„ 260.
der
V;, H M F W TI ;z Ä
f
L
BEE
r >
J
!
irteinter Abendzeitung" wird :
; » >
ge Betitzet
Anzeigen-Geblhr ; die einſpalic
izt
Organ
titage und Fsejitage --
3 kr., bei Lofsalanzeigen 2 kx.
er Eur
.. täglich als Avendvlait
Beſtellungen bei der Expedition 0 1
deulſchen Volkspartei in
ausgegeben. ~ . ©
r. 15 in Mannheim und. bei
Paden.
bonnementspreis vierteljährlich Ein
„rich Cin Gulden, ohne Voſtauſſchlag
allen Poſtanſtalten.
T Z
CI BB E 1-
In der Freiheit ~ den Frieden.
' Um Vieles iſt es ſchon beſſer geworden unter den
Völkern. Der wüſte Haß, die böswillige und boshafte An-
feindung, welche früher die Völker ohne Grund ggegen
einander und zu Feindſeligkeiten trieben, ſind besseren
Gefühlen gewichen. Die Völker erkannten, daß die ver-
nünftige Liebe zum Vaterlande die Gerechtigkeit und
Menſchlichkeit gegen andere Völker nicht aufhebt; ſie er-
kannten, daß die Völker ſich in Rücksicht der urſprüng-
lichen und erworbenen Rechte einander gegenüberstehen,
wie die einzelnen Menschen; daß die Völker gegen die
Völker, wie gegen Einzelne, die Pflichten der Liebe und
Menſchlichkeit behalten..
Die höhere Erkenntniß der Pflichten von Volk gegen
Volk leidet nur immer noch Noth unter der ſtaatlichen
Organisation, in welcher die meiſten Völter sich derzeit
befinden. Die wenigsten Völker entscheiden aus sich her-
aus über ihre Beziehungen zu den Nachbarvölkern und
ihren Regierungen bezw. Machthabern ſteht die unbe-
ſchränkte Befugniß "über die Wehrkraft des Landes zu.
Unter ſolchen Verhältniſſen muß die Kriegsgefahr troß
der Abneigung der Völker gegen den Krieg fortdauern;
die stehenden Heere bleiben als nothwendige Folge der
andauernden Kriegsgefahr erhalten und damit der Druck,
unter welchem faſt alle Staaten in Europa leiden.
Der Traum, es läge in der Möglichkeit, alle bestehen-
den Regierungen für ein aufrichtiges, allgemeines und
vollkommenes Friedensbündniß zu gewinnen, ist ein eitler.
Das Mittet zu diesem Ziele iſt einzig und allein die
Freiheit; die Freiheit, welche die Nationalitätenfrage
löſt und die Kriegsgefahr beseitigt. Die Verſöhnung der
beiden Begriffe Freiheit und Nationalität findet sich in
der Formel: Föderation; in dem Freiheitsbund der
Völker ist der Friedensbund enthalten. Auf der natür-
lichen Grundlage der Nationalität freie ſtaatliche Bil-
dungen, welche die Nationalität heben und adeln ~ das
twird der Gegensſaß sein: zu den Schöpfungen der Un-
freiheit und Gewalt, die nur der Mißbrauch der Natio-
nalität sind.
Alle Völker, ohne Ausnahme, streben nach Freiheit.
Die Demokratie iſt überall thätig, ihr Ziel zu erreichen.
Ihr aber treten entgegen nicht allein die innern Feinde,
sondern oft auch die Geſinnungsgenoſſen im Nachbarlande.
Es iſt dieß die Folge des Raſsenhoſſes, welchen die
Feinde der Freiheit und Selbſtregierung der Völker nach
Kräften schüren, aufrecht zu erhalten ſuchen. Metternich
regierte den alten Kaiserſtaat mit eiſerner Fauſt nach dem
Motto: Theile und herrſche. Die verſchiedenen Völker-
ſtämme Obesterreichs wurden gegen einander gehett ; so
konnte er jede Bewegung in einem einzelnen Lande durch
das Volk des andern unterdrücken.
Dieſes Syſtem wird von den heutigen Siaatshpolitikern
wenn auch nur im Großen fortgeſeßt. Metternich war
nicht zufrieden, nur ganze Volksſtämme gegen einander
aufzubieten; er benüttte die gegenseitige Ciferſucht der
Provinzial und Gemeindebevölkerungen, um ſein System
der Bevormundung und Unterdrückung zu stüten. Unsere
heutigen Nabinetspolitiker benutzen zum gleichen Zwecke
nur die Nationen. Ein Blick auf die Geschichte unserer
Tage giebt reichlich Aufschluß: Der Italiener haßt den
Franzoſen und den ÖObsterreicher, ersteren wegen Mentana,
letzteren im alten Grolle; der Deutſche haßt die Franzosen,
weil er meint, sie wollen die Herrſchaft der Welt führen
und unsere ſoziale und politische Entwickelung hindern;
[ der Czeche haßt den Deutſchen u. ſ! w.
Die Gewalthaber verſtehen diesen Haß zu hegen und
zu pflegen. Giebt es irgend einen Anlaß, einen Grund
für ein Zerwürfniß, ſo wird niemals auf die ersten Ur-
heber des Zerwürfnisses, des Uebels, die Gewalthaber und
Mächtigen hingewiesen; es wird die ganze Nation, das
_ ganze Volk in Masse genommen und der Haß wird ent-
zündet gegen jede einzelne Person der Nationalität, wel-
“so i stttt:fsit. das angebliche Uebel zur Laſt ge-
egt wird.
So lange die Völker deßhalb nicht fortschreiten in
freiheitlicher Entwickelung, Selbstbestimmung und Selbſt-
regierung, wird es den Gewaltigen leicht sein, die Völker
gegen einander zu hetzen, zu mißbrauchen. Wo die Völker
aber eifriger und wahrhaftiger Freiheitsarbejit zugethan
ſind; wo ein jedes in der Freiheit die beſte Gewähr seiner
Sicherheit nach Innen und Außen erkennt und die zur
Erreichung der Freiheit führenden Wege energiſch verfolgt:
da werden die alten Gegenſöße zwiſchen Volk und Volk
immer mehr, endlich gänzlich ſchwinden! Die Verſtändigung
mit den Gleichgeſinnten aller Nationen iſt der erſte Schritt
zum Heile. Zum Glücke iſt dieselbe längſt gethan. Ihm
folgt die enge und unauflösliche Verbindung zu raſtloſer
Freiheits- und Friedensarbeit: die Verbrüderung
der Völker!
Mannheim, 2. November.
* Der preußische Staatsanzeiger veröffentlicht den
Vertrag zwischen dem Nordbunde und Baden, betreffend
Einführung der gegenseitigen militärischen Freizügigkeit,
vom 25. Mai 1869 , mit dem Bemerken, daß die Rati-
fikations-Urkunden des Vertrages in Berlin ausgewechselt
worden sind. Gleichzeitig veröffentlicht der Staats-A. das
Schlußprotokoll vom 25. Mai, in welches bei nochmaliger |
gemeinschaftlicher Durchſehung des Vertrages durch die
beiderseitigen Bevollmächtigten die Verabredung niederge-
legt worden iſt, „daß, wenn wider Erwarten der Vertrag
für die ſüdlich des Mains gelegenen Theile des Groß-
herzogthums Heſſen nicht zur Giltigkeit gelangen ſollte,
derſelbe alsdann nichts deſtoweniger zwischen dem nord-
deutschen Bunde und dem Großherzogthum Baden in
Wirksamkeit tritt." Vom 25. Mai bis daher iſt nichts
bekannt geworden , daß die Regierung zu Darmstadt den
Berliner Erwartungen entſprochen hätte . . . und wenn
etwa das Erdbeben der lezten Tage in den Darmstädter
Geſinnungen nicht einen Umſchwung zu Wege gebracht
hat, so wird unserem Baden noch länger die zweifelhafte
Chre gesichert sein : der einzige der ſüddeutſchen Staaten
zu sein, der nur in preußiſcher Umarmung noch zu leben
vermag.
„Baden iſt ganz unt rwühlt und die National-
Liberalen haben genügend vorgearbeitet.! ~~ So ſpricht
der zu Boſton erſcheinende „Pionier“, indem er aufſtellt :
es ſcheine der engere Ans <lu ß des Südens an den
Nordhund ,vorbereitet" zu sein. „Bei dem Mangel an
cinheitlichem Handeln im Süden und bei der Aussicht,
daß dieser Mangel ſobald nicht wird beseitigt weden“
— erscheint es dem genannten deutschen Blatte in Boſton
„wünſchenswerth! ~ „daß der Süden mit dem Norden
durch G e walt verbunden werde, dann ſei wenigstens
Aussicht vorhanden „zur Bildung einer republikaniſchen
Ophoſition“, zu bvex beide Lheile ihre Streiter liefern
könnten.. Dem ,pPionier“ ſcheint bisher entgangen,
daß die Verhältnisse, die 1866 geſchaffen, in Nord und
Süd dor republikaniſch.n Partei zahlreiche Anhänger zu-
geſührt haben und daß im Süden namentlich die daſelbst
beſtehenden vier Staatsleitungen das Meiste dazu bei-
tragen, täglich den Reihen der Republikaner neue Ge-
noſſen zuzuführen.
Die Fraktionen des preuß i ſchen Abge ordneten-
ha uſes beſchäſtigen sich mit Aufstellung von Verbesse-
rungs-Anträgen zur Kreisordnungs-Vorlage. Die An-
träge sind zahlreich, weil eben jede Partei das Bedürfniß
fühlte, vor der Vorberathung dcr Vorlage im Hauſe ge-
wiſſermaßen als Kommisſion zuſammenzutreten und Stel-
lung zur Vorlage zu nehmen. Die Berathung der Vor-
lage wird um ſo intereſſanter, als man in Sachſen mit
derselben Angelegenheit beschäftigt iſt. Auch in Sachſen
handelt es sich um die Regelung der ländlichen Verhält-
niſſe, und dort hat die Kammer unter Zuſtimmung der
Regierung einstimmig Beschlüſſe gefaßt, vor denen ſich
die preußiſchen Ritter von drr Rechten mit sammt dem
Ministerium bekreuzen und segnen werden. CEinſtimmig
hat in Sachsen die Kammer. mit der Regierung die Po-
lizei an die Gemeinden übertragen, und mit 69 gegen
eine Stimme nahm sie auch unter Zuſtimmung der Re-
gierung den wichtigen in Preußen mit großer Heftigkeit
von der Rechten beſtrittenen Grundſaj an , daß jedes
Rittergut einem Gemeindebezirke angehören , alſo in eine
Gemeinde eingereiht werden müſſe. Nur dann, wenn ſich
das preußische ! bgeordnetenhaus zu der Höhe ſolcher Be-
schlüsse erhebt, wird es zu einer wahren Grundlage für
die Ordnung der ländlichen Verhältnisse gelangen können,
nnd iſt der bezügliche Vorgang in Dresden um Jo wich-
tiger, als Sachſen in ſeinen ſozialen und sonstigen Ver-
hältnissen den öſtlichen preußiſchen Provinzen sehr nahe ver-
wandt iſt.
Während in Spanien die monarchiſchen Parteien
ſich um des Kaisers Bart ſtreiten und täglich mchr aus-
einandergehen, arbeiten die Republik a ner ruhig weiter
auf ihr großes Ziel los. Wenn man glaubt, daß durch
die letzten Ereigniſſe der endliche Triumph der Republik
aufgeſchoben oder gar vernichtet worden ſei, ſo iſt man
von großem Irrthume befangen. Mögen einige hundert
Republikaner die zu früh losſchlugen, gerödtet, gefangen
oder geflohen sein, ihre Zahl kommt nicht in Betracht zu
jener, die geſinnt ſind, den. Ausgang der Dinge
ruhig abzuwarten. Nach verbürgten Nachrichten ergriffen
in Barcelona etwas über 300 Republikaner die Waffen,
während in genannter Stadt die Zahl der in den Re-
giſtern der Klubs eigenhändig von ihnen eingetragenen
Mitglieder über 70,000 beträgt, eine Zahl, die noch
täglich wächſt. Daſſelbe findet in Valencia, Malaga,
Cadix, Sevilla statt; in Madrid ſelbſt verfügt die re-
publikaniſche Partei über 20,000 Mann, die jeden Augen-
blick bereit und im Stande ſind, ihre Meinung mit den -
Waffen zu vertheidigen.
Aus Cattaro in Wien eingetroffene Nachrichten
ſtellen die Betheiligung Montenegro's und der Herzegowina
an dem Aufstande in Abrede. Der Fürſt von Monte-
negro habe sowohl nach öſterreichiſcher als auch nach tür-
kiſcher Seite hin die bündigsten Versicherungen ertheilt,
daß er ſich jedes Friedensbruchs enthalten werde. Ob
diese Versicherungen ehrlich gemeint ſind , muß vorerſt
noch dahin geſtellt bleiben.
Deutſchland.
* Karlsruhe, 2. Novbr. Baron Greindl hat zu
Baden dem Großherzoge ein Schreiben des Königs der
Belgier überreicht, welches ihn als Ministerreſident am
hieſigen Hofe beglaubigt. ~ Der prov. Poſt- und Ciſen-
bahnamts-Vorſtand J. Weniger in Lauda wurde zum
Poſtverwalter in Heidelberg ernannt.
* Mus Baden , 2. Novbr. Der Abg. Huff-
s < m i d hat über die Gesetzesvorlage, die Erweiterung
der Gerichtsbarkeit der S < w urg erichte hinsichtlich
der politiſchen u. Preßvergehen in anerkennenswerther
Arbeit Bericht erſtattet. Der Bericht beantragt die An-
nahme des Gesetßesentwurfes. Der Bericht verdankt der
Regierung die Vorlage, mit welcher sie einem lange
gehegten Wunſche aller Derer nachgekommen, welche ſich
die Durchführung der freiheitlichen Entwicklung unserer
Getgebung zur Pflicht gemacht haben und betrachtet das
in der Geſeßesvorlage enthaltene Prinzip als ein nicht
hoch genug zu ſchäßendes Material zur Schaffung und
Erhaltung freier und dauerhafter Zuſtände, zur Hinderung
von Mißbräuchen, zur Sicherung der Unantaſtbarkeit der
ſtaatsbürgerlichen Rechte. z
Das Schwungericht für politiſche und Preßprozesſe iſt
in Deutſchland keine völling neue Einrichtung ; dasſelbe
fand schon früher ~ bei uns 1849 = in einzelnen
Staaten Eingang, jedoch nur, um entweder gar nicht zur
Anwendung zu kommen oder doch nach kurzem Bestande
wieder aus der Geſsezgebung zu verſchwinden. Die Ges
richtsorganisation von 1864 dehnte die ſchwurgerichtliche
Zuständigkeit auch auf Anklagen wegen Gefährdung der
öffentlichen Ruhe und Ordnung aus, wenn die Arklage-
kammer eine höhere Freiheitsſtrafe als 6 Monate Gefäng-
niß für entsprechend halten würde. Die übrigen politiſchen
und Preßvergehen wurden den Strafkammern überwiesen.
Die jetzige Vorlage kommt nun einer Forderung des
Prinzips der rechtsſtaatlichen Entwicklung nach , welche
das Schwurgericht für politiſche und Preßvergehen nicht
als seltene Ausnahme, sondern als Regel verlangt.
Der Bericht stimmt dieser Ausdehnung zu und ent-
nehmen wir der ausführlichen Begründung die folgende
Stelle: „Eine vor Allem bedeutende Garantie, welche die
Ueberweiſung politischer Prozeſſe an die Geschwornen dar-
bietet, iſt die größtmöglichſte Unabhängigkeit des über
Schuld oder Nichtſchuld urtheilenden Gerichtes. Bei allen
politischen Vergehen ſteht die Regierung dem Angeklagten
so zu sagen als Partei gegenüber. Es iſt deßhalb natur-
| g.mäß, daß in diesen Fällen, wo zwiſchen der beſtehenden
Gewalt und ihren Gegnern zu richten iſt, nur ein ſolches
Trihunal entscheide, welches aus vollkommen unabhängigen
Männern beſteht, und deſſen Ausspruch zugleich als der
des gewaltigſten Faktors, als der Ausſpruch der öffent-
lichen Meinung gelten kann. Der Geschworene hat aber
in Folge seines Wahrspruches weder Vortheil noch Nach-
theil zu erwarten, er tritt nach Erfüllung seiner vorüber-
gehenden richterlichen Pflicht in das Volk zurück , er er-
ſcheint, wenigstens in der übergroßen Mehrheit der Fälle,
als der uabefangenſte und unabhängigſte Beurtheiler.
In dieser Richtung wird nun zuweilen eingewendet, daß
ja auch die Unabhängigkeit der Staatsrichter durch das