B. D.Jdi : A M AU
1869.
Paden.
u wird
tr ue nzruung
nu aen-Ciehuhr : hie einne
fen Heut §
IL
it
und Fefltage --- täglich als Ahendblait ausgegeben. ~ Ver
Lukalanzeigen I. fx. Bettellun bei der Expedition C! 1.. Nx. !
Organ der deulſchen Volkspartei in
gen
stne Voſtauſſchlag
vierteljährlich Gin Gulden,
tannheim un bei allen Voktanttalten.
Abonuementspreis
t tr M
Vor dem römiſchen Konjil.
' *) Dreihundert Jahre hat die Welt das Schauſpiel
eines Konzils. nicht genoſſen. Der achte Dezember,
der morgige Tag ſteht roth angesſtrichen 1m dem Kalender
des Papſtes. Morgen wird wieder ein Konzil zuſam-
mentreten; jene Verſammlung. der Biſchöfe eröffnet wer-
den, die von der Kirchenzeitung + ſto1z lieb’ ich den
Spanier – der Marittein genannt wird zwischen der
Gegenwart und zwiſchen der Zukunft.
Morgen, dem fünfzehnten Geburtstage der Encyclika
und des Syllabus, dem fünfzehnten Jahrestage der Dog-
matiſirung der unbeflectten Empfängniß, wird die allge-
meine Kirchenverſammlung in Rom zuſammentreten, um
Gericht zu halten über unsere gottloſe Zeit und ~ wie
es in dem Einberufungsſchreiben des Papſtes hieß
„alle Uebel von der Kirche und der menſchlichen Gesell-
ſchaft zu entfernen, auf daß die Ir.enden auf den Weg
der Wahrheit, der Gerechtigteit und des Heiles zurückge-
führt werden."“ Feſtſtellen wollen sie, was ,in unserer
bedrängten Zeit“ ~ abermals die Worte des CEinbe-
rufungs-Schreibens – das g,ewige Heil“ der Menſchen
betrifft, die „zweckmäßige“ Ausbildung der Geiſtlichteit,
die Beobachtuug der Kirchengeseße, die Eintracht der Men-
ſchen (mittelſt Chaſſepbots) und die Besserung der Sitten
(was vor Allem im Kirchenſtaate nohtthut, wie die Kri-
minal-Statiſtit bezeugt).
Damit iſt, wie man weiß, das Programm des Kon-
zils noch lange nicht erſchöpft. Indeß, einen Puntt,
ſcheint es, auch nach den vorliegenden Nachrichten, wird
manu doch fallen laſten. Der Leſer erräth, daß . wir die
Crhebung der Unfehlbarket des Papſtes zum Dogma
meinen, von deren Streichung von der Tagesordnung
ſchon früher die Rede war. Die Diskussion über diese
Frage iſt ſchon jekt der päpſtüchen Kurie höchſt unbe-
quem. Die Geiſter, die ſie entfeſſelt, möchte ſie gern wie-
der los werden. In Rom hat = ſo meldet die kleritale
„Zeit“ ~ das Zenſur-Amt den Redaktionen der dort
erſcheinenden Blätter die Weiſung zukommen laſſen, sich
ja nicht mit der Unfehlbarkeits-Theorie zu beschäſtigen;
weder für noch gegen dieſclbe Geschriebenes paſſirt die
Zenſur. Die Väter des Konzils ſollen gar nicht mehr
daran erinnert werden, daß jemals an die Dogmatisſirung
der Unfehlbarkeit gedacht wurde. Nicht ganz im Ein-
tlange damit ſteht, was die neueste Kirchen,eitung schreibt.
Dieſelbe beſtreitet n u r, daß die Dogmatisirung der Un-
fehibarteit des Papſtes ein Hauptziel des Kenzils sei.
Einerlei, das Konzil wird das Mögliche verſuchen,
die Macht der Kirche zu ſtärten; der Auftlärung Emdhalt
zu thun. Man hoffe nicht, der heutige Staat sei eman-
zipixt und besonnen genug, sich der römiſchen Machtein-
flüjſe zu erwehren. Jede Regierung läßt gerne eine ge-
wiſſe geiſtliche Macht zu; jede Regierung hat lieber folg-
ſam gläubige, als kraftbewußte Völter. Wir erinnern
hier an den frommen UAusſpruch Wilhelm des Adlers :
Die Kirche at viele Feinde; ich denke nicht an die Ka-
tholilen! So ſprach König Wilhelm und dachte an die
Auſtäärung als den Feind der Kirche, durch die er ebenſo
„ſein Volk“ beherrſchen will, wie durch den Militacis-
mus. Darauf baut Rom seine Macht mit Bewuzßzsein
und Berechnung. Von der römiſchen Kirchenverſamm-
lung zu den preußiſchen Synoden, und umgetehrt, iſt
nur ein Schritt.
Umm den ſchwarzen Feind wirkſam zu bekämpfen, müj-
Jen mit ihm zugleich und nachhaltig die weltlichen Mächte
betämpſt werden, die ihm Untertunſt, Unterſtützung, Vor-
ſchub verleihen. Geistliche und weltliche Gewalthaber fol-
gen ein und demſ]elben Prinzipe: ihre eigene Größe und
Macht auf den Zwieſpalt, auf die Erniedrigung und
Schwächung der Völker zu gründen; beide haben zu den
ver]chiedentten Zeiten, bald mehr, bald weniger einträch-
tig ſicy in die Herrſchaft getheut und bis in die neueſte
Zeit gründet ſich ſo manche Gewaltherrſchaſt nur auf die
verſtärtte Soldatesta in Uniform und Kutte. Das Volk
muß ven geiſtlichen und weltlichen Bevormundern und
Unterdrückern Gehör versagen und ihnen ſeine Unter- |
ſtüzung an Gut und Blut feſt verſchließgen. Die Völker
miüſſen ſich zur Friedens- und Freiheitsarbeit eng verbin-
den und in feſt geſchloſſener Gliederung und mit uner-
müdlicher Kraft die naturgemäßen und gründlichen Staats-
reſsormen erſtreben. Auf dieſem Wege allein gelangen ſie
zur ſiegreichen Macht, welche endlich die höchſten Gewalts-
mißbräuche der einzeln und verbunden mit „Blut und
Eiſen“ und mit der „Encyhclica und dem Syllabus“
| wirkenden Herrſch- und Eroberungsſüchtigen brechen und
einer neuen, glücklicheren Zeit die Wege bahnen wird.
Politiſche Ueberſichl.
Mannheim, 1. Dezember.
* Die Fortſchrittsbartei in Preußen hat
ihrem kurz vorher von der politiſchen Thätigkeit zurückge-
tretenen Führer Waldeck am 3. Dezbr. einen Chrentag
bereitet. Die Berliner Zeitungen sind angefüllt mit den
Berichten über die Ehrenbezeugung, die Waldeck, an dem
Tage bereitet wurde, an dem er vor zwanzig Jahren den
Schlingen einer gegen ihn mit teufliſcher Bosheit und
namenloſer Frechheit geſponnenem Intrigue entgangen.
Daß die Dantbarkeit, in welcher die Fortſchrittspartei des
Tages gedachte, zugleich einen Abſchiedsgruß an den von
düſterem Leide des Alters befallenen Manne auszuſprechen
hatte, erhöhte den ernſten Sinn der Feier. „Auch uns,
ſagt die „Zukunft“, steht heute noch in ungetrübtem
Lichte die revolutionäre Energie vor den Augen, welche
das Werk von 1848, die Charte Waldeck ſchuf; auch wir
empfinden heute noch in bewegter Erinnerung den dämo-
niſchen Bann , in welchen 1849 sein Donuerwort gegen
Bodelſchwingh : „Sie entehren diese Tribüne!“ zum
leßtenmale die immer kecker emporzüngelnde Reaktion
ſchlug; auch uns geht das Herz heute von Neuem auf,
indem wir jener Manifeſtesworte an Vincke gedenken, in
denen die Demokratie 1858 ihren Wiedereintritt in die
Landesvertretung verkündete" .. . aber es darf auch
nicht verſchwiegen werden, daß die Ereigniſſe von 1866 vor-
her nicht erkannte Gegenſäße klar gemacht haben , daß
nach ihnen und durch sie der gefeierte Veteran des
preußiſchen Parlamentarismus sich als das enthüllt hat,
was er immer geweſen, als Vertreter eines preußiſchen
Partikularismus, der, sobald er zum Durchbruch kam, ihn
in Widerſpruch mit dem Grundprinzipe der Demokratie
segen mußte, als deren Vorkämpfer er galt. Seine Hand
hat zwischen ſich und der deutschen Volkspartei das Tafel-
tuch zerschnitten und so kann eine Waldeck-Feier nur im
Familientreiſe seiner preußiſchen Parteigenoſſen begangen
werden: wenn auch nicht vergeſſen werden ſoll, daß dieses
Erinnerungsfeſt durch das hiſtoriſche Datum, welchem die
Feier gilt, den Anspruch auf eine allgemeinere Bedeutun g
erheben darf. Seine Parteigenoſſen mögen den leben-
d e n Waldeck feiern; für uns , sagi das „Fr. J.“, sind
die Ovationen die letten Ehrenſalven über dem Grabe
jenes hiſtoriſchen Waldeck, deſſen Name in der großen Be-
wegung von 1848 und in den Jahren der freiheitlichen
Regungen , welche dem Beginne der neuen Aera gefolgt
ſind, seinen volltönenden Klang hatte als der jenes par-
lamentariſchen Ajar, „der ein Thurm war in der Schlacht“,
und den der Haß der politiſchen Reaktion nicht beſſer zu
würdigen wußte, als daß er die preußiſche Verfassung die
„Charte Waldeck“ getauft hat.
In Dä nemark wird das neue Finanzjahr den
Staatsbeitrag zu den Volkshochſchulen von 3000 Rthlr.
auf 17000 Rthlr. erhöhen, und dieß zu dem löblichen
Zwecke, die Volkshochſchullehrer, welche sich weiter auszu-
bilden gedenken, zu unterſtüßen und zur Anschaffung der
erforderlichen Lehrmit:el, namentlich chemiſcher und phy-
sſikaliſcher Apparate und endlich zur Anschaffung ähnlicher
Apparate für Schullehrer auf dem Lande, welche durch
Vorträge oder Abendſchulen für die Verbreitung nütz-
licher Kenntniſse thätig ſind.
Züſar an der Seine hält nicht nur seine Herrſchaft
für geſichert, sondern auch die seines Sohnes. Wenig-
ſtens giebt er ſich den Anſchein , als hege er darüber kei-
nen Zweifel. So ſoll von Neujahr ab der Prinz allen
Arbeiten des Tuilerien-Kabinets folgen und wird ferner
behauptet, daß von bevorſtehendem April an, alſo nach vollen-
detem 14. Lebensjahre des Prinzen, die Münzen mit
dem Bildniſſe des Kaiſers und ſeines Sohnes geprägt
werden sollen. Ein hübſcher 1. April für die Franzosen.
Noch kturz vor Zuſammentritt des Konzils hat der
Papſt ein Dekret der Kongregation des Index beſtätigt,
welches vier Werke v erd ammt, unter diesen das Buch
bon Janus über den Papſt und das Konzil. Beſte Em-
pfehlung für die betresfenden Werke.
Die Aufforderung der türkiſchen Regierung an den
Vizetönig von Egypten, welche nun zur Kenntniß des
Lehteren gelangt iſt, erläutert zutreffenden Andeutungen
zufolge nochmals in sehr bestimmten Ausdrücken die Stel-
lung, welche die Verträge und die türkischen Regierungs- |
Erlaſſe dem Vizekönig anweiſen, wobei dargethan wird,
daß derſelbe allerdings verpflichtet iſt, ſein Budget der
Pforte vorzulegen, und nicht die Ermächtigung beſitt,
ohne deren Kontrole Anleihen abzuſchließgen, welche beide
Puntte er bekanntlich in seinem Antwortſchreiben in Ab>
rede ſtell. Schließlich wird der Vizekönig aufgefordert,
diese Darlegung zur Richiſchnur seiner Beziehungen mit
der Pforte zu nehmen.
Deutſczland.
* Karlsruhe, 7. Dez. Der neueſte Staats-
anz ei g er Nr. 35 enthält: Bekanntmachungen die Aus-
gabe von Schuldverſchreibungen auf den Inhaber durch
die Stadtgemeinde Karlsruhe und die Organisation des
Poſtdienſtes betr.
Den Badeärzten Haberer in Petersthal und Dr.
Siegel in Badenweiler wurde der Charakter als Medizi-
nalrath verliehen ; dem prakt. Arzt Dr. Frech in Baden
unter Verleihung des Charakters als Medizinalrath die
Stelle als Badearzt in Baden definitiv übertragen.
k. Ettenheim, 5. Dez. Nachdem vor wenigen
Tagen eine Petition an die Zw ite Kammer wegen Zu-
laſſung zum Eintritt in den einjährigen Militärdienst für
Diejenigen, welche die 6te Klaſſe einer höheren Bürger-
schule durchgemacht haben ~ unter Cntbindung von der
Prüfung + in Ettenheim zur Unterschrift herumgetragen
wurde, wurde lezte Woche ſchon wieder eine ähnliche an
beide Kammern vom Gemeinderathe besonders besſchloſſen
und am Sonntag deswegen eine Bürgerverſammlung auf
dem Rathhauſe abgehalten. ]
In dieser wurden nun, da der Bürgermeisſter krank
und die Herren Beiſißer unwohl sein sollen ~ von Hrn.
Profeſſor G. die Nothwendigkeit dieser Bittschriften und
die dadurch zu erzielenden Vortheile beſprochen und be-
ſonders betont, daß die beſtehenden höhern Bürgerſchulen
zu Grunde gehen müßten, wenn diesem Verlangen nicht
entsprochen werden sollte, und daß den Ettenheimern dann
nichts anderes übrig bliebe, als ein Realgymnasium zu
gründen, was aber große Geldopfer fordern würde. Oh-
wohl die Betheitigung auf dem Rathhauſe nur gering
war — troßdem die Bürger durch Schellenverkündung
dazu aufgefordert wurden, wird es doch nicht an Unter-
ſchriften fehlen, wenn die Petitionen herumgetragen wer-
den ; die guten Leute haben ja ſchon Manches unter-
ſchrreben, nur um Ruhe zu haben. Wir aber fragen,
was sollen diese Petitionen der Mehrheit nüten? warum
wurde nicht einfach 'die kurze Dienſtzeit für alle Militäre.
pflichtige gefordert ? Was haben die höhern Bürgerſchalen
überhaupt mit dem Militärdienſt zu thun? und warum
noch immer und überall Ausnahmen, da weir deren in
unſerm Lande doch schon mehr als genug haben ? Die
höhere Bürgerſchule in Ettenheim beſtand ja schon eit
Vierteljahrhundert vor dem Glücksjahr 1866 und wurde
ja immer so gerühmt, und jett soll sie auf einmal dem
Zweck nicht mehr entsprechen, nur deßhalb, weil tinige
Familien ihre Söhne dort für den einjährigen Militär-
dienſt ausgebildet haben wollen.
Das ist denn doch etwas zu ſtark und schon stutzen
viele, sogar von denen, die noch von des seligen Gſchrey's
Zeiten her zu denen gehören, sonst gerne Alles zu glau-
ben, und sie fragen ſich, wie es kommt, daß man einer
Bürgerſchaſt, die ſchon so viele Jahre im Beſitze einer
höhern Lehranstalt iſt ~ der ſie ſchon so viele Opfer
gebracht hat ~ so etwas ins Geſicht ſagen kann, wäh-
rend es bisher immer hieß, daß dieſe Schule zur Bil-
dung Aller da sei. Solchem Vorgehen der Gemeindebe-
hörde hätte sogleich gebührend entgegen getreten werden
sollen, allein bei der Theilnahmloſigkeit der Bürger in
unserm Bezirk kann es nicht anders sein und so hat auch
bei uns die sog. nationale Partei sich die Herrſchaft über-
all angemaßt.
Die Herren haben aber gerade durch dieſes Auftreten
Manchen zum Nachdenken gezwungen und werden es sicher
dahin bringen, daß die Leute ſich mehr wie bisher um
die Gemeinde- und andere Angelegenheiten kümmern wer-
den ; denn es iſt endlich Zeit, dem Treiben der Abend-
bürger und Nationalvereinler ein Ziel zu ſeten. V
* Aus Baden , 7. Dez. Damit der Mit- und
Nachwelt auch kein Wort von Dem verloren gehe, was
die national-liberalen Abgeordneten, von Grimm bis Lamey
in ihrer . . . Weisheit im Ständesſaal verkünden, werden
von heute an die National-Liberalen im Verlage Vaters
Madklot ein „Land tags bla tt“ herausgeben. 50 Num-
mern thun einen Gulden vierzig. Da die Herren nuy
wahrſcheinlich alle ihre Reden im Manufkripte liefern ſo
M r FTT
1869.
Paden.
u wird
tr ue nzruung
nu aen-Ciehuhr : hie einne
fen Heut §
IL
it
und Fefltage --- täglich als Ahendblait ausgegeben. ~ Ver
Lukalanzeigen I. fx. Bettellun bei der Expedition C! 1.. Nx. !
Organ der deulſchen Volkspartei in
gen
stne Voſtauſſchlag
vierteljährlich Gin Gulden,
tannheim un bei allen Voktanttalten.
Abonuementspreis
t tr M
Vor dem römiſchen Konjil.
' *) Dreihundert Jahre hat die Welt das Schauſpiel
eines Konzils. nicht genoſſen. Der achte Dezember,
der morgige Tag ſteht roth angesſtrichen 1m dem Kalender
des Papſtes. Morgen wird wieder ein Konzil zuſam-
mentreten; jene Verſammlung. der Biſchöfe eröffnet wer-
den, die von der Kirchenzeitung + ſto1z lieb’ ich den
Spanier – der Marittein genannt wird zwischen der
Gegenwart und zwiſchen der Zukunft.
Morgen, dem fünfzehnten Geburtstage der Encyclika
und des Syllabus, dem fünfzehnten Jahrestage der Dog-
matiſirung der unbeflectten Empfängniß, wird die allge-
meine Kirchenverſammlung in Rom zuſammentreten, um
Gericht zu halten über unsere gottloſe Zeit und ~ wie
es in dem Einberufungsſchreiben des Papſtes hieß
„alle Uebel von der Kirche und der menſchlichen Gesell-
ſchaft zu entfernen, auf daß die Ir.enden auf den Weg
der Wahrheit, der Gerechtigteit und des Heiles zurückge-
führt werden."“ Feſtſtellen wollen sie, was ,in unserer
bedrängten Zeit“ ~ abermals die Worte des CEinbe-
rufungs-Schreibens – das g,ewige Heil“ der Menſchen
betrifft, die „zweckmäßige“ Ausbildung der Geiſtlichteit,
die Beobachtuug der Kirchengeseße, die Eintracht der Men-
ſchen (mittelſt Chaſſepbots) und die Besserung der Sitten
(was vor Allem im Kirchenſtaate nohtthut, wie die Kri-
minal-Statiſtit bezeugt).
Damit iſt, wie man weiß, das Programm des Kon-
zils noch lange nicht erſchöpft. Indeß, einen Puntt,
ſcheint es, auch nach den vorliegenden Nachrichten, wird
manu doch fallen laſten. Der Leſer erräth, daß . wir die
Crhebung der Unfehlbarket des Papſtes zum Dogma
meinen, von deren Streichung von der Tagesordnung
ſchon früher die Rede war. Die Diskussion über diese
Frage iſt ſchon jekt der päpſtüchen Kurie höchſt unbe-
quem. Die Geiſter, die ſie entfeſſelt, möchte ſie gern wie-
der los werden. In Rom hat = ſo meldet die kleritale
„Zeit“ ~ das Zenſur-Amt den Redaktionen der dort
erſcheinenden Blätter die Weiſung zukommen laſſen, sich
ja nicht mit der Unfehlbarkeits-Theorie zu beschäſtigen;
weder für noch gegen dieſclbe Geschriebenes paſſirt die
Zenſur. Die Väter des Konzils ſollen gar nicht mehr
daran erinnert werden, daß jemals an die Dogmatisſirung
der Unfehlbarkeit gedacht wurde. Nicht ganz im Ein-
tlange damit ſteht, was die neueste Kirchen,eitung schreibt.
Dieſelbe beſtreitet n u r, daß die Dogmatisirung der Un-
fehibarteit des Papſtes ein Hauptziel des Kenzils sei.
Einerlei, das Konzil wird das Mögliche verſuchen,
die Macht der Kirche zu ſtärten; der Auftlärung Emdhalt
zu thun. Man hoffe nicht, der heutige Staat sei eman-
zipixt und besonnen genug, sich der römiſchen Machtein-
flüjſe zu erwehren. Jede Regierung läßt gerne eine ge-
wiſſe geiſtliche Macht zu; jede Regierung hat lieber folg-
ſam gläubige, als kraftbewußte Völter. Wir erinnern
hier an den frommen UAusſpruch Wilhelm des Adlers :
Die Kirche at viele Feinde; ich denke nicht an die Ka-
tholilen! So ſprach König Wilhelm und dachte an die
Auſtäärung als den Feind der Kirche, durch die er ebenſo
„ſein Volk“ beherrſchen will, wie durch den Militacis-
mus. Darauf baut Rom seine Macht mit Bewuzßzsein
und Berechnung. Von der römiſchen Kirchenverſamm-
lung zu den preußiſchen Synoden, und umgetehrt, iſt
nur ein Schritt.
Umm den ſchwarzen Feind wirkſam zu bekämpfen, müj-
Jen mit ihm zugleich und nachhaltig die weltlichen Mächte
betämpſt werden, die ihm Untertunſt, Unterſtützung, Vor-
ſchub verleihen. Geistliche und weltliche Gewalthaber fol-
gen ein und demſ]elben Prinzipe: ihre eigene Größe und
Macht auf den Zwieſpalt, auf die Erniedrigung und
Schwächung der Völker zu gründen; beide haben zu den
ver]chiedentten Zeiten, bald mehr, bald weniger einträch-
tig ſicy in die Herrſchaft getheut und bis in die neueſte
Zeit gründet ſich ſo manche Gewaltherrſchaſt nur auf die
verſtärtte Soldatesta in Uniform und Kutte. Das Volk
muß ven geiſtlichen und weltlichen Bevormundern und
Unterdrückern Gehör versagen und ihnen ſeine Unter- |
ſtüzung an Gut und Blut feſt verſchließgen. Die Völker
miüſſen ſich zur Friedens- und Freiheitsarbeit eng verbin-
den und in feſt geſchloſſener Gliederung und mit uner-
müdlicher Kraft die naturgemäßen und gründlichen Staats-
reſsormen erſtreben. Auf dieſem Wege allein gelangen ſie
zur ſiegreichen Macht, welche endlich die höchſten Gewalts-
mißbräuche der einzeln und verbunden mit „Blut und
Eiſen“ und mit der „Encyhclica und dem Syllabus“
| wirkenden Herrſch- und Eroberungsſüchtigen brechen und
einer neuen, glücklicheren Zeit die Wege bahnen wird.
Politiſche Ueberſichl.
Mannheim, 1. Dezember.
* Die Fortſchrittsbartei in Preußen hat
ihrem kurz vorher von der politiſchen Thätigkeit zurückge-
tretenen Führer Waldeck am 3. Dezbr. einen Chrentag
bereitet. Die Berliner Zeitungen sind angefüllt mit den
Berichten über die Ehrenbezeugung, die Waldeck, an dem
Tage bereitet wurde, an dem er vor zwanzig Jahren den
Schlingen einer gegen ihn mit teufliſcher Bosheit und
namenloſer Frechheit geſponnenem Intrigue entgangen.
Daß die Dantbarkeit, in welcher die Fortſchrittspartei des
Tages gedachte, zugleich einen Abſchiedsgruß an den von
düſterem Leide des Alters befallenen Manne auszuſprechen
hatte, erhöhte den ernſten Sinn der Feier. „Auch uns,
ſagt die „Zukunft“, steht heute noch in ungetrübtem
Lichte die revolutionäre Energie vor den Augen, welche
das Werk von 1848, die Charte Waldeck ſchuf; auch wir
empfinden heute noch in bewegter Erinnerung den dämo-
niſchen Bann , in welchen 1849 sein Donuerwort gegen
Bodelſchwingh : „Sie entehren diese Tribüne!“ zum
leßtenmale die immer kecker emporzüngelnde Reaktion
ſchlug; auch uns geht das Herz heute von Neuem auf,
indem wir jener Manifeſtesworte an Vincke gedenken, in
denen die Demokratie 1858 ihren Wiedereintritt in die
Landesvertretung verkündete" .. . aber es darf auch
nicht verſchwiegen werden, daß die Ereigniſſe von 1866 vor-
her nicht erkannte Gegenſäße klar gemacht haben , daß
nach ihnen und durch sie der gefeierte Veteran des
preußiſchen Parlamentarismus sich als das enthüllt hat,
was er immer geweſen, als Vertreter eines preußiſchen
Partikularismus, der, sobald er zum Durchbruch kam, ihn
in Widerſpruch mit dem Grundprinzipe der Demokratie
segen mußte, als deren Vorkämpfer er galt. Seine Hand
hat zwischen ſich und der deutschen Volkspartei das Tafel-
tuch zerschnitten und so kann eine Waldeck-Feier nur im
Familientreiſe seiner preußiſchen Parteigenoſſen begangen
werden: wenn auch nicht vergeſſen werden ſoll, daß dieses
Erinnerungsfeſt durch das hiſtoriſche Datum, welchem die
Feier gilt, den Anspruch auf eine allgemeinere Bedeutun g
erheben darf. Seine Parteigenoſſen mögen den leben-
d e n Waldeck feiern; für uns , sagi das „Fr. J.“, sind
die Ovationen die letten Ehrenſalven über dem Grabe
jenes hiſtoriſchen Waldeck, deſſen Name in der großen Be-
wegung von 1848 und in den Jahren der freiheitlichen
Regungen , welche dem Beginne der neuen Aera gefolgt
ſind, seinen volltönenden Klang hatte als der jenes par-
lamentariſchen Ajar, „der ein Thurm war in der Schlacht“,
und den der Haß der politiſchen Reaktion nicht beſſer zu
würdigen wußte, als daß er die preußiſche Verfassung die
„Charte Waldeck“ getauft hat.
In Dä nemark wird das neue Finanzjahr den
Staatsbeitrag zu den Volkshochſchulen von 3000 Rthlr.
auf 17000 Rthlr. erhöhen, und dieß zu dem löblichen
Zwecke, die Volkshochſchullehrer, welche sich weiter auszu-
bilden gedenken, zu unterſtüßen und zur Anschaffung der
erforderlichen Lehrmit:el, namentlich chemiſcher und phy-
sſikaliſcher Apparate und endlich zur Anschaffung ähnlicher
Apparate für Schullehrer auf dem Lande, welche durch
Vorträge oder Abendſchulen für die Verbreitung nütz-
licher Kenntniſse thätig ſind.
Züſar an der Seine hält nicht nur seine Herrſchaft
für geſichert, sondern auch die seines Sohnes. Wenig-
ſtens giebt er ſich den Anſchein , als hege er darüber kei-
nen Zweifel. So ſoll von Neujahr ab der Prinz allen
Arbeiten des Tuilerien-Kabinets folgen und wird ferner
behauptet, daß von bevorſtehendem April an, alſo nach vollen-
detem 14. Lebensjahre des Prinzen, die Münzen mit
dem Bildniſſe des Kaiſers und ſeines Sohnes geprägt
werden sollen. Ein hübſcher 1. April für die Franzosen.
Noch kturz vor Zuſammentritt des Konzils hat der
Papſt ein Dekret der Kongregation des Index beſtätigt,
welches vier Werke v erd ammt, unter diesen das Buch
bon Janus über den Papſt und das Konzil. Beſte Em-
pfehlung für die betresfenden Werke.
Die Aufforderung der türkiſchen Regierung an den
Vizetönig von Egypten, welche nun zur Kenntniß des
Lehteren gelangt iſt, erläutert zutreffenden Andeutungen
zufolge nochmals in sehr bestimmten Ausdrücken die Stel-
lung, welche die Verträge und die türkischen Regierungs- |
Erlaſſe dem Vizekönig anweiſen, wobei dargethan wird,
daß derſelbe allerdings verpflichtet iſt, ſein Budget der
Pforte vorzulegen, und nicht die Ermächtigung beſitt,
ohne deren Kontrole Anleihen abzuſchließgen, welche beide
Puntte er bekanntlich in seinem Antwortſchreiben in Ab>
rede ſtell. Schließlich wird der Vizekönig aufgefordert,
diese Darlegung zur Richiſchnur seiner Beziehungen mit
der Pforte zu nehmen.
Deutſczland.
* Karlsruhe, 7. Dez. Der neueſte Staats-
anz ei g er Nr. 35 enthält: Bekanntmachungen die Aus-
gabe von Schuldverſchreibungen auf den Inhaber durch
die Stadtgemeinde Karlsruhe und die Organisation des
Poſtdienſtes betr.
Den Badeärzten Haberer in Petersthal und Dr.
Siegel in Badenweiler wurde der Charakter als Medizi-
nalrath verliehen ; dem prakt. Arzt Dr. Frech in Baden
unter Verleihung des Charakters als Medizinalrath die
Stelle als Badearzt in Baden definitiv übertragen.
k. Ettenheim, 5. Dez. Nachdem vor wenigen
Tagen eine Petition an die Zw ite Kammer wegen Zu-
laſſung zum Eintritt in den einjährigen Militärdienst für
Diejenigen, welche die 6te Klaſſe einer höheren Bürger-
schule durchgemacht haben ~ unter Cntbindung von der
Prüfung + in Ettenheim zur Unterschrift herumgetragen
wurde, wurde lezte Woche ſchon wieder eine ähnliche an
beide Kammern vom Gemeinderathe besonders besſchloſſen
und am Sonntag deswegen eine Bürgerverſammlung auf
dem Rathhauſe abgehalten. ]
In dieser wurden nun, da der Bürgermeisſter krank
und die Herren Beiſißer unwohl sein sollen ~ von Hrn.
Profeſſor G. die Nothwendigkeit dieser Bittschriften und
die dadurch zu erzielenden Vortheile beſprochen und be-
ſonders betont, daß die beſtehenden höhern Bürgerſchulen
zu Grunde gehen müßten, wenn diesem Verlangen nicht
entsprochen werden sollte, und daß den Ettenheimern dann
nichts anderes übrig bliebe, als ein Realgymnasium zu
gründen, was aber große Geldopfer fordern würde. Oh-
wohl die Betheitigung auf dem Rathhauſe nur gering
war — troßdem die Bürger durch Schellenverkündung
dazu aufgefordert wurden, wird es doch nicht an Unter-
ſchriften fehlen, wenn die Petitionen herumgetragen wer-
den ; die guten Leute haben ja ſchon Manches unter-
ſchrreben, nur um Ruhe zu haben. Wir aber fragen,
was sollen diese Petitionen der Mehrheit nüten? warum
wurde nicht einfach 'die kurze Dienſtzeit für alle Militäre.
pflichtige gefordert ? Was haben die höhern Bürgerſchalen
überhaupt mit dem Militärdienſt zu thun? und warum
noch immer und überall Ausnahmen, da weir deren in
unſerm Lande doch schon mehr als genug haben ? Die
höhere Bürgerſchule in Ettenheim beſtand ja schon eit
Vierteljahrhundert vor dem Glücksjahr 1866 und wurde
ja immer so gerühmt, und jett soll sie auf einmal dem
Zweck nicht mehr entsprechen, nur deßhalb, weil tinige
Familien ihre Söhne dort für den einjährigen Militär-
dienſt ausgebildet haben wollen.
Das ist denn doch etwas zu ſtark und schon stutzen
viele, sogar von denen, die noch von des seligen Gſchrey's
Zeiten her zu denen gehören, sonst gerne Alles zu glau-
ben, und sie fragen ſich, wie es kommt, daß man einer
Bürgerſchaſt, die ſchon so viele Jahre im Beſitze einer
höhern Lehranstalt iſt ~ der ſie ſchon so viele Opfer
gebracht hat ~ so etwas ins Geſicht ſagen kann, wäh-
rend es bisher immer hieß, daß dieſe Schule zur Bil-
dung Aller da sei. Solchem Vorgehen der Gemeindebe-
hörde hätte sogleich gebührend entgegen getreten werden
sollen, allein bei der Theilnahmloſigkeit der Bürger in
unserm Bezirk kann es nicht anders sein und so hat auch
bei uns die sog. nationale Partei sich die Herrſchaft über-
all angemaßt.
Die Herren haben aber gerade durch dieſes Auftreten
Manchen zum Nachdenken gezwungen und werden es sicher
dahin bringen, daß die Leute ſich mehr wie bisher um
die Gemeinde- und andere Angelegenheiten kümmern wer-
den ; denn es iſt endlich Zeit, dem Treiben der Abend-
bürger und Nationalvereinler ein Ziel zu ſeten. V
* Aus Baden , 7. Dez. Damit der Mit- und
Nachwelt auch kein Wort von Dem verloren gehe, was
die national-liberalen Abgeordneten, von Grimm bis Lamey
in ihrer . . . Weisheit im Ständesſaal verkünden, werden
von heute an die National-Liberalen im Verlage Vaters
Madklot ein „Land tags bla tt“ herausgeben. 50 Num-
mern thun einen Gulden vierzig. Da die Herren nuy
wahrſcheinlich alle ihre Reden im Manufkripte liefern ſo
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