1869.
Organ der deulſchen Volkspartei in
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Paden.
Die „Mannheimer Ubendzeitung“ wird ~ mit Avznahme der Sonntage und Feſittage + täglich als Abendblatt ausgegeben. –~ Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Voſtauſſchlag
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Netitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
Die Unfehlbarkeit des Papſtes.
** Die Jesuiten sind es insbesondere, welche die
Erhebung der Unfehlbarkeit des Papſtes zu einem Dogma
der Kirche betreiben. Sie aber fsollten am besten wissen,
daß die Päpſte nicht unfehlbar ſind; denn der Orden
wurde von einem Papſte errichtet, von einem andern ver-
urtheilt und aufgelöst und von einem dritten wieder her-
geſtell.. Wir wollen gar nicht von den grauſigen Miß-
griffen anderer Päpſte, der Borgia und ihres Gleichen
ſprechen. Die Erhebung der „Unfehlbarkeit“ des Papſtes
zu einem Dogma der Kirche würde an und für sich der
klarſte Beweis der ,„Fehlbarkeit“ des Papſtes sein, denn
dies Dogma würde der Kirche den Gnadenſtoß geben. Die
Unfehlbarkeit eines Menſchen zu einem Grundgesetz der
Kirche erheben, heißt dieſe Kirche ſelbſt auf den Hochmuth
Deſſen, derfür unfehlbar ausgegeben wird, bauen wollen.
Der Hochmuth des Menſchen iſt aber das Unchriſtlichſte,
was es giht. Der Kampf Christi selbſt galt vorzugsweise
dem Hochmuth des Priesſterthums. Er lehrte, predigte,
übte Demuth vor Allem.
Der Hochmuth, der in der Lehre liegt, daß ein un-
fehlbarer Menſch an der Spitze des Vrieſterthums steht,
geht unwillkürlich und unabweisbar auf das ganze Priesſter-
thum über. Das Dogma der Unfehlbarkeit des Ober-
hauptes baut sich ein Aitärchen auf in dem Herzen des
lezten und neueſten Geweihten der Kirche. Hochmuth ist
überall der Weg zum Untergange und Hochmuth eines
Prieſterthums führt die Kirche zum Verderben. Wo dieser
Hochmuth durch ein Dogma, wie das in Frage ſtehende,
feſtgeſtellt werden soll, da lenkt man in die lette Station
zum Verderben ein.
Jeder Hochmuth iſt verleßend und verderblich, keiner
verderblicher, verleßender als der des Prieſters, des Nach-
folgers Chriſti. Wenn der Krieger ſtolz und hochmüthig
auf seine Mitmenschen im Bünrgerrocke herabſieht; wenn
der Gelehrte im Hochmuth seines Wiſſens die Nicht-
wiſſenden mißachtet; wenn der Künſtler in ſeinem Hoch-
muth ſich als ein höher begabtes Weſen ansieht; wenn
endlich der Reiche in seinem Reichthum die Armen ver-
achtet, . ſo iſt das. Alles verletend,. ſo. führt das über-
all den Hochmüthigen mehr oder weniger raſch und ſicher
zum Untergange. Wenn aber ein Priester der c<<riſtlichen
Kirche, wenn ein Nachfolger Chriſti im Hochmuth sich
ſelbſl für unfehlbar erklärt, sich für unfehlbar hält, so
liegt darin ein wunzelgreifendes Verkennen und Verleugnen
der Lehren Chriſti; wenn ein Priester sich im Herzen
ſagt : „Ich bin unfehlbar!“ so muß er heucheln, so oft
er die Lehren Chriſti in den Mund nimmt.
Das Papſtthum, wie es ſich herausgebildet hat und
gegenwärtig bekundet, iſt unserer Ansicht nach eine In-
ſtitution, die auf absſchüſſigenm Wege zum nahen Unter-
gange hinneigt. Die Erklärung. der Unfehlbarkeit des
Papſtes würde dieſen Untergang fördern, wer denſelben
wünſcht, kann fich nur freuen, wenn er das neue Togma
gauſfſtelen hört. Hätte die Aufstellung dieses Dogmas
vor Jahrhundetten, zur Zeit Gregors, ſtattgefunden, so
würde ſich dieß leichter erklären, aber dann würde auch
das Peyſutum ſicher..raſcher zum Untergange geführt
worden sein, als geschehen iſt. In der Zeit der Macht
des Papſtthums aber war man dazu zu klug; in der
Zeit der Ohnmacht, wo die weltliche Herrſchaft des Papſtes
in Rom von der Laune eines Napoleon abhängt, ist es
vielleicht naturgemäß, daß man in Rom die innere Ohn-
macht mit dem Scheine der Allmacht zu verdecken ſucht.
Laßt sie machen! Sie ſind geblendet und ſteuern wie die
von Gott mit Blindheit geſchlagenen dem Felſen zu, an
dem ſie zerſchelen werden. ,Nur nicht eifrig,“ sagte
Talleyrand, und es ist zu verwundern, daß Antonelli,
ſein Schüler, diese leiſe Bemerkung nicht auch befolgt.
Totitiſche Ueberſiéht.
Mannheim, 6. September.
* Cs bestätigt sich, daß die preußi ſche Regie-
r ung die Ahſicht hat, den Depeſch en wechſel mit
dem öſterreichiſchen Reichskanzler ni <t fortzuſegen. Wer
aber ange n ommen, daß dieſer Entſchluß ſich speziell |
auf den vom Grafen Beuſt über gein- behauptetes Ent- |
hegenkommen angebotenen Schriftwechſel beziehe oder
durch dieß Anerbieten veranlaßt worden ſei, der befand
ſich, wie das Organ des Grafen Bismarct zugeſteht, wie
es ſelbſt im Irrthum. Man heitrachte vielmehr — ſso
meldet das offiziöſe Organ ~ in Berlin die Themata
Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nx. 15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
mm
der neuerdings veröffentlichten Depeſchen als zur Befrie-
digung erſchöpft. Welch neuere Themata nun an die
Reihe ,„freundſchaftlichen Meinungsaustauſches“ gelangen
sollen, versäumt das offiziöſde Organ anzugeben. Unklar
und zweideutig iſt die Sprache dieser Organe der Diplo-
matie immer; wie die Diplomatie selbſt. Für die Völker
erübrigt daraus wiederholt der leider seit lange aufge-
stellte aber unbeachtet gelaſſene Grundsatz : Für die Völker
sei es am Besten, wenn ſie die Berathung ihrer Ange-
legenheiten se 1 b übernehmen und auf die Kunstſtücke
der Diplomatie verzichten. s
Dieß reiflich zu überdenken, haben die Völker
Europa? vielleichtſeit langenicht mehr Veranlassung gehabt,
als gegenwärtig. Die Mittheilungen aus Paris über das
Befinden Zäsars lauten äußersſt . . . bedenklich. Die neueste
Meldung ſpricht bedächtig: die Müdigkeit des Kaiſers
dauerte fort unter dem CEinfluſſe des sſtürmiſchen
Wetters. Ja, Sturm iſt es, der dem Kaiser und dem
Kaiserreich droht ; Sturm der phyſiſchen und der paolitiſchen
Welt. Auf alle Gefahr hin giebt die demokratiſche Preſſe
in Frankreich der Wahrheit die Chre: ſie nennt überall
die Dinge mit dem rechten Namen. Die öffentliche Mei-
nung gewinnt an Schärfe in demſelben Verhältnisse, als
der Regierung die Entſchiedenheit abhanden kommt. Die
— Müdigkeit des Kaisers dauert fort; das Kaiserreich
kracht in allen Fugen. Wenn es zuſammenbricht, kann es
nicht allein den Mann unter seinenTrümmern begraben, der zu
dem modernen Zäsarismus in Europa den Grund gelegt hat.
Wenn Zäâſar fällt . . . muß der Zäſarismus hier und
dort nach. Ihr Völker habet Acht; es naht –~ wenn
nicht alle Zeichen trügen ~ eine ernſte, für euch alle
eine tiefernſte Stunde.
Die Rede des Prinzen Napoleon im franzöſiſchen
Senat spricht die Ueberzeugung aus, daß das Kaiserreich
mit einer großartig aufgefaßten und demotratiſch verwirk-
lichten Freiheit vereinbar iſt, und er verſichert, daß ſein
Programm in die monarchiſche Form, wie ſie aus
dem 2. Dezember hervorgegangen iſt, leicht einzuführen
iſt. Der Prinz hat Recht + so bemerkt der „Gaulois“
— wenn die Regierung einwilligt, an ſich ſelbſt die Obez
ration zu vollziehen, die mit dem „Mesſer von Jeannot“
vorgenommen wurde, als man ihm einen neuen Schaft
gab und in dieſen eine neue Klinge einzog. Es ist ein-
leuchtend, daß, wenn man die Konstitution von 1852 voll-
ſtändig umgestaltet, ein wirkliches parlamentariſches Regime
einführt und aus dem Staatsoberhaupte einen konſtitutio-
nellen Monarchen macht, das Kaiserreich nicht mehr das
Kaiserreich, das wir kennen, sein, ſondern etwas ſehr An-
nehmbares werden würde. Aber damit diese Beränderun-
gen möglich seien, dazu wäre erforderlich, daß wie durch
Zauberſchlag alle die Persönlichkeiten, die nur irgend einen
Antheil an der politiſchen oder administrativen Leitung
des Landes seit 1852 genommen haben, beseitigt würden.
Der Prinz erkennt dies ſelbſt an, menn er ſagt: ,„Die
Politik besteht in der tagtäglichen Ausübung des Regierens,
ſie beſteht alſo wesentlich in der Wahl der Personen, die
ſie anwenden.“ Wie nun aber annehmen, daß die Män-
ner, welche Frankreich seit zwanzig Jahren regiert oder
adminiſtrirt haben, plötlich umtehren und ſich ſselbſt ein
Unfähigkeitszeugniß ausſtellen werden ? In der That waren
der geſeßgebende Körper wie der Senat, der Staatsrath
wie die Miniſter, während langer Jahre nichts als Trieh-
räder, welche der Wille eines Einzigen in Bewegung setze.
„Alles, um zu gefallen“ war die allgemeine Deviſe. Um
die olympiſche Ruhe der Crekutivgewalt ſicher zu fiellen, |
haite man Geseße ~ gerechter Himmel! + gegen die
Preſſe, gegen das Verſammlungsrecht, für die allgemeine
Sicherheit des Reichs und für den Nothfall hatte man
überdieß die Willkür. Wie glauben, daß diesſe ſelben Män-
ner, welche ohne Diskussion regierten und ohne Kontrole
verwalteten, sich darein finden werden, das Kaisſerthum
mit der Freiheit zu vermählen ? Von diesen Vorbehalten
abgeſehen, finden wir die prinzliche Rede vortrefflich, um
so vortrefflicher, als wir, wie wir bereits erklärt haben, !
weit davon entfernt ſind, zu glauben, daß der Vetter des
Kaisers den Traditionen der jüngeren Linie huldigt, Sein
Interesſe iſt, wie er ſehr gut gesagt hat, mit dem seiner
Familie unauflöslich verbunden. |
JIn Rom berichtigt die „Civilta Cottolica“ ihre Er- |
klärung vom 21. Aug. (daß an 300 Biſchöfe die Eins |
ladung zum Konzil abgeſchlagen hätten) dahin, daß die
Zahl der Biſchösſe, die abgelehnt hätten,, bis jezt nur |
50 betrage.
Bei den Wahlen in Kalif ornien hat die demo- |
| war, nun aufgegeben wurde.
kratiſche Partei geſiegt, so daß derſelben die Mehrheit in
der gesetzgebenden Versammlung des Staates gesichert iſt.
Die letten Nachrichten aus Me xi ko beſtätigen, daß
eine gegen das Leben des Präſidenten Juarez entdeckte
Verſchwörung eine weitverzweigte war. Aus Anlaß dessen
wurden fünf Generale verhaftet. Die mexiktaniſche Armee,
welche bisher durch Aushebung gebildet wurde, soll ferner
mittelſt Anwerbung ausgefüllt werden, zu welchem Zwecke
Werber nach allen Theilen des Landes ausgeſchickt werden.
Der Vizekönig von Eg yp ten hat ſeine Zuſtim-
mung ertheilt, in die Forderungen der Pforte zu willigen,
welche ihm die Aufnahme neuer Anleihen und das Aus-
schreiben neuer Steuern nicht geſtatten. Die Beilegung des
Zwiſstes zwiſchen dem Vizekönig und der Pforte ſoll hauptſäch-
lich den Bemühungen Frankreichs, Englands und Obſter-
reichs zu danken ſein.
Deutſchland.
* Mus Baden, 6. Sept. Für den Gedentjahres-
tag des 4. Sept. 1849 haben wir drei Standrechts-
Urtheile, auf 10 Jahre Zuchthaus lautend, nachzutragen.
Von denselben wurden betoffen: Konrad H e rr von Bam-
berg, Franz Beer w alt aus Wien und Auguſt Reit-
berger aus Badenweiler.
Für die Herren v. Rüdt und y. Berlichingen, welche
die auf ſie gefallene Wahl in die erſte Kammer nicht
angenommen haben, sind Neuw a hlen vorzunehmen.
Daß Hr. v. Bellichingen nicht angenommen, wird von
der „Demotratiſchen Korreſpondenz“ bedauert, indem ſie
ausſpricht: Je höher die Wogen der Verpreußung |tei-
gen und je mehr die . . . Bureautratie als Vertretung
des Landes sich zu ducken anſschickt, deſto werthvoller ſei
der Manneswiderſtand der Wenigen, die den Jolly-Bluntſchli
gegenüber noch eine ſelbſthewußte Freiheit, der Zollerei
gegenüber noch ein ehrliches Deutſchland zu tennen die
Einsicht, zu vertreten den Muth haben. + Der Mannes-
muth Weniger, der Widerſtand Weniger auf dem Gebiete
parlamentariſcher Thätigkeit werden nicht ausreichen, die
bei uns ins Rollen gekommene Verpreußung des Landes
aufzuhalten. Dazu bedarf es unseres Erachtens des or-
ganiſirten energiſchſten Widerſtandes. Aller, die deutſch
bleiben, die nicht aber preußiſch werden wollen; dazu
bedarf es nicht allein des Widerſtandes auf dem parla-
mentariſchen Gebiete; sondern überall, wo es dem Volte
zuſteht, einer Regierung entgegen zu treten, die ſich nicht
in Uebereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung
des Landes befindet.
Der Appell der demotratifchen Partei an das allge-
meine und ditette Wahlrecht wurde von der Regierung
wohlweislich in ihrem eigenen Intereſſe, und im Interesse
der Politik, welcher ſie dient, abgewieſen... Die Regierung
tütt sich auf die ihr ergebenen Parteien, die Dank des
veralteten Wahlgeſeßes faſt überall ihre Kandidaten zur
Abgeordnetenwahl durchgeſeßzt haben und regiert ſo mit
| einer Kammermehrheit, die in der That der Zuſtimmung
des Landes in demſelben Maße entbehrt, als die Re-
gierung ſelbſt. Die Mehrheit des Landes muß darnach ein
Mittel finden, der Regierung wirlſam entgegentreten zu
können; der erſte Schritt hiezu iſt die Vereinigung aller
wahrhaft d emotr a ti s <h en Männer ; die Organiſa-
tion, in welcher ſich die Regierung mit den ihr ergebenen
Parteien befindet, muß durch eine Organisation der
demotkratiſchen Partei aufgewogen werden. -
In offiziöser Weiſe werden die Geſeß e sentwürfkfe
aufgezählt, die „jedenfalls“ den Ständen vorgelegt werden
sollen. Außer den ſchon mehrfach genannten iſt jetzt
auch von einem solchen über „Gerichtsorganiſation die
Rede. Schon wieder Veränderungen auf dieſem Gebiete,
troßdem die Offiziösen uns bisher imter verſichert haben,
auch hierin habe die neue Aera das Beſte geleiſtet. go:
Offiziös wird weiter mitgetheilt, der „bisherige :
diſche Miniſterreſident in Florenz, Herr v. Schweiter,
halte sich zur Zeit in Karlsruhe auf. Aus dem Vörtchen
„bisherige“ ſcheint hervorzugehen , daß der badische Ges
ſandtschaftspoſten in Florenz , der im letzten Jahre auf
Hoſten der Privalkaſſe des Großherzogs noch. beibehalten
Indeſſen ~ die zugleich
mit fraglicher Meldung angebrachte Klage: es wäre aller-
dings zu bedauern, wenn die diplomatiſche Karriere in
| Baden gerade dieſem jüngeren und entſchieven fähigen
Mann (Hrn. v. Schweitzer) keine aktive Verwendung zu
bieten im Stande wäre > dürfte vielleicht der Kammer
Veranlasſung genug sein, den Florenzer Poſten wieder
4 :
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Die „Mannheimer Ubendzeitung“ wird ~ mit Avznahme der Sonntage und Feſittage + täglich als Abendblatt ausgegeben. –~ Der Abonnementspreis vierteljährlich Ein Gulden, ohne Voſtauſſchlag
Anzeigen-Gebühr : die einſpaltige Netitzeile 3 kr., bei Lokalanzeigen 2 kr.
Die Unfehlbarkeit des Papſtes.
** Die Jesuiten sind es insbesondere, welche die
Erhebung der Unfehlbarkeit des Papſtes zu einem Dogma
der Kirche betreiben. Sie aber fsollten am besten wissen,
daß die Päpſte nicht unfehlbar ſind; denn der Orden
wurde von einem Papſte errichtet, von einem andern ver-
urtheilt und aufgelöst und von einem dritten wieder her-
geſtell.. Wir wollen gar nicht von den grauſigen Miß-
griffen anderer Päpſte, der Borgia und ihres Gleichen
ſprechen. Die Erhebung der „Unfehlbarkeit“ des Papſtes
zu einem Dogma der Kirche würde an und für sich der
klarſte Beweis der ,„Fehlbarkeit“ des Papſtes sein, denn
dies Dogma würde der Kirche den Gnadenſtoß geben. Die
Unfehlbarkeit eines Menſchen zu einem Grundgesetz der
Kirche erheben, heißt dieſe Kirche ſelbſt auf den Hochmuth
Deſſen, derfür unfehlbar ausgegeben wird, bauen wollen.
Der Hochmuth des Menſchen iſt aber das Unchriſtlichſte,
was es giht. Der Kampf Christi selbſt galt vorzugsweise
dem Hochmuth des Priesſterthums. Er lehrte, predigte,
übte Demuth vor Allem.
Der Hochmuth, der in der Lehre liegt, daß ein un-
fehlbarer Menſch an der Spitze des Vrieſterthums steht,
geht unwillkürlich und unabweisbar auf das ganze Priesſter-
thum über. Das Dogma der Unfehlbarkeit des Ober-
hauptes baut sich ein Aitärchen auf in dem Herzen des
lezten und neueſten Geweihten der Kirche. Hochmuth ist
überall der Weg zum Untergange und Hochmuth eines
Prieſterthums führt die Kirche zum Verderben. Wo dieser
Hochmuth durch ein Dogma, wie das in Frage ſtehende,
feſtgeſtellt werden soll, da lenkt man in die lette Station
zum Verderben ein.
Jeder Hochmuth iſt verleßend und verderblich, keiner
verderblicher, verleßender als der des Prieſters, des Nach-
folgers Chriſti. Wenn der Krieger ſtolz und hochmüthig
auf seine Mitmenschen im Bünrgerrocke herabſieht; wenn
der Gelehrte im Hochmuth seines Wiſſens die Nicht-
wiſſenden mißachtet; wenn der Künſtler in ſeinem Hoch-
muth ſich als ein höher begabtes Weſen ansieht; wenn
endlich der Reiche in seinem Reichthum die Armen ver-
achtet, . ſo iſt das. Alles verletend,. ſo. führt das über-
all den Hochmüthigen mehr oder weniger raſch und ſicher
zum Untergange. Wenn aber ein Priester der c<<riſtlichen
Kirche, wenn ein Nachfolger Chriſti im Hochmuth sich
ſelbſl für unfehlbar erklärt, sich für unfehlbar hält, so
liegt darin ein wunzelgreifendes Verkennen und Verleugnen
der Lehren Chriſti; wenn ein Priester sich im Herzen
ſagt : „Ich bin unfehlbar!“ so muß er heucheln, so oft
er die Lehren Chriſti in den Mund nimmt.
Das Papſtthum, wie es ſich herausgebildet hat und
gegenwärtig bekundet, iſt unserer Ansicht nach eine In-
ſtitution, die auf absſchüſſigenm Wege zum nahen Unter-
gange hinneigt. Die Erklärung. der Unfehlbarkeit des
Papſtes würde dieſen Untergang fördern, wer denſelben
wünſcht, kann fich nur freuen, wenn er das neue Togma
gauſfſtelen hört. Hätte die Aufstellung dieses Dogmas
vor Jahrhundetten, zur Zeit Gregors, ſtattgefunden, so
würde ſich dieß leichter erklären, aber dann würde auch
das Peyſutum ſicher..raſcher zum Untergange geführt
worden sein, als geschehen iſt. In der Zeit der Macht
des Papſtthums aber war man dazu zu klug; in der
Zeit der Ohnmacht, wo die weltliche Herrſchaft des Papſtes
in Rom von der Laune eines Napoleon abhängt, ist es
vielleicht naturgemäß, daß man in Rom die innere Ohn-
macht mit dem Scheine der Allmacht zu verdecken ſucht.
Laßt sie machen! Sie ſind geblendet und ſteuern wie die
von Gott mit Blindheit geſchlagenen dem Felſen zu, an
dem ſie zerſchelen werden. ,Nur nicht eifrig,“ sagte
Talleyrand, und es ist zu verwundern, daß Antonelli,
ſein Schüler, diese leiſe Bemerkung nicht auch befolgt.
Totitiſche Ueberſiéht.
Mannheim, 6. September.
* Cs bestätigt sich, daß die preußi ſche Regie-
r ung die Ahſicht hat, den Depeſch en wechſel mit
dem öſterreichiſchen Reichskanzler ni <t fortzuſegen. Wer
aber ange n ommen, daß dieſer Entſchluß ſich speziell |
auf den vom Grafen Beuſt über gein- behauptetes Ent- |
hegenkommen angebotenen Schriftwechſel beziehe oder
durch dieß Anerbieten veranlaßt worden ſei, der befand
ſich, wie das Organ des Grafen Bismarct zugeſteht, wie
es ſelbſt im Irrthum. Man heitrachte vielmehr — ſso
meldet das offiziöſe Organ ~ in Berlin die Themata
Beſtellungen bei der Expedition C 1 Nx. 15 in Mannheim und bei allen Poſtanſtalten.
mm
der neuerdings veröffentlichten Depeſchen als zur Befrie-
digung erſchöpft. Welch neuere Themata nun an die
Reihe ,„freundſchaftlichen Meinungsaustauſches“ gelangen
sollen, versäumt das offiziöſde Organ anzugeben. Unklar
und zweideutig iſt die Sprache dieser Organe der Diplo-
matie immer; wie die Diplomatie selbſt. Für die Völker
erübrigt daraus wiederholt der leider seit lange aufge-
stellte aber unbeachtet gelaſſene Grundsatz : Für die Völker
sei es am Besten, wenn ſie die Berathung ihrer Ange-
legenheiten se 1 b übernehmen und auf die Kunstſtücke
der Diplomatie verzichten. s
Dieß reiflich zu überdenken, haben die Völker
Europa? vielleichtſeit langenicht mehr Veranlassung gehabt,
als gegenwärtig. Die Mittheilungen aus Paris über das
Befinden Zäsars lauten äußersſt . . . bedenklich. Die neueste
Meldung ſpricht bedächtig: die Müdigkeit des Kaiſers
dauerte fort unter dem CEinfluſſe des sſtürmiſchen
Wetters. Ja, Sturm iſt es, der dem Kaiser und dem
Kaiserreich droht ; Sturm der phyſiſchen und der paolitiſchen
Welt. Auf alle Gefahr hin giebt die demokratiſche Preſſe
in Frankreich der Wahrheit die Chre: ſie nennt überall
die Dinge mit dem rechten Namen. Die öffentliche Mei-
nung gewinnt an Schärfe in demſelben Verhältnisse, als
der Regierung die Entſchiedenheit abhanden kommt. Die
— Müdigkeit des Kaisers dauert fort; das Kaiserreich
kracht in allen Fugen. Wenn es zuſammenbricht, kann es
nicht allein den Mann unter seinenTrümmern begraben, der zu
dem modernen Zäsarismus in Europa den Grund gelegt hat.
Wenn Zäâſar fällt . . . muß der Zäſarismus hier und
dort nach. Ihr Völker habet Acht; es naht –~ wenn
nicht alle Zeichen trügen ~ eine ernſte, für euch alle
eine tiefernſte Stunde.
Die Rede des Prinzen Napoleon im franzöſiſchen
Senat spricht die Ueberzeugung aus, daß das Kaiserreich
mit einer großartig aufgefaßten und demotratiſch verwirk-
lichten Freiheit vereinbar iſt, und er verſichert, daß ſein
Programm in die monarchiſche Form, wie ſie aus
dem 2. Dezember hervorgegangen iſt, leicht einzuführen
iſt. Der Prinz hat Recht + so bemerkt der „Gaulois“
— wenn die Regierung einwilligt, an ſich ſelbſt die Obez
ration zu vollziehen, die mit dem „Mesſer von Jeannot“
vorgenommen wurde, als man ihm einen neuen Schaft
gab und in dieſen eine neue Klinge einzog. Es ist ein-
leuchtend, daß, wenn man die Konstitution von 1852 voll-
ſtändig umgestaltet, ein wirkliches parlamentariſches Regime
einführt und aus dem Staatsoberhaupte einen konſtitutio-
nellen Monarchen macht, das Kaiserreich nicht mehr das
Kaiserreich, das wir kennen, sein, ſondern etwas ſehr An-
nehmbares werden würde. Aber damit diese Beränderun-
gen möglich seien, dazu wäre erforderlich, daß wie durch
Zauberſchlag alle die Persönlichkeiten, die nur irgend einen
Antheil an der politiſchen oder administrativen Leitung
des Landes seit 1852 genommen haben, beseitigt würden.
Der Prinz erkennt dies ſelbſt an, menn er ſagt: ,„Die
Politik besteht in der tagtäglichen Ausübung des Regierens,
ſie beſteht alſo wesentlich in der Wahl der Personen, die
ſie anwenden.“ Wie nun aber annehmen, daß die Män-
ner, welche Frankreich seit zwanzig Jahren regiert oder
adminiſtrirt haben, plötlich umtehren und ſich ſselbſt ein
Unfähigkeitszeugniß ausſtellen werden ? In der That waren
der geſeßgebende Körper wie der Senat, der Staatsrath
wie die Miniſter, während langer Jahre nichts als Trieh-
räder, welche der Wille eines Einzigen in Bewegung setze.
„Alles, um zu gefallen“ war die allgemeine Deviſe. Um
die olympiſche Ruhe der Crekutivgewalt ſicher zu fiellen, |
haite man Geseße ~ gerechter Himmel! + gegen die
Preſſe, gegen das Verſammlungsrecht, für die allgemeine
Sicherheit des Reichs und für den Nothfall hatte man
überdieß die Willkür. Wie glauben, daß diesſe ſelben Män-
ner, welche ohne Diskussion regierten und ohne Kontrole
verwalteten, sich darein finden werden, das Kaisſerthum
mit der Freiheit zu vermählen ? Von diesen Vorbehalten
abgeſehen, finden wir die prinzliche Rede vortrefflich, um
so vortrefflicher, als wir, wie wir bereits erklärt haben, !
weit davon entfernt ſind, zu glauben, daß der Vetter des
Kaisers den Traditionen der jüngeren Linie huldigt, Sein
Interesſe iſt, wie er ſehr gut gesagt hat, mit dem seiner
Familie unauflöslich verbunden. |
JIn Rom berichtigt die „Civilta Cottolica“ ihre Er- |
klärung vom 21. Aug. (daß an 300 Biſchöfe die Eins |
ladung zum Konzil abgeſchlagen hätten) dahin, daß die
Zahl der Biſchösſe, die abgelehnt hätten,, bis jezt nur |
50 betrage.
Bei den Wahlen in Kalif ornien hat die demo- |
| war, nun aufgegeben wurde.
kratiſche Partei geſiegt, so daß derſelben die Mehrheit in
der gesetzgebenden Versammlung des Staates gesichert iſt.
Die letten Nachrichten aus Me xi ko beſtätigen, daß
eine gegen das Leben des Präſidenten Juarez entdeckte
Verſchwörung eine weitverzweigte war. Aus Anlaß dessen
wurden fünf Generale verhaftet. Die mexiktaniſche Armee,
welche bisher durch Aushebung gebildet wurde, soll ferner
mittelſt Anwerbung ausgefüllt werden, zu welchem Zwecke
Werber nach allen Theilen des Landes ausgeſchickt werden.
Der Vizekönig von Eg yp ten hat ſeine Zuſtim-
mung ertheilt, in die Forderungen der Pforte zu willigen,
welche ihm die Aufnahme neuer Anleihen und das Aus-
schreiben neuer Steuern nicht geſtatten. Die Beilegung des
Zwiſstes zwiſchen dem Vizekönig und der Pforte ſoll hauptſäch-
lich den Bemühungen Frankreichs, Englands und Obſter-
reichs zu danken ſein.
Deutſchland.
* Mus Baden, 6. Sept. Für den Gedentjahres-
tag des 4. Sept. 1849 haben wir drei Standrechts-
Urtheile, auf 10 Jahre Zuchthaus lautend, nachzutragen.
Von denselben wurden betoffen: Konrad H e rr von Bam-
berg, Franz Beer w alt aus Wien und Auguſt Reit-
berger aus Badenweiler.
Für die Herren v. Rüdt und y. Berlichingen, welche
die auf ſie gefallene Wahl in die erſte Kammer nicht
angenommen haben, sind Neuw a hlen vorzunehmen.
Daß Hr. v. Bellichingen nicht angenommen, wird von
der „Demotratiſchen Korreſpondenz“ bedauert, indem ſie
ausſpricht: Je höher die Wogen der Verpreußung |tei-
gen und je mehr die . . . Bureautratie als Vertretung
des Landes sich zu ducken anſschickt, deſto werthvoller ſei
der Manneswiderſtand der Wenigen, die den Jolly-Bluntſchli
gegenüber noch eine ſelbſthewußte Freiheit, der Zollerei
gegenüber noch ein ehrliches Deutſchland zu tennen die
Einsicht, zu vertreten den Muth haben. + Der Mannes-
muth Weniger, der Widerſtand Weniger auf dem Gebiete
parlamentariſcher Thätigkeit werden nicht ausreichen, die
bei uns ins Rollen gekommene Verpreußung des Landes
aufzuhalten. Dazu bedarf es unseres Erachtens des or-
ganiſirten energiſchſten Widerſtandes. Aller, die deutſch
bleiben, die nicht aber preußiſch werden wollen; dazu
bedarf es nicht allein des Widerſtandes auf dem parla-
mentariſchen Gebiete; sondern überall, wo es dem Volte
zuſteht, einer Regierung entgegen zu treten, die ſich nicht
in Uebereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung
des Landes befindet.
Der Appell der demotratifchen Partei an das allge-
meine und ditette Wahlrecht wurde von der Regierung
wohlweislich in ihrem eigenen Intereſſe, und im Interesse
der Politik, welcher ſie dient, abgewieſen... Die Regierung
tütt sich auf die ihr ergebenen Parteien, die Dank des
veralteten Wahlgeſeßes faſt überall ihre Kandidaten zur
Abgeordnetenwahl durchgeſeßzt haben und regiert ſo mit
| einer Kammermehrheit, die in der That der Zuſtimmung
des Landes in demſelben Maße entbehrt, als die Re-
gierung ſelbſt. Die Mehrheit des Landes muß darnach ein
Mittel finden, der Regierung wirlſam entgegentreten zu
können; der erſte Schritt hiezu iſt die Vereinigung aller
wahrhaft d emotr a ti s <h en Männer ; die Organiſa-
tion, in welcher ſich die Regierung mit den ihr ergebenen
Parteien befindet, muß durch eine Organisation der
demotkratiſchen Partei aufgewogen werden. -
In offiziöser Weiſe werden die Geſeß e sentwürfkfe
aufgezählt, die „jedenfalls“ den Ständen vorgelegt werden
sollen. Außer den ſchon mehrfach genannten iſt jetzt
auch von einem solchen über „Gerichtsorganiſation die
Rede. Schon wieder Veränderungen auf dieſem Gebiete,
troßdem die Offiziösen uns bisher imter verſichert haben,
auch hierin habe die neue Aera das Beſte geleiſtet. go:
Offiziös wird weiter mitgetheilt, der „bisherige :
diſche Miniſterreſident in Florenz, Herr v. Schweiter,
halte sich zur Zeit in Karlsruhe auf. Aus dem Vörtchen
„bisherige“ ſcheint hervorzugehen , daß der badische Ges
ſandtschaftspoſten in Florenz , der im letzten Jahre auf
Hoſten der Privalkaſſe des Großherzogs noch. beibehalten
Indeſſen ~ die zugleich
mit fraglicher Meldung angebrachte Klage: es wäre aller-
dings zu bedauern, wenn die diplomatiſche Karriere in
| Baden gerade dieſem jüngeren und entſchieven fähigen
Mann (Hrn. v. Schweitzer) keine aktive Verwendung zu
bieten im Stande wäre > dürfte vielleicht der Kammer
Veranlasſung genug sein, den Florenzer Poſten wieder
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