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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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6. Heft
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Sauerlandt, Max: Bernburger Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0216

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BERNBURGER FAYENCEN

Jahre 1765 zur Regierung kam1. Wiederholte Anfragen nach urkundlichem Material über
eine frühere Fayence- oder Porzellanfabrik bei dem herzoglichen Haus- und Staatsarchiv
in Zerbft, in dem alle anhaltifchen Archivbeftände zufammengefloffen find, hatten eben-
falls ein negatives Ergebnis. Um fo größer erfcheint darum die Bedeutung eines Safees
von drei Fayencevafen, die in ihrer Bezeichnung und Datierung einen deutlichen Hinweis
auf Bernburg und das Jahr 1725 geben.

Das Datum führt auf die Frühzeit der Regierung Victor Friedrichs, der am 20. September
1700 geboren, nach der üblichen Kavalierstour durch Deutfchland, Italien, Frankreich und
die Niederlande (1717—1718) im Jahre 1721 die Regierung des feit 1603 felbftändigen
Fürftentums Anhalt-Bernburg übernahm.

Victor Friedrich war feit 1724 in erfter Ehe mit der fchon 1732 im erften Kindbett
verftorbenen Louife zu Anhalt-Deffau, in zweiter Ehe mit Sophie Friederique Albertine
von Brandenburg-Schwedt vermählt. Diefe zweite Ehe wurde am 22. Mai 1733 mit
großem Gepränge am preußifchen Hofe in Potsdam gefeiert.

Victor Friedrich erfcheint als eine der typifchen deutfchen Kleinfürftenfiguren des Auf-
klärungszeitalters. Bernburg verdankt ihm die ftattlichften Bauten: den Neubau des zu
einem Archiv umgewandelten Regierungsgebäudes in der alten Stadt, die Kirche auf dem
Berge, einen Flügel des alten Schloffes, die erfte fteinerne Saalebrücke. Seine maßlofe
Jagdleidenfchaft führt zu argen Mißhelligkeiten und zu Bedrückungen der Landbevölke-
rung, ja es kommt zu einer kleinen Revolte, die nur durch die verftändige Nachgiebigkeit
des Fürften gefchlichtet wird. Neben den beiden fürftlichen Gemahlinnen fehlt die Mai-
treffe nicht in Geftalt der als Frau von Bähr geadelten Kammerjungfer Sophie Friederike
Albertine Conftantine Friederique Schmidt, die der Fürft nach dem Tode der zweiten Ge-
mahlin, wie Samuel Lent}, der Hiftoriograph des hochfürftlichen Haufes Anhalt, [ich aus-
drückte, „lieb gewann und zu feiner Bettsgenoffin erklärte". Daneben aber tritt auch
eine eifrige Fürforge für die foziale und wirtfchaftliche Entwicklung des Fürftentums zu-
tage durch die Begründung einer Feuerverficherungsanftalt, einer Schullehrer- und Witwen-
kaffe, durch Organifation der an Silber ertragreichen Harzbergwerke, durch Grenzregu-
lierungen, Straßenbauten, endlich durch die Einrichtung von Fabriken und Manufak-
turen, von denen Victor Friedrich fich offenbar, wie fo viele Fürften feiner Zeit, eine ganz
befondere Hebung des Wohlftandes feiner getreuen Untertanen verfprodien hat.

Lenß'2 berichtet zum Jahre 1724 von der Anlage einer„Brandtweins-Brennerey “, die
der Fürft eingerichtet habe „damit auch die fürftlichen getreuen Unterthanen zu ihrer Con-
fumtion den erforderlichen Brandtwein nicht erft von fremden Orten herholen, fondern
folches Getränke im Lande haben mögten" und ferner heißt es zum Jahre 1729 „auch
ließ der Fürft auf dem Mägde-Sprung bey Harzgerode eine neue Pappier-Mühle mit
zwey deutfchen und einem holländifchen Gefchirr erbauen, worinnen das fchönfte Pap-
pier von verfchiedenen Sorten gemacht wird“. Ein fpäterer Anhaltifcher Gefchichts-
fchreiber3 berichtet von Verfuchen Victor Friedrichs, den Seidenbau in Bernburg heimifch
zu machen. Von einer Fayencefabrik aber weiß weder Lenß, der freilich auch die
Zerbfter Manufaktur mit keinem Worte erwähnt, noch feine Nachfchreiber und Fortfefeer.

1 Ä. a. 0. S. 283 ff.

- Samuelis Lentzii Becmannus enucleatus suppletus et continuatus oder Hiftorifdi-Genealogifdie
Darftellung des hochfürftlichen Haufes Anhalt und der davon abftammenden Marggrafen zu Bran-
denburg, Herzoge zu Sachfen und Sachfen-Lauenburg. Mit vielen Kupfern. Cöthen und Deffau.
In der Körnerifdien Buchhandlung, 1757.

3 Stenzei, Handbuch der Anhaltifchen Gefchidite, Deffau 1820, S. 326 ff.

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