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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0161

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VERMISCHTES

Zweckdienliche Nachrichten über den Verbleib
der Figuren find an das Königl. Landeskonfer-
vatorium in Stuttgart, Neckarftraße 8, zu richten.

BERLIN Anläßlich der franzöfifchen Aus-
heilung hat man der Kunft unferer weftlichen
Nachbarn auch an anderen Stellen die Tore
gaftlich geöffnet. Das Kaifer Friedrich-Mu-
feum ftellte 10 Gemälde von Antoine Pefne
und feinem Schwiegervater Dubuiffon aus öfter-
reichifchem Privatbeßß leihweife aus (in dem jeßt
leeren Verrocchiofaal des Erdgefchoffes). Im
Kupf erftidikabinett find graphifche Arbeiten
und Zeichnungen aus dem 18. Jahrhundert zu
fehen, ebenfo bei Ämsler & Ruthardt und bei
Charles de Burlet. Agnews zeigen ein paar
treffliche franzößfche Porträts, vor allem von
dem trefflichen, auf der Äusftellung nicht ver-
tretenen Grimou, fodann ein fchönes Genrebild
Lancrets. V.

BERLIN Prof. Dr. E. Raehlmann, der in
Nr. 5 der „Umfchau“ an Hand von Abbildungen
die Methode befchrieben hat, deren er fich zur
Unterfuchung der Farben der Florabüfte bediente,
wird Ende Februar einen Vortrag im Hörfaale
der Kunftgewerbeunterrichts-Änftalt über das
gleiche Thema halten.

Die Ausführungen des bekannten Gelehrten
werden durch zahlreiche Projektionen mikrofko-
pifcher Präparate erläutert werden.

BRÜSSEL In einer Studie von Ä. J. Wauters
über den Anteil der Brüder van Eyck an der
„Anbetung des Lammes“ in St. Bavo zu
Gent kommt er zu dem Ergebnis, daß der ältere
Bruder Hubert das Polyptichon faft vollftändig
gemalt habe. Bisher galt diefer als derMeifter
der Mitteltafel, der Geftalten Gott Vaters, Marias,
Johannes, Adams und Evas, während die Flügel-
und Äußenbilder dem jüngeren Bruder zugewie-
fen wurden. Wauters meint, daß beim Tod
Huberts 1426 das im Jahre 1420 von Jodocus
Vyt beftellte Werk faft vollendet gewefen fei
und der Stifter felber ihn auf dem in der Ka-
pelle St. Jean gefeßten Grabftein als Ver-
fertiger bezeichnet habe. Die Anmerkung Albredht
Dürers in feinem Tagebuche, wo von einer „Jo-
hannes-Tafel“ die Rede ift und aus der man auf
Jan van Eyck fchließen könnte, bezieht Wauters
auf die Kapelle St. Jean, für die das Werk ge-
malt worden. Sodann ftüßt er ßch noch auf das
Tagebuch eines Dr. Joachim Münzer, der 1495
Gent befucht habe, und davon fpricht, daß der
Maler des Zyklus vor dem Altar begraben liege,
alfo Hubert. Ferner auf die Relation des Kar-
dinals Ludwig von Aragonien, endlich auf die

Infchrift auf einer der Berliner Tafeln. Wauters
beabfichtigt, noch weitere Beweife beizubringen,
aus denen sich ergeben foll, daß Hubert van
Eyck faft ausfchließlich das Verdienft zukomme,
die „Anbetung des Lammes“ gefchaffen zu
haben. Man wird diefe Dokumente abzu-
warten haben, bevor der Beweis als erbracht
gelten darf. F. M.

ROM Die reifarchaifche Niobide der Banca
Commerciale hat in den leßten Wochen Anlaß
zu erregten Diskuffionen in der breiten Öffent-
lichkeit und fogar in den Stadtvertretungen von
Rom und Mailand gegeben. Die Beßßerin der
Statue, die Banca Commerciale, hat nämlich die
Skulptur von ihrem proviforifchen Äufftellungs-
orte, einem kleinen fchlecht beleuchteten Zimmer
in der römifchen Filiale, nach ihrer Mailänder
Zentrale, einem vom bekannten Architekten Luca
Beltrami entworfenen Prachtbau, überführen
laffen. Die Statue wurde aufs Sorgfältigfte ver-
packt und in einem eigenen Waggon mit dem
Schnellzuge nach Mailand verfandt. Nun erhob
aber der eigentliche Finder der Skulptur, der
Erdarbeiter di Carlo, wahrfcheinlich von dritter
Seite aufgereizt, Änfpruch auf den halben Wert
der Statue und verlangte die Sequeftrierung der-
felben vor definitiver Austragung des Rechts-
ftreites. Der römifche Richter gab diefem An-
träge Folge und beftellte den Bürgermeifter Roms,
Nathan, zum Sequefter. Inzwifchen war aber
die Statue fchon nach Mailand überführt und
dort einftweilen im Mufeum untergebracht wor-
den. Der Bürgermeifter Nathan fuhr hin und
erzwang die Anerkennung des Sequefters, beließ
aber vorläußg die Niobide in Mailand. Nun hat
fich aber auch die Comune Rom gemeldet und
behauptet, die Statue fei gar nicht auf dem
Terrain der Bank, fondern auf dem Straßen-
grunde gefunden worden, gehöre alfo der Ge-
meinde. Es fchweben alfo jeßt zwei Prozeffe,
und bei der Langfamkeit des italienifchen Pro-
zeßverfahrens werden wohl Jahre hingehen, ehe
die Bank ihr uneingefchränktes Recht finden
wird. Schließlich ift, wie Eingeweihte behaup-
ten, nicht daran zu zweifeln, daß fie in jhrem
vollen Rechte innerhalb Italien nach Gutdünken
über die Statue verfügen konnte, ferner, daß
der Arbeiter de Carlo als Taglöhner keinen Än-
fpruch auf die Hälfte des Werkes der Skulptur
und höchftens den auf eine Gratifikation hat.
Ferner ift Mailand, das keine einzige halbwegs
gute antike Skulptur befißt, die Niobide zu gön-
nen, während fie in Rom in der Maffe der Skulp-
turen verfchwindet. (Vgl. die Notiz in Heft 3.)

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