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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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8. Heft
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Denkmalpflege und Städtebau
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DENKMALPFLEGE UND STÄDTEBAU

Kunft einen charakteriftifchen, wichtigen Zug
einfügen würde oder als Ferment für die Weiter-
entwicklung zu wirken verfprädie. —

Eine intereffante hiftorifche Darftellung bringt
die „Sezeffion“: des Älbin Egger-Lienz großes,
für das Wiener Rathaus beftimmtes Wandge-
mälde „König Eßels und Krimhildes Einzug zu
ihrer Hochzeitsfeier in Wien“. Nach Jahren
einer nicht ungewöhnlichen künftlerifchen Tätig-
keit hat Egger-Lienz unter dem Einfluß Hodlers
feinen „Stil“ gefunden. Er hat ein ganz her-
vorragendes Talent für monumentale Wand-
malerei: Rhythmus und dramatifche Konzen-
tration. Das neue Werk ift befonders intereffant,
weil darin (im Gegenfaß zu den leßten Arbeiten
des Künftlers) eine Verbindung der vereinfachten
Darftellungsart mit einer farbigeren Gefamtwir-
kung angeftrebt fcheint. —

Die „Wiener Kunft“ ift in den drei Aushei-
lungen nicht ganz repräfentiert. Die Gruppe,
die um Wiens ftärkfte Künftlerindividualität, um
Guftav Klimt vereinigt ift, fehlt noch in der
Reihe der Äusfteller. V. F.

Die Galerie Miethke eröffnet anfangs Mai
eine Manet-Monet-Äusftellung.

DENKMALPFLEGE UND
STÄDTEBÄU

DER WETTBEWERB „GROSS-
BERLIN“. Faft dreißig Entwürfe waren auf
diefes Preisausfchreiben hin eingegangen, manche
nur aus einigen Blättern, der größte aus 73 Plä-
nen, Änfichten und einigen Modellen beftehend.
Bei der Preisverteilung wurde je die Hälfte des
zufammengelegten erften und zweiten Preifes
Genzmer-Brix und Herrn.Janfen zugefpro-
chen, den dritten erhielten für ihr Projekt Möh-
ring, Eberftadt und Peterfen, der vierte
fiel an Bruno Schmiß, der ein moderner Po-
lifilo oder Paliffy den Traum einer idealen Groß-
ftadt heraufzaubert. Eine Anzahl Entwürfe
wurde angekauft.

Die Bedeutung diefes einzigartigen Wettbe-
werbs ift eine interne und externe. Für Berlin
hat man einen Reichtum von Möglichkeiten ge-
wonnen, diefe Stadt zum Empfang der kommen-
den Jahrhunderte zu rüften (die Geldfrage fällt
hierfür nicht einmal fo ftark ins Gewicht, da
auch bedeutende Neuwerte gefchaffen werden
und New-York lehrt, daß für die Verbefferung
einer Stadt 340 Millionen mit Vorteil ausgegeben
werden können) durch Ausbau ihres Verkehrs,
wie Genzmer-Brix in erfter Linie wollen, und
durch Entwicklung ihrer Architektonik, Bebau-

ungs- und Änfiedlungsverhältniffe, worin der
Schwerpunkt der beiden anderen Entwürfe liegt.
Den hunderten von Gemeinden Groß-Berlins,
die bisher in Bauern fchlauheit nur auf eignes
fchnelles Emporkommen bedacht waren, kurz-
sichtig gegen Nachbargemeinden und den groß-
ftädtifchen Gefamtkörper, deren Bebauungspläne
durchaus nicht den Forderungen moderner Stadt-
baukunft entfprechen, foll mit Bebauungsplänen
an die Hand gegangen und ihnen klar gemacht
werden, daß fie [ich in Zukunft nur in richtiger
Ängliederung an das Gerüft Groß-Berlins hoch-
halten können. Selbft an eine gefeßliche Zwangs-
erziehung der Einzelnen, die dem Ganzen wider-
ftreben, wäre zu den ken und fogar die Bildung einer
Immediatbehörde aus technifchen, künftle-
rifchen und volkswirtfchaftlichenSachverftändigen
zu wünfchen, deren prohibitivem Veto fich Fiskus,
Gemeinden und ftädtifche Gefellfchaften zu fügen
hätten. Darüber hinaus ift der Wettbewerb ein
Dokument norddeutfchen Städtebaus, das bei
feiner Vorführung auf der Allgemeinen Städte-
bau-Äusftellung Berlin 1910, die am 1. Mai er-
öffnet wird, für andere Städte und nicht nur
die deutfchen Bedeutung gewinnen wird. Äb-
fichtlich fage ich „Dokument des norddeutfchen
Städtebaus“, im Gegenfaß etwa zum Münchner,
denn die beften Entwürfe betonen nachdrücklich,
daß gerade perfpektivifcheStraßenführungen dem
Charakter Berlins und feiner künftlerifchen Tra-
dition mehr entfprechen, als bogenförmig ge-
führte Straßen mit gekrümmten Wandungen,
Vor- und Rückfprüngen und Einzeleffekten, die
anmutige Bilder und freundliche Winkel ergeben,
aber für eine bedeufame Erweiterung der Reidhs-
hauptftadt (wie etwa durch das Tempelhofer
Feld) keine Berechtigung haben.

Die Verkehrslinien find das eiferne Gerüft
einer Großftadt und zum Verftändnis der archi-
tektonifchen Entwicklung Berlins ift auf ihre Neu-
ordnung ein kurzer Blick zu werfen. Stark mar-
kierend ift die Zufammenfaffung der Einzelbahn-
höfe zu einem nördlichen und füdlichen Zentral-
bahnhof und die Herftellung einer unterirdifchen
direkten Verbindung zwifchen beiden. Der Plan,
diefe Verbindung für die Durchleitung von
Fernzügen auszubauen und in der Gegend des
Bahnhofs Friedrichsftraße den riefigften Zentral-
bahnhof der Welt entftehen zu laßen, wird kaum
durchführbar fein. Äusfallftraßen gleich der Dö-
berißer Heerftraße follen vom Zentrum der Stadt
möglichft weit gradlinig über ihre Peripherie
hinausgeführt werden, um für den wachfenden
Äutomobilverkehr notwendige Vorausfeßungen
zu fchaffen.

Von Straßendurchbrüchen verlangt man
heute, daß fie nicht wie die neueren Parifer

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