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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

DOI issue:
No. 284 - No. 309 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43993#1153

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Festtage -+ täglich als Abendblatt ausgegeben. –~ Ber NHbunnementspyreis vierteljährlich
zeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition CQ 1 Nr.



Baden.

Ein Gulden, ohne Buſtaufſchleg.







15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.





Politiſche Ueberfſicht.
Mann heim, 30. November.
* Frankreich will die Freiheit, aber mit der Ordnung.
Für die Ordnung ſteht Napoleon ein .

Freiheit zu ſchüten, ruft er die Senatoren und Deputir-
ten zu Hilfe. „Halten wir uns, um dieses Ziel zu er-
reichen, in gleicher Entfernung bon dem Rückschritte und
von den revolutionären Theorien." „Halten wir uns"
. . . Vie äußerſt napoleoniſch. Wir zweifeln, daß den
Franzoſen dieſe Devise der neueſten Aera besonders zu-
agen wird.
] Der Budget-Entwurf, welcher der Landesvertretung
in Dänemark vorgelegt wurde, ſchließt mit einem Defi-

zit von 51/s Millionen R.-Thlr. ab. Europäische Kranke |

üs In der gestern telegraphiſch kurz mitgetheilten Thron-

rede des Fürſten von Rumänien erwähnte der Fürst |

Karl auch der Beſuche, weiche er an fremden Höfen ge-
macht hat, um den Rumänen die Schmeichelei davon
abzuleiten, die Aufmerksamkeiten, welche ihm Seitens der
Souveräne zu Theil geworden, fielen auch auf die ru-
mäniſche Nation zurück, welche den Großmächten dadurch
zu neuem Danke verpflichtet werde. Nachdem der Ver-
dacht geſchwunden und das Vertrauen wiederhergeſtellt
ſei, dürfe man hoffen, daß die Beziehungen des Landes
zu den hohen garantirenden Mächten einen den Interesſen
des ersteren günstigeren Charakter annehmen werden. Die
Rolle, welche Rumänien berufen ſei, in der Frage des
europäischen Gleichgewichts im Orient zu spielen, sei um
Jo leichter auszufüllen, als die Regierung des Fürsten in
loyaler Weiſe auf die ſtrengsle Erfüllung derjenigen
Pflichten halten werde, welche ihr die unter dem mächtigen
Schutze Curopas abgeſchloſſenen Verträge quferlegen. Was
das Verhältniß zur Pforte anlange, ſo beſtehe das ſicherſte
und geeigneiſte Mittel, das Ausland von einer Cinmiſchung
in die inneren Angelegenheiten Rumäniens abzuhalten,
darin, daß Rumänien ſeinerſeits ſich jeder Einmiſchung
in die. Angelegenheiten seiner Nachbarn enthalte. Dann
wird die Schwelle „unseres“ Hauſes in Wahrheit un-
verlezlich und geheiligt sein. Daß diese Politik, welche
der Fünſt verfolge, die beſte, betveiſe der gute Wille, den
gegenwärtig die gorantirenden Mächte zeigen, um durch
internationale Verträge die rumänischen Verhältnisse, so-
weit dieselben ein gemeinſchaftliches Interesse bieten, zu
regeln. Der Fürst erwähnte verſchiedene Verträge dieser
Gattung, die theils abgeſchloſſen, theils noch in Verhand-
lung ſind, und berührt hierauf die innere Lage des
Landes, um die „beständige, täglich fortſchreitende Ent-
wicklung der moraliſchen und materiellen Interessen des
Landes und das rüſtige Fortſchreiten deſſelben auf dem
Wege der Ziviliſation“ zu rühmen und dem guten Volke
zu bcrſichern, „die innere Ordnung ſei durch die Be-
feſtigqung der Dynastie geſichert.“ Und so ſchließt der
Fürſt mit dem i h m nüytlichen Aufruf an die Parteien
zur Verſöhnung und Eintracht . . . ;

Mapoleons Thronrede.

** Maris, 29. Nov. Bei Eröffnung des Senats
“s des geschgebenden Körpers hielt der Kaiser folgende

ede :

Meine Herren Senatoren und Deputirte! es iſt nicht
leicht,, den regelmäßigen und friedlichen Gebrauch der
Freiheit in Frankreich einzuführen. Seit einigen Mona-
ten ſchien die Gefellſchaft durch Unmsturztendenzen bedroht,
die Freiheit wurde durch die Exrzeſſe der Preſſe und der öffenl-
lichen Verſammlang kompromittirt. Jeder fragte sich, wie
weit die Regierung ihre Langmuth ausdehnen würde.
Aber ſchon hat der geſunde Sinn der Bevölkerung gegen
die Ausschreitungen der Schuldigen reagirt. Ohnmächtige
Angriffe haben nur dazu gedient, die Dauerhaftigkeit des
durch das allgemeine Stimmrecht gegründeten Gebäudes
dazuthun. Nichtsdestoweniger dürfen die Unsicherheit und
die Verwirrung, welche in den Gemüthern herrschen, nicht
fortdauert und die Lage fordert mehr als jemals
Freiheit und Entſchliesung. Es iſt nöthig, ohne Um-







ſchweife zu reden und laut auszuſprechen, was der Wille

des Landes iſt. Frankreich will die Freiheit, aber im

Bunde mit der Ordnung. “s

: : Für die Ordnung stehe ich ein. Helfen Sie mir
die Freiheit retten. Um dieß giel zu erreichen , laſſen

Sie uns gleich weit von Reaktion und von revolutionären

Theorien fern bleiben. Zwischen Denen , die Alles ohne

nung, die ihn an die Spitze der Mc s Ft |

| Veränderung beibehalten wollen, und Denen, die Alles |

| umſtürzen wollen , iſt ein ruhmreicher Plat auszufüllen.
Als ich das Senatuskonſult vom letzten September als
logiſche Folge vorausgegangener Reformen und der in
meinem Namen durch den Staatsminister am 98. Juni
gemachten Erklärung veranlaßt habe, wollte ich damit
| entſchloſſen eine neue Aera der Versöhnung und des Fort-
ſchritts einweihen.

Sie aber, indem Sie mich ihrerseits auf diesem Wege
unterſtütten, haben damit nicht die Vergangenheit ver-
leugnen, nicht die Gewalt entwaffnen , und nicht das
Kaiserreich erſchüttern wollen. Unsere Aufgabe beſteht jetzt
darin, die Prinzipien, die feſtgestellt wurden, zur Anwen-
dung zu bringen, indem wir ſie in unſere Geseze über-
ehen lassen.
i Die |î4.:thebe. welche die Minister Ihrer Billigung
vorlegen werden, haben alle einen aufrichtig liberalen
Charakter; wenn Sie dieselben annehmen, werden die
nachfolgenden Verbesserungen zur Wirklichkeit werden. Die
| Maires werden aus dem Schooße der Gemeinderäthe ge-
wählt werden, ausgenommen in dem Ausnahmefall, wel-
<en das Geſeß für Lyon sowohl als für die Vorſtadt-
gemeinden von Paris vorgesehen hat. Die Bildung dieser
Räthe wird aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgehen.
In Paris, wo ſich die Interessen der Stadt mit denen
von ganz Frantreich vereinigen, wird der Gemeinderath
durch den geſeßgebenden Körper gewählt werden, dem
schon jezt das Recht zuſteht, das außerordentliche Buds
get der Hauptstadt zu regeln. Die Kantonräthe werden
hauptsächlich eingeführt werden, um die Kommunalreformen
zu vereinigen und deren Ausübung zu leiten. Neue Prä-
rogativen ſind den Generalräthen bewilligt. Die Kolonien
werden an diesen Dezentraliſationsbewegungen Theil neh-
men. Endlich wird ein Geseß, welches den Kreis, in
dem ſich das allgemeine Stimmrecht erweitert,
die öffentlichen Funktionen, welche mit dem Mandat eines
Deputirten vereinbar sind, festſeßen. Zu diesen Reformen
auf politiſchem und administrativem Gebiet werden legis-
| lative Maßregeln hinzugefügt werden, welche von mehr
unmittelbarem Interesſe für die Bevölkerung sind : Schnel-
lere Entwicklung des unentgeltlichen Ciementarunterrichts.
Herabſezung der Gerichtskosten. Leichtern Zugang der
Sparkaſsen von Seiten der Landbevölkerung. Humanere
Regulirung der Kinderabeit in den Fabriken. Erhöhung
der kleinen Beſoldungen. Andere wichtige Fragen, deren
Löſung noch nicht bereit iſt, werden eifrig ſtudirt. Die
(Enquete in Betreff der Landwirthschast iſt beendigt und
nützliche Vorschläge werden daraus hervorgehen, ſobald
die Kommission ihren Bericht erſtattet hat. Eine andere
Enquete in Betreff des Okltrois iſt begonnen. Es wird
Ihnen das Projekt zu einem Douanegesetz vorgelegt wer-





lichen Widerſpruch stoßen werden, enthält. Was die-
jenigen Tarife betrifft, die lebhafte Reklamationen von
Seiten gewiſsſer Induſtrien hervorgerufen haben, ſo wird
die Regierung Ihnen nicht eher darüber Vorſchläge machen,
als bis sie im Beſit des nöthigen Materials zur Auf-
klärung ihrer Berathungen iſt. Das Crpoſe über die
Lage des Kaiserreichs bietet befriedigende Reſultate dar.
(s iſt kein Stillſtand in den Geſchäften eingetreten. Das
indirekte Cinkommen. deſſen natürliches Wachsthum ein
Zeichen der Wohlfahrt und des Zutrauens iſt, weiſt bis
heute 30 Millionen mehr auf, als vergangenes Jahr.
Die laufenden Budgels weiſen bemerktenswerthe Ueber-
ſchüſſe nach. Das Budget für 1871 erlauht die Auf-
beſſjerung verſchiedener Dienstzweige, sowie die entſprechende
Dotation der öffentlichen Arbeiten.

Aber es genügt nicht, Reformen vorzuſchlagen, Er-
sparniſſe in den Finanzen und. eine gute Verwaltung ein-
zuführen. Es iſt auch nöthig, daß die öffentlichen Ge-
walten durch eine feſte und klore Haltung in Ueberein-
stimmung mit der Regierung beweiſen, daß wir, jemehr
wir die liberalen Wege ausbauen, anderseits auch um so
entſchloſſener ſind, die Intereſſen der Gesellſchaft und die
Prinzipien der Verfaſſung vor jeder Gewaltthat zu ſchü-
ßen. Cine Regierung, welche der geſezliche Ausdruck
des nationalen Willens iſt, hat die Pflicht und die Macht,
diesem Willen Achtung zu bversſchaffen, denn sie hat die
Gewalt und das Recht für ſich.. j
Wenn ich meine Blicke über unsere Grenzen schweifen
laſſe, wünsche ich mir Glück dazu, wenn ich ſche, wie die
fremden Mächte mit uns freundschaftliche Beziehungen
unterhalten. Die Fürſten und die Völker wünſchen den
Frieden und beschäftigen sich mit den Fortschritten der



den, welches die allgemeinen Tarife, die auf keinen ernſte_



Ziviliſation. Was man auch unſerer Epoche vorwerfen
mag, wir haben doch guten Grund, stolz auf sie zu ſein.
Die neue Welt hebt die Sklaverei auf, Rußland gibt
seine Leibengenen frei, England läßt Irland Gerechtigkeit
widerfahren, das mittelländiſche Meer erhebt ſich wieder
zu seinem alten Glanz und die Vereinigung aller Biſchöfe
der katholischen Kirche zu Rom läßt erwarten, daß aus
ihr ein Wert der Weisheit und gegenſeitigen Berathung

hervorgehe. Die Fortſchritte der Wisſſenſchaft bringen eine Dv

Annäherung der Nationen hervor : Während Amerika

den stillen mit dem atlantiſchen Ozean durch eine Eiſſeeenn. !

bahn von 1000 Meilen verbindet, setzen sich das Kapital

und die Intelligenz unter einander in Verbindung um J :|
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durch elektriſche Kommunikationen die entfernteſten Theile
des Erdballs zu vereinen. Frankreich wird durch den
Alpentunnel Italien die Hand reichen und die Wasser
des Mittelmeeres haben ſich durch den Suezkanal bereits
mit denen des rothen Meeres vermiſcht. Ganz Europa
iſt bei der Einweihung dieses Riesenwerkes vertreten ge-
weſen und wenn heute die Kaiſerin bei der Eröffnung
der Kammer nicht gegenwärtig iſt, ſo liegt der Grund
hierzu darin, weil ich gewünſcht habe, ſie möge durch ihre
Gegenwart in einem Lande, wo einſt unsere Waffen be-
rühmt waren, Zeugniß ablegen von den Sympathien
Frankreichs für ein Werk, welches durch die Ausdauer
und das. Genie eines Franzoſen in das Leben gerufen
wurde.

Sie werden, meine Herren, die außerordentliche Sizung,
welche durch den Senatuskonſult unterbrochen wurde,
wieder aufnehmen. Nach der Verifitation der Mandate
wird die ordentliche Sitzung des gesſchgebenden Körpers
sofort beginnen. Ich zweifle nicht daran, daß sie glück-
liche Reſultate herbeiführen wird. Die großen Staats-
körper, enger geeinigt als früher, werden sich darüber ver-
ſtändigen, die lezten Modifikationen der Verfaſſung loyal
zur Anwendung zu bringen. Die direkte Theilnahme des
Landes an ſeinen eigenen Geſchäften wird dem Kaiserreich

neue Kraft verleihen. Diese Verſammlungen haben jenkt_ q!

einen größeren Antheil an der Verantwortlichkeit, welche
sie zum Nutzen der Größe und des Glücks unserer Na-
tion anwenden mögen. Mögen die Mecinuugsverschieden-
heiten vor dem allgemeinen Interreſſe zurücktreten! Mö-
gen die Kammern durch ihre Cinſicht, wie durch ihren
Patriotismus beweiſen, daß Frankreich fähig iſt, treie
Institutionen, welche ziviliſicten Völkern zur Ehre gerei-
chen, zu ertragen, ohne in bedauerliche Erzeſſe zurückzu-
fallen.





Deutſchland.

* Mannheinr, 30. Nov. Mit der Inangriffnahme
eines definitiven Bahnhofes für Mannheim soll nunmehr
begonnen werden. Nach 27jährigem Provisorium endlich
diese Zuſage in dem Ciſenbahnbudget und die weitere :
„die neue Anlage ſoll mit thunlichſter Rückſichtnahme auf
die lokalen Wünsche die allgemeinen Intereſſen des Ver-
kehrs und der Oekonomie in ſich vereinigen und es ſoll
deßhalb das künftige Hauptgebäude ungefähr an die
Stelle des gegenwärtigen proviſoriſchen zu stehen kommen,
nur etwas mehr der Stadt genähert werden." Welch
freundliches Entgegenkommen : der definitive Bahnhof
soll „nur etwas“ der Siadt genähert werden!

Für noch „nöthige" Cinrichtungen in der Güterhalle
und einige nachträgliche Grunderwerbungen ſind 10,000 fl.,
für den definitiven Bahnhof 1,850,000 fl. vorgeſehen.
Die Korrektion an der Neckarmündung erfordert in den
nächſten 2 Jahren 500,000 fl., die Herſtellung eines
Zentral-Güterbabnhofes und Hafenkanals auf der Mühlau
einen Aufwand von 4,900,000 |., der auf die drei nächſten
Budgetperioden vertheilt wird. „Die beſtehenden Ein-
richtungen für den Schifffahrtsverkehr haben sichin Mann-
heim längst als unzureichend erwiesen. Es iſt zwar den
dringendsten Bedürfnissen durch die in den lettten Jahren
ausgeführten Bauten am linken Neckarufer und dem
rechten Rheinufer abgeholfen worden, allein die Entwickz
lungsſähigleit des Handels- und Schifssverkehrs zu Mann-
heim iſt wesentlich abhängig von der Erweiterung der
bestehenden Hafenanlagen und der damit in Verbindung
zu bringenden Anstalten zur Erleichterung der Güterbe-
förderung.“ So sagt die Regierungsvorlage. Wir haben

ihr nur das Eine hinzuzufügen, daß dieß alles längſte.Y !

bekannte Dinge sind.

Weil die alte Schiffbrücke über den Rhein beseitigt
und der neue Weg über die ſtehende Rheinbrücke von
den meiſten Stadttheilen etwas weiter als der bisherige

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