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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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5. Heft
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Hermens, Willibald: Religiöse Darstellungen von Baudouin: zur französischen Ausstellung der Berliner Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0190

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RELIGIÖSE DARSTELLUNGEN VON BAUDOUIN

Auffällig erfcheint vielleicht, daß auf zwei Blättern (1 und 3) Mitra und Gewand des
Priefters mit Gold gehöht find; ich weiß nicht, ob Baudouin diefes Mittel bei feinen Ma-
lereien profanen Inhalts jemals angewandt hat. Doch mag der Gebrauch des Goldes bei
kirchlichen Miniaturen auch damals noch zur Tradition gehört haben — in den oben er-
wähnten Büchern für die königliche Kapelle find die Bildfeiten alle mit goldgemalten
Rahmen verfehen —, und außerdem darf man nicht vergeffen, daß die Mehrzahl der ga-
lanten Maler des Rokoko ja zeitweilig im Dienfte der Kunftinduftrie oder wenigftens in
Beziehungen zum Kunftgewerbe geftanden hat. Baudouin, von deffen Jugend und Ent-
wicklungsgang wir fo wenig wiffen, wird darin keine Ausnahme gemacht haben. —

Wenn die kunfthiftorifche Bedeutung der befprochenen Miniaturenfolge nun noch mit
kurzen Worten gekennzeichnet werden foll, fo möchte ich daran erinnern, daß die Brüder
Goncourt1 überhaupt nur fünf wohlerhaltene echte Malereien Baudouins zu kennen er-
klärten, die Exiftenz irgend eines vollftändig bildmäßig ausgeführten Stückes aber rund-
weg leugneten. Beide Behauptungen find feither — namentlich durch Bouchots Ent-
deckungen in der Parifer Nationalbibliothek — hinfällig geworden; das erfte namhafte
Werk Baudouins, das in Deutfchland auftaucht, wird aber doch das Marienleben des
Herrn v. Goldammer fein. Wunderliches Spiel des Zufalls: ein paar Zyklen religiöfer
Darftellungen geben jefet das umfangreichfte und ficherfte Material, das uns zur Beurtei-
lung des verrufenen Malers zweifelhafter Gefchichten geblieben ift.

1 In dem Baudouin gewidmeten Anhang zum Leben Bouchers.

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