1869.
Organ der
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> . B ¡t z s ... E1 U (s
j : M > FZ rrcrgate T § i E 25§ w h B y ;
+§ù, ] §.s » W. h Eh 5
deutſchen Volksparlei in
fcden. s:
Lie „Wannheimer Abendzeitung“ wird ~ nit Ausnahme der Sonntage und Fetttage
i Anzeigen-Gehbühr : die einſpaltige Vetitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
— täglich als Abendblatt
"Veſtellungen bei der Expedition 0 1 Nr.
ausgegeben. ~ Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Voſtanfſtalten.
Bestellungen auf die Mann-
u heiner Abendzeitung pro
I V. Quartal werden auswärts von
allen Pojtboten und Poſtanſtalten, in
Heidelberg von unserer Filiale weſt: |
liche Hauptstraße 1183 und in Mann-
heim von der Erpedition Lit. C 1
Nr. 15 und der Zweigerpedition V 5
Nr. 14 entgegengenommen.
Abonnementspreis vierteljährlich Ei-
nen Gulden. : tz!
Inſerate 3 kr. die einſpaltige Petit-
zeile. Lokalanzeigen 2 kr.
Der Friedenskongreß in Lauſanne.
* * Ju der orientalischen und polniſchen Frage ſchil-
derte der Berichterstatter, General Boſſac, ein polniſcher Flücht-
ling, die Leidenseiner Landsleute, die Leiden der unter türtiſcher
Herrſchaft lebenden christlichen Volksſtämme. Sein ſcharfes
Wart galt nicht weniger den vom Hauſe Habsburg unter-
drückten czechiſchen und andern Volksstämmen ; sein Schluß
der freien Selbſtbeſimmung der Völker. Für Böhmen
und Mähren machten Sonnemann, Vogt und Venedey,
ebenſo Simon v. Trier den Zuſammenhang derſelben mit
Deutschland geltend. So lange Rußland in seinem gegen-
wärtigen Zusland verharre, sei eine Losreißung Böhmens
eine Gefahr für Deutſchland. Cine deutſche Föderation
werde den Czechen ihre vollſtändige Selbſtſtändigkeit gerne
einräumen. . Wer jetzt die Losreißung Böhmens fordere,
der unterstütze die Plane Bismarcks und Rußlands.
: Ein freies Polen iſt für Deutſchland ein Wall gegen
Rußland ; Böhmen gehört zum Leibe Deutſchlands und
hat mit dieſem die Freiheitsfrage zur Löſung zu bringen.
Dieß der Grundton des Beſchluſſes. Die Polen, erklärte
Longuet aus. Paris , könnten auf die Unterstüzung der
franzöſiſchen Republikaner nur dann rechnen, wenn ſie
wirkliche Demokraten. werden wollten. Bis daher habe
ihre Behandlung der Bauern nicht gezeigt, daß sie dieſes
Namens würdig seien. Venedey bezeichnet die Frage der
Wiederherſtellung Polens. für die Deutschen als eine Sache
der Ehre und der Gerechtigkeit, die der Nation auf dem
Gewisſen laſle , wie das. Blut , das. vergoſſen. wurde, ſeit
fie die Hand dazu geliehen, ein Volk zu zerreißen. Auch
eine ſtaatsmänniſche Frage ſei es für die Deutschen; denn
Deuiſchland und Europa würden vor Rußland nicht ſicher
ſein, ſo lange Rußland in Polen den Fuß auf Europa ſete.
Venedey war Berichterſtatter in der polniſchen Frage
im deutſchen Parlamente. Er will der Wahrheit die Ehre
geben und. aussprechen , daß. gerade die Polen es damals
gewesen seien, welche den deutschen Demotraten die Arbeit
für Wiederherſtelung Polens erſchwert hätten. Es gab
eine Zeit, da hatte Polen alle Sympathien des deutschen
Volkes , zur Zeit der Revolution von 1880. Leider hat
dieſe Sympathie ſich erſt thätig bekunden können, als die
geſchlagene polniſche Armee durch Deutschland zog. Aber
dieſer Durchzug der Polen durch Deutſchland hat die
Symvathien des deutſchen Volkes für die Polen gründlich
vernichtet. Die Polen haben ihren Untergang vor Allem
dem Unſtande zu danken daß es kein Volk in Polen gab,
daß die polniſche Ariſtotratie keines auftommen hatte
laſſen. Und auch das Unglück, das sie getroffen, hat sie
nicht klüger gemacht ; denn erſt der Kaiser von Rußland
hat die polniſchen Bauern emanzipirt und in Galizien
konnte noch vort wenig Jahren + und könnte wohl auch
noch heute –~ der öſterreichiſche Despotismus die Bauern |
des Landes gegen den Adel, der an eine Wiederhersſtellung
Polens dachte, heßen, weil auch hier der Adel kein Volt
hatte auſkommen laſſen. Den Nachbarvölkern gegenüber
treten noch heute die unglücklichen Polen im Geiſte
als Eroberer auf ; die Grenzen ihres idealen Reiches. „vom
Baltiſchen Meere bis zu den Karpathen“, wie derBericht-
erſtalter ſagt, würden Millionen ihrer Nachbarvölker um-
faſſen und unlerjochen müſſen. Deßwegen ſagen wir
Demokraten vor wie nach nicht weniger : Polen m uß
wieder hergeſtellt werden ! Aber wir ſeßen hinzu:
„Ihr Polen, ihr müßt uts helfen , Polen wieder hers.
ftellen, und zwar dadurch, daß ihr die Völker, das eigne
Volk achten, daß ihr der Freiheit und der Befreiung
würdig denken und handeln lernt. Dazu gehört für uns
Teutſche ganz beſonders, daß die Polen nicht helfen, eine
E s
nationale Frage über die Stellung der Czechen in Böhmen,
auf deutschem Boden, zu einer internationalen „question
tschèêque* machen zu wollen. 14
Und nun nahm Venedey Veranlassung, auf ein am
Tage vorher geſprochenes Wort zurückzukommen. Dasselbe
ſagte : Wir Franzoſen sind bereit, unſere Pflicht zu thun
und für die Entwaffnung zu atbeiten, wenn die Deulſchen
ilſrerſeits ber.cit ſind, in dieſer Beziehung ebenfalls ihre
Pflicht zu thun. ~ Die deutſche Demotratie hat ſtets ihre
Pflicht gethan, indem sie den Franzoſenhaß betämpft hat,
und ich meinerseits – ſagt Venedey ~ habe dieſe Pflicht
um ſo freudiger bei jeder Gelegenheit ~ und ztvar oft
auch indem ich den Deutſchenhaß , die Rheingelüſte in
Frankreich ſelbſt bekämpft erfüllt, als mir während
einer sechzehnjährigen Verbannung in Frankreich dicſe Pflicht
durch Edelherzigkeit und Großinuth des ritterlichen fran-
zöſiſchen Volkes aufgebürdet wurde. Und doch muß ich
auch hier den Franzoſen gegenüber sagen : „Helft uns
unsere Pflicht thun!“ Wenn wir in Deutſchland
von Entwaffnung sprechen, dann lachen unter hundert
neunundneunzig brave Deutſche uns aus, indem ſie uns
antworten : „Sobald Deutſchland entwaffnet ist, rückt Na-
poleon UI. mit seiner Million Soldaten vor." Die vet-
brannten Kinder ſcheuen das Feuer. Französische Heere
Ludwigs XIV. n. was weiß ich, welcher andern Ludwige, ~
die Heere der Republik mit den ſchönſten Versprechungen,
daß sie nichts als Freiheit brächten, ~ und wieder die
Heere des Kaiſerthums haben in Deutschland immer Jahr-
zehende gehauſt, und Deutschland ausgeſaugt und ver-
wüſtet. Das deutſche Volt hat keine Luſt, dies ſich je-
mals wiederholen zu sehen. Es will lieber seine eigenen
Soldaten als die Frankreichs, Napoleons und des Kaiser-
reichs ernähren. Wer mags ihm verdenken? Der ſchlichte
Volkssinn in Deutſchland sagt : „So lange ein Napoleon
in Frankreich herrſcht, und dort Heere beſtehen, die an die
Million reichen , so lange wollen wir bewaffnet bleiben.“
Wir deutschen Demotraten mögen glauben , daß Deutſch-
land die Bewaffnung immerhin beginnen könne, und daß,
wenn Deutschland entwaffnete, auch Frantreich folgen und
entwaffnen müßte. An Frantreich iſt auch es, hier voran-
zuſchreiten. Dann wird das deutſche Volk ſchon folgen
und seinerſeits seine Pflicht thun. Helft uns, Ihr Fran-
zoſen; indem Ihr die Eurige thut, daß wir die unſerige
thun können.
Zum Schlusse aber ſprechen wir mit Edgar Quinet,
wenn er an die Völker ſich wendet und sagt: „Man
ſchreibt den Völtern die geheimen Gedanten
ihrer Herren zu. Wollt ihr ein Beiſpiel? Ich nehme
die Deutſchen zu Zeugen. Iſt es nicht gelungen , viele
Deutſche glauben zu machen, daß die Franzoſen vor Be-
gier.e brennen, gegen Deutſchland Krieg zu. führen, daß
das bonapartiſtische Regiment allein dieſes Unglück ver-
hindert? Wer hat nicht solche Träumereien gehört? Ich,
wenn ich sie höre, bewundere , daß das Gegentheil der
Wahrheit so vertrauensvoll aufgenommen wird, da es doch
offentundig ist, daß Gedanken dieser Art nicht dem Volke
angehören, ſondern dem Zäſarismus, deſſen Weſen sie aus-
machen ; da ſie doch dem gegenwärtigen Gefühl der Fran-
zoſen geradezu entgegengeſett ſind; da ſie ihre Entſtehung,
ihre Nahrung, ihren Lebensgrund nur in der Militärherr-
ſchaft finden, die ein Regierungswertzeug aus ihnen macht.
Ihr, die ihr aus verschiedenen Ländern gekommen ſeid,
zeigt Allen, daß sie nur Einen Feind haben. Die Will-
kürherrſchaft, die unumſchränkte Gewalt , die nicht mehr
unſerer Zeit angehört. Schafft Licht den Völkern, ihr
werdet zugleich den Frieden ſchaffen !"
Politiſche Ueverſicht.
: ! Mannheim, 21. September.
* Wie weit auch in Preußen und im Norddbunde
die Parteiſtandpunkte auseinandergehen : wer immer ein
guter Bismärcker iſt, der erſtrebt die Erweiterung des
Nordbundes, aus welcher ſich der preußiſche Einheits-
ſtaat entwickeln soll und muß. So läßt uns das Haupt-
organ des Nationalliberulismus, die „Nat.-Z.", aus einem
Artikel entnehmen, in welchem sie unter den „Nachrichten
aus Süddeutschland“ mittheilt: Man ſage, daß die ba-
di ſch e Regierung manche kränkende Zurückweisung (von
dem beſorgten Berliner Kabinete) bereits erfahren habe;
ihr (Anſchluß-) Eifer habe sich darum nicht vermindert,
obſchon die Würde des Regierungsamtes ihr nunmehr
mancherlei Zurückhaltung auferlege. Die Volksvertreturg
habe solche Rückſichten nicht zu wahren; ſo möchten denn
die b adi sch en Kammern in getreuer Verirctung der
öffentlichen Meinung (?) den Einlaß zum Bunde fordern . .
Ihr offenes Verlangen werde die Würde der eigenen Re-
gierung kräftigen und. die Verantworllichkeit an den rechten
Platz (nach Berlin) verlegen. Nationalliherales Geflunker,
mit dem Hintergrunde, daß man jetzt in Berlin den Zeit-
punkt gekommen erachtet, ſich drängen zu laſſenn.
Zur Signatur des Rothen Prinzen wird der
„Rh. Z.“ aus der Schweiz die folgende Mittheilung :
In seiner muthigen Rede vor dem Senate verſicherte der
Prinz Napoleon Bonaparte dem Kaiser, seinem Vetter,
und dem keaiſerlichen Prinzen seine beſondere Ergebenheit
und Treue. Im Jahre 1856 ließ. derſelbe: Prinz Na-
poleon Bonaparte in JFrantreich heimlich eine Menge
Zeugnisse darüber aufnehmen, daß der genannte kaiserliche
Prinz weder des Kaiſers, noch Eugeniens Sohn, ſondern
ein zur rechten Zeit bereitgehaltenes fremdes Kind ſei,
und er brachte die Dokumenle in der Schweiz in Sicher-
heit, um seiner Zeit als Kronprätendent auftreten zu
können. Die Zeit scheint nicht mehr fern zu ſein, wo es
Noth thut, den Rothen Prinzen, den man von mancher
Seite, namentlich von der des. Muthes, ſchon. kennt, von
allen ſeinen Seiten genau kennen zu lernen.
In Paris kündigte der „Avenir nationale" an, daß
er heute, am 77sten Jahrestage der Abſchaffung des Kös
nigthums und der Proklamation der Republik, als einem
der bedeutendsten republikaniſchen Feſttage, nicht erſcheinen
werde. ti
In der Sitzung des ru mä niſchen Senats vom
letzten Samstage gelangte der Geſeyßentwurf zur Berathung,
welcher die jährliche Aushebung von 7200 Retruten an-
ordnet. Auf die Anfrage des Senators Jonesco erklärte
Cogolnitſcheano , in Stellvertretung des Ministers des
Auswärtigen : Die durch ihre Lage und die Verträge
den Donaufürſtenthümern vorgezeichnete Politik iſt die
Politik einer absoluten Neutralität , welche den Fürsten-
thümern geſtattet, eine Armee zu halten, nicht um Er-
oberungen zu machen, ſondern im Nothfalle ſich verthei-
digen zu können. In dieſem Sinne ſeien auch. die Be-
stimmungen des Pariſer Vertrages getroffen , als durch
denſelben Rumänien das Recht verliehen wurde, eine eigne .
Kriegsmacht zu halten. Bei der Abſtimmung wurde der
Geſeßentwurf mit 37 Stimmen gegen. eine (die des Inter-
pellanten) angenommen. ur
f Deutſchland.. y
[X Mannheim, 20. Sept. „Daß Niemand kein
Schaden geschicht!“ singt der Nachtwächter. Richt einmal
dem Fürſten Hohenlohe zu München. Er war alſo zuerst
nicht in Heidelberg im Hotel Schrieder. Er iſt zweitens
ni < t in den Nordbund eingetreten, weder für ſich allein,
noch für ganz Bahern. Er toill drittens üb erha u pt
ni cht in den Nordbund, weil Deutſchland nur ,föd e-
rativ“ geeinigt werden kann, der Nordbund aber zentra-
liſtiſch organisirt iſt.! Wir glauben, Se. Durchlaucht nicht- !
zu beleidigen, wenn wir das "kategorische Dementi, in
Wiener Blättern, bis. auf ihn, d. h. auf ſeine Inſpira-
tion zurückführen. Bayern hat alſo. den Kopf n doch
nicht verloren, obgleich dieser etwas wackelt. Und da
hat es mit Württemberg ſehr gute m ,
ſiten des Herrn v. Varnbüler zu Varzin.. Und wenn
Württemberg nicht will, so mögen unfgere National-Libe-
ralen beſchließgen, was. sie wollen, und das Miniſterium zu
Karlsruhe mag so preußiſch ſein wie es will: es hilft mit
Einem Wort zu nichts, Baden allein ka nn nicht ange-
flit werden, es sei denn, daß es der magnetiſchen Kraft
von Oſten her verfallen wolle, wie ſchon äirdertvärts ſehr
klar angedeutet tourde. t „4.49 L KU Kn.
Fürst Hohenlohe läßt ferner erklären , der Rahmen
des Prager Friedens ſei weit genug, um den Süden mit
dem Norden im Intereſſe der Vertheidigung gegen
das Au sl a nd zu verbinden. Im Prager Frieden ſteht
nun freilich kein Wort davon ; denn zu Prag wußte
man von den Nikoleburger Abmachungenuud Allianzverträgen
kein Sterb enswort. Fürſt Hohenlohe hält demnach
fest an den Allianzverträgen und dentet die Allianz auf
Gemeinschaft wider das „Ausland.“ Es wäre sehr liebens-
würdig von ihm, wenn er uns das „Ausland“ und den
Casus belli mit demſelben beſtimmt bezeichnet hätte. Ein
franzöſiſcher Angriff auf deutſches Gebiet, ein An-
griff , wie sie Ludwig XIV. und der erſte Napoleon zu
machen pflegten + à la honne heure! Aber ein preußi-
cher, Au griff a uf Oest erreich, ähnlich dem vom
Jahre 1866, eine Fortſegung der bürgermörderiſchen Pos
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E . n .
Organ der
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j : M > FZ rrcrgate T § i E 25§ w h B y ;
+§ù, ] §.s » W. h Eh 5
deutſchen Volksparlei in
fcden. s:
Lie „Wannheimer Abendzeitung“ wird ~ nit Ausnahme der Sonntage und Fetttage
i Anzeigen-Gehbühr : die einſpaltige Vetitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
— täglich als Abendblatt
"Veſtellungen bei der Expedition 0 1 Nr.
ausgegeben. ~ Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Voſtanfſtalten.
Bestellungen auf die Mann-
u heiner Abendzeitung pro
I V. Quartal werden auswärts von
allen Pojtboten und Poſtanſtalten, in
Heidelberg von unserer Filiale weſt: |
liche Hauptstraße 1183 und in Mann-
heim von der Erpedition Lit. C 1
Nr. 15 und der Zweigerpedition V 5
Nr. 14 entgegengenommen.
Abonnementspreis vierteljährlich Ei-
nen Gulden. : tz!
Inſerate 3 kr. die einſpaltige Petit-
zeile. Lokalanzeigen 2 kr.
Der Friedenskongreß in Lauſanne.
* * Ju der orientalischen und polniſchen Frage ſchil-
derte der Berichterstatter, General Boſſac, ein polniſcher Flücht-
ling, die Leidenseiner Landsleute, die Leiden der unter türtiſcher
Herrſchaft lebenden christlichen Volksſtämme. Sein ſcharfes
Wart galt nicht weniger den vom Hauſe Habsburg unter-
drückten czechiſchen und andern Volksstämmen ; sein Schluß
der freien Selbſtbeſimmung der Völker. Für Böhmen
und Mähren machten Sonnemann, Vogt und Venedey,
ebenſo Simon v. Trier den Zuſammenhang derſelben mit
Deutschland geltend. So lange Rußland in seinem gegen-
wärtigen Zusland verharre, sei eine Losreißung Böhmens
eine Gefahr für Deutſchland. Cine deutſche Föderation
werde den Czechen ihre vollſtändige Selbſtſtändigkeit gerne
einräumen. . Wer jetzt die Losreißung Böhmens fordere,
der unterstütze die Plane Bismarcks und Rußlands.
: Ein freies Polen iſt für Deutſchland ein Wall gegen
Rußland ; Böhmen gehört zum Leibe Deutſchlands und
hat mit dieſem die Freiheitsfrage zur Löſung zu bringen.
Dieß der Grundton des Beſchluſſes. Die Polen, erklärte
Longuet aus. Paris , könnten auf die Unterstüzung der
franzöſiſchen Republikaner nur dann rechnen, wenn ſie
wirkliche Demokraten. werden wollten. Bis daher habe
ihre Behandlung der Bauern nicht gezeigt, daß sie dieſes
Namens würdig seien. Venedey bezeichnet die Frage der
Wiederherſtellung Polens. für die Deutschen als eine Sache
der Ehre und der Gerechtigkeit, die der Nation auf dem
Gewisſen laſle , wie das. Blut , das. vergoſſen. wurde, ſeit
fie die Hand dazu geliehen, ein Volk zu zerreißen. Auch
eine ſtaatsmänniſche Frage ſei es für die Deutschen; denn
Deuiſchland und Europa würden vor Rußland nicht ſicher
ſein, ſo lange Rußland in Polen den Fuß auf Europa ſete.
Venedey war Berichterſtatter in der polniſchen Frage
im deutſchen Parlamente. Er will der Wahrheit die Ehre
geben und. aussprechen , daß. gerade die Polen es damals
gewesen seien, welche den deutschen Demotraten die Arbeit
für Wiederherſtelung Polens erſchwert hätten. Es gab
eine Zeit, da hatte Polen alle Sympathien des deutschen
Volkes , zur Zeit der Revolution von 1880. Leider hat
dieſe Sympathie ſich erſt thätig bekunden können, als die
geſchlagene polniſche Armee durch Deutschland zog. Aber
dieſer Durchzug der Polen durch Deutſchland hat die
Symvathien des deutſchen Volkes für die Polen gründlich
vernichtet. Die Polen haben ihren Untergang vor Allem
dem Unſtande zu danken daß es kein Volk in Polen gab,
daß die polniſche Ariſtotratie keines auftommen hatte
laſſen. Und auch das Unglück, das sie getroffen, hat sie
nicht klüger gemacht ; denn erſt der Kaiser von Rußland
hat die polniſchen Bauern emanzipirt und in Galizien
konnte noch vort wenig Jahren + und könnte wohl auch
noch heute –~ der öſterreichiſche Despotismus die Bauern |
des Landes gegen den Adel, der an eine Wiederhersſtellung
Polens dachte, heßen, weil auch hier der Adel kein Volt
hatte auſkommen laſſen. Den Nachbarvölkern gegenüber
treten noch heute die unglücklichen Polen im Geiſte
als Eroberer auf ; die Grenzen ihres idealen Reiches. „vom
Baltiſchen Meere bis zu den Karpathen“, wie derBericht-
erſtalter ſagt, würden Millionen ihrer Nachbarvölker um-
faſſen und unlerjochen müſſen. Deßwegen ſagen wir
Demokraten vor wie nach nicht weniger : Polen m uß
wieder hergeſtellt werden ! Aber wir ſeßen hinzu:
„Ihr Polen, ihr müßt uts helfen , Polen wieder hers.
ftellen, und zwar dadurch, daß ihr die Völker, das eigne
Volk achten, daß ihr der Freiheit und der Befreiung
würdig denken und handeln lernt. Dazu gehört für uns
Teutſche ganz beſonders, daß die Polen nicht helfen, eine
E s
nationale Frage über die Stellung der Czechen in Böhmen,
auf deutschem Boden, zu einer internationalen „question
tschèêque* machen zu wollen. 14
Und nun nahm Venedey Veranlassung, auf ein am
Tage vorher geſprochenes Wort zurückzukommen. Dasselbe
ſagte : Wir Franzoſen sind bereit, unſere Pflicht zu thun
und für die Entwaffnung zu atbeiten, wenn die Deulſchen
ilſrerſeits ber.cit ſind, in dieſer Beziehung ebenfalls ihre
Pflicht zu thun. ~ Die deutſche Demotratie hat ſtets ihre
Pflicht gethan, indem sie den Franzoſenhaß betämpft hat,
und ich meinerseits – ſagt Venedey ~ habe dieſe Pflicht
um ſo freudiger bei jeder Gelegenheit ~ und ztvar oft
auch indem ich den Deutſchenhaß , die Rheingelüſte in
Frankreich ſelbſt bekämpft erfüllt, als mir während
einer sechzehnjährigen Verbannung in Frankreich dicſe Pflicht
durch Edelherzigkeit und Großinuth des ritterlichen fran-
zöſiſchen Volkes aufgebürdet wurde. Und doch muß ich
auch hier den Franzoſen gegenüber sagen : „Helft uns
unsere Pflicht thun!“ Wenn wir in Deutſchland
von Entwaffnung sprechen, dann lachen unter hundert
neunundneunzig brave Deutſche uns aus, indem ſie uns
antworten : „Sobald Deutſchland entwaffnet ist, rückt Na-
poleon UI. mit seiner Million Soldaten vor." Die vet-
brannten Kinder ſcheuen das Feuer. Französische Heere
Ludwigs XIV. n. was weiß ich, welcher andern Ludwige, ~
die Heere der Republik mit den ſchönſten Versprechungen,
daß sie nichts als Freiheit brächten, ~ und wieder die
Heere des Kaiſerthums haben in Deutschland immer Jahr-
zehende gehauſt, und Deutschland ausgeſaugt und ver-
wüſtet. Das deutſche Volt hat keine Luſt, dies ſich je-
mals wiederholen zu sehen. Es will lieber seine eigenen
Soldaten als die Frankreichs, Napoleons und des Kaiser-
reichs ernähren. Wer mags ihm verdenken? Der ſchlichte
Volkssinn in Deutſchland sagt : „So lange ein Napoleon
in Frankreich herrſcht, und dort Heere beſtehen, die an die
Million reichen , so lange wollen wir bewaffnet bleiben.“
Wir deutschen Demotraten mögen glauben , daß Deutſch-
land die Bewaffnung immerhin beginnen könne, und daß,
wenn Deutschland entwaffnete, auch Frantreich folgen und
entwaffnen müßte. An Frantreich iſt auch es, hier voran-
zuſchreiten. Dann wird das deutſche Volk ſchon folgen
und seinerſeits seine Pflicht thun. Helft uns, Ihr Fran-
zoſen; indem Ihr die Eurige thut, daß wir die unſerige
thun können.
Zum Schlusse aber ſprechen wir mit Edgar Quinet,
wenn er an die Völker ſich wendet und sagt: „Man
ſchreibt den Völtern die geheimen Gedanten
ihrer Herren zu. Wollt ihr ein Beiſpiel? Ich nehme
die Deutſchen zu Zeugen. Iſt es nicht gelungen , viele
Deutſche glauben zu machen, daß die Franzoſen vor Be-
gier.e brennen, gegen Deutſchland Krieg zu. führen, daß
das bonapartiſtische Regiment allein dieſes Unglück ver-
hindert? Wer hat nicht solche Träumereien gehört? Ich,
wenn ich sie höre, bewundere , daß das Gegentheil der
Wahrheit so vertrauensvoll aufgenommen wird, da es doch
offentundig ist, daß Gedanken dieser Art nicht dem Volke
angehören, ſondern dem Zäſarismus, deſſen Weſen sie aus-
machen ; da ſie doch dem gegenwärtigen Gefühl der Fran-
zoſen geradezu entgegengeſett ſind; da ſie ihre Entſtehung,
ihre Nahrung, ihren Lebensgrund nur in der Militärherr-
ſchaft finden, die ein Regierungswertzeug aus ihnen macht.
Ihr, die ihr aus verschiedenen Ländern gekommen ſeid,
zeigt Allen, daß sie nur Einen Feind haben. Die Will-
kürherrſchaft, die unumſchränkte Gewalt , die nicht mehr
unſerer Zeit angehört. Schafft Licht den Völkern, ihr
werdet zugleich den Frieden ſchaffen !"
Politiſche Ueverſicht.
: ! Mannheim, 21. September.
* Wie weit auch in Preußen und im Norddbunde
die Parteiſtandpunkte auseinandergehen : wer immer ein
guter Bismärcker iſt, der erſtrebt die Erweiterung des
Nordbundes, aus welcher ſich der preußiſche Einheits-
ſtaat entwickeln soll und muß. So läßt uns das Haupt-
organ des Nationalliberulismus, die „Nat.-Z.", aus einem
Artikel entnehmen, in welchem sie unter den „Nachrichten
aus Süddeutschland“ mittheilt: Man ſage, daß die ba-
di ſch e Regierung manche kränkende Zurückweisung (von
dem beſorgten Berliner Kabinete) bereits erfahren habe;
ihr (Anſchluß-) Eifer habe sich darum nicht vermindert,
obſchon die Würde des Regierungsamtes ihr nunmehr
mancherlei Zurückhaltung auferlege. Die Volksvertreturg
habe solche Rückſichten nicht zu wahren; ſo möchten denn
die b adi sch en Kammern in getreuer Verirctung der
öffentlichen Meinung (?) den Einlaß zum Bunde fordern . .
Ihr offenes Verlangen werde die Würde der eigenen Re-
gierung kräftigen und. die Verantworllichkeit an den rechten
Platz (nach Berlin) verlegen. Nationalliherales Geflunker,
mit dem Hintergrunde, daß man jetzt in Berlin den Zeit-
punkt gekommen erachtet, ſich drängen zu laſſenn.
Zur Signatur des Rothen Prinzen wird der
„Rh. Z.“ aus der Schweiz die folgende Mittheilung :
In seiner muthigen Rede vor dem Senate verſicherte der
Prinz Napoleon Bonaparte dem Kaiser, seinem Vetter,
und dem keaiſerlichen Prinzen seine beſondere Ergebenheit
und Treue. Im Jahre 1856 ließ. derſelbe: Prinz Na-
poleon Bonaparte in JFrantreich heimlich eine Menge
Zeugnisse darüber aufnehmen, daß der genannte kaiserliche
Prinz weder des Kaiſers, noch Eugeniens Sohn, ſondern
ein zur rechten Zeit bereitgehaltenes fremdes Kind ſei,
und er brachte die Dokumenle in der Schweiz in Sicher-
heit, um seiner Zeit als Kronprätendent auftreten zu
können. Die Zeit scheint nicht mehr fern zu ſein, wo es
Noth thut, den Rothen Prinzen, den man von mancher
Seite, namentlich von der des. Muthes, ſchon. kennt, von
allen ſeinen Seiten genau kennen zu lernen.
In Paris kündigte der „Avenir nationale" an, daß
er heute, am 77sten Jahrestage der Abſchaffung des Kös
nigthums und der Proklamation der Republik, als einem
der bedeutendsten republikaniſchen Feſttage, nicht erſcheinen
werde. ti
In der Sitzung des ru mä niſchen Senats vom
letzten Samstage gelangte der Geſeyßentwurf zur Berathung,
welcher die jährliche Aushebung von 7200 Retruten an-
ordnet. Auf die Anfrage des Senators Jonesco erklärte
Cogolnitſcheano , in Stellvertretung des Ministers des
Auswärtigen : Die durch ihre Lage und die Verträge
den Donaufürſtenthümern vorgezeichnete Politik iſt die
Politik einer absoluten Neutralität , welche den Fürsten-
thümern geſtattet, eine Armee zu halten, nicht um Er-
oberungen zu machen, ſondern im Nothfalle ſich verthei-
digen zu können. In dieſem Sinne ſeien auch. die Be-
stimmungen des Pariſer Vertrages getroffen , als durch
denſelben Rumänien das Recht verliehen wurde, eine eigne .
Kriegsmacht zu halten. Bei der Abſtimmung wurde der
Geſeßentwurf mit 37 Stimmen gegen. eine (die des Inter-
pellanten) angenommen. ur
f Deutſchland.. y
[X Mannheim, 20. Sept. „Daß Niemand kein
Schaden geschicht!“ singt der Nachtwächter. Richt einmal
dem Fürſten Hohenlohe zu München. Er war alſo zuerst
nicht in Heidelberg im Hotel Schrieder. Er iſt zweitens
ni < t in den Nordbund eingetreten, weder für ſich allein,
noch für ganz Bahern. Er toill drittens üb erha u pt
ni cht in den Nordbund, weil Deutſchland nur ,föd e-
rativ“ geeinigt werden kann, der Nordbund aber zentra-
liſtiſch organisirt iſt.! Wir glauben, Se. Durchlaucht nicht- !
zu beleidigen, wenn wir das "kategorische Dementi, in
Wiener Blättern, bis. auf ihn, d. h. auf ſeine Inſpira-
tion zurückführen. Bayern hat alſo. den Kopf n doch
nicht verloren, obgleich dieser etwas wackelt. Und da
hat es mit Württemberg ſehr gute m ,
ſiten des Herrn v. Varnbüler zu Varzin.. Und wenn
Württemberg nicht will, so mögen unfgere National-Libe-
ralen beſchließgen, was. sie wollen, und das Miniſterium zu
Karlsruhe mag so preußiſch ſein wie es will: es hilft mit
Einem Wort zu nichts, Baden allein ka nn nicht ange-
flit werden, es sei denn, daß es der magnetiſchen Kraft
von Oſten her verfallen wolle, wie ſchon äirdertvärts ſehr
klar angedeutet tourde. t „4.49 L KU Kn.
Fürst Hohenlohe läßt ferner erklären , der Rahmen
des Prager Friedens ſei weit genug, um den Süden mit
dem Norden im Intereſſe der Vertheidigung gegen
das Au sl a nd zu verbinden. Im Prager Frieden ſteht
nun freilich kein Wort davon ; denn zu Prag wußte
man von den Nikoleburger Abmachungenuud Allianzverträgen
kein Sterb enswort. Fürſt Hohenlohe hält demnach
fest an den Allianzverträgen und dentet die Allianz auf
Gemeinschaft wider das „Ausland.“ Es wäre sehr liebens-
würdig von ihm, wenn er uns das „Ausland“ und den
Casus belli mit demſelben beſtimmt bezeichnet hätte. Ein
franzöſiſcher Angriff auf deutſches Gebiet, ein An-
griff , wie sie Ludwig XIV. und der erſte Napoleon zu
machen pflegten + à la honne heure! Aber ein preußi-
cher, Au griff a uf Oest erreich, ähnlich dem vom
Jahre 1866, eine Fortſegung der bürgermörderiſchen Pos
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