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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

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No. 1 – No. 26 (1. Januar – 31. Januar)
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Donnerſtag, 14. Januar.





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Abendzeitung" wird ~ mit Ausnahme der Sonntage und Festtage = tägli

Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr. B

< als Abendblatt ausgegeben. — D
eſtellungen bei der Expedition CQ 1 Nr.

er Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.

















Herrenanſchauung und Volks-
anſchauung.

Der König von Schweden hat ein Buch über Tattik
geschrieben. In demselben finden wir folgende Stelle: ,Die
Armee ſoll nicht größer ſein, als daß der Staat ihre Un-
terhaltung ertragen kann, und gewiß werden die Staaten
mit der Zeit auch hierin zu dem alten, in dieſen Tagen
ſo oft vergeſſenen Worte zurückkehren: wenig, aber gut.
D?e Großmächte selber werden dieses Bedürfniß anerkennen,
und wäre es auch erſt nach einem langen Krieg, der ihre
Arsenale erschöpft. Mühen ſich mittlerweile die kleinen
Staaten nicht ab, eine Parade zu machen mit größeren
militärischen Kräften, als sie ertragen und ganz besonders
als sie paſſend bewaffnen, einüben und unterhalten können,
das Gegentheil würde ihr Verderben sei. Nicht die Zahl,
sondern die Qualität seiner Truppen ſichert einem kleinen
Staat die Ehre und Unabhängigteit."

Von einem großen Potentaten wäre Das herrlich und
weiſe, für einen Klein- und Mittelſtaatstönig iſt's leidlich
berſtändig gesprochen, da es wenigstens zeigt, daß 'r ſich
in seine Verhältnisse ſchict. Aber in der Hauptſache iſt
auch dieser hohe Herr ganz auf dem Holzweg, auf den die
meiſten seiner Slandesgenoſjen so leicht gerathen. Das
Syſtem: Wenig, aber gut! iſt ein von der Geschichte
längſt überwundener Standpunkt. Es mahnt uns dieſes
Wort unwillkürlich an ein anderes, welches Karl Vogt
einem verstorbenen Onkel nacherzählt. Der dicke fröhliche
Ontel pflegte zu sagen: „Ich eß’ nicht viel, aber ich eß'
gern gut und ein bischen reichlich.“ Das eben iſt's! Der
Begriſf von „wenig“ ist so elaſtiſch, daß er ſich unvermerkt
in den von ,viel‘ umsezt, und gerade Das ist allen
Staaten paſſirt, die sich auf das: Wenig, aber gut! ein-
ließen. Die Geschichte der „kleinen aber guten Heere“ be-
weiſt nichts klarer als Das. Da mußte bald eine Verbesſe-
rung in der Artillerie, bald eine im Fuhrweſen eingeführt
werden, dort mußten der Offiziere zu richtiger Führung
oder Instruktion etliche mehr sein, hier erwiesen ſich Be-
feſtigqungen als nothwendig. Kurz lauter Dinge, die ur-
ſprünglich nur auf größere technische Vervolllommnung, auf
höhere Brauchbarkeit des Heerbeſtandes abgesehen, ſchließlich
immer auf's Neue zur Vermehrung des Zahlens nicht al-

lein, ſondern der Zahl selbſt führten. Che sich's der Staat

verſah, war er mit seinem beſcheidenen Heerweſen von der
Formel: Wenig, aber gut! über das Brückchen: Ein
bischen reichlich! vorgerückt zu der Formel: Gut und viel!
So wird's immer und überall gehen, wo in die Militär-
verfaſſung der Zweck selbſt verlegt ist. Daß von einem
König, und wäre es der gebildetſte, unterrichtetſte und wohl-
meinendſte aller Kriegsherren, das Heer als Selbstzweck und
sein Personal als Kanonenfutter ausgefaßt wird, wen über-
raſcht das? In des Volkes Köpfen aber niſtet eine ganz
andere. Vorſtelung. Von Armeen um des Krieges willen
will man da nichts hören, sondern nur von Schutz und
Sicherheit. Das ganze Heerweſen iſt nur vorhanden für
des Landes Vertheidigung; und daraus ergibt ſich mit na-
türlicher Folgerung der Saß: An beſten militäriſch or-
ganisirt iſt das Land, sei es groß oder klein, welches alle
Mehrfähigen zu ſeiner Vertheidigung beruft und enzieht.
Jedes relative Militärſyſten muß zurückstehen vor diesem
abſoluten, das keiner äußeren Steigerung mehr fähig iſt.
Auch iſt es nur die allgemeine Volksbewaffnung, und nicht,
wie der König von Schweden meint, die ſo oder ſo ge-
ſchulle und geführte Armee, welche der jetzigen Krantheil
der Staaten, diesem ihre Kräſte erſchöpfenden Rüſtungs-
fieber, ein Ende machen kann. Viel und gut, sagt Preu-
ßens großmächtiger, wenig aber gut, ſagt Schwedens mäch-
tiger König. Alles Soldat und alle geschult so gut als
möglicht Das muß die Deviſe des Volkes sein, es ſpreche
deutſch, franzöſiſch oder ſchwediſch. (Stuttg. Beobachter.)

Politische Uebersicht.



Mannheim, 13. Januar.

* Die Pariſer Konferenz hat gestern ihre zweite Sit-
ung gehalten. Ein Mitglied derſelben aber fehlte : der
griechiſche Gesandte, welcher die von Athen erbetenen In-
ſtruktionen noch nicht erhalten hatte. Von mehreren Seiten

_ wrird inzwiſchen beſtätigt, daß die Vertreter der Großmächte

'in gemeinſchaftlichen Vorſtellungen die griechische Regierung
aufgefordert haben, auf dem von ihrem Gesandten erhobenen
Anſpruche nicht zu beharren. Die „France“ glaubt, daß
ber diesem Stande der Dinge die Konferenzberathungen
lediglich dazu führen würden, daß man ſich über eine Er

klärung der Grundſäße des Völkerrechts einigen und die
Pforte und Griechenland werden eingeladen werden, diescr
Erklärung sich anzuſchließen. :

In Spanien hat die proviſoriſche Regierung vorgestern
ein von allen ihren Mitgliedern unterzeichnetes Manifeſt
an die Wähler erlaſſen, worin ſie die Anerkennung bean-

ſprucht, daß sie bemüht gewesen sei, die beim Beginne der
Revolution gemachten Versprechungen zu erfüllen. Während
den Wahlen + versichert das Manifeſt ~ werde die Re-
gierung die vollſtändigſte Neutralität beobachten. Sie em-
pfiehlt die Vereinigung der wahrhaft liberalen Parteien und
versichert wiederholt, ſie werde die Entscheidung der Kortes
reſpektiren, glaube jedoch, daß ,die Monarchie besſer als
jede andere Regierungsform die Zukunft des Landes ſichern
Es wird sich bald ~ denn die Wahlen werden
am 15. vorgenommen werden ~ zeigen, ob das ſpaniſche
Volk dieser Verſicherung glauben wird oder dem Wahlmani-
fest der republikaniſchena Partei, welches folgendermaßen
„Ohne uns um die proviſoriſche Regierung zu
beunruhigen, schreiten wir mit Vertrauen und Entſchloſſen-
heit in geſchloſſenen Reihen unter dem republikaniſchen Ban-
ner vorwärts und üben wir das Recht der Abſtimmung,
das wir nach unendlicher Selbsſtverleugnung und Ausdauer
errungen haben, in einer Weise, daß die Republik aus der
Wahlurne hervorgeht: die Republit, welche beſtimmt iſt,
die Freiheit und die Gerechtigkeit und mit letterer das

werde.“

ſchließt:

niſſe von Kadir und Malaga zu verewigen. Einigkeit!
Zur Wahlurne! Es lebe die Republik!“
soll, wie eine telegraphiſche Depeſche (ohne Quellenangabe)

und 211 verwundete Offizieee und Soldaten angegeben.
In Barcelona sollen 4000 „Freiwillige der Freiheit“ ſich

Mutterlande gerichtete Aufstand noch nicht bewältigt iſt,
für die Crhaltung der Inſel im Beſißze Spaniens zu
kämpfen.

Aus O sterre ich wird neuerlichſt die Verhaftung eines
Redners bei einer Arbeiterverſammlung gemeldet. An gericht-
lichen Verfolgungen solcher Redner ist in der letzten Zeit dort
überhaupt kein Mangel. Cin treffliches Urtheil über diese
Erſcheinung fällt die „Demokratische Korreſpondenz“", wenn
ſie ſagt: „Diese Arbeiter sollen ein oder das andere Wort
zuviel geſagt haben. Möglich. Was aber liegt an einem
Wort ?! Viel besſer Arbeiter, die ein Wort zu viel sagen,
als ein Bürgerthum, das gar nichts ſagt. Viel besser, po-
litiſche Regungen, die sich einmal in einem Satze vergreifen,
als politiſcher Stillſtand und Gleichgiltigkeit, die freilich vor
jedem Vergehen sicher ſind, weil sie gar nicht gehen. Zu-
mal in Oesterreich. Das Wenige, was sich da im Volke
regt, iſt eben Alles, was Kraft in ſich fühlt, was Sinn

hat für öffentliches Leben, was ein Interesse, ein immerhin

sagen: ein menſchliches Moment tritt hinzu. Die Albeiter,

Alter, wo das ſtärkſte Wort auch das ireffendſte ſcheint.
Ferner haben sie weder die Mute noch durch die Erfah-
rung eines schon vorhandenen großen politiſchen Treibens
die Gelegenheit, über die Einzelheiten des Strafgesetzes ſich
zu unterrichten, und so rationell wird auch das öſterreichi-
ſche Strafgeſeß nicht sein, daß der geſunde Menſchenver-
ſtand allein hinreicht, ſich den Inhalt desselben zu konstruiren.
Was wir so angedeutet, Das ergänze und erweitere man

Frage: iſt es menſchlich zu rechtfertigen, iſt es politiſch er-
laubt, wegen eines unter zehn Malen neunmal nicht vor-
bedachten, in den allerſeltenſten Fällen nach seiner straf-
rechtlichen Möglichkeit abgewogenen Wortes einen recht-
ſchasfenen, wohlwollenden Menſchen herauszureißen aus
fleißiger Thätigkeit, aus sicherem Erwerb, aus ſtrebſamem
Schaffen? Sein Wort verfliegt, unter tauſend Hörern
haftet's vielleicht nur bei Einem, und bei dem Cinen iſt
die Wirkung harmlos; ſchon hat er ſelbſt es längst ver-
geſſen, raſch wie es ihm gekommen ; da gibt's Verhör, Pro-
zeß, Gefängniß, denn das Geſetß will sein Recht. Gewiß,
das muß ihm werden „ beim Richter! Der hat nur
die eine ſtrenge Pflicht. Aber mit derartigen Prozessen den
Richter möglichſt verſchonen, Das hat noch keinem Staate

geſchadet. Ueber die Mainlinie mit dem Zeug, da ge-



zes t. demnächstigen Reichstagswahlen in Ungarn

ſtrenge und unparteiische Urtheil über die traurigen Ereig-
In Malaga
vertundet, der Belagerungszuſtand noch vor den Wahlen

aufgehoben werden. Der Verluſt der Truppen bei den
Kämpfen in Malaga wird nun amtlich auf 46 getödtete

angeboten haben, in Kuba, wo der auf Lostrennung vom

bersönliches, aber doch wahrlich ſehr berechtigtes Interesse
an den öffentlichen Dingen hat. Ein anderes, wir möchten

welche öffentlich hervortreten, sind meiſt in dem glücklichen

ſich mit ruhiger Ueberlegung, und dann ſtelle man ſich die

scheint der Sieg der Deakpartei bereits gesichert. In mehs
reren größeren Komitaten sind die Wahlausschüſse aus-
ſchließlich aus Deatiſten gebildet worden.

Deutsſchland.

Stuttgart. Cinem Artikel der Frankfurter Zeitung
über den Verlauf der jüngsten Landes ve rsammlu ng
der württem bergiſchen Volkspartei entnehmen wir
folgende Stellen: „Nicht ohne eine gewisse Bangigkeit
hatten wir in dicsem Jahre der Verſammlung entgegenge-
ſehen. Feinde der Partei hatten ſeit dem eigenthümlichen
Abſchluſſe der Adreßdebatte allerlei Gerüchte von Spaltung
und Schwankung ausgestreut ; unsere eigenen Mitarbeiter
und Freunde aus Schwaben ſelbſt hatten ſich in ein vor-
ſichtiges Schweigen gehüllt. Nach so geringen Erwartun-
gen hat uns der glänzende Verlauf des Tages mit um so
größerer Freude und Zuversicht erfülll. Wir haben uns
überzeugt, daß wohlbegründetes Vertrauen in die Tüchtig-
keit und Kraft der Partei, und nicht kleinmüthige Zweifel
die Ursachen der Zurückhaltung waren, welche die leiten-
den Kreise ſich auferlegten, weil ſie erſt vor den versam-
melten Genoſſen aus dem ganzen Lande über ihr Verhal-
ten in der Kammer Rechenſchaft ablegen wollten. Zunächst
iſt feſtzuſtellen, daß die Zahl der Verſammelten hinter det
früheren oft in weit erregteren Zeitläuften abgehaltenen
Versammlungen in keiner Weiſe zurückſtand. Mit Aus-
nahme der vier oder fünf Abgeordneten, auf deren Aus-
scheiden wir noch zurückkommen werden, fehlte uns keiner
der hervorragenden Männer aus allen Ständen und aus
allen Theilen des Landes, welche wir seit Jahren auf den
Landesversammlungen zu treffen gewohnt sind. Bedeutend
verſtärkt aber iſt die Partei durch den Hinzutritt der meiſten
württembergiſchen Arbeitervereine, deren Vertreter ſich leben-
dig an den Verhandlungen betheiligten. . . Besonders er-
freulich für den Nicht-Württemberger war eine bei der Be-
rathung der Organſsationsangelegenheit von Hausmann
gemachte Bemerkung, daß die Volkspartei in allen Theilen
des Landes einen solchen Ueberfluß an agitatoriſchen Kräf-
ten habe, daß bei Aufstellung der zweihundert Namen als
Vorſczlagsliste für das Landeskomite eine große Anzahl der
tüchtigſten und geeignetſten Männer übergangen werden
mußte. Diese erfreuliche Thatſache iſt einerſeits geeignet
den Anhängern der Volkspartei in anderen deutſchen Landen,
wo es leider noch faſt überall an genügenden organisſatori-
ſchen Talenten mangelt, als Sporn zu dienen, anderseits



Cinfluſſe der Volkspartei in Württemberg gegenüber den
dortigen Großpreußen, deren Vertrcter in Wort und Schrift
kaum ein volles Dutzend zählen, die bei allen Versamm-
lungen und Agitationen immer wieder auſtauchen. . .
Den Glanzpunkt der Verhandlung bildete die Debatte über
die Adreßdebatte in der württembergiſchen Kammer. Aus
dem Berichte C. Mayer's wurde jeder Theilnehmer der

Volkspartei unter den obwaltenden Verhältnissen nicht an-
ders handeln, nicht anders stimmen konnten, als sie gethan
haben. Der Kardinalpunkt war nicht die Annahme oder
Verwerfung der ganzen Adresse, in welcher Beziehung Die-
jenigen, welche unter Abgabe einer motivirten Erklärung
für die Adreſſe stimmen wollten, ebensogut aus dem Boden
der Volkspartei stehen bleiben konnten, als Diejenigen,
welche durch die stark durchſickerten Kommissionsvorlagen
ſtimmten. Die Entscheidung lag unſtreitig in der Abstim-
mung über die Verträge, gegen welche zu ſtimmen die
Osterlen verfaßte Erklärung förmlich verpflichtet war. Wer
dem auf Gutheißung der Allianzverträge gerichteten Amen-
dement zuſtimmen konnte, gerieth hierdurch allerdings mit
dem Parteiprogramm in unlöslichen Widerſpruch, er hatte
hierdurch sein Ausscheiden aus den Reihen der württem-
bergischen Demokratie kundgegeben. Das wurde von allen
Seiten konstatirt ; Frese erwarb sich durch seine im erſten
Theile wahrhaft meisterhaſte Rede noch das Verdienst, die
Hohlheit und Nichtigkeit der Einwände ſchlagend nachzu-
weiſen, welche die abtrünnigen Deputirten zu ihrer Ent-
ſchuldigung anzuführen pflegen. Von den auf diese Weise
ausgeschiedenen vier oder fünf Abgeordneten waren zwet
der Volkspartei niemals aufrichtig zugethan; auch die üb-
rigen haben, insofern Jie sich der unerläßlichen und voll-
berechtigten Parteidisziplin schon ſeit längerer Zeit nicht
unterwerfen wollten, der guten Sache mehr geſchadet als
eit, wo raſche und entschiedene
Aktion geboten war, zeigten ſie ſich nur als ängſlliche Ber-
mittler. Wir betrachten ihr endliches Ausscheiden nicht als

genützt; bei jeder Gelegenh







liefert ſie den beſten Beweis von der Bedeutung und dem .

Versammlung sofort überzeugt, daß die Mitglieder d'en. !

Volkspartei durch eine im Herbſt 1867 erlaſſene unn vm | .


 
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