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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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12. Heft
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Kleine Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0511

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KLEINE NACHRICHTEN

Kohn felbft an Fräulein Ämrein zum Gletfcher-
garten in Luzern um 26000 fs., und Buff und
Kohn teilten fich in den Mehrerlös. Den „Liebes-
herbft“ botWiefer dem Basler Kunftmufeum
zum Kaufe an und es wurde vorbehaltlich
der Feftftellung der Provenienz ein Preis von
32000 fs. vereinbart. Die Kaufsunterhandlungen
zerfchlugen fich aber, da die Auskünfte über
einen gewiffen Ä. Todler-Lorrien in Paris, aus
deffen Privatbefiß das Bild gekommen fein füllte,
nicht ftimmten. Der Konfervator des Mufeums,
Profeffor Ganz, der das Bild anfänglich für echt
gehalten hatte, gab dasfelbe wieder zurück, und
damit war die Sache erledigt. Das Bild wurde
fchließlich auf Veranlaffung des Berliner Kunft-
händlers Zäslein, der feit vielen Jahren Böck-
linfche und Rüdisühlifche Bilder in den Handel
gebracht hat, der Zürcher Kunftgefellfchaft zur
Änficht überlaffen und hier von Sachverftändigen
als Fälfchung erkannt, worauf Strafklage der
Kunftgefellfchaft bei der Bezirksanwaltfchaft er-
hoben wurde. Um den Verkauf des „Liebes-
herbft“ hatte fich auch der Zürcher Kunftmaler
OttoLafius bemüht. Er fuchte zuerft in einem
Gutachten an Buff die Echtheit nachzuweifen
und als dasfelbe keinen Änklang fand, reifte er
mit dem Bild auf Koften des Buff nach Florenz
zu der Witwe Böcklin und ließ fich von derfelben
eine Befcheinigung ausftellen, daß ihr der „Liebes-
herbft“ einen völlig echten Eindruck mache und
aus dem Atelier ihres verftorbenen Gatten zu
ftammen fcheine. Im Basler Prozeß bezeugte
der Sohn Carlo Böcklin fchriftlich, daß er den
„Liebesherbft“ von Anfang an für gefälfcht ge-
halten, und daß Lafius das Echtheitszeugnis für
die Mutter aufgefeßt habe. Der Sohn Felix
Böcklin hielt dagegen das Bild für echt.

Die hier geführte Unterfuchung richtete fich
gegen Buff, Wiefer und Lafius; Kohn war
nicht eingeklagt. Die Befchuldigung ging dahin,
daß diefe Herren die Böcklinbilder in den Handel
gebracht und zum Teil verkauft hatten, obfchon
fie gewußt, daß ße gefälfcht feien. Die Unter-
teilung hatte feftzuftellen, ob die in Frage
ftehenden Böcklinbilder echt oder falfch feien
und ob die Ängefchuldigten im leßteren Falle
um die Tatfache der Fälfchung gewußt haben.
Inzwifchen war auch in Bafel das Strafverfahren
gegen Rüdisühli felbft eingeleitet worden und
es wurde die hierfeitige Unterfuchung bis nach
Erledigung des Hauptprozeffes in Bafel ruhen
gelaffen. Rüdisühli ift zweitinftanzlidi freige-
fprochen worden, weil troß ftarken Verdachts-

gründen ein ficherer Beweis dafür, daß der An-
geklagte Rüdisühli die Bilder in Kenntnis der
Unechtheit erworben und weiter verkauft habe,
nicht geleiftet fei. Es fei die Möglichkeit nicht
ausgefchloffen, daß Rüdisühli feinerfeits von
Tobler getäufcht worden fei und felbft an die
Echtheit der Bilder geglaubt habe. Die Zürche-
rifche Staatsanwaltfchaft vermag die Frage, ob
Rüdisühli, falls er nicht felber der Fälfcher ge-
wefen ift, um die Fälfchung gewußt habe, auf
Grund der Äktenlage nicht im Sinne des Basler
Appellationsgerichtes zu beurteilen. Der angeb-
liche Tobler fei der bekannte „Unbekannte“, der
in derartigen Fällen, wo ein Ängefchuldigter
über die Herkunft eines Gegenftandes keine Aus-
kunft erteilen will, immer wieder auf der Bild-
fläche erfcheint, und es fei nicht recht verftänd-
lich, wie das Basler Gericht dazu kam, an diefes
Märchen nur halbwegs zu glauben. Der Aus-
gang des Hauptprozeffes war für die hiefige
Unterfuchung von präjudizierlicher Bedeu-
tung. Es wäre doch wohl ein gewiffer Wider-
fpruch darin zu ßnden, den Hauptfchuldigen
laufen zu laffen und die Nebenangefchuldigten
zur Strafe zu bringen. Aber abgefehen von
diefer Erwägung hat der Beweis nicht erbracht
werden können, daß Buff und Konforten um
die Fälfchungen gewußt hätten. Für ihren guten
Glauben fpricht die Tatfache, daß felbft ein Kunft-
verftändiger von Beruf, Profeffor Ganz in Bafel,
fowohl den „Heiligen Hain“ als den „Liebes-
herbft“ anfänglich für echt gehalten hat, wäh-
rend die Ängefchuldigten als Laien überhaupt
nicht wohl imftande waren, fich über die Frage
der Echtheit ein Urteil zu bilden. Im weiteren
fpricht für den guten Glauben die Tatfache, daß
fie die Bilder kunftverftändigen Kaufliebhabern
anboten und hervorragenden Kunfthändlern in
München und Frankfurt a. M. vorwiefen. Wäre
bei den Ängefchuldigten das Bewußtfein der
Fälfchung vorhanden gewefen, fo hätten fie doch
eher darauf ausgehen müffen, fich nach weniger
vertrauten Kaufliebhabern umzufehen. Aus diefen
Gründen ift die Strafunterfuchung eingeftellt
worden. Die Ängefchuldigten haben immerhin
die Hälfte der Koften zu tragen, da fie durch
ihr nicht ganz einwandfreies Gefchäftsgebaren
Veranlaffung zur Einleitung der Unterfuchung
gegeben haben. Das feinerzeit befchlagnahmte
Bild „Liebesherbft“ ift dem Eigentümer Buff
herausgegeben worden. Damit fällt diefe viel-
genannte Affäre aus Äbfchied und Traktanden.

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