Fô. 37.
Samiſtag, 13. Februar.
1869
Organ der deulſchen
Nolkspartei in Baden.
Die „Mannheimer Abendzeitung“ wird ~ mit Ar e di
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 83 kr.
Ausnahme der Sonntage und Festtage + täglich als
bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nr.
r
Abendblatt ausgegeben. – Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
UGB U
Der Südbund.
' § Von der Enz, im Februar. Die Kataſtrophe des
Jahres 1866 war mit ſolcher Schnelligkeit über Deutsch-
land hereingebrochen, daß man Anfangs dem Unheil, das
ſie geschaffen, ratylos gegenüberstand. In drei Stücke zer-
riſſen war Deutschland. Cines derſelben ſollte sich aller-
diugs in einem engeren Bunde zusammenfinden ; das zweite
aber fuhr um so zerfahrener auseinander; das dritte end-
lich wurde durch des Siegers Gebot von allem bundes-
ſtaatlichen Verbande mit ten beiden erſten ausgeschlossen.
Wo da den Faden finden zur Wiedervereinigung der ge-
trennten Theile?
Die württembergiſchen Demokraten vielleicht allein hat-
ten weder das Gleichgewicht, noch das Steuer verloren.
Sie erkannten sogleich, daß in Süddeutſchland dieſer Faden
zu suchen sei; und bei dem Fortschritt der ſich entwickeln--
den Verhältniſſe wurde die Erkenntniß immer klarer, daß
eine Vereinigung des Südweſtens allem Anderen vorausgehen
miisse.
"si .fakgtith trug man, mitunter ſelbſt in demokratischen
Kreiſen, einige Scheu vor einer solchen Vereinigung, weil
man in ihr eine mögliche Handhabe fremder Einmischung
und eine Befeſtigung der Dreitheilung Deutschlands be-
fürchten zu müſſen glaubte. Dieſe Befürchtungen sind nach
und nach immer mehr als unbegründet erkannt worden,
während der Druck, der von Norden her auf die Entwick-
Inng der freiheitlichen Verhältniffe geübt wird, die Vereini-
gung Süddeutschlands täglich zwingender nothwendig er-
ſcheinen läßt. Andererseits liegt am Tage, daß dicht neben
einem – mehr oder minder unfreiwilligen ~ Cintritt der
Südſtaaten in den Nordbund die Gefahr eines europäiſchen
Krieges drohend einherſchreitet.. „Der Appell an die Furcht
wird in deutſchen Herzen niemals Widerhall finden“: so
wurde im preußiſchen Abgeordnetenhauſe gesagt. Dieſen Aus-
ſpruch ~ bei welchem, nebenbei bemerkt, Graf Bismarck
das Wort q,deutſch“ faſt zum erſtenmale richtig angewendet
während er es ſonſt meiſtens da gebraucht, . wo ir
Wir wollen
aber überhauptkeinen, noch wenigereinen Krieg, beidemnachaller
Voraussicht derFreveldes Jahres 1866 ſich wiederholen, dcutſche
IZlintenläufe auf deutſche Herzen entladen und unter allen
Umständen die Südstaaten – ob auf Seite des Siegers
oder des Beſiegten + zur Rolle des Prügelknaben verur-
theilt würden. Gewisses und unabsehbares Unglück auf ter
her h ſagen solle –~ in allen Chren.
um durch das unbeschränkte allgemeine und direkte Wahl-
recht die Klaſsengegenſätze der heutigen Geſellſchaft aufzu-
heben, von der Mehrheit der Verſammlung angenommen.
Ihren Beitritt zum Vereine erklärten ſofort etwa 50 Per-
ſonen. Zum Schluſſe der hin und wieder stürmisch ge-
wordenen Verſammlung ſprach der Vorsitzende über die de-
battirte Frage und betonte, wie nöthig es ſei, dieſelbe mit
vollem Ernste anzufasſen. + Ler „Bad. Beob.“ legt Ver-
wahrung gegen die Unterſtellung ein, als begünſtigten die
Ultramontanen die Laſſalleaniſche Bewegung, und verbittet
ſich höflich, etwa als verſchämter Laſſalleaner oder Verbün-
deter derſelben bezeichnet zu werden. Er nimmt die Wahr-
heit, wo er sie findet, und kennt leine Furcht vor dersel-
ben; er pflichtet den Anhängern der Arbeiterbildungsvereine
darin, daß die allererste Bedingung für Besſerung der Ar-
beiterverhältniſſe ſittliche Veredelung sei, unbedingt und voll-
kommen bei, hält es aber auch ſür keineswegs unver-
nünftig, wenn die Lassalleaner ſagen : Haben wir einmal
das Kapital, dann können wir unsere Kinder in die Lyceen
Gymnasien, Realſchulen, Polytechniken und Univerſitäten
schicken, um Wissen und Bildung zu erlangen, welche ge-
genwärtig ein Monopol der reicheren Klaſſen ſind. ~ Vir
unterſtüten gerne die allſeitige und offene Erörterung der
Frage ; dieſelbe wird allein zum Ziele führen. Gleichgiltiges
Verhalten der Albeiterſache gegenüber kann nur ſchaden;
am ſchädlichſten aber muß wirken, wenn die „Heidelb. Ztg."
ofort von „Umſturz“ und „Maſsenherrſchaft“" faselt, wenn
ſie warnend den Finger erhebt, man ſolle nicht glauben,
mit den Wühlereien der Laſſaleaner und ihrer offen-
baren Bundesgenoſſen, der Männer von der „Internationalen
Ä
Arbeiterassſoziation“ habe es nichts auf sich, und wenn sie
vor Allem hofft: „daß die Formel nicht gefunden werde,
auf deren Grund ſich vielleicht eine, wenn auch nur äußerliche
undvorübergehende Verbindungzwiſchen Schwarzen und Rothen
vollzöge." In dieser Sprache entpuppt sich das ſtarre Feſt-
halten einer verwerflichen Ausſchließlichteit und Rechthaberei.
Gegen diese aber wendet ſich alles und jedes sittliche und
politiſche Streben, und es können daher die verſchiedensten
Parteien die Ausschließlichteit und Rechthaberei, auf welcher
das jetzt herrſchinde Syſtem beruht, bekämpfen, ohne deß-
halb das hochgehaltene Prinzip aufgeben oder verleugnen,
ohne in irgend eine Verbindung unter ſich treten, ja ohne
die Bekämpfung unter sich aufgeben zu müsſen. Und die-
gut ~ ein Gewinn zweiselhaſten Werthes auf der andern|s,x Vorgang hat nicht blos äußerliche, sondern auch innere
ſzqzue :! Berechtigung. Was die eine oder andere Partei leitet
Frieden und Freiheit: Das iſt unſer Verlangen. Und
wie der Südbund uns vor den Kriegsgefahren ſchütt, die
ein Eintritt in die norddeutſche Militärherrſchaft uns zu-
zöge, so finden wir auch in ihm das nothwendige Mittel,
um die freiheitlichen Fortſchritte der letzten drei Jahrzehnte
in Süddeutſchland zu wahren und zu weiterer Entfaltung
zu bringen und zugleich die auf so ſchwachen Füßen ſtehen-
den Errungenschaften Preußens gegen die dortige feudale
Reaktion und den blühenden militäriſchen Absolutismus zu
ſchüßen und zu kräftigen. Wie die rückſchrittlichen Tendenzen
in Preußen ſchon durch den jungen Liberalismus in Oeſter-
reich bedeutend gehemmt werden, so würden sie noch mehr
sich gezähmt fühlen, wenn in dem deutſchen Südweſten die
freiheitliche Entwickelung durch eine einheitliche Organisa-
tion des Ganzen + durch den Südbund = kräftig ge-
ſchüßt würde. Diese Organisation iſt nöthig, denn ohne
ſie iſt all das mühſam Errungene auf eitel Sand gebaut,
und der gelindeſte Stoß könnte die ganze Herrlichkeit über]
Nacht über den Haufen werfen.
§ Berichtigung. Im gefſtrigen Leitartikel wolle in der zweiten
pzie ie quae! Abſatßes „Schleußenpolitit" statt Schleiferpolitit
Die Bismarck-Laſalleaner in Baden.
_ un Freiburg hatten die Herren Agitatoren mit be-
ſonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Cs wurde ihnen zur
Abhaltung der projektirten Verſammlung der Kaufhaus-
saal, der Harmonieſaal, das Gesellenhaus und das Stebing-
/ erſche Lokal verſagt, ſo daß ſie veranlaßt waren, ein ab-
gelegenes kleineres Lokal „zur Krone“ in der Wiehre zu
benüßen. Zu der Verſammlung hatten ſich etwa 400
Perſonen, zumeiſt Arbeiter eingefunden. Herr Fabrikant
K. Mez wurde zum Vorfitenden ernannt. Zuerst sprachen
~ wvollen wir diesmal nicht erörtern; wir wollen einfach
unsere Anſchauung wiederholt betonen, daß die Auseinander-
sezung der verſchiedenen Parteien nur in der Freiheit mög-
lich, daß der freiheitliche auch der friedliche Zuſtand für die
Geſsellſchaſt ſein wird.
Politiſche Ueberſicht.
Manndheim, 12. Februar.
* In Griechenla nd hat, wie eine Athener De-f
peſche vom 9. berichtet, das neue Miniſterium die Kammer
einberufen. Dieselbe Depeſche meldet, daß die Wiederauf-
nal me des diplomatiſchen Verkehrs mit der Prorte bevor-
stehe. Unverbürgten Schiffernachrichten zufolge üben ſ ich
die beiderseitigen Herren Diplomaten bereits in der Abſingung
des Liedes:
„Bruder! Schimpf und Sputkte ſei,
„Alles ſei vergeſſen!
„Ach, wir lieben uns ſo ſehr,
„Lieben uns = zum Freſſen. “
Der Zwiespalt zwiſchen Regierung und Kammer in Ru-
mänien hat zur Auflöſung der letteren geführt. Das
Ministeriuïn war zwar in Folge der Niederlagen, die es in
den letzten. Sitzungen erlitten, zum Rücktritte entſchloſſen ;
angenommen.
mer noch das Budget ohne Spezialberathung bewilligt.
Der unionistiſchen Partei in Sp aa ni en iſt aus Por-
tugal eine Unterſtitßung gekommen, wenn anders eine über
[London eingetrosfene Nachricht ſich beſtätigt, laut welcher
in Portugal ,militäriſche" Demonstrationen zu Gunten
der iberiſchen Union ſstattgesunden haben.
Verſchmelzung bisher in Portugal Anklang geſun en hatte,
um so näher liegt die Bcrmuthung, daß die erwähnten|
die Herren Agitatore. Ihnen erwiderten die Herren
Kreisgerichtsrath Eimer, Fehrenbach, Wagner, Maier und
nien, die ſcit der l
ten Zeit
der Fürſt hat aber die eingereichten Entlaſſungsgeſuche nichtſkoſten handelt; :
Vor ihrem Auseinandergehen hat die Kam-lbelegte Theil des Cinſtandskapitals dem Gläubiger an
Je weniger diese!:
ſhevorwortet
Demonfirationen, wenn ſie wirklich ſtattgehab. haben, auf !r
Beſtellung erfolgt ſind, um der unioniſtſchen Partei in Spa- [der si
im eigenen Lande allen Bodenisind,
Venedey. Schließlich wurde der Antrag der Herren Agi-]verloren hatte, wieder etvas ~ und zwar gerade zur Zeit
atoren: in den Allg. Deutſchen Arbeiterverein einzutreten, [der Korteseröffnung + auf die Beine zu helfen.
Damit das unerschöpfliche Kapitel der Berichtigungen
und Dementis auch in der heutigen Uebersicht nicht fehle,
ſchließgen wir mit der Anzeige, daß die offiziööen Organe
Oesterreich s die Nachricht von der Ernennung des
Grafen Taaffe zum Ministerpräsidenten für unrichtig er-
klären.
Deutſchland.
* Mannheim, 12. Febr. Der am Dienstag hier
ſtattgehabten Beschlagnahme der erſten Nummer eines unter
dem Titel: „Der Wecker“ neu erſchienenen humoriſtiſchen
Blattes ist die Anklageerhebung auf dem Fuße gefolgt.
Und. zwar richtet ſie ſich, obwohl auf dem Blatte Herr A.
Weber als „Redakteur, Eigenthümer und Verleger“ anger
geben ist, „in erſter Reihe“ wie die ſtaatsanwaltſchaft-
liche Antlageſchrift besagt ~ gegen den Drucker des Blat-
tes J. P. Eich els d örf er. Die Anschuldigung lautet
auf das „Verbrechen der Herabwürdigung der Religion“ ;
der Strafantrag auf ſechsmonatliche Kreisgefängnißſtrafe.
* Mannheim, 11. Februar. Der ,„Bad. Beob-
achter“ erläßt am Aschermittwoch einen Hirtenbrieſs
an Mannheim. Derselbe trägt ſo ſehr den Karakter
des Tages seiner Geburt an sich, daß wir uns nicht ver-
ſagen können, denselben wörtlich abzudrucken. Prächtige
Moral im Katzenjammer der Niederlage, wunderbare Erhe-
bung im Gefühl der Schwäche! Noch einige Braufepulver +
und die Ruhe und Sicherheit des Sieges wird ihn be-
schleichen. Der fragliche hirtenbriefliche Artikel aber, auf-
gemerkt, der lautet:
„Der 28. Januar war für die Grünehaus-Partei, die ſog.
Volks- oder demoktratiſche Partei, zu Mannheim ein Sieg- und Ju-
beltag. Sie ſelbſt hat ſich damit außerordentlich groß gemacht. Wir
ſind aber der Meinung, daß es ein Schandtag für ſie war, würdig
dem 23. Februar 1865 an die Seite geſtelltt zu werden. Wir wol-
len dieſer Partei aber auch ſagen, worin die Schande, außer der
allgemeinen Rohheit und Unbildung, dem Neckarſchleim, beſteht. Sie
beſteht darin, daß 20 Jahre nicht hingereicht haben, die Zöglinge
Itsleins und Heckers geſcheidter zu machen. Gerade ſo, wie vor 20
Jahren von den ,Volksverräthern“ Mathy ~ Baſſermann ~ Soi-
ron, haben sie sich wieder für die Zwecke ganz derſelben Partei hin-
gegeben und als Sturmbock gebrauchen laſſen.
Miſchſchule, und von wem wurde das betreffende Geſez gemacht? —
Der Bourgeoisliberalismus, den die Demotratie haßt und betämpft.
Hier blies sſie aber in deſſen Horn, der, wie der katholiſchen Kirche
ſo auch ihr, der Demokratie, geſchworener Feind iſt. Die demotra-
tiſche Partei geht mit der Landeszeitungspartei; iſt Das Karatter ?
Ist es nicht widerſinnig, Volkspartei ſein zu wollen, und einer Volks-
masse, die jeden Augenblick mit eia paarmalhunderttauſend Stimmen
aufwarten kann, der kräftigſten Partei im Lande, welche aufrichtig
die Freiheit will, in das Gesicht zu ſchlagen? Wie kann man ſich
durch das ſeichte Geſchwät von Nichtwiſſern und Flachköpfen zur
Terroriſirung seiner Mitbürger verleiten laſſen, in einer Sache, die
ſo eminent eine Freiheitsfrage iſt, wie in dem gegebenen Fall, und
doch als demokratiſch und volksthümlich gelten wollen? ~ Die Un-
ſerigen hatten bis zum Abſstimmungstage gegründete Hoffnung, ihre
Konfeſſionsſchule zu behalten. Ohne den ſchamloſen Terrorismus
wäre es wohl auch ſo gekommen. Es beweiſt Das, daß die ent-
ſchiedenen Elemente bei den Katholiken in Mannheim ſtark zugenom-
men haben. Für Denjenigen, der die Verhältnisse kennt, iſt es ſchon
ein Ereigniß von Bedeutung, daß 220 Familienväter muthig genug
waren, dem brauſenden Sturme der Raditalen, „Neuheiden“ und
Juden zu widerstehen."
Hinzuzufügen ~ haben wir Nichts. Nur das Cine:
Auch Dich, „Bad. Beobachter“, streift das neueste geflügelte
Wort: „Du biſt sehr übel bedient durch Deine Zunge und
noch übler durch Deine Feder !"
* MUus Baden, 12. Febr. Wie mitgetheilt: „um
den wucherlichen Geschäften mit Einſtandskapitalien zu
ſteuern“, hat das Gr. Kriegsminiſterium in Uebereinstim-
mung mit den Gr. Ministerien des Innern und der Fi-
nanzen unterm 2. Febr., die Großh. Amortiſationskaſse er-
mächtigt, aus dem abverdienten Theil der bei ihr hinter-
legten Einſtandskapitalien vor Ablauf der Einſtandskapitu-
lation Zahlungen zu leiſten: 1) soweit es sich um Abtra-
gung von dekretirten Untersuchungs- und Straferſtehungs-
2) wenn der mit gerichtlichem Beschlag
Zahlungsstatt zugewiesen iſt, und die Auszahlung unbe-
ſchadet der Rechte dritter Gläubiger geschehen kann; 3)
wenn das Geſuch des Einſtehers um Ausfolgung des ab-
verdienten Cinſtandskapitals oder eines Theils desſe.ben
durch iriſtige Gründe unterſtüßt und von dem vorgesetzten
Kommando beziehungsweiſe der vorgeſetten Dienstbehörde
Karlsruhe wird dem „Schw.
wird. – Aus fzg !
<en Nachrichten meh-
„Die kriegeriſ
M." geschrieben:
en ſichz ob die angeblichen Wünſche Bismarcks bezüglich
t. ödeutschen Kriegsbereitſchaf: für das Frühjahr richtig
vermögen nur die „Eingeweihteſten“ zu wihjen; auch
Wer betreibt die
Samiſtag, 13. Februar.
1869
Organ der deulſchen
Nolkspartei in Baden.
Die „Mannheimer Abendzeitung“ wird ~ mit Ar e di
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Petitzeile 83 kr.
Ausnahme der Sonntage und Festtage + täglich als
bei Lokalanzeigen 2 kr. Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nr.
r
Abendblatt ausgegeben. – Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Poſtauſſchlag
15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
UGB U
Der Südbund.
' § Von der Enz, im Februar. Die Kataſtrophe des
Jahres 1866 war mit ſolcher Schnelligkeit über Deutsch-
land hereingebrochen, daß man Anfangs dem Unheil, das
ſie geschaffen, ratylos gegenüberstand. In drei Stücke zer-
riſſen war Deutschland. Cines derſelben ſollte sich aller-
diugs in einem engeren Bunde zusammenfinden ; das zweite
aber fuhr um so zerfahrener auseinander; das dritte end-
lich wurde durch des Siegers Gebot von allem bundes-
ſtaatlichen Verbande mit ten beiden erſten ausgeschlossen.
Wo da den Faden finden zur Wiedervereinigung der ge-
trennten Theile?
Die württembergiſchen Demokraten vielleicht allein hat-
ten weder das Gleichgewicht, noch das Steuer verloren.
Sie erkannten sogleich, daß in Süddeutſchland dieſer Faden
zu suchen sei; und bei dem Fortschritt der ſich entwickeln--
den Verhältniſſe wurde die Erkenntniß immer klarer, daß
eine Vereinigung des Südweſtens allem Anderen vorausgehen
miisse.
"si .fakgtith trug man, mitunter ſelbſt in demokratischen
Kreiſen, einige Scheu vor einer solchen Vereinigung, weil
man in ihr eine mögliche Handhabe fremder Einmischung
und eine Befeſtigung der Dreitheilung Deutschlands be-
fürchten zu müſſen glaubte. Dieſe Befürchtungen sind nach
und nach immer mehr als unbegründet erkannt worden,
während der Druck, der von Norden her auf die Entwick-
Inng der freiheitlichen Verhältniffe geübt wird, die Vereini-
gung Süddeutschlands täglich zwingender nothwendig er-
ſcheinen läßt. Andererseits liegt am Tage, daß dicht neben
einem – mehr oder minder unfreiwilligen ~ Cintritt der
Südſtaaten in den Nordbund die Gefahr eines europäiſchen
Krieges drohend einherſchreitet.. „Der Appell an die Furcht
wird in deutſchen Herzen niemals Widerhall finden“: so
wurde im preußiſchen Abgeordnetenhauſe gesagt. Dieſen Aus-
ſpruch ~ bei welchem, nebenbei bemerkt, Graf Bismarck
das Wort q,deutſch“ faſt zum erſtenmale richtig angewendet
während er es ſonſt meiſtens da gebraucht, . wo ir
Wir wollen
aber überhauptkeinen, noch wenigereinen Krieg, beidemnachaller
Voraussicht derFreveldes Jahres 1866 ſich wiederholen, dcutſche
IZlintenläufe auf deutſche Herzen entladen und unter allen
Umständen die Südstaaten – ob auf Seite des Siegers
oder des Beſiegten + zur Rolle des Prügelknaben verur-
theilt würden. Gewisses und unabsehbares Unglück auf ter
her h ſagen solle –~ in allen Chren.
um durch das unbeschränkte allgemeine und direkte Wahl-
recht die Klaſsengegenſätze der heutigen Geſellſchaft aufzu-
heben, von der Mehrheit der Verſammlung angenommen.
Ihren Beitritt zum Vereine erklärten ſofort etwa 50 Per-
ſonen. Zum Schluſſe der hin und wieder stürmisch ge-
wordenen Verſammlung ſprach der Vorsitzende über die de-
battirte Frage und betonte, wie nöthig es ſei, dieſelbe mit
vollem Ernste anzufasſen. + Ler „Bad. Beob.“ legt Ver-
wahrung gegen die Unterſtellung ein, als begünſtigten die
Ultramontanen die Laſſalleaniſche Bewegung, und verbittet
ſich höflich, etwa als verſchämter Laſſalleaner oder Verbün-
deter derſelben bezeichnet zu werden. Er nimmt die Wahr-
heit, wo er sie findet, und kennt leine Furcht vor dersel-
ben; er pflichtet den Anhängern der Arbeiterbildungsvereine
darin, daß die allererste Bedingung für Besſerung der Ar-
beiterverhältniſſe ſittliche Veredelung sei, unbedingt und voll-
kommen bei, hält es aber auch ſür keineswegs unver-
nünftig, wenn die Lassalleaner ſagen : Haben wir einmal
das Kapital, dann können wir unsere Kinder in die Lyceen
Gymnasien, Realſchulen, Polytechniken und Univerſitäten
schicken, um Wissen und Bildung zu erlangen, welche ge-
genwärtig ein Monopol der reicheren Klaſſen ſind. ~ Vir
unterſtüten gerne die allſeitige und offene Erörterung der
Frage ; dieſelbe wird allein zum Ziele führen. Gleichgiltiges
Verhalten der Albeiterſache gegenüber kann nur ſchaden;
am ſchädlichſten aber muß wirken, wenn die „Heidelb. Ztg."
ofort von „Umſturz“ und „Maſsenherrſchaft“" faselt, wenn
ſie warnend den Finger erhebt, man ſolle nicht glauben,
mit den Wühlereien der Laſſaleaner und ihrer offen-
baren Bundesgenoſſen, der Männer von der „Internationalen
Ä
Arbeiterassſoziation“ habe es nichts auf sich, und wenn sie
vor Allem hofft: „daß die Formel nicht gefunden werde,
auf deren Grund ſich vielleicht eine, wenn auch nur äußerliche
undvorübergehende Verbindungzwiſchen Schwarzen und Rothen
vollzöge." In dieser Sprache entpuppt sich das ſtarre Feſt-
halten einer verwerflichen Ausſchließlichteit und Rechthaberei.
Gegen diese aber wendet ſich alles und jedes sittliche und
politiſche Streben, und es können daher die verſchiedensten
Parteien die Ausschließlichteit und Rechthaberei, auf welcher
das jetzt herrſchinde Syſtem beruht, bekämpfen, ohne deß-
halb das hochgehaltene Prinzip aufgeben oder verleugnen,
ohne in irgend eine Verbindung unter ſich treten, ja ohne
die Bekämpfung unter sich aufgeben zu müsſen. Und die-
gut ~ ein Gewinn zweiselhaſten Werthes auf der andern|s,x Vorgang hat nicht blos äußerliche, sondern auch innere
ſzqzue :! Berechtigung. Was die eine oder andere Partei leitet
Frieden und Freiheit: Das iſt unſer Verlangen. Und
wie der Südbund uns vor den Kriegsgefahren ſchütt, die
ein Eintritt in die norddeutſche Militärherrſchaft uns zu-
zöge, so finden wir auch in ihm das nothwendige Mittel,
um die freiheitlichen Fortſchritte der letzten drei Jahrzehnte
in Süddeutſchland zu wahren und zu weiterer Entfaltung
zu bringen und zugleich die auf so ſchwachen Füßen ſtehen-
den Errungenschaften Preußens gegen die dortige feudale
Reaktion und den blühenden militäriſchen Absolutismus zu
ſchüßen und zu kräftigen. Wie die rückſchrittlichen Tendenzen
in Preußen ſchon durch den jungen Liberalismus in Oeſter-
reich bedeutend gehemmt werden, so würden sie noch mehr
sich gezähmt fühlen, wenn in dem deutſchen Südweſten die
freiheitliche Entwickelung durch eine einheitliche Organisa-
tion des Ganzen + durch den Südbund = kräftig ge-
ſchüßt würde. Diese Organisation iſt nöthig, denn ohne
ſie iſt all das mühſam Errungene auf eitel Sand gebaut,
und der gelindeſte Stoß könnte die ganze Herrlichkeit über]
Nacht über den Haufen werfen.
§ Berichtigung. Im gefſtrigen Leitartikel wolle in der zweiten
pzie ie quae! Abſatßes „Schleußenpolitit" statt Schleiferpolitit
Die Bismarck-Laſalleaner in Baden.
_ un Freiburg hatten die Herren Agitatoren mit be-
ſonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Cs wurde ihnen zur
Abhaltung der projektirten Verſammlung der Kaufhaus-
saal, der Harmonieſaal, das Gesellenhaus und das Stebing-
/ erſche Lokal verſagt, ſo daß ſie veranlaßt waren, ein ab-
gelegenes kleineres Lokal „zur Krone“ in der Wiehre zu
benüßen. Zu der Verſammlung hatten ſich etwa 400
Perſonen, zumeiſt Arbeiter eingefunden. Herr Fabrikant
K. Mez wurde zum Vorfitenden ernannt. Zuerst sprachen
~ wvollen wir diesmal nicht erörtern; wir wollen einfach
unsere Anſchauung wiederholt betonen, daß die Auseinander-
sezung der verſchiedenen Parteien nur in der Freiheit mög-
lich, daß der freiheitliche auch der friedliche Zuſtand für die
Geſsellſchaſt ſein wird.
Politiſche Ueberſicht.
Manndheim, 12. Februar.
* In Griechenla nd hat, wie eine Athener De-f
peſche vom 9. berichtet, das neue Miniſterium die Kammer
einberufen. Dieselbe Depeſche meldet, daß die Wiederauf-
nal me des diplomatiſchen Verkehrs mit der Prorte bevor-
stehe. Unverbürgten Schiffernachrichten zufolge üben ſ ich
die beiderseitigen Herren Diplomaten bereits in der Abſingung
des Liedes:
„Bruder! Schimpf und Sputkte ſei,
„Alles ſei vergeſſen!
„Ach, wir lieben uns ſo ſehr,
„Lieben uns = zum Freſſen. “
Der Zwiespalt zwiſchen Regierung und Kammer in Ru-
mänien hat zur Auflöſung der letteren geführt. Das
Ministeriuïn war zwar in Folge der Niederlagen, die es in
den letzten. Sitzungen erlitten, zum Rücktritte entſchloſſen ;
angenommen.
mer noch das Budget ohne Spezialberathung bewilligt.
Der unionistiſchen Partei in Sp aa ni en iſt aus Por-
tugal eine Unterſtitßung gekommen, wenn anders eine über
[London eingetrosfene Nachricht ſich beſtätigt, laut welcher
in Portugal ,militäriſche" Demonstrationen zu Gunten
der iberiſchen Union ſstattgesunden haben.
Verſchmelzung bisher in Portugal Anklang geſun en hatte,
um so näher liegt die Bcrmuthung, daß die erwähnten|
die Herren Agitatore. Ihnen erwiderten die Herren
Kreisgerichtsrath Eimer, Fehrenbach, Wagner, Maier und
nien, die ſcit der l
ten Zeit
der Fürſt hat aber die eingereichten Entlaſſungsgeſuche nichtſkoſten handelt; :
Vor ihrem Auseinandergehen hat die Kam-lbelegte Theil des Cinſtandskapitals dem Gläubiger an
Je weniger diese!:
ſhevorwortet
Demonfirationen, wenn ſie wirklich ſtattgehab. haben, auf !r
Beſtellung erfolgt ſind, um der unioniſtſchen Partei in Spa- [der si
im eigenen Lande allen Bodenisind,
Venedey. Schließlich wurde der Antrag der Herren Agi-]verloren hatte, wieder etvas ~ und zwar gerade zur Zeit
atoren: in den Allg. Deutſchen Arbeiterverein einzutreten, [der Korteseröffnung + auf die Beine zu helfen.
Damit das unerschöpfliche Kapitel der Berichtigungen
und Dementis auch in der heutigen Uebersicht nicht fehle,
ſchließgen wir mit der Anzeige, daß die offiziööen Organe
Oesterreich s die Nachricht von der Ernennung des
Grafen Taaffe zum Ministerpräsidenten für unrichtig er-
klären.
Deutſchland.
* Mannheim, 12. Febr. Der am Dienstag hier
ſtattgehabten Beschlagnahme der erſten Nummer eines unter
dem Titel: „Der Wecker“ neu erſchienenen humoriſtiſchen
Blattes ist die Anklageerhebung auf dem Fuße gefolgt.
Und. zwar richtet ſie ſich, obwohl auf dem Blatte Herr A.
Weber als „Redakteur, Eigenthümer und Verleger“ anger
geben ist, „in erſter Reihe“ wie die ſtaatsanwaltſchaft-
liche Antlageſchrift besagt ~ gegen den Drucker des Blat-
tes J. P. Eich els d örf er. Die Anschuldigung lautet
auf das „Verbrechen der Herabwürdigung der Religion“ ;
der Strafantrag auf ſechsmonatliche Kreisgefängnißſtrafe.
* Mannheim, 11. Februar. Der ,„Bad. Beob-
achter“ erläßt am Aschermittwoch einen Hirtenbrieſs
an Mannheim. Derselbe trägt ſo ſehr den Karakter
des Tages seiner Geburt an sich, daß wir uns nicht ver-
ſagen können, denselben wörtlich abzudrucken. Prächtige
Moral im Katzenjammer der Niederlage, wunderbare Erhe-
bung im Gefühl der Schwäche! Noch einige Braufepulver +
und die Ruhe und Sicherheit des Sieges wird ihn be-
schleichen. Der fragliche hirtenbriefliche Artikel aber, auf-
gemerkt, der lautet:
„Der 28. Januar war für die Grünehaus-Partei, die ſog.
Volks- oder demoktratiſche Partei, zu Mannheim ein Sieg- und Ju-
beltag. Sie ſelbſt hat ſich damit außerordentlich groß gemacht. Wir
ſind aber der Meinung, daß es ein Schandtag für ſie war, würdig
dem 23. Februar 1865 an die Seite geſtelltt zu werden. Wir wol-
len dieſer Partei aber auch ſagen, worin die Schande, außer der
allgemeinen Rohheit und Unbildung, dem Neckarſchleim, beſteht. Sie
beſteht darin, daß 20 Jahre nicht hingereicht haben, die Zöglinge
Itsleins und Heckers geſcheidter zu machen. Gerade ſo, wie vor 20
Jahren von den ,Volksverräthern“ Mathy ~ Baſſermann ~ Soi-
ron, haben sie sich wieder für die Zwecke ganz derſelben Partei hin-
gegeben und als Sturmbock gebrauchen laſſen.
Miſchſchule, und von wem wurde das betreffende Geſez gemacht? —
Der Bourgeoisliberalismus, den die Demotratie haßt und betämpft.
Hier blies sſie aber in deſſen Horn, der, wie der katholiſchen Kirche
ſo auch ihr, der Demokratie, geſchworener Feind iſt. Die demotra-
tiſche Partei geht mit der Landeszeitungspartei; iſt Das Karatter ?
Ist es nicht widerſinnig, Volkspartei ſein zu wollen, und einer Volks-
masse, die jeden Augenblick mit eia paarmalhunderttauſend Stimmen
aufwarten kann, der kräftigſten Partei im Lande, welche aufrichtig
die Freiheit will, in das Gesicht zu ſchlagen? Wie kann man ſich
durch das ſeichte Geſchwät von Nichtwiſſern und Flachköpfen zur
Terroriſirung seiner Mitbürger verleiten laſſen, in einer Sache, die
ſo eminent eine Freiheitsfrage iſt, wie in dem gegebenen Fall, und
doch als demokratiſch und volksthümlich gelten wollen? ~ Die Un-
ſerigen hatten bis zum Abſstimmungstage gegründete Hoffnung, ihre
Konfeſſionsſchule zu behalten. Ohne den ſchamloſen Terrorismus
wäre es wohl auch ſo gekommen. Es beweiſt Das, daß die ent-
ſchiedenen Elemente bei den Katholiken in Mannheim ſtark zugenom-
men haben. Für Denjenigen, der die Verhältnisse kennt, iſt es ſchon
ein Ereigniß von Bedeutung, daß 220 Familienväter muthig genug
waren, dem brauſenden Sturme der Raditalen, „Neuheiden“ und
Juden zu widerstehen."
Hinzuzufügen ~ haben wir Nichts. Nur das Cine:
Auch Dich, „Bad. Beobachter“, streift das neueste geflügelte
Wort: „Du biſt sehr übel bedient durch Deine Zunge und
noch übler durch Deine Feder !"
* MUus Baden, 12. Febr. Wie mitgetheilt: „um
den wucherlichen Geschäften mit Einſtandskapitalien zu
ſteuern“, hat das Gr. Kriegsminiſterium in Uebereinstim-
mung mit den Gr. Ministerien des Innern und der Fi-
nanzen unterm 2. Febr., die Großh. Amortiſationskaſse er-
mächtigt, aus dem abverdienten Theil der bei ihr hinter-
legten Einſtandskapitalien vor Ablauf der Einſtandskapitu-
lation Zahlungen zu leiſten: 1) soweit es sich um Abtra-
gung von dekretirten Untersuchungs- und Straferſtehungs-
2) wenn der mit gerichtlichem Beschlag
Zahlungsstatt zugewiesen iſt, und die Auszahlung unbe-
ſchadet der Rechte dritter Gläubiger geschehen kann; 3)
wenn das Geſuch des Einſtehers um Ausfolgung des ab-
verdienten Cinſtandskapitals oder eines Theils desſe.ben
durch iriſtige Gründe unterſtüßt und von dem vorgesetzten
Kommando beziehungsweiſe der vorgeſetten Dienstbehörde
Karlsruhe wird dem „Schw.
wird. – Aus fzg !
<en Nachrichten meh-
„Die kriegeriſ
M." geschrieben:
en ſichz ob die angeblichen Wünſche Bismarcks bezüglich
t. ödeutschen Kriegsbereitſchaf: für das Frühjahr richtig
vermögen nur die „Eingeweihteſten“ zu wihjen; auch
Wer betreibt die