Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0092

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AUSSTELLUNGEN

134 ausgeftellten Bildern find 50 in Autotypie
reproduziert.

Ebenfalls von der Hand des Herrn M. Treter
ift ein kurzer Führer durch das Lubomirski-
Mufeum — Gemälde-Galerie, Münzen und Me-
daillenfammlung, Waffenfammlung und hifto-
rifche Abteilung — erfchienen. Ausführliche
Kataloge fämtlicher Sammlungen des Mufeums
find in Vorbereitung. P. E.

LONDON Ältmeifter-Anstellung der
Roy al Academy. Der Empfang, den die leßt-
jährige Winterausftellung der Academy von allen
Seiten erhalten hatte, als fie die ziellos zufam-
mengekaufte Sammlung moderner Maler (meift
Mitglieder der Academy felber) eines gutmeinen-
den fchottifchenMillionärs nach deffenHinfcheiden
ausftellte, war ein wenig fchmeichelhafter ge-
wefen, und fo ift man diefes Jahr denn ohne
Sang und ohne Klang zu der alten und ficher
guten Sitte zurückgekehrt, die Winterausftellung
für Werke alter Meifter aus englifchem Privat-
befiß zu refervieren. Nur das oeuvre eines ver-
dorbenen Akademikers (E. J. Gregory) wird be-
fcheiden in einem kleinen Seitenraum mit aus-
geftellt. DieÄltmeifterfchau ift fehr unterfchiedlich.
Unter den Bildern der italinifchen und fpanifchen
Schule findet fich viel Feines, viel Intereffantes
und Anregendes, aber die Benennungen, die ja
fämtlich von den Eigentümern ftammen, werden
zu den eifrigftenDebatten Anlaß geben; in einigen
gar zu eklatanten Fällen freilich nicht einmal
dazu. Mr. R. H. Benfon hat einen großen Teil
feiner mit Liebe und Einficht zufammengeftellten
Sammlung hergeliehen. Wie aber konnte er
z. B. die Madonna mit Kind und Johannes (Nr.31)
„Lionardo“ taufen? In diefem erften Saale, der
viele Primitive enthält, fallen u. a. auf: die Ma-
donna de’Talenti, ein Bild der Sienefer Schule, ein
paar Luinis, eine Heilige in einem Buche lefend
von Vittore Carpaccio, ein ftilles, feines, felbft-
ficheres Werk, eine frühe Madonna mit Kind
und Johannes von Andrea del Sarto, ein dem
G. Bellini zugefchriebenes Männerporträt, ein
fehr charakteriftifches Werk, wenn auch nicht
von Bellini; ein intereffantes Beifpiel der Kunft
des Lionardofchülers Francesco Melzi: Madonna
mit Kind und Jofef (die Madonna und der
Jefusknabe verraten die Schule, die der Künft-
ler durchgemacht hat; und daneben wird in
kleinlichftem Realismus wie ein römifcher Sklave
Jofef gefeßt). Eine ganze Reihe Bilder diefes
Saales fegeln unter falfcher Flagge, und nicht
nur diefes Saales. Dazu kommt, daß die wohl
echten Werke oft ihre Meifter in ganz fchwa-
chen Stunden vorführen. Das gilt namentlich
von den Werken der englifchen Schule,

von der am beften noch Raeburn vertreten ift;
aber auch von Hogarth findet fich ein fehr charak-
teriftifches Werk, „The Lady’s Last Stake“. Das
Juwel der Äusftellung, rein malerifch gefprochen,
ift wohl der eine Van Dyck, ein Damenporträt
(Genuefer Dame) voll größten Charmes; diefes
Bild befißt, was dem teuer erftandenen der Na-
tional Gallery einft eigen gewefen. Sein Her-
leiher nennt fich nicht mit Namen. Ob das Bild
etwa auch Italien heimlich verlaffen hat? Von
Velasquez ftammen zwei fehr frühe Werke: Die
Immaculata; die Jungfrau auf der Mondfichel
ftehend, und Johannes die Offenbarung fchrei-
bend (beide Mr. Laurie Frere gehörig). Von
Murillo findet fich ein großes Stück: Chriftus den
Lahmen heilend. Ein paar Werke follen von
Tintoretto und Tizian ftammen. In der nieder-
ländifchen Abteilung treffen wir ein paar Frans
Hals, wohl nicht alle von der Hand des Meifters
herrührendund einen fogenannten Rembrandt;
ferner ein dem Lucas de Heere zugefchriebenes
Frauenporträt; Pieter de Hoogh ufw.; fodann
ein Porträt Williams, erften Lords Paget, das den
Namen Hans Holbein trägt (Lord Gwydyr). F.

MÜNCHEN Im„Kunftverein“ hat derdeutfche
Künftlerverband eine juryfreie Äusftellung ver-
anftaltet, um auch denjenigen Münchener Künft-
lern Gelegenheit zur öffentlichen Schau zu geben,
die mit oder ohne Recht dem Münchener Aus-
ftellungsmodus mit feinem Jury- und Medaillen-
unwefen zürnen. Den zahlreichen Namenlofen
haben fich mehrereKünftlervon Ruf angefchloffen:
Trübner, Püttner und Feldbauer. Sympathifch
berührten die Arbeiten des ßiegenden Blätter-
zeichners Schlittgen (Bildnis, venezianifche
Stimmung, Stilleben) und es fcheint faß — wir
haben das eben an der wirkfamen Äusftellung
feines Genoffen Älbrecht gefehn — als ob das
einftige Schickfal der Diezfchüler nach dem Siege
Stucks nach dem Siege von Jugend und Simpli-
ziffimus Verhängnis der Getreuen von den Flie-
genden fein werde. Wenn leßtere fich auch
überlebt haben, wäre es doch unrecht, die Träger
der Tradition als eigene Künftler mit der Sache,
der ße dienen, zu verwechfeln.

Unter den 275 im Kunftverein ausgeftellten
Bildern find nur wenige, die hier, wo es fich nicht
um aufmunternde Lokalkritik handelt, wert find,
befonders herausgehoben zu werden. Doch fei
wenigftens bemerkt, daß der Durchfchnitt höher
anzunehmen ift, als zu erwarten war, und daß
unter den Landfchaften, ferner unter den Por-
träts fich Stücke befanden, die ficherlich beffer
gemalt waren als mancher Kitfch in der unfeligen
Jahresausftellung im Glaspalaft.

68
 
Annotationen