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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

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No. 1 – No. 26 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43993#0057

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Organ der deulſchen Vo

_ Sonntag, 17. Januar.





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Die „Mannheimer Abendzeitung“ wird ~ mit Ausnahme der Sonntage und Feſttage ~ täg

Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 8 kr.,

bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition CQ 1 Nr.

lich als Abendblatt ausgegeben. ~ Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag

15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.







Zwei Preßprozeſſe in Großpreußen.

D.0Q. Beide betreffen die Frankf. Ztg.; in dem einen
war sie Klägerin gegen den in der journalistischen Welt
genügend bekannten Thaddäus Lau, der ihre frühere Re-
daktion + darunter den in Chren ergrauten Kolb ~ be-
ſchuldigt hatte, im Jahre 1866 im öſterreichiſchen Solde
zu stehen. Thaddäus Lau wurde ſchuldig befunden, rechts-
kräftig zu Gefängniß „verurtheil ~ König Wilhelm hat
ihn jetzt zu einer Geldstrafe begnadigt. In dem anderen
Prozeſſe iſt die Frankf. Ztg. die Beklagte; es handelt ſich
um ihre Beurtheilung (und natürlich Verurtheilung) der
Vorgänge von 1866 bei der Okkupation von Frankfurt;
dabei soll sie die Herren Heerführer beleidigt haben. Beide
Geschichten sind charakteriſtisch für die preußiſchen Zuſtände.

Cine Begnadigung bei Privatinjurien ohne Anhörung
und Zuſtimmung der Betheiligten iſt so selten, wie sie irra-
tionell iſte. Der Sinn der Gnade iſt, daß der Staat
auf die Strafe verzichte, und der Fürſt als Träger und
Ausdruck der Staatsgewalt ist es, der Das durch den Gna-
denakt ausspricht. Bei einer Privatinjurie iſt die Bestra-
fung des Verleßenden die Wiederherſtellung des Verletzten
in ſein Recht. Rationeller Weiſe hat Staat und Staats-
oberhaupt überhaupt nichts damit zu thun. Hätte er Das
doch, so könnte er die nach einigen Gesetzgebungen zulässige
Entschädigung des Geſchädigten im Wege der Gnade be-
ſeitigen, d. h. er könnte den Geschädigten ſelbſt schädigen
nach und troß dem Richterſpruch. Diese Konsequenz des
Gnadenrechts iſt unmöglich, alſo iſt das Gnadenrecht über-
haupt in ſolchem Falle unzulässig.

Sogar in Preußen, wo rationell sein als ſchlechte
Staats-Raiſon gilt, hat man es selten angewendet. Da
die Preßprozesſſe ziemlich ausnahmslos freiſinnige Leute
treffen, ſo hatte man freilich keinen Anlaß, fand man je-
denfalls keinen Grund zu öfterer Anwendung. Dagegen
hat man allerdings ſchon früher eine Ausnahme gemacht,
und zwar höchſt bezeichnend in einem Falle, wo ausnahms-
weiſe ein nichts weniger als freiſsinniger Mann, ein Held
der „Ordnung“, Strafen leiden sollte. Dieser Ausnahme-
fall hat eine gewiſſe Berühmtheit erlangt.

Man erinnert ſich der Königsberger Wirthschaft in den
fünfziger Jahren, jener Plehwe, Peters, Lindenberg, denen
Freund Walesrode? in seiner ,„Todtenschau“ ein wenig be-
neidenswerthes Denkmal gesett hat. Die Thatsachen, welche
Walesrode mittheilte, waren der Art, daß Simson .~
ſelbſt Simſon ~~ im Hauſe der Abgg. erklärte: „verur-
theilen könne die Broſchüre wohl ein Gerichtshof, wider-
legen könne sie keiner." Unter dem Schutze jener Wirth-
ſchaſt trieb es besagter Lindenberg mitzseinen Angriffen
gegen Privatperſonen so arg, daß eine Verurtheilung nach
der andern folgte. Aber eine Begnadigung nach der an-
dern ebenfalls. Wie ſich auch die Prozeſſe drängten, die
königliche Gnade hielt Schritt. Wie sich die Prozeſſe aus-
dehnten, die königliche Gnade hielt aus. Nur versetzen
mußte man ſchließlich den Lindenberg doch und ſeinen
Gönner Peters mit ihm. Die Sache erregte das größte
Auſſehen; Vincke donnerte darüber in der Kammer, zählte
alle Verurtheilungen und alle Begnadigungen auf; die
_ Miniſter hatten einen ſchweren Stand. Aber Peters und
Lindenberg ruhten nicht; von Letzterem erzählten die Zeis
tungen damals, er habe der Sippſchaft Gerlach geheime
Berichte erſtattet über ~ man rathe ~–f den jeßigen König
ſelbſt, der in jener Zeit für liberal galt!

: Jett setzt ſich die Begnadigung Lindenbergs unter
König Friedrich Wilhelm fort in der Begnadigung des
| Thaddäus Lau unter König Wilhelm! Die Namen än-

dern ſich, die Sache bleibt. Bei Beleidigungen gegen frei-
finnige Männer iſt Milde zu üben an dem Beleidiger das
ſchöne Vorrecht der Krone Preußen. Das ſpricht Bände.

Bei dem zeiten Prozeſſe kennt man ſich schon eher
aus. Die Geschichte des Jahres 1866 zu thun, hat
dieß Großpreußen ſich nicht geſträubt; die Geschichte zu
: hören, ſträubt es ſich, wo es kann. Blut und Ciſen im
Geiſte sinnen jahrelang, Das macht den Staatsmann

Unthat von 1866 faſt klein und verzeihlich. Denn wäh-
rend für die größeren Gewaltakte politiſche Motive, wohl
gar (von einem gewiſſen Standpunkte aus) politiſche Noth-
wendigkeiten geltend gemacht werden können: gegen das
wehrloſe Frankfurt, gegen das in Beſiß genommene Frank-
furt ſo zu hand:1n, wie geſchehen, dafür giebt es keine
Nothwendigkeit, keine Entſchuldigung, keine Erklärung end-
lich, als etwa die, welche in sich wieder eine neue, eine
ſchwerſte Anklage iſt.

Sogar in Preußen schien man Das bisher zu fühlen.
Man vermied es, die Crinnerung an die Frankfurter Juni-
tage zu berühren. Es war ein wunder Punkt für die
Sieger, wie für die Sklaven am Triumphwagen. Jett
iſt Das überwunden. Man will nicht, daß den Herren
Heerführern – diesem Heiligthum aller Heiligthümer in
Preußen –~ die Kritik der Thatſachen angelegt werde;
verurtheilt vor dem Richterſtuhle der Geschichte, vor preußi-
ſchem Gericht klagt man den Sachwalter der Geschädigten
an; ſelbſt schuldig, verlangt man ein Schuldig.

Indeß, was verwundern wir uns?! In Schwaben
shielt das Stück längſt. Diesem Fleck deutscher Erde hat
man das Vaterland zerſchlagen, hat man so und ſo viel
Wunden geschlagen an verlornen Landeskinbern und Besit,
hat man die Sicherheit des Bestandes genommen, ~ und
wenn der Sachwalter seines Stammes hintritt und ſolches
Thun mit dem Namen nennt, den ihm Tauſend und aber
Tauſend geben, dann kommt Großpreußen und ſtellt ſich
in dem Lande, das durch sein Verſchulden. ſchuylos ist,
unter den Schutz der Gerichte als gekränkte Unschuld, als
verkanntes Bruderherz.

Und der Ausgang?! ~ Nicht Volksstimme Gottes-
ſtimme, sondern eine schwere Differenz zwischen Volksrecht
und Jurisſtenrecht –~ Das fürchten wir, wird das Ende
sein, in Schwaben und, wenn auch nicht in Frankfurt,
doch ganz sicher in Großpreußen.

Politiſche Ueberſicht.



Mannheim, 16. Januar.

allein die Mittheilungen über die erſte Sitzung der Kon-
ferenz zuzuschreiben sein sollen, sich der Theilnahme an
den Berathungen enthält, kommen über den weiteren
Verlauf derſelben nur mehr spärliche Nachrichten. So iſst
es denn auch heute nur der „Public“, der über die Don-
nerstagſißung etwas zu berichten weiß. Diesem Blatt zu-
folge haben die Konferenzgeſandten am 14. ſich über die
ihren Resolutionen zu gebende Form und über den ver-
ſöhnlichen Charakter der Resolutionen verständigt. Es sei
wahrscheinlich, fügt der „Public“ bei, daß die Bevollmäch-
tigten am Freitag noch ihre Arbeiten beenden und Sams-
tags nur noch einmal zuſammentreten würden, um das
vereinbarte diplomatiſche Aktenstück zu unterzeichnen. Die
geſtrige Nachricht, daß Rußland den übrigen Konferenz-
mächten bei deren direkt an das griechiſche Kabinet ergange-
nen Vorſtellungen wegen Jallenlaſſens der Formfrage nicht
beigetreten ſei, deutet inzwiſchen auf einen bereits einge-
tretenen Riß in dem von den offiziöſen Blättern bisher
ſo geprieſenen CEinversſtändniſsse der Konferenzmächte. Wenn
das Palmerſton ſche Wort: ,die kandiotiſche Frage wird
das Zündhölzchen sein, welches Europa in Brand ſett,“
ſich diesmal noch nicht bewahrheitet, wird es Rußlands
Schuld nicht sein.

Aus Spanien, wo die Korteswahlen gestern haben
beginnen sollen, liegt außer der Meldung. daß am 14. der
Ltlateruntszntsnh Malaga’'s aufgehoben worden, nichts
eues vor.

Wir haben gestern zur Kennzeichnung der Verurthei-
lung, welche die preußiſchen Hetzereien gegen Oeſterreich in
Ungarn erfahren, einige bezeichnende Auslassungen des
„Peſther Lloyd“ mitgetheilt. In seiner neueſten Nummer
weiſt das dem ungariſchen Ministerium sehr nahestehende
Blatt jeden Versuch einer preußischen Einmiſchung in un-
gariſche Angelegenheiten abermals entschieden zurück. So-

groß; Blut und Cisen in Lettern ſehen, obſchon ſympa-ſlange ~ ſchreiblt es – Graf Beuſt s auswärtige Politik

thisch ſchwarz auf weiß, Das macht ihn nervös. Den
Krieg entfeſſeln im Vaterlande, Das ist höchstes Recht;
von den Greueln des Krieges reden, ſchwerſtes Unrecht.
Offer fordern unerhört, Das iſt patriotisch; die Geister
Irſes§lagenen aufrufen zum Wehefluch, Das ist In-

Man weiß, was in Frankfurt geſchehen. Die gesittete

sich den gemeinsamen Intereſſen beider Reichshälften
anschmiege, könne man in Ungarn nur aufrichtig wün-
ſchen, daß er im auswärtigen Awte verbleibe. Wenn
Graf Bismarck die Frechheit haben sollte, Ungarn die Per-
ſon des Leiters der auswärtigen Angelegenheiten vorschrei-
ben zu wollen, dann würden die Ungarn im Vereine mit
den Liberalen ſenseits der Leitha für den Reichskanzler ein-



Welt hat es verurtheilt. In deutſchen Gemiithecn erſcheint
neben Dem, was die dentsche Stadt ausgeſtanden, alle

ſtehen.
Daß die preußiſchen Wühlercien auch in Rumänien

* Seit der griechiſche Gesandte, deſſen „Indiskretion“|

nicht allenthalben verfangen, zeigt ein Absſagebrief, den ein
Buchareſter Blatt am 6. der ruſsiſch-preußiſchen Alli-
anz geschrieben hat. Dasselbe läßt sich aus Anlaß der
Aufreizungen Bratiano’'s folgendermaßen vernehmen: „Nach
der Anschauung Bratiano's sind wir Blutsbrüder des Pan-
sſlavismus mit den Russen, und folglich verpflichtet, unſer
Schickſſal an jenes der Russen zu ketten. Unterſuchen wir
nun, woher diese Brüderlichkeit rührt, wer und weßhalb
die Sympathien für Rußland gerade nach der Schiacht
von Sadowa und nicht ſchon früher in unserer Mitte ent-
standen sind.“ Nach längerer Ausführung gelangt das
Blatt zu dem Schlusse, daß Preußen in seinem Streben
nach der Vergewaltigung Deutsſchlands nothgedrungen auf

land in der Verfolgung seiner traditionellen Politik auf
Eroberung und Slavisſirung des Orientes sich naturgemäß
als Allürter Preußens entpuppen mußte. „Bratiano ~
fährt das Blatt sodann fort –~ war das Werkzeug, deſſen
ſich Graf Bismarck und Gortſchakoff bedienten; er war es,
der den Fürſten Karl gewissermaßen als Vorläufer der
kommenden CEreigniſſe hierhergebracht. Heute ſind nun alle
Maschen dieſes Netzes fertig. Rumänien hat nach der
Ausdrucksweise Bratiano’'s dieselben Intereſſen der Ortho-
doxie wie Rußland, und so wären wir denn bereits mitten
in den Racenkampf hineingerathen. Der Krieg iſt näher
als je, und wer immer in demſelben siegen wird, wird Ru-
mänien als Preis des Kampfes hinnehmen. . . Der griechiſch-
türkiſche Konflikt datirt weder von heute, noch iſt es ein
Kampf der Christenheit gegen den Islamismus, als welchen
ihn Rußland so gerne hinſtellea möchte. . . Bricht der
Kampf zwischen der Pforte und Griechenland wirklich aus,
so wird er sich über die gauze Türkei verbreiten. Griechen-
land selbſt wird aber dabei nur in zweiter Linie bleiben,
und Preußen mit Rußland auf der einen und die Weſt-
mächte auf der andern Seite werden den eigentlichen Strauß
ausfechten.“ :







den Verfall Oeſterreichs hinzuarbeiten habe und daß Ruß-





Deutſchland.

* Aus, Baden, 16. Jan. HZwiſchen unſerer Re-
gierung und Belgien finden dem „Frankf. Journ.“ zufolge
Verhandlungen wegen Abſchlusses eines Vertrages über
gegenseitige Auslieferung flüchtiger Verbrecher
ſtatt. Cin neues, im vorigen Jahre in Belgien zu Stande
gektommenes bezügliches Gesetß gestattet die Auslieferung in
38 Fällen. ~ Von Seiten der Regierung ist eine Vorlage
über Arme nwesen und damit im Zusammenhange über
Aenderungen in den Gemeindeg eset en überhaupt ange-
kündigt. Cine Karlsruher Korreſbondenz im „Schw. M.“
sagt hiezu, die weitere Frage, ob künstig das Recht zur
Verehelichung an den Besit des Gemeindebürgerrechts im
bisherigen Sinne geknüpft sein Jolle, sei nicht ausgesprochen.
Sobald die Niederlaſſungsgemeinde ganz oder theilweiſe an
die Stelle der Heimathsgemeinde tritt, wird kein Grund
mehr bestehen, einem Nichtgemeindebürger die Eingehung
der Che zu verweigern. ~ Der preuß. Oberrechnungsrath
Herr F. Daniels, ſeit Jahren Zollvereinsbevollmächtigter
in Kaalsruhe, wurde nach Dresden verſett. + Aus Hei-
delberg wird uns gemeldet, gerüchtsweise verlaute, daß
bei der Kommission zur Ermittelung der Prozentsätze bei
dem Poſtw eſen in Berlin ein preußiſcher Beamter auf
Koſten Badens mit doppeltem Diätenbezuge angeſtellt sei,
da man ,angeblich“ keine paſſenden Leute im Lande finde.
Wenn ſich die Sache so verhält, ein recht artiges Kompli-
ment für unſere Postbeamten und ganze Poſtverwaltung.
Bei dieser Gelegenheit wird zugleich darauf hingewiesen,
daß unsere Postbeamten finanziell schlechter gestellt seien, als
z. B. die preußiſchen Beamten an der Main-Neckar- Bahn,
welche für die Nachtdienſte eine besondere Vergütung erhal-
ten. Man hält dafür, daß diese Einrichtung auch bei uns
eingeführt werde. + Aus Gerlachs heim kommt die
Meldung, man habe die dortigen, dem Staate angehörigen
Kloſtergebaude als Zeug- und Vorrathstammer für die
gesammte Landwehr des Landes beſtimmt. Auch ſollen die
Reſervevoräthe für die Linie daſelbſt untergebracht werden.
* Heidelberg, 16. Jan. Der gestern dahier abge-
haltene „Bürgerabend“ war ziemlich "zahlreich, auch von
Mitgliedern des Volksvereins und des Mtbeiterbildungs-
vereins besucht. Auch einige Beamteten waren zugegen
und will man eine beſondere Verlegenheit an denselben
wahrgenommen haben. Ob in Folge der Anwesenheit von
Mitgliedern der Volkspartei, oder weil man ſich in Mitte
der „Offenburger“ nicht recht zu Haufe fühlte, blieb un-



aufgetllär. Herr Abel begrüßte die Verſammlung und

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