechiſche Frage.

** Auf dem Friedenskongreß zu Lauſanne wurde
auch die orientalische Frage in Verbindung mit der pol-
nischen Frage beſprochen. Dabei sollte aber die question
tschèque, die tsch echiſ ch e Fra ge mit der polniſchen
und der orientalischen auf gleichem Fuße wie diese als
eine internationale behandelt werden. Dagegen traten
drei Deutsche, die dem Kongreß beiwohnten, auf. Hr.
Sonnemann zuerſt, dann ebenſo Venedey und Ludwig
Simon von Trier. Sie forderten, daß diese Frage als
eine nationaldeutſche und keine internationale aus dem
Antrage der Kommission des Kongresses gestrichen werde.
Ihre Gründe waren: „So gut, wie von einer „question
tschêque* würde man auch von einer question d'Alsace,
einer bretonniſchen, baskiſchen Frage sprechen können. Diese
Frage über ein Land, das zu Deutſchlaud gehört und
auf deſſen Boden drei verschiedene Volksstämme wohnen,
von denen die deutſchen 2 Millionen bilden, zu einer in-
ternationalen erheben, hieße sich in die innern Dinge
Deutschlands einmiſchen. Der Friedenskongreß würde dabei
nur dem Beiſpiele des Hrn. v. Bismarck folgen, der im
letzten Kriege die Tschechen glauben machen wollte, daß





er bereit ſei, ein tsſchechiſches Reich ſtiften zu helfen und

anerkennen zu wollen.
tionalen Organisation gelangt, wird auch den Tschechen
volle Gerechtigteit wiederfahren laſſen, ihnen die volle
Selbstregierung, soweit in ihrem Lande ihr Einfluß geht,
zugeſtehen; aber ein unabhängiges ITschechenreich würde
nur mit der Unterjochung der anderen Nationatitäten in
Vöhmen, der zwei Millionen Deutschen, möglich sein, dort
zu inneren Kämpfen führen, welche das ffſchechenreich,
kaum entstanden, Rußland, Preußen oder jedem andern
mächtigen Nachbar, Rußland aber vor Allem, in die
Hände liefern müßte. Jedenfalls aber gehört Böhmen
zum Leibe Deutſchlands, iſt zum großen Theile von
Deutschen bewohnt und würde, wenn die Tschechen dort
ein Sonderreich bildeten, Rußland bald genug erlauben,
jim Herzen Deutſchlands den Fuß auf Curopo zu ſeten.

Und diese Gründe fanden die Zuſtimmung der großen
Mehrzahl des Kongreſſes und so wurde die tſchechiſche
Frage als eine nicht internationale, sondern eine national-
deutſche von dem Programm des internationalen Friedens-
Kongresses geſtrichen.

(s wird diese Cntſcheidung viel Staub aufwirbeln
machen. Die Tschechen ſind sehr rührig, sie haben in
Paris sehr gewandte Fürsprecher unter den Franzoſen,
ganz beſonders aber unter den Polen in Paris. Herr
Beneral Poſſak, der polniſche Berichterſtatter in der Frage
zu Lauſanne, wies auch die Rede Sonnemanns, als dieſer
die question tschèêque zu ſtreichen beantragte, mit einem
„Entweder –~ oder“ zurück. Als aber auch Simon von
Trier und ebenſo Veneden den Antrag Sonnemanns
unterſtütten, und letzterer den Polen insbesondere geſagt
hatte, daß die Polen in Deutſchland keine größeren Feinde
hätten als die Polen ſelbſt, die es den: Freunden der pol-

Deuisſchland, zu einer freien na-

nischen Sache, den Freunden einer Widerhersſtellung

Polens unmöglich machten, mit Erfolg für ſie einzutreten,
weil die Polen unter anderem mit ihrem idealen Polen-
reiche „von dem baltischen |Meere bis zu den Karpathen“
viele Millionen Deutsche erobern und unterjochen müßten,
— ließ ſelbſt der General Poſſak ohne Erwiderung diese
Reden über ſich ergehen, ſo daß die Abſtimmung sich dann
faſt von ſelbſt verſtand.

Wir freuen uns dieses kleinen Sieges der deutschen
Sache auf dem Friedenskongreß in Lauſanne. Wir wiſſen,
daß die thatſächliche Bedeutung desſelben nicht groß iſt;
aber wir halten es doch für immerhin wichtig, daß die



franzöſiſche, die europäische Demokratie, wie sie hier ver-
treten war, der dentſchen Nation in dieser Frage Gerech -
tigkeit widerfahren ließ und zwar in Folge des sehr klaren
nationaldeutſchen Standpunttes, welchen die Deutſchen
in dieſer Frage einnahmen und von dem Kongreß einge-
nommen wiſſen wollten. Die Tſchechen haben sicher in
der Welt keine beſſeren Freunde als die Deutſchen , wie
die Deutschen das größte Interesse haben, mit den Tſchechen
in Freundſchaft zu leben; die Polen können ihrerseits
nichts Einfältigeres thun. als die polniſche Frage durch
Nebergreifen in deutſche Länder, deutſche Bevölkerungen
und deutsche Nationalintereſſen zu einer allen Deutſchen
gehässſigen und ganz Deutschland gefährlichen Frage zu
machen. Hoffen wir, daß die Tschechen wie die Polen
aus der Art, wie die question tscheque auf dem Kon-
greß in Lauſanne behandelt und entschieden wurde, eine
Lehre ziehen.

Politiſche Ueberficht.
Mannheim, 23. September.

* Das Organ des Grafen Bismarck tritt dem Sei-
tens der Volkspartei aufgestellten Programme der Födera-
tion mit der Behauptung entgegen, in dem Nordbunde
ſei allerdings der Föderalismus enthalten. Um die Sache
noch glaubhafter zu machen, fügt daſſelbe Organ die wei-
tere Behauptung hinzu : die Erklärungen, welche der Bun-
deskanzler des Nordbundes in der Reichstagsdebatte über
die Organiſation von Bundesminiſterien abgegeben habe,



beweiſe auch für Jeden, der nicht an abſichtlicher Taub- | s

heit leide, daß man in Berliner maßgebenden Kreiſen an
nichts weniger als an die Umwandlung des Bundesſtaats
in einen Einheitsſtaat denke. Wenn das edle Organ nur
denken würde, was es ſchon Alles in Abrede gestellt hat,
das sich ſpäter als . . . Kern aus gleißneriſcher Hülle
herausgeſchält hat.

Die Freiheit, Einem etwas anzuſtreichen, ſagt die
„Zukunft“, Hat im nord deut ſchen Bunde eine be-
merkenswerthe Erweiterung erfahren. Bei Drucssachen
nämlich, welche gegen die ermäßigte Taxen verſandt wer-
den, iſt es bisher geſtattet gewesen, Anstriche am Rande
zu dem Zwecke anzubringen, um die Aufmerkſamkeit des
Lesers auf eine beſtimmte Stelle der zur Verſendung ein-
gelieferten Druckſchrift hinzulenken. Dagegen war es nicht
erlaubt, einzelne Stellen zu unterstreichen. Es sollen fort-
an auch Unterstreichungen gestattet sein , sofern nicht er-
sichtlich iſt, daß durch das Unterstreichen einzelner Worte
der Zweck einer brieflichen Mittheilung erreicht werden
soll. Ferner ſoll die Verbesserung von Druckffehlern auch
bei fertigen Drucksachen fortan nicht mehr zu den verbo-
tenen Aenderungen gerechnet werden. ;

Ueber die Lage, in welcher ſich Europa gegenwärtig
befindet, schreibt Konstantin Frantz in der deutschen Vier-
teljahrsſchrift das Folgende : Allgemein wird das Gefühl
der Unsicherheit alles noch Beſtehenden, seitdem man ganze
Staaten zuſammenbrechen und wie nichts verſchwinden ſieht.
Der ganze staatliche Bau der Jahrhunderte iſt mit dem
Untergange bedroht, alle Throne wanken, und sehr natür-
lich, daß in Folge deſſen auch alle bürgerlichen Institutio-
nen ihren Halt verlieren. Ein Umſturztrieb und Schwin-
delgeiſt ergreift die ganze Gesellſchaft. Nur durch äußere
Schutzmittel iſt noch eine gewiſſe Ordnung zu erhalten,
nur durch äußere Schutmittel den von allen Seiten drohen-
den Angriffen zu begegnen. Vermehrung des Kriegs-Ah-
parats wird die erſte Sorge , Erfindung neuer
Waffen und Zerſtörungswerkzeuge, die höchſte Bluthe des
menſchlichen Geiſtes. Europa ſcheint ſich zur Kaserne zu
verwandeln, und was man Staatsverfaſſung nennt, nur
noch dazu beſtimmt, um die nöthigen Rekruten und
Steuern zu beschaffen und durch immer neue Anleihen
das Defizit zu decken, welches gleichwohl eine permanente
und allgemeine Institution zu werden droht. Das alſo
wäre jett die abendländiſche Völkergemeinſchaft und das
Resultat solcher vermeintlichen hohen Politik, einer solchen
Politik, wie sie leider noch immer alle europäischen Staats-
männer treiben, die damit einem Geschäft sich widmen,
welches den Staatsmann auf das Niveau eines Börsen-
ſpekulaten herabdrückt. ;

Wenn man aus Ro m Nachrichten geben will, so muß
man = ſagt ein dortiger Korrespondent der „N. fr. Pr.“
~ von Diebſtählen,, Raubanfällen und Brandstiftung
sprechen. In der Reſidenz des katholiſchen Kirchen-Ober-
hauptes werden jede Nacht ruhige Bürger angefallen und
beraubt; man stiehlt mit Virtuoſität in den Häuſern und
Läden und steckt große Heumagazine an, wie dies erſt



neulich mit dem den Truppen angehörenden bei der Bocca
della Verita geschah. + Der Mörder Barbieri, der wie
ein zweiter Blaubart seine Frauen alle umbrachte, iſt, nach-

dem er entdect und zum Tode verurtheilt worden we ..

— wegen Ermordung ſeiner dritten Frau ~ über ſeine
Verurtheilung so erſchrocken, daß er vor Angst und Ent-
ſeßen kaum 24 Stunden nachdem der Spruch .

mit-
getheilt worden, im Gefängniß ſtarb. P w

Der Krieg in Nuba hat, wie der „Gaulois" meldet,



einen Charakter entſeglicher Verwüstung angenommen.
Die oberste Junta der Inſurgenten hat Befehl gegeben,
alle städtischen und ländlichen Beſitungen in Flammen
zu ſeßen und den offiziellen kubanischen Blättern zufolge
iſt von Herrn Miguel Aldama , dem nahen Verwandten
einer in der Pariſer reichen Welt sehr bekannten Familie,
die Weiſung ertheilt worden, alle ſeine Pflanzungen und
Immobilien, die eine ungeheuere Summe repräſentiren,
in den Brand zu stecken. Herr Aldama iſt in der That
einer der bedeutendsten Grundbeſißer Kubas und sein
Entschluß scheint von dem Wunsche diktirt worden zu
ſein, zu beweisen, daß die Insurrektion den Krieg aufs
Aeußerste fortſegen wird.



Deutſchland.

* Karlsruhe , 23. Sept. Die feierliche Cröf f-
nung des Landtags durch den Großherzog findet am
Freitag, 24. Sept., um '» 12 Uhr ſtatt. Ob auch in die-
em Jahre die Kammermitglieder zur Hoftafel geladen
ſind, iſt der „Bad. Ldsztg.“ nicht bekannt. Abends gibt
das Hoftheater die bekannte Poſſe: „Einer von unſere
Leut." Das genannte Blatt findet diese theatraliſche Bez
grüßung der parlamentariſchen Körperſchaften des Landes
am Tage feierlicher Eröffnung durch den Landesherrn ei-
nigermaßen ſeltſam und auch durch das landwirthſchaft-
liche Feſt nicht genügend gerechtfertigt. ;

Aus Anlaß der Feier des 50jährigen Bestehens des
landwirthſchaftlichen Vereins wurde eine größere Anzahl
von Ordensauszeichnungen verliehen; ebenso eine Anzahl
großer und kleiner Verdienstmedaillen und ferner eine grö-
ßere Anzahl der Medaille für Förderung der Landwirth-
ſchaft, der Gewerbe und des Handels.

Das landwirthschaftliche Jubelfeſt wurde gestern durch
den ersten Präsidenten des landw. Vereins, Hrn. Dr. Vo-

gelmann, Staatsrath a. D., mit einer Festrede eröffnen. |

Auf der ‘großen Halle der Ausstellungsbauten flattert die
Nord bunds - Fa hne. Gegen dieſe Tatktloſigkeit hat
die „Bad. Ldsztg.“ nichts zu erinnern. :

Der vorgestern von der „Warte" gemeldete Zuſammen-
ſtoß zwischen Militär- und Zivilpersonen wird heute von
demſelben Blatte auf einige Verhaftungen zurückgeführt,
welche von Militärperſonen bei Gelegenheit der Verbrin-
gung des Leichnams der Frau Fürſtin von Fürstenberg
an den Bahnhof vorgenommen wurden, wozu die neu-
gierige Volktsmenge durch „unangemesſsenes Drängen“ und
„unanſtändige Ausrufe“ Veranlaſſung gegeben hätte.

/. Pforzheim , 22. Sept. Gestern Abend halb
ſieben Uhr hielt Herr Lothar Kübel, Biſchof in partibus
von Leuca , Verweſer des Erzbisthums Freiburg, ſeinen
Einzug in unsere Stadt. Glockengeläute. Böllerſchüsse.
Festmuſik. Weiße Fahnen. Durch weißgekleidete Jung-
frauen und Kinder werden ihm „Roſen auf den Weg
gestreut." Von einer Deputation (wie unſer Beobachter
sagt, des Gemeinderaths) am Bahnhof empfangen, begab
ſich derſelbe durch einen Theil der Stadt in die katholische
Kirche.
: ß Ständchen mit Musik und Gesang. Großer
Zusammenlauf Neugieriger, selbſt aus den höchſten Ständen.

Der heutige Tag begann mit Glockengeläute, Böller-
ſchüſſen und Musik. Eben findet die Firmung ſtatt. Der
Biſchof kann zufrieden sein mit Pforzheim „und des Harms
vergeſſen,“ den es ihm ſchon bereitet. |

* Mus Baden , 283. Septbr. Auf heute, den
Tag des Herbſtanfangs, ſind die Mitglieder beider Kam-
mern nach Karlsruhe einberufen. Morgen wird der Land-
tag eröffnet werden. Welche Früchte wird derſelbe dem
Lede bringen ? „Als möglich, sa fogar twahrſcheinlich
bleibt unter allen Umſtänden ein Antrag auf Eintritt in
den Nordbund in der zweiten Nammer, ſoferne der oder
die Antragſteller einer Mehrheit ſich zuvor versichern töns
nen.". So wird dem „Schw. Merkur“ aus Karlsruhe
gemeldet, und dem Lande die Abſicht der Cinheimſung
einer Frucht angedeutet, die aber nicht das Land ge-
winnt, sondern die das Land bildet, bestimmt: in erster




 
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