i 261. _
Donnerſtiag, 4. November.
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%
PVle „Wtannheimer ilhendzeitung“ wird
“Unzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kx.,
imit Ausnahme der Sonniage u
Organ der deulſchen Volkspartei in
s;39 Ä
ß 4 ä. D) n .
H ; Ü ; : ZB s tz G:) N Et, ER) é u h
H ts. Y.; N § w H . O
F B E [f S; „Y - : U :: Y-:
f N f j §t. > :-: ; tts, I
Baden.
E.. LU. :
ge -. täglich als Abenodtlait ausgegeben. – Der Abonnementspreis I…c]oſo ..
ind rFeſtc W
bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Rr. 15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
IE ;
Eine Brandfackel.
D.C. Eine solche wirft ihren unholden Schein von
Cattaro bis an den Bosporus; mitten hinein in die bun-
ten Lampen der Zauberwelt des Orients fällt unheimlich
Leuchten. Wer hat den Brand entfacht ?
In den aufständiſchen Bezirken Dalmatiens ſoll man
einen ruſhiſchen Oberſten gefangen haben. I der der
Feuerwerker gewesen oder nur des wahren Luzifer Ge-
hülfe?! Schwer zu sagen , ſchwerer zu erweiſen. Aber
seit lange weiß die Welt, so weit sie von dem Nachbar-
lande Dalmatiens , von Montenegro weiß , daß Rußland
ſich da ein kleines Zündhölzchen hält, mit dem es bei
Gelegenheit den großen Feuerbrand , der ſich die orienta-
liſche Frage nennt, in Flammen ſett oder wenigſtens zum
Qualmen briugt – und geneigt iſt die Welt, anzu-
nehmen, daß das Feuer, welches nun in dem angrenzen-
den Theil von Dalmatien aufsſchlägt, von freundnachbar-
lichen Reibungen und Schürungen herrührt. Zwar wird
der äußere Anlaß des dalmatiniſchen Aufstandes auf die
Unzufrierenheit der Bevölkerung mit der Cinführung der
neuen Landwehr zurückgeführt; da indeß bei diesem Land-
wehrſyſtem die Bevölkerung in der Heimath bleibt , zu
deren Schuß sie bestimmt iſt, so hat man den Grund
gewiß anderswo und tiefer zu ſuchen. Die Unterſtütung
bon Montenegro her iſt unzweifelhaft. Bis in die tür-
kiſche Herzegowina hinein ſollen sich die Zettelungen ver-
zweigen. Der Angriff richtet sich gegen Oesterreich und
die Türkei. Wer kann da der wahre Angreifer ſein
wenn's nicht etwa zwei Angreifer sind ! :
Aber mit Gortſchaktoff war Beuſt erſt vor kurzem ,„fröh-
lich beiſammen, und hatten einander so lieb“, und von
Preußen war der Kronprinz noch ſpäter beim Kaiser in
Wien perſönlich ~ wie wären da jetzt ſo feindselige Hin-
terliſten denkbar ?! Lieber Leser, auf den Handschlag von
Salzburg im Spätsommer 1865 folgte Biarriß im Spät-
herbſt deſſelben Jahres, folgte das Govoneſche Maibündniß
im Frühſommer, folgte Königgräß im Hochſommer des
nächsten Jahres, und wenn des Leſers Gedächtniß nur
wenige Wochen zurückreicht: im Oktober 1869 warnte die
„D. K.4s vor neuen Anſchlägenenn. — .
Die dalmatinisſch-montenegriniſche Heimſuchung Oster-
reichs hat mit allen Verlegenheiten , an denen Oesterreich
leidet, das gemein, daß sie ganz dirett an alte Sünden
mahnt. In den sO0er Jahren war die Türkei im Be-
griff , den montenegriniſchen Herrſchaften das Handwerk
zu legen; Oeſterrcich, von 1849 her in Rußlands Banden
und überhaupt auf falschen Wegen , war ſo thöricht, es
zu hindern. Die armen Burſche, die nun unter Oeſter-
reichs Fahnen bluten, büßen das heute, und nach ihnen
vielleicht noch viele, vicle andere. Eine harte Vergeltung
gerade in dem Augenblick, wo der Kaiſer als ,lieber
N c<bar“ mit dem Sultan die richtig verſtandene Inte-
reſſen-Politik beſiegelt, welche ihrer beider Reiche vereint
und immer vereinen ſollte. Aber befestigen wird der neue
Ausbruch tückiſcher Feindſchaft die neue Wendung ver-
ſländiger Einſicht. Die öſterreichiſch - ungarischen Länder
und das Reich der hohen Pforte bekommen damit einen
weiteren Beweis für die Indentität ihres höchsten Inte-
reſſes + fuedliche Entwicklung. Die Bedeutung Deutsch-
Osſterreichs als Friedensmacht im Osten wird klar wie
in Wien, so in Peſt und in Konstantinopel. Treten die
Betheiligten, wie es ſcheint, raſch in eine thatkräftige
Allianz, so kann die Wirkung in Serbien und Rumänien
nicht fehlen. Auf der Grundlage gleichartigen Interesses
î und verſtändigen Einvernehmens wird Oesterreich an ſeiner
Ostseite neu gekräſtigt daſtehen und in dem Bewußtſein
einer gesteigerten Machiſtellung auch das Selbstvertrauen
finden, mit dem es die inneren Schwierigkeiten hoffentlich
kräftigeren Geiſtes und friſcheren Schaffens überwindet
als bisher. Seine Feinde kennt es nun zur Genüge.
Seine Freunde sind die Sitiaaten , die des Friedens und
_ der Freiheit bedürfen + ſind die Parteien und Männer
die in Frieden und Freiheit wirken – sind über Staa-
ct Männern die Ideen des Friedens und der
reiheit selbst. ,
Badiſcher Landtag.
% Karlsruhe, 2. Nov. 17. Sitzung der Zweiten
Ka m mer. Vorsitzender Herr Präs. Hildebrandt.
. Petitionen ſind eingelaufen in Betress des Wirth-
ſchaftsgeſetes, der Höllenthalbahn, Stiaßenaufnahmen
Prüfung der einjährigen Freiwilligen tc. !
In Betresf der Gemeindeordnung iſt die Dentſchrift mitgewirkt habe.
. in einer außerordentlichen Weiſe gegen die Regierung und
der kürzlich in Karlsruhe ſtattgehabten Bürgermeisterver- |
sammlung eingelaufen. |
Handels-M. v. D u ſ c legt einen Gesetzentwurf über |
Verleihung des Rechts der Ausgabe von Bantnoten an |
eine badiſche Bank vor. Die Regierung habe bei Prüfung |
der Frage, ob man dem Konzeſſionirungssyſtem oder dem S |
ſtem der Freigebung der Banken folgen solle, sich für |
ersteres entschieden, ohne daß jedoch etwaige spätere Aen- |
derungen eingeſchloſſen werden ſFollten, und zwar aus den
Gründen , weil die Frage noch nicht reif ſei in Baden,
und weil auch kein pratktiſches Bedürfniß zur Zeit var-
liege. Der jetzige Geſeßentwurf ſchließe sich im Weſent-
lichen an die Kommiſſionsberathungen des Jahres 1864
an, mit der Modifikation, daß die ſtrenge Beaufsichtigung
des Staates, welche beinahe einer Mitwirkung gleichkam,
gemildert wurde.
Hierauf Berathung des Berichts des Abg. H uff-
s < mid über die Geſeyzesvorlage: die Erweiterung der
Gerichtsbarkeit der Schwurgerichte hinsichtlich der politi-
schen und Preßvergehen.
Abg. Baumfſt ark iſt nicht für die Verweiſung der
politischen und Preßprozesſſe an die Schwurgerichte. Da-
gegen empfiehlt er zur Berücksichtigung: 1. Abschaffung
aller Ausnahmsgesetze, insbesondere derjenigen, welche eine
bestimmte Definition des Verbrechens nicht enthalten,
nämlich der §F§ 630 u. f. des Straf-Geſ.-B. 2. Wei-
sung an die Staatsanwaltsſchaft, in Zeiten erregter poli-
liticher und kirchlicher Kämpfe entweder die Ausschrei-
tungen jeder Partei zu verfolgen , oder aber allen Par-
teien bis zu einem gewiſſen Punkte freien Spielraum zu
laſſen. 3. Ein richterlicher Beamteter solle durch seine
politische Gesinnung nicht Vortheil und nicht Nachtheil
haben. t... ius!
Abg. R oßhirt : iſt für die Vorlage ; er sieht in dem
betr. Geſeßentwurf das Vorbild für das direkte Wahl-
recht.
. Abg. Lindau: für die Vorlage. Um die Wollthat
des Geſetes vollſtändig und wahr zu machen, ſei exfor-
derlich, daß die Bildung der Geſchworenen-Liſten durch
Volkswahlen geschehe. j
Juſtiz- M. O bkircher : Die Frage wegen: Bil-
dung der Geſchworenen-Liſten gehöre nicht hieher ; dieſelbe
möge der Herr Abg. auf dem Wege der Motion behan-
deln. Bezüglich der Wünſche des Abg. Baumſtark sei zu
bemerken, die $8 630 u. f. des St.-G.B. könnten wohl
geändert , beſjer präzisirt, allein nicht abgeſchafst werden.
In andern Staaten , Frankreich , Belgien u. s. w. ge-
ſchehe dieß auch nicht. Cine Weiſung an die Staats-
anwälte, strafbare Preßvergehen nicht zu verfolgen, beſtehe
nicht. Wenn Oppositionsblätter in neuerer Zeit häufiger
verfolgt worden seien , komme dieß daher : weil dieſelben
die Geſeße auftreten, und ' dieß etwas ganz anderes sei,
als wenn Parteien angegriffen werden. Den Vorwurf,
als ob die Regierung jich durch die politiſche Gesinnung
der Richter bei Beſezung von Stellen bestimmen laſſe,
weiſe er als vollkommen grundlos zurück.
Abg. Mühlhäußer: erklärt ſich gegen den Geſet-
entwurf, indem bei Preßvergehen ein sicherer Rechtsſchutz
nbthig sei, und dieser mehr in der Ahburtheilung
% rechtsgelehrte Richter als durch Geschworene zu
inden wäre.
Abg. K i efer stimmt für den Gesetzesentwurf , weil
die Schwurgerichte für Preßvergehen deßhalb die besten
Gerichte seien, weil das Volk ſelbſt berufen werde, um
über Störungen der öffentlichen Ordnung gegenüber den
Ausschreitungen der Presse zu richten.
Abg. Gerwig: für die Vorlage. Er bemerkt gegen
Mühlhäußer, wenn dieser das Volt für reif halte, das
direkte Wahlrecht auszuüben, er es auch für fähig halten
z: in Geschworenengerichten über Preßvergehen zu ur-
eilen.
Abg. Biſſing: stimmt für den Gesetzesentwurf. Er
will nur darauf aufmerkſam machen, ob man nicht zur
Erleichterung der Geſchworenen nach dem Vorbilde der
sog. wandernden Gerichtshöfe in England und Amerika
die Zahl der Schwurgerichtsſite vermehren ſolle. Schließ-
lich bemerkt er: der Abg. Kiefer habe den Prozeß Ger-
vinus erwähnt, der von dem Oberhofgerichte an das
Schwurgericht verwiesen und dort durch ein freiſprechendes
Urtheil erledigt worden sei; er wolle daran erinnern,
daß ein Mitglied des jetzigen Miniſteriums 1849 u. 1850
als Staatsanwalt bei den damaligen Verfolgungsprozessen
Abg. v. Freydorf: dieſes Mitglied des Saatsmini-
steriums, das der Abg. Bisſing meine, fe: wohl ex. Er
habe damals bei einem Standgerichte als Staatsanwalt
fungirt und in seiner damaligen Stellung, wie heute, die
Gesetze und die Verfaſſung des Landes vertheidigt. Aus
einer freien Stellung, als damaliger Anwalt, heraus habe
er das Amt des Staatsanwaltes übernommen. 1848 habe J
er den Staatsdienst verlaſſen, weil die Regierung zu wenig
Energie gegen die damaligen revolutionären Bewegungen
gezeigt und ihn bei einem energischen , mit persönlicher
Gefahr verbundene n Einschreiten als Unterſuchungsrichter
in Heidelberg im Stiche gelaſſen. JIn den Anwaltſtand
übergetreten, habe er die Funktion eines Staatsanwaltes
| gegen Lente versehen, welche, nachdem ſie zwei mißiungene
Aufstände erregt und zweimal begnadigt worden, einen
dritten gelungeneren Aufstand veranstaltet hätten, welche
unter dem Vorwand der Durchführung der Reichsverfaſss-
ung diejenige Regierung zu ſtürzen verſucht hätten, die
in unumwundener Anerkennung der Reichsverfaſſung allen
andern Regierungen vorangegangen sei, und dies unter
der Führung von Perſonen verſucht hätten, welche bis
dahin nur als die entſchiedenſten Gegner der Reichsver-
fassung bekannt gewesen seien. Eine Minorität habe mit
Gewalt ihre Meinungen gegen die Majorität durchſetßen
wollen. Er ſtehe heute ganz auf demſelben Boden wie
damals; unter ähnlichen Verhältniſſen werde er , wenn
auch nicht an derſelben Stelle, dieſelben Grundsätze geltend
machen.
Hierauf Spezial-Diskussion. Nach deren Schluß wird
der Geseßentwurf nach dem Antrage der Kommission mit
allen gegen 2 Stimmen (Abgg. Buſch und Mühlhäußer)
angenommen.
Der Vorsitende theilt mit, daß von den Abtheilungen
in die Kommisſion für die Maß- und Gewichtsordnung
die Abgg. Morstadt, Tritſcheller, Hummel, Kölle u. Kayſer
gewählt worden.
Balitiſiche Weberfiécht.
sM ann h eim, 3. November.
* Der König von Preußen macht dem Papſte Kon-
kurrenz. Der Papſt wird wohl Gott im Himmel an-
rufen, das ökumeniſche Konzil zu erleuchten. Der König
von Preußen hat auf den 10. Nov. , den Geburtstag
Luthers, einen außerordentlichen allgemeineu Bettag in
den evangeliſchen Kirchen seines Landes befohlen : „um
den Segen Gottes auf die in nächſter Zeit Statt finden-
den wichtigen Verhandlungen über das Verfaſſungswerk
der evang. Kirche in Preußen herabzurufen.“ Zu Rom
und zu Berlin der Ausſpruch: die großen Bewegungen
unserer Gegenwart im religiösen Leben der Völker und
der Einzelnen drängten zu ernſten Entscheidungen. Wie
diese Entscheidungen ausfallen werden , zu Rom und zu
Berlin, iſt keinem Einsichtsvollen ein Geheimniß. Dort
und hier Reaktion, Anmaßung und Herrſchſuch. Im
himmlischen Staatsrathe werden wohl am Beſten beide, von
Berlin und Rom ausgehende Adreſſen dem Teutel zur
Kenntnißnahme überwrteſen werden.
„Allerseelen“ ~ laſteteten ihm ſchwer auf dem Her-
zen. Der Verräther vom 2. Dezember fürchtete geſtern
eine Volksbewegung. Ihm klebt Blut an den Händen.
Er muß zittern. Die auf geſtern in Paris angetün-
digte Einweihung des Denkmals für den im Kampfe
gegen den Zäſar gefallenen Volksvertreter Baudin fand
nicht ſiat. Auf dem Montmartre-Kirchhofe hatte ſich
aber eine außerordentlich große Menſchenmenge eingefun-
den. Das Monument Cavaignac's verſchwand unter
Immaortellenkränzen; auch das Grab Baudins war mit
solchen bedeckt. + Er ruft ſie nicht die Rächerin, doeh
wird die Zeit ſie bringen! Seine Gräuel rufen ſie!
In Spanien segen die Königsmacher die Werbung
von Stimmen für den Knaben von Genua fort. Sie
hoffen auf eine „bedeutende“ Stimmenzahl . . . Serrano,
als Regent, soll den Knaben in dem Arme behalten. bis
er mündig geworden. Mein Sohn , was birgſt du so
bang dein Gesicht? Siehſt, Vater, du den Erlkönig
nicht ? . . . Dem Vater grauset's, er reitet geſchwind; er
hält in den Armen das ächzende Kind, erreicht den
Hof mit Müh und Noth ; in seinen Armen das Kind
war todt.
ZDeutſchland.
* Karlsruhe, 3. Novbr.
herzog zu bleibendem Aufenthalte in die Residenz zurück-
Nachdem der Großes
I
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1z.
E . e . |
Donnerſtiag, 4. November.
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PVle „Wtannheimer ilhendzeitung“ wird
“Unzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kx.,
imit Ausnahme der Sonniage u
Organ der deulſchen Volkspartei in
s;39 Ä
ß 4 ä. D) n .
H ; Ü ; : ZB s tz G:) N Et, ER) é u h
H ts. Y.; N § w H . O
F B E [f S; „Y - : U :: Y-:
f N f j §t. > :-: ; tts, I
Baden.
E.. LU. :
ge -. täglich als Abenodtlait ausgegeben. – Der Abonnementspreis I…c]oſo ..
ind rFeſtc W
bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Rr. 15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
IE ;
Eine Brandfackel.
D.C. Eine solche wirft ihren unholden Schein von
Cattaro bis an den Bosporus; mitten hinein in die bun-
ten Lampen der Zauberwelt des Orients fällt unheimlich
Leuchten. Wer hat den Brand entfacht ?
In den aufständiſchen Bezirken Dalmatiens ſoll man
einen ruſhiſchen Oberſten gefangen haben. I der der
Feuerwerker gewesen oder nur des wahren Luzifer Ge-
hülfe?! Schwer zu sagen , ſchwerer zu erweiſen. Aber
seit lange weiß die Welt, so weit sie von dem Nachbar-
lande Dalmatiens , von Montenegro weiß , daß Rußland
ſich da ein kleines Zündhölzchen hält, mit dem es bei
Gelegenheit den großen Feuerbrand , der ſich die orienta-
liſche Frage nennt, in Flammen ſett oder wenigſtens zum
Qualmen briugt – und geneigt iſt die Welt, anzu-
nehmen, daß das Feuer, welches nun in dem angrenzen-
den Theil von Dalmatien aufsſchlägt, von freundnachbar-
lichen Reibungen und Schürungen herrührt. Zwar wird
der äußere Anlaß des dalmatiniſchen Aufstandes auf die
Unzufrierenheit der Bevölkerung mit der Cinführung der
neuen Landwehr zurückgeführt; da indeß bei diesem Land-
wehrſyſtem die Bevölkerung in der Heimath bleibt , zu
deren Schuß sie bestimmt iſt, so hat man den Grund
gewiß anderswo und tiefer zu ſuchen. Die Unterſtütung
bon Montenegro her iſt unzweifelhaft. Bis in die tür-
kiſche Herzegowina hinein ſollen sich die Zettelungen ver-
zweigen. Der Angriff richtet sich gegen Oesterreich und
die Türkei. Wer kann da der wahre Angreifer ſein
wenn's nicht etwa zwei Angreifer sind ! :
Aber mit Gortſchaktoff war Beuſt erſt vor kurzem ,„fröh-
lich beiſammen, und hatten einander so lieb“, und von
Preußen war der Kronprinz noch ſpäter beim Kaiser in
Wien perſönlich ~ wie wären da jetzt ſo feindselige Hin-
terliſten denkbar ?! Lieber Leser, auf den Handschlag von
Salzburg im Spätsommer 1865 folgte Biarriß im Spät-
herbſt deſſelben Jahres, folgte das Govoneſche Maibündniß
im Frühſommer, folgte Königgräß im Hochſommer des
nächsten Jahres, und wenn des Leſers Gedächtniß nur
wenige Wochen zurückreicht: im Oktober 1869 warnte die
„D. K.4s vor neuen Anſchlägenenn. — .
Die dalmatinisſch-montenegriniſche Heimſuchung Oster-
reichs hat mit allen Verlegenheiten , an denen Oesterreich
leidet, das gemein, daß sie ganz dirett an alte Sünden
mahnt. In den sO0er Jahren war die Türkei im Be-
griff , den montenegriniſchen Herrſchaften das Handwerk
zu legen; Oeſterrcich, von 1849 her in Rußlands Banden
und überhaupt auf falschen Wegen , war ſo thöricht, es
zu hindern. Die armen Burſche, die nun unter Oeſter-
reichs Fahnen bluten, büßen das heute, und nach ihnen
vielleicht noch viele, vicle andere. Eine harte Vergeltung
gerade in dem Augenblick, wo der Kaiſer als ,lieber
N c<bar“ mit dem Sultan die richtig verſtandene Inte-
reſſen-Politik beſiegelt, welche ihrer beider Reiche vereint
und immer vereinen ſollte. Aber befestigen wird der neue
Ausbruch tückiſcher Feindſchaft die neue Wendung ver-
ſländiger Einſicht. Die öſterreichiſch - ungarischen Länder
und das Reich der hohen Pforte bekommen damit einen
weiteren Beweis für die Indentität ihres höchsten Inte-
reſſes + fuedliche Entwicklung. Die Bedeutung Deutsch-
Osſterreichs als Friedensmacht im Osten wird klar wie
in Wien, so in Peſt und in Konstantinopel. Treten die
Betheiligten, wie es ſcheint, raſch in eine thatkräftige
Allianz, so kann die Wirkung in Serbien und Rumänien
nicht fehlen. Auf der Grundlage gleichartigen Interesses
î und verſtändigen Einvernehmens wird Oesterreich an ſeiner
Ostseite neu gekräſtigt daſtehen und in dem Bewußtſein
einer gesteigerten Machiſtellung auch das Selbstvertrauen
finden, mit dem es die inneren Schwierigkeiten hoffentlich
kräftigeren Geiſtes und friſcheren Schaffens überwindet
als bisher. Seine Feinde kennt es nun zur Genüge.
Seine Freunde sind die Sitiaaten , die des Friedens und
_ der Freiheit bedürfen + ſind die Parteien und Männer
die in Frieden und Freiheit wirken – sind über Staa-
ct Männern die Ideen des Friedens und der
reiheit selbst. ,
Badiſcher Landtag.
% Karlsruhe, 2. Nov. 17. Sitzung der Zweiten
Ka m mer. Vorsitzender Herr Präs. Hildebrandt.
. Petitionen ſind eingelaufen in Betress des Wirth-
ſchaftsgeſetes, der Höllenthalbahn, Stiaßenaufnahmen
Prüfung der einjährigen Freiwilligen tc. !
In Betresf der Gemeindeordnung iſt die Dentſchrift mitgewirkt habe.
. in einer außerordentlichen Weiſe gegen die Regierung und
der kürzlich in Karlsruhe ſtattgehabten Bürgermeisterver- |
sammlung eingelaufen. |
Handels-M. v. D u ſ c legt einen Gesetzentwurf über |
Verleihung des Rechts der Ausgabe von Bantnoten an |
eine badiſche Bank vor. Die Regierung habe bei Prüfung |
der Frage, ob man dem Konzeſſionirungssyſtem oder dem S |
ſtem der Freigebung der Banken folgen solle, sich für |
ersteres entschieden, ohne daß jedoch etwaige spätere Aen- |
derungen eingeſchloſſen werden ſFollten, und zwar aus den
Gründen , weil die Frage noch nicht reif ſei in Baden,
und weil auch kein pratktiſches Bedürfniß zur Zeit var-
liege. Der jetzige Geſeßentwurf ſchließe sich im Weſent-
lichen an die Kommiſſionsberathungen des Jahres 1864
an, mit der Modifikation, daß die ſtrenge Beaufsichtigung
des Staates, welche beinahe einer Mitwirkung gleichkam,
gemildert wurde.
Hierauf Berathung des Berichts des Abg. H uff-
s < mid über die Geſeyzesvorlage: die Erweiterung der
Gerichtsbarkeit der Schwurgerichte hinsichtlich der politi-
schen und Preßvergehen.
Abg. Baumfſt ark iſt nicht für die Verweiſung der
politischen und Preßprozesſſe an die Schwurgerichte. Da-
gegen empfiehlt er zur Berücksichtigung: 1. Abschaffung
aller Ausnahmsgesetze, insbesondere derjenigen, welche eine
bestimmte Definition des Verbrechens nicht enthalten,
nämlich der §F§ 630 u. f. des Straf-Geſ.-B. 2. Wei-
sung an die Staatsanwaltsſchaft, in Zeiten erregter poli-
liticher und kirchlicher Kämpfe entweder die Ausschrei-
tungen jeder Partei zu verfolgen , oder aber allen Par-
teien bis zu einem gewiſſen Punkte freien Spielraum zu
laſſen. 3. Ein richterlicher Beamteter solle durch seine
politische Gesinnung nicht Vortheil und nicht Nachtheil
haben. t... ius!
Abg. R oßhirt : iſt für die Vorlage ; er sieht in dem
betr. Geſeßentwurf das Vorbild für das direkte Wahl-
recht.
. Abg. Lindau: für die Vorlage. Um die Wollthat
des Geſetes vollſtändig und wahr zu machen, ſei exfor-
derlich, daß die Bildung der Geſchworenen-Liſten durch
Volkswahlen geschehe. j
Juſtiz- M. O bkircher : Die Frage wegen: Bil-
dung der Geſchworenen-Liſten gehöre nicht hieher ; dieſelbe
möge der Herr Abg. auf dem Wege der Motion behan-
deln. Bezüglich der Wünſche des Abg. Baumſtark sei zu
bemerken, die $8 630 u. f. des St.-G.B. könnten wohl
geändert , beſjer präzisirt, allein nicht abgeſchafst werden.
In andern Staaten , Frankreich , Belgien u. s. w. ge-
ſchehe dieß auch nicht. Cine Weiſung an die Staats-
anwälte, strafbare Preßvergehen nicht zu verfolgen, beſtehe
nicht. Wenn Oppositionsblätter in neuerer Zeit häufiger
verfolgt worden seien , komme dieß daher : weil dieſelben
die Geſeße auftreten, und ' dieß etwas ganz anderes sei,
als wenn Parteien angegriffen werden. Den Vorwurf,
als ob die Regierung jich durch die politiſche Gesinnung
der Richter bei Beſezung von Stellen bestimmen laſſe,
weiſe er als vollkommen grundlos zurück.
Abg. Mühlhäußer: erklärt ſich gegen den Geſet-
entwurf, indem bei Preßvergehen ein sicherer Rechtsſchutz
nbthig sei, und dieser mehr in der Ahburtheilung
% rechtsgelehrte Richter als durch Geschworene zu
inden wäre.
Abg. K i efer stimmt für den Gesetzesentwurf , weil
die Schwurgerichte für Preßvergehen deßhalb die besten
Gerichte seien, weil das Volk ſelbſt berufen werde, um
über Störungen der öffentlichen Ordnung gegenüber den
Ausschreitungen der Presse zu richten.
Abg. Gerwig: für die Vorlage. Er bemerkt gegen
Mühlhäußer, wenn dieser das Volt für reif halte, das
direkte Wahlrecht auszuüben, er es auch für fähig halten
z: in Geschworenengerichten über Preßvergehen zu ur-
eilen.
Abg. Biſſing: stimmt für den Gesetzesentwurf. Er
will nur darauf aufmerkſam machen, ob man nicht zur
Erleichterung der Geſchworenen nach dem Vorbilde der
sog. wandernden Gerichtshöfe in England und Amerika
die Zahl der Schwurgerichtsſite vermehren ſolle. Schließ-
lich bemerkt er: der Abg. Kiefer habe den Prozeß Ger-
vinus erwähnt, der von dem Oberhofgerichte an das
Schwurgericht verwiesen und dort durch ein freiſprechendes
Urtheil erledigt worden sei; er wolle daran erinnern,
daß ein Mitglied des jetzigen Miniſteriums 1849 u. 1850
als Staatsanwalt bei den damaligen Verfolgungsprozessen
Abg. v. Freydorf: dieſes Mitglied des Saatsmini-
steriums, das der Abg. Bisſing meine, fe: wohl ex. Er
habe damals bei einem Standgerichte als Staatsanwalt
fungirt und in seiner damaligen Stellung, wie heute, die
Gesetze und die Verfaſſung des Landes vertheidigt. Aus
einer freien Stellung, als damaliger Anwalt, heraus habe
er das Amt des Staatsanwaltes übernommen. 1848 habe J
er den Staatsdienst verlaſſen, weil die Regierung zu wenig
Energie gegen die damaligen revolutionären Bewegungen
gezeigt und ihn bei einem energischen , mit persönlicher
Gefahr verbundene n Einschreiten als Unterſuchungsrichter
in Heidelberg im Stiche gelaſſen. JIn den Anwaltſtand
übergetreten, habe er die Funktion eines Staatsanwaltes
| gegen Lente versehen, welche, nachdem ſie zwei mißiungene
Aufstände erregt und zweimal begnadigt worden, einen
dritten gelungeneren Aufstand veranstaltet hätten, welche
unter dem Vorwand der Durchführung der Reichsverfaſss-
ung diejenige Regierung zu ſtürzen verſucht hätten, die
in unumwundener Anerkennung der Reichsverfaſſung allen
andern Regierungen vorangegangen sei, und dies unter
der Führung von Perſonen verſucht hätten, welche bis
dahin nur als die entſchiedenſten Gegner der Reichsver-
fassung bekannt gewesen seien. Eine Minorität habe mit
Gewalt ihre Meinungen gegen die Majorität durchſetßen
wollen. Er ſtehe heute ganz auf demſelben Boden wie
damals; unter ähnlichen Verhältniſſen werde er , wenn
auch nicht an derſelben Stelle, dieſelben Grundsätze geltend
machen.
Hierauf Spezial-Diskussion. Nach deren Schluß wird
der Geseßentwurf nach dem Antrage der Kommission mit
allen gegen 2 Stimmen (Abgg. Buſch und Mühlhäußer)
angenommen.
Der Vorsitende theilt mit, daß von den Abtheilungen
in die Kommisſion für die Maß- und Gewichtsordnung
die Abgg. Morstadt, Tritſcheller, Hummel, Kölle u. Kayſer
gewählt worden.
Balitiſiche Weberfiécht.
sM ann h eim, 3. November.
* Der König von Preußen macht dem Papſte Kon-
kurrenz. Der Papſt wird wohl Gott im Himmel an-
rufen, das ökumeniſche Konzil zu erleuchten. Der König
von Preußen hat auf den 10. Nov. , den Geburtstag
Luthers, einen außerordentlichen allgemeineu Bettag in
den evangeliſchen Kirchen seines Landes befohlen : „um
den Segen Gottes auf die in nächſter Zeit Statt finden-
den wichtigen Verhandlungen über das Verfaſſungswerk
der evang. Kirche in Preußen herabzurufen.“ Zu Rom
und zu Berlin der Ausſpruch: die großen Bewegungen
unserer Gegenwart im religiösen Leben der Völker und
der Einzelnen drängten zu ernſten Entscheidungen. Wie
diese Entscheidungen ausfallen werden , zu Rom und zu
Berlin, iſt keinem Einsichtsvollen ein Geheimniß. Dort
und hier Reaktion, Anmaßung und Herrſchſuch. Im
himmlischen Staatsrathe werden wohl am Beſten beide, von
Berlin und Rom ausgehende Adreſſen dem Teutel zur
Kenntnißnahme überwrteſen werden.
„Allerseelen“ ~ laſteteten ihm ſchwer auf dem Her-
zen. Der Verräther vom 2. Dezember fürchtete geſtern
eine Volksbewegung. Ihm klebt Blut an den Händen.
Er muß zittern. Die auf geſtern in Paris angetün-
digte Einweihung des Denkmals für den im Kampfe
gegen den Zäſar gefallenen Volksvertreter Baudin fand
nicht ſiat. Auf dem Montmartre-Kirchhofe hatte ſich
aber eine außerordentlich große Menſchenmenge eingefun-
den. Das Monument Cavaignac's verſchwand unter
Immaortellenkränzen; auch das Grab Baudins war mit
solchen bedeckt. + Er ruft ſie nicht die Rächerin, doeh
wird die Zeit ſie bringen! Seine Gräuel rufen ſie!
In Spanien segen die Königsmacher die Werbung
von Stimmen für den Knaben von Genua fort. Sie
hoffen auf eine „bedeutende“ Stimmenzahl . . . Serrano,
als Regent, soll den Knaben in dem Arme behalten. bis
er mündig geworden. Mein Sohn , was birgſt du so
bang dein Gesicht? Siehſt, Vater, du den Erlkönig
nicht ? . . . Dem Vater grauset's, er reitet geſchwind; er
hält in den Armen das ächzende Kind, erreicht den
Hof mit Müh und Noth ; in seinen Armen das Kind
war todt.
ZDeutſchland.
* Karlsruhe, 3. Novbr.
herzog zu bleibendem Aufenthalte in die Residenz zurück-
Nachdem der Großes
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