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Organ der
Mittwoch, 21. Juli.
eimer Aber
deulſchen Volkspartei in Baden.
Tie „Mannheimer Abendzeitung“ wird mit Ausnahme der Sonnt
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
age und Feſttage ~ täglich als Abendblatt ausgegeben. – De
Beſtellungen bei der Expedition O 1 Nr.
eil
r Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Poſtanstalten. i
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Die Forderungen der Wahlreformliga.
m Ü t;
** Neinen unbedingten Eintritt in den
Nordbund, sondern Vereinigung der deutſchen
Stämme im Bundesstaat mit parlamentariſcher
Verfassung“ iſt die zweite Forderung, welche die Wahl-
reformliga den bevorſtehenden Wahlen gegenüber ſtellt:
Der zentralisirte, zäſaristiſche, militariſtiſche Cinheitsſtaat
des sogenannten Nordbundes, oder der föderative bürger-
liche Bund aller vereinten Staaten Deutschlands, –
das sind die Gegensätze, um die es ſich in Deutſchland
heute handelt. Alles Andere ist Nebensache, denn in diesem
einen Gegenſate liegt das ganze Schwergewicht der Zeil.
Entweder zäſariſtiſches Soldatenth um oder ver-
bündetes Bürgerthum, das iſt die Frage. Sein
M :
Das zäsariſche Soldatenthum vernichtet die Freiheit,
den Wohlstand, die Sitten, die Bildung, den Charakter
der Nationen, die unter ſeinem' Joche ſeufzen. Die
Freiheit – wäre es auch nur nöthig, darüber ein
Wort zu sprechen ? Selbst die blindeſten Anhänger des
Nordbundes gestehen offen zu, daß sie die Freiheit einſt-
weilen opfern, um die Cinheit zu retten. Diese Rettung
der Einheit iſt aber ſelbſt nur eine feige Selbsttäuſchung,
denn der Norddeutsche Soldatenstaat ist die Organisation
der Zersplitterung Deutschlands. So brauchen wir nicht
mehr zu beweisen, daß im Nordbunde die Freiheit ge-
opfert iſt, wenn dieß seine beſten Anhänger selbſt zuge-
ſtehen. Der Wohlstand ~ iſt mit zäſaristischer Wirth-
schaft unvereinbar. Heute stocken Handel und Wandel,
dic Fabrik und Werkstatt sind gleich gefährdet, überall
unter dem Einfluſſe der Wirthſchaft des zäſariſtischen Sol-
datenthums. Mit 600,000 Mann Soldaten in den
Kaſernen Deutſchlands iſt Wohlstand nicht möglich. Die
direkten Koſten , das Kriegsbudget, welches die Urſache
des Defizits in allen Ländern ist,, iſt am Ende nur der
geringere Schaden. Wenn alle Tage 600,000 Männer
Nichts verdienen, ſo überſteigt die Summe des
Verl uſtes die Summe des Kriegsbudgets um das
Doppelte, das Dreifache.
Und das iſt wieder doch nur die eine Seite des
mittelbaren aber unabweislichen Verluſtes, den der Wohl-
ſtand des Volkes, der mit zäsariſchem Soldatenthum bes
haftet iſt, unter seinem Drucke erleidet. Wenn 600,000
Männer in den Kaſernen leben, ſo fehlen dieselben in
den Fabriken, in den Werkstätten, auf dem Acker; und
weil so die heſten Arbeitskräfte im Leben des Volkes
überall fehlen, wird die Arbeit in unnatürlicher Weise ver-
theuert und zugleich verschlechtert, weil die Arbeit auf
unzulängliche und auch geringe Arbeitskräfte angewieſcn iſt.
Es läßt ſich dies nicht in Millionen berechnen, wohl aber
ſieht Jeder, daß durch diese Zustände die Arbeit überall in
Fahrik, Werkſlatt und auf dem Felde ſtocktt und dann bald die
Arbeit des mit dem zäſaristiſchen Söldatenthum behafteten
Volkes der Arbeitskraft anderer Völker (heute die Deutsch-
lands und Frankreichs der Arbeit Englands, der Schweiz
und Nordamerikas) nicht mehr die Spitze bietenkann.
So iritt Verluſt, Stockung, Untergang an Allem und
überall ein, wo das Soldatenthum herrſcht.
Es untergräbt aber dies Soldatenthum zugleich die
Sitten des Volkes. Das Kaſernenleben iſt ein durchaus
eniſittlichendes. Das weiß Jeder, und es iſt nicht nöthig,
es. hier zu beweiſen. Cs verdirbt das Soldatenleben zux-
gleich den Charokter des Volkes; es gewöhnt die ganze
Maſſe der Jugend einerseits an blindes Gehorchen und
andererſeits an freches Auftreten dem waffenloſen Bür-
gerthum gegenüber; demüthiges Aufgeben der eigenen
Menſchenwürde nach Oben yin, hochmüthiges Ueberſchäten
des Buntrockes der Arbeiterjacke, dem. Bürgerrocke, dem
Bauerntittel gegenüber; das iſt überall das. Ergebniß der
vieljährigen „Soldatengewö hn ung". Daß dies
Regiment auch den politiſchen Charakter, den
Büigerſinn und Bürgermuth vernichtet, das brauchen wir
ja nicht zu beweiſen, denn ~~ wir haben das ja an dem
grünen Holze der Offenburgerei nur zu lebendig erlebt.
Die Bildu ng, im höheren Sinne des Wortes , iſt
ein Ergebniß der Freiheit, des Charakters der Nation.
Sie geht zu Grunde mit diesen. Frankreich hat seit
1850 keine Literatur mehr, keinen Nachwuchs für seine
Geſchichtsſchreiber, Thiers, Guizot, Mignet, Michelet, für
ſeine Lamartine, V. Hugo und jelbſt ſeinen E. Sue. Der
. ters fränkelt an demſelben Abſtehen des ſchöpferiſchen
L edankens.
Und deßwegen sagen wir : Wählt Ni emanden, der
den unbedingten Eintritt in den Nordbund will. Fordert
von jedem Wahlmanne und jedem Kandidaten gerade in
dieſer Beziehung die offenſte und unzweideutigſte
Verpflichtung, gegen den Eintritt in den Nordbund
U! Z Hier heißt es nicht weniger: Sein oder
ichtſein. ;
Politiſche Uebersicht.
' Mannheim, 20. Juli.
* Bürger der Stadt Frankfurt haben dem abbe-
rufenen amerikaniſchen Generalkonsul , Herrn Murphy,
einen silbernen Pokal und einen Diamantring überreicht,
als Zeichen des Dankes und der Hochachtung der Bürger
N böſen Tagen für Frank-
furts bethätigte wohlwollende Gesinnung des Generalkon-
ſuls. Dieser einfache bürgerliche Akt hat eine hohe prak-
tiſche Bedeutung. Als Recht und Geset, in Deutſchland
mit Füßen getreten wurden, als die Bayonette des retten-
den deutſchen Staates deutſche Herzen durchbohrten und
Willkür ühten ; als drüben über dem Ozean die Freiheit
und die Menſchenrechte gesiegt hatten ~ hier in Europa
im Jahre 1866, um das Maß der Eroberung voll zu
machen , eine der älteſten freien Städte ohne Theilnahme
am Kriege ihrer Freiheit beraubt wurde, da hat der
amerikanische Generalkonſul „im Namen der Zivilisation“
proteſtirt gegen die von Preußen der Stadt Frankfurt
auferlegten unerſchwinglichen Kontributionen und Zwangs-
maßregeln! Ob dieſe ſeine ſtrikte Pflichlerfüllung als
Konsul einer freien Nation Mitursache seiner Abberufung,
ob! das Berliner Kabinet dieselbe beantragt und durchge-
set hat, läßt Herr Murphy laſſen wir dahinger-
stellt. Cr scheidet mit dem Bewußtſein als freier Mann
seine Pflicht gethan zu haben; uns allen in Deutſchland
bleibt die Ueberzeugung, daß auch auf deutſcher Erde
Freiheit und Menſchenrecht siegen werden,
daß auch uns der Tag aufgehen wird, an dem bei uns
Bevormundung und Unterdrückung fallen werden, wie
in Amerika die Sklaverei gefallen ist.
Graf Bismarck ſoll ſich „recht wohl“ befinden.
Seinem Organe, der „Nordd. Allg. Ztg." ſcheint es auch
„wohl“ zu sein, uud so wirst es sich denn zum Anwoalte
des Pastors Fournier auf, der nach Ansicht der „Spen.
Ztg.“ „eit langer Zeit die Gewohnheit habe, heftig zu
geſtikuliren und das Gesicht der mit ihm Sprechenden zu
berühren." Und in dieser, gelegenheitlich ſeis geſagt, für
einen so würdigen Mann recht unartigen Gewohnheit,
kam der Seelſorger auch zu der Ohrfeige, die er bei der | ſ
Trauung der Braut Küntzy verabfolgt hat. . Wenn
die Mu >er ſummen, läßt es den Feudalen nicht Ruhe
und ſo rufen dieſelben in der „Beidl. Correſp." die Hilfe
der Regierung gegen die Humboldtfeier an, indem sie
dagegen protestiren, daß die Berliner Stadtverordneten-
Verſammlung ihre politische Liebhabereien aus städtischem
Säckel bezahlen und irgend etwas aus Gemeindemit-
teln zur Humboldtfeier beitragen." Die Regierung möchte
ſchon gerne zu Gefallen sein doch wird sies nicht vermögen.
Mit der neueſten Wendung der Verhältnisse in Frank-
reich dürfte allein der Exminiſter Rouher zufrieden ſein.
Er hat niemals mehr geglänzt als jetzt durch ſeine Ab-
weſenheit. . Seine Mitarbeiter ſind es, die ihm nachfol-
gen ~ so faßt das „Pays“ die Lage zuſammen ~ und
ſeine Nachfolger füllen nicht die Lücke aus, die er gelaſ-
sen. Tas Kabinet iſt nicht umgewandelt; ihm iſt der
Kopf abgeschlagen.!
Ein glänzendes Zeugniß für die Föderation geben die
Mitglieder der Schweizer Bundesv ersſammlung,
welche ſich um die Verfasſungsreviſion intereſsiren. Sie halten
eine Umgestaltung der politischen Hauptgrundlagen, auf
welchen die gegenwärtige Bundesverfaſſung der Schweiz
beruht, zur Zeit weder für geboten noch für erſprießlich.
Sie- erklären ſich demnach vor Allem gegen die Ein-
führung des Einheitsſtaates und für die Beibe-
hallung des Bundesſtaates. Sie halten demzufolge auch
an der Bestimmung der Bundesverfassung feſt, gemäß
welcher zu einer Abänderung der letztern die Zuſtimmung
der Mehrheit sowohl des geſammten Schweizervolkes als
der Kantone erforderlich iſt. Mögen sich unſere Einheits-
ſtaatler ein Beiſpiel nehmen . . . wenn ſie überhaupt
noch eines vernünftigen Gedankens zugänglich ſind.
Die italieniſche Regierung soll geneigt sein, dem
Exkönig Franz U. von Neapel, als Abfindung für alle
etwa zu erhebenden privatrechtlicheu Ansprüche, ein be-
stimmtes, + unter Umſtänden zu kapitaliſirendes
| gantiſcher Irrthum“
Mitglieder zählt , eine Bitiſchrift an die Königin richten,
Jahreseintommen zu gewähren, wenn Franz ſich verpflich-
tet, seinen Aufenthalt außerhalb der geographiſchen Grenzen
Italiens zu wählen. Der Vertrag,, welcher zur Unterz
zeichnung bereit liege,, ſoll unter Vermittlung und Gas
rantie Frankreichs zu Stande gekommen ſein. :
In Lo ndon iſt eine neue Sekte der „Wiedererwecker“
erſtanden, die sich weder mit Politik noch Religion be-
ſchäftigt ; sondern lediglich zurücksteuert auf den ~ Schutz-
zoll! Sie will beweiſen, daß ,der Freihandel ein gi-
sei und will, sobald ſie- 100,000.
die auf einer Maſsſenverſammlung beſchloſſen werden joll.
Einstweilen genügt zu ihrer Beurtheilung, daß ſie einen
Plan für „Abänderung des Zolltarifes, ſowohl was fremde
Schiffe , wie was fremde Fabriks-Erzeugniſſe betrifft , im
Auge her, ~ unter ſorgſamer Vermeidung jedes Eins
griffes bezüglich der Nahrungs- oder der Rohſtoffe“.
Mit andern Worten, der Schutzoll ſoll dem Fabrikanten
zugute kommen ; die mit Ackerbau und Viehzucht ſich bes
ſchäftigenden Landeigenthümer ſollen jedoch von den Vors
theilen einer Tarifsänderung ausgeſchloſſen bleiben. Alſo
wohlfeiles Brod, wohlfeiles Fleinch, d. h. Möglichkeit eines
niedrigen Arbeitslohnes. JIm Uebrigen möglichſie Fernz
haltung der fremden Mitbewerbung und zollfreie Einfuhr
des für die dortige Fabrikation nöthigen Rohſtoffes.
Das heißt : Volkswirthſchaft vom Standpunkte einer ganz
bestimmten Klaſſe aus betrieben! gil iu:
D
Deutſchland. z p
* Karlsruhe, 20. Juli. Der Großherzog und
die Frau Großherzogin haben ſi ) auf vierzehn Tage in
die Schweiz begeben. Anfangs Auguſt gedenken dieſelben
Schloß Mainau zu beziehen. - %
Tie „Karlsr. Ztg.“ bringt heute eine lange Liſte von
Beförderungen und Verſezungen im Armeekorps. Wir
entnehmen derſelben: n Ruheſtand wurden verſett :
die Oberſtlieutenante G. Knittel, Kommandeur des 3. Drag.-
Reg., und G. Wajizenegger im 5. Inf.-R.g.. Premiers
Lieutenant K. Frhr. v. Gemmingen erhielt nach I2jähs
riger Geſammtdienſtzeit die erbetene Entlaſſung aus dem
Armeekorps. Zum Kommandeur des 3. Drag.-Regiments
wurde Oberſtl. W. Frhr. v. Gemmingen ernannt und
Rittmeister 1. Kl. Frhr. v. Amerongen im 3. Drag.-Reg.
als: Hauptmann 1. Kl. in den Generalstab verſete.
Die Regierung hat ihre Theilnahme an der in Bern
abzuhaltenden Konferenz über die Gottha rd ba h n zu>
geſagt. Cine dahier erschienene Schrift ſpricht ſich ent-
chieden für die Gotthardbahn aus und sagt : Der Gotts-
hard ſtößt ſchon in der Schweiz auf Plätze, welche alle
andere an Wichtigkeit überbieten: Zürich, Bern, Bagel, ſos
dann Luzern, Winterthur, Schaffhauſen, und in derjenigen
Richtung, welche recht eigentlich die des Gotthard iſt, den
Rheinlanden nämlich, finden wir weiterhin die großen
Handelsemporien Mannheim, Mainz, Frankfurt, Köln,
weiter Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam, Bremen und
Hamburg." ~ „Jett, bald die Gotthardbahn, oder mit
Gewißheit auf längere Zeit keine Alpenbahn, vielleicht
überhaupt keine.“ z
Auf der Generalverſammlung des Vereins deutscher
Ciſenbahnen hat die Regierung einen Antrag auf Cin-
führung besonderer Frachttarife für Waarenladungsgüter
gestellt.
* Aus Baden, 20. Julie
wieder einmal die „Verltrauensmänner“ des Bismarcker-
thaums in Baden Billete „nach Offenburg, hin und zu-
rück." Sie tagten daſelbſt unter dem Vorsitze von Lamey
und haben zunächſt einen Wa hla ufruf beſchloſſen. In
demselben wird ausgeſprochen: „bei gleicher Würdigkeit
solle bei der Wahl dem Bürger vor dem Beamteten der
Vorzug gegeben werden." In der Praxis wird diese
Theorie wieder hübſch durchlöchert erſcheinen. Haben
Bürger und Bauern nur erſt die Herren Oberamtmänner,
Bürgermeiſter und Bezirksräthe, Gemeinderäthe u. ſ. w.
zu Wahlmännern ernannt ; dann wird schon gemacht wer~
den – was gemacht werden kann. Dann hat der Ur-
wähler ſeine Schuldigkeit gethan und der – Mohr kann
Am Sonntag lösten
gehen. Anch von der Organiſation der "Partei“ woa
in Offenburg abermals die Rede. Ein ständiger Landes-
Ausschuß soll werden und dieser beſtehen aus 3 „Ver-
trauensmännern" aus jedem Kreiſe und aus dem 6 Ver-
trauensmänner zählenden Ausſchuſſe des Offenburger
Kreiſes, welcher als geſchäftsführender Auvsſchuß amtet. . |
Noch ſollte die Preßfrage — billige Blätter ~ zur Sprache
kommen. Die Zeit war aber hiefür ſchon zu weit vor-
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Mittwoch, 21. Juli.
eimer Aber
deulſchen Volkspartei in Baden.
Tie „Mannheimer Abendzeitung“ wird mit Ausnahme der Sonnt
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
age und Feſttage ~ täglich als Abendblatt ausgegeben. – De
Beſtellungen bei der Expedition O 1 Nr.
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15 in Mannheim und bei allen Poſtanstalten. i
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Die Forderungen der Wahlreformliga.
m Ü t;
** Neinen unbedingten Eintritt in den
Nordbund, sondern Vereinigung der deutſchen
Stämme im Bundesstaat mit parlamentariſcher
Verfassung“ iſt die zweite Forderung, welche die Wahl-
reformliga den bevorſtehenden Wahlen gegenüber ſtellt:
Der zentralisirte, zäſaristiſche, militariſtiſche Cinheitsſtaat
des sogenannten Nordbundes, oder der föderative bürger-
liche Bund aller vereinten Staaten Deutschlands, –
das sind die Gegensätze, um die es ſich in Deutſchland
heute handelt. Alles Andere ist Nebensache, denn in diesem
einen Gegenſate liegt das ganze Schwergewicht der Zeil.
Entweder zäſariſtiſches Soldatenth um oder ver-
bündetes Bürgerthum, das iſt die Frage. Sein
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Das zäsariſche Soldatenthum vernichtet die Freiheit,
den Wohlstand, die Sitten, die Bildung, den Charakter
der Nationen, die unter ſeinem' Joche ſeufzen. Die
Freiheit – wäre es auch nur nöthig, darüber ein
Wort zu sprechen ? Selbst die blindeſten Anhänger des
Nordbundes gestehen offen zu, daß sie die Freiheit einſt-
weilen opfern, um die Cinheit zu retten. Diese Rettung
der Einheit iſt aber ſelbſt nur eine feige Selbsttäuſchung,
denn der Norddeutsche Soldatenstaat ist die Organisation
der Zersplitterung Deutschlands. So brauchen wir nicht
mehr zu beweisen, daß im Nordbunde die Freiheit ge-
opfert iſt, wenn dieß seine beſten Anhänger selbſt zuge-
ſtehen. Der Wohlstand ~ iſt mit zäſaristischer Wirth-
schaft unvereinbar. Heute stocken Handel und Wandel,
dic Fabrik und Werkstatt sind gleich gefährdet, überall
unter dem Einfluſſe der Wirthſchaft des zäſariſtischen Sol-
datenthums. Mit 600,000 Mann Soldaten in den
Kaſernen Deutſchlands iſt Wohlstand nicht möglich. Die
direkten Koſten , das Kriegsbudget, welches die Urſache
des Defizits in allen Ländern ist,, iſt am Ende nur der
geringere Schaden. Wenn alle Tage 600,000 Männer
Nichts verdienen, ſo überſteigt die Summe des
Verl uſtes die Summe des Kriegsbudgets um das
Doppelte, das Dreifache.
Und das iſt wieder doch nur die eine Seite des
mittelbaren aber unabweislichen Verluſtes, den der Wohl-
ſtand des Volkes, der mit zäsariſchem Soldatenthum bes
haftet iſt, unter seinem Drucke erleidet. Wenn 600,000
Männer in den Kaſernen leben, ſo fehlen dieselben in
den Fabriken, in den Werkstätten, auf dem Acker; und
weil so die heſten Arbeitskräfte im Leben des Volkes
überall fehlen, wird die Arbeit in unnatürlicher Weise ver-
theuert und zugleich verschlechtert, weil die Arbeit auf
unzulängliche und auch geringe Arbeitskräfte angewieſcn iſt.
Es läßt ſich dies nicht in Millionen berechnen, wohl aber
ſieht Jeder, daß durch diese Zustände die Arbeit überall in
Fahrik, Werkſlatt und auf dem Felde ſtocktt und dann bald die
Arbeit des mit dem zäſaristiſchen Söldatenthum behafteten
Volkes der Arbeitskraft anderer Völker (heute die Deutsch-
lands und Frankreichs der Arbeit Englands, der Schweiz
und Nordamerikas) nicht mehr die Spitze bietenkann.
So iritt Verluſt, Stockung, Untergang an Allem und
überall ein, wo das Soldatenthum herrſcht.
Es untergräbt aber dies Soldatenthum zugleich die
Sitten des Volkes. Das Kaſernenleben iſt ein durchaus
eniſittlichendes. Das weiß Jeder, und es iſt nicht nöthig,
es. hier zu beweiſen. Cs verdirbt das Soldatenleben zux-
gleich den Charokter des Volkes; es gewöhnt die ganze
Maſſe der Jugend einerseits an blindes Gehorchen und
andererſeits an freches Auftreten dem waffenloſen Bür-
gerthum gegenüber; demüthiges Aufgeben der eigenen
Menſchenwürde nach Oben yin, hochmüthiges Ueberſchäten
des Buntrockes der Arbeiterjacke, dem. Bürgerrocke, dem
Bauerntittel gegenüber; das iſt überall das. Ergebniß der
vieljährigen „Soldatengewö hn ung". Daß dies
Regiment auch den politiſchen Charakter, den
Büigerſinn und Bürgermuth vernichtet, das brauchen wir
ja nicht zu beweiſen, denn ~~ wir haben das ja an dem
grünen Holze der Offenburgerei nur zu lebendig erlebt.
Die Bildu ng, im höheren Sinne des Wortes , iſt
ein Ergebniß der Freiheit, des Charakters der Nation.
Sie geht zu Grunde mit diesen. Frankreich hat seit
1850 keine Literatur mehr, keinen Nachwuchs für seine
Geſchichtsſchreiber, Thiers, Guizot, Mignet, Michelet, für
ſeine Lamartine, V. Hugo und jelbſt ſeinen E. Sue. Der
. ters fränkelt an demſelben Abſtehen des ſchöpferiſchen
L edankens.
Und deßwegen sagen wir : Wählt Ni emanden, der
den unbedingten Eintritt in den Nordbund will. Fordert
von jedem Wahlmanne und jedem Kandidaten gerade in
dieſer Beziehung die offenſte und unzweideutigſte
Verpflichtung, gegen den Eintritt in den Nordbund
U! Z Hier heißt es nicht weniger: Sein oder
ichtſein. ;
Politiſche Uebersicht.
' Mannheim, 20. Juli.
* Bürger der Stadt Frankfurt haben dem abbe-
rufenen amerikaniſchen Generalkonsul , Herrn Murphy,
einen silbernen Pokal und einen Diamantring überreicht,
als Zeichen des Dankes und der Hochachtung der Bürger
N böſen Tagen für Frank-
furts bethätigte wohlwollende Gesinnung des Generalkon-
ſuls. Dieser einfache bürgerliche Akt hat eine hohe prak-
tiſche Bedeutung. Als Recht und Geset, in Deutſchland
mit Füßen getreten wurden, als die Bayonette des retten-
den deutſchen Staates deutſche Herzen durchbohrten und
Willkür ühten ; als drüben über dem Ozean die Freiheit
und die Menſchenrechte gesiegt hatten ~ hier in Europa
im Jahre 1866, um das Maß der Eroberung voll zu
machen , eine der älteſten freien Städte ohne Theilnahme
am Kriege ihrer Freiheit beraubt wurde, da hat der
amerikanische Generalkonſul „im Namen der Zivilisation“
proteſtirt gegen die von Preußen der Stadt Frankfurt
auferlegten unerſchwinglichen Kontributionen und Zwangs-
maßregeln! Ob dieſe ſeine ſtrikte Pflichlerfüllung als
Konsul einer freien Nation Mitursache seiner Abberufung,
ob! das Berliner Kabinet dieselbe beantragt und durchge-
set hat, läßt Herr Murphy laſſen wir dahinger-
stellt. Cr scheidet mit dem Bewußtſein als freier Mann
seine Pflicht gethan zu haben; uns allen in Deutſchland
bleibt die Ueberzeugung, daß auch auf deutſcher Erde
Freiheit und Menſchenrecht siegen werden,
daß auch uns der Tag aufgehen wird, an dem bei uns
Bevormundung und Unterdrückung fallen werden, wie
in Amerika die Sklaverei gefallen ist.
Graf Bismarck ſoll ſich „recht wohl“ befinden.
Seinem Organe, der „Nordd. Allg. Ztg." ſcheint es auch
„wohl“ zu sein, uud so wirst es sich denn zum Anwoalte
des Pastors Fournier auf, der nach Ansicht der „Spen.
Ztg.“ „eit langer Zeit die Gewohnheit habe, heftig zu
geſtikuliren und das Gesicht der mit ihm Sprechenden zu
berühren." Und in dieser, gelegenheitlich ſeis geſagt, für
einen so würdigen Mann recht unartigen Gewohnheit,
kam der Seelſorger auch zu der Ohrfeige, die er bei der | ſ
Trauung der Braut Küntzy verabfolgt hat. . Wenn
die Mu >er ſummen, läßt es den Feudalen nicht Ruhe
und ſo rufen dieſelben in der „Beidl. Correſp." die Hilfe
der Regierung gegen die Humboldtfeier an, indem sie
dagegen protestiren, daß die Berliner Stadtverordneten-
Verſammlung ihre politische Liebhabereien aus städtischem
Säckel bezahlen und irgend etwas aus Gemeindemit-
teln zur Humboldtfeier beitragen." Die Regierung möchte
ſchon gerne zu Gefallen sein doch wird sies nicht vermögen.
Mit der neueſten Wendung der Verhältnisse in Frank-
reich dürfte allein der Exminiſter Rouher zufrieden ſein.
Er hat niemals mehr geglänzt als jetzt durch ſeine Ab-
weſenheit. . Seine Mitarbeiter ſind es, die ihm nachfol-
gen ~ so faßt das „Pays“ die Lage zuſammen ~ und
ſeine Nachfolger füllen nicht die Lücke aus, die er gelaſ-
sen. Tas Kabinet iſt nicht umgewandelt; ihm iſt der
Kopf abgeschlagen.!
Ein glänzendes Zeugniß für die Föderation geben die
Mitglieder der Schweizer Bundesv ersſammlung,
welche ſich um die Verfasſungsreviſion intereſsiren. Sie halten
eine Umgestaltung der politischen Hauptgrundlagen, auf
welchen die gegenwärtige Bundesverfaſſung der Schweiz
beruht, zur Zeit weder für geboten noch für erſprießlich.
Sie- erklären ſich demnach vor Allem gegen die Ein-
führung des Einheitsſtaates und für die Beibe-
hallung des Bundesſtaates. Sie halten demzufolge auch
an der Bestimmung der Bundesverfassung feſt, gemäß
welcher zu einer Abänderung der letztern die Zuſtimmung
der Mehrheit sowohl des geſammten Schweizervolkes als
der Kantone erforderlich iſt. Mögen sich unſere Einheits-
ſtaatler ein Beiſpiel nehmen . . . wenn ſie überhaupt
noch eines vernünftigen Gedankens zugänglich ſind.
Die italieniſche Regierung soll geneigt sein, dem
Exkönig Franz U. von Neapel, als Abfindung für alle
etwa zu erhebenden privatrechtlicheu Ansprüche, ein be-
stimmtes, + unter Umſtänden zu kapitaliſirendes
| gantiſcher Irrthum“
Mitglieder zählt , eine Bitiſchrift an die Königin richten,
Jahreseintommen zu gewähren, wenn Franz ſich verpflich-
tet, seinen Aufenthalt außerhalb der geographiſchen Grenzen
Italiens zu wählen. Der Vertrag,, welcher zur Unterz
zeichnung bereit liege,, ſoll unter Vermittlung und Gas
rantie Frankreichs zu Stande gekommen ſein. :
In Lo ndon iſt eine neue Sekte der „Wiedererwecker“
erſtanden, die sich weder mit Politik noch Religion be-
ſchäftigt ; sondern lediglich zurücksteuert auf den ~ Schutz-
zoll! Sie will beweiſen, daß ,der Freihandel ein gi-
sei und will, sobald ſie- 100,000.
die auf einer Maſsſenverſammlung beſchloſſen werden joll.
Einstweilen genügt zu ihrer Beurtheilung, daß ſie einen
Plan für „Abänderung des Zolltarifes, ſowohl was fremde
Schiffe , wie was fremde Fabriks-Erzeugniſſe betrifft , im
Auge her, ~ unter ſorgſamer Vermeidung jedes Eins
griffes bezüglich der Nahrungs- oder der Rohſtoffe“.
Mit andern Worten, der Schutzoll ſoll dem Fabrikanten
zugute kommen ; die mit Ackerbau und Viehzucht ſich bes
ſchäftigenden Landeigenthümer ſollen jedoch von den Vors
theilen einer Tarifsänderung ausgeſchloſſen bleiben. Alſo
wohlfeiles Brod, wohlfeiles Fleinch, d. h. Möglichkeit eines
niedrigen Arbeitslohnes. JIm Uebrigen möglichſie Fernz
haltung der fremden Mitbewerbung und zollfreie Einfuhr
des für die dortige Fabrikation nöthigen Rohſtoffes.
Das heißt : Volkswirthſchaft vom Standpunkte einer ganz
bestimmten Klaſſe aus betrieben! gil iu:
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die Frau Großherzogin haben ſi ) auf vierzehn Tage in
die Schweiz begeben. Anfangs Auguſt gedenken dieſelben
Schloß Mainau zu beziehen. - %
Tie „Karlsr. Ztg.“ bringt heute eine lange Liſte von
Beförderungen und Verſezungen im Armeekorps. Wir
entnehmen derſelben: n Ruheſtand wurden verſett :
die Oberſtlieutenante G. Knittel, Kommandeur des 3. Drag.-
Reg., und G. Wajizenegger im 5. Inf.-R.g.. Premiers
Lieutenant K. Frhr. v. Gemmingen erhielt nach I2jähs
riger Geſammtdienſtzeit die erbetene Entlaſſung aus dem
Armeekorps. Zum Kommandeur des 3. Drag.-Regiments
wurde Oberſtl. W. Frhr. v. Gemmingen ernannt und
Rittmeister 1. Kl. Frhr. v. Amerongen im 3. Drag.-Reg.
als: Hauptmann 1. Kl. in den Generalstab verſete.
Die Regierung hat ihre Theilnahme an der in Bern
abzuhaltenden Konferenz über die Gottha rd ba h n zu>
geſagt. Cine dahier erschienene Schrift ſpricht ſich ent-
chieden für die Gotthardbahn aus und sagt : Der Gotts-
hard ſtößt ſchon in der Schweiz auf Plätze, welche alle
andere an Wichtigkeit überbieten: Zürich, Bern, Bagel, ſos
dann Luzern, Winterthur, Schaffhauſen, und in derjenigen
Richtung, welche recht eigentlich die des Gotthard iſt, den
Rheinlanden nämlich, finden wir weiterhin die großen
Handelsemporien Mannheim, Mainz, Frankfurt, Köln,
weiter Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam, Bremen und
Hamburg." ~ „Jett, bald die Gotthardbahn, oder mit
Gewißheit auf längere Zeit keine Alpenbahn, vielleicht
überhaupt keine.“ z
Auf der Generalverſammlung des Vereins deutscher
Ciſenbahnen hat die Regierung einen Antrag auf Cin-
führung besonderer Frachttarife für Waarenladungsgüter
gestellt.
* Aus Baden, 20. Julie
wieder einmal die „Verltrauensmänner“ des Bismarcker-
thaums in Baden Billete „nach Offenburg, hin und zu-
rück." Sie tagten daſelbſt unter dem Vorsitze von Lamey
und haben zunächſt einen Wa hla ufruf beſchloſſen. In
demselben wird ausgeſprochen: „bei gleicher Würdigkeit
solle bei der Wahl dem Bürger vor dem Beamteten der
Vorzug gegeben werden." In der Praxis wird diese
Theorie wieder hübſch durchlöchert erſcheinen. Haben
Bürger und Bauern nur erſt die Herren Oberamtmänner,
Bürgermeiſter und Bezirksräthe, Gemeinderäthe u. ſ. w.
zu Wahlmännern ernannt ; dann wird schon gemacht wer~
den – was gemacht werden kann. Dann hat der Ur-
wähler ſeine Schuldigkeit gethan und der – Mohr kann
Am Sonntag lösten
gehen. Anch von der Organiſation der "Partei“ woa
in Offenburg abermals die Rede. Ein ständiger Landes-
Ausschuß soll werden und dieser beſtehen aus 3 „Ver-
trauensmännern" aus jedem Kreiſe und aus dem 6 Ver-
trauensmänner zählenden Ausſchuſſe des Offenburger
Kreiſes, welcher als geſchäftsführender Auvsſchuß amtet. . |
Noch ſollte die Preßfrage — billige Blätter ~ zur Sprache
kommen. Die Zeit war aber hiefür ſchon zu weit vor-
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