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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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14. Heft
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Hintze, Erwin: Schlesisches Zinngerät mit geätztem und gegossenen Dekor
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0551

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SCHLESISCHES ZINNGERAT MIT GEATZTEM UND GEGOSSENEM DEKOR

Spitjovale find mit kleinen Blütenzweigen gefüllt. Am Rande der Deckel zieht [ich meift
eine feine Riefelung hin.

Auffallend ift, daß die vorerwähnten Beifpiele für geätjten und gegoffenen Dekor auf
fchlefifchen Zinngeräten fämtlich aus provinziellen Werkftätten hervorgegangen find und
die große Breslauer Zinngießer-Innung nichts dazu beifteuern konnte. Wenn es auch
felbftverftändlich im Bereiche der Möglichkeit liegt, daß künftige Funde noch ähnliche
Arbeiten von Breslauer Meiftern bringen können, fo fcheint hierbei doch nicht nur das
blinde Walten des Zufalls die Hand im Spiele gehabt zu haben. Wenigftens befifeen wir
vom Ende des 16. Jahrhunderts eine urkundliche Aufzeichnung, die davon Kunde gibt,
daß die Breslauer Zinngießer weder den geästen noch den gegoffenen Dekor auf ihren
Arbeiten anzubringen pflegten. Ein Partierer namens Hans Baumgarten hatte fich damals
in Breslau mit dem Verkaufe importierter Zinnwaren befaßt. Als die ortsangefeffenen
Kandelgießer dagegen Einfpruch erhoben und die Angelegenheit vor dem Breslauer Rat
zur Entfcheidung kam, führte dann Baumgarten zu feiner Rechtfertigung aus, „weil er
kein andern zin dan geeczte vnd gegoffene arbeitt vnd kunftftucke führete, welche die
Breßlifchen meifter nicht zu machen pflegten, auch nicht machen kondten, derwegen er
dadurch inen an ihrem handtwerg keinen einhalt thette, fo verhoffe er, daß ihme, folche
gegoffene vnd geeczte arbeit vnd kunftftucke zuuorkauffen, von den kannegiffern mit
billigkeit nicht kondte gewehrett werden.“ Die Breslauer Zinngießer waren nicht in der
Lage, die Richtigkeit der Baumgartenfchen Verteidigung in Abrede zu ftellen und fo ent-
fchieden die Ratmannen am 12. Mai 1589, „daß dem Baumgarten in den öffentlichen
jarmärckten frey vnd vnuorfchrenckt fein foll, allerley gegoffene, geeczte vnd andere
kunftftucke, welche die Breßlifchenn meifter nit zumachen pflegen oder machen können,
feil zuhaben vnd zuuorkauffen; aufferhalb der jarmargkte aber foll er folcher ftucke keines
höher dann eines pfundes fchwer feill zuhaben vnd zuerkauffen befugt fein“.1

1 Breslauer Stadtarchiv, Liber definitionum Bd. III fol. 2ABb—249a. — Schießens Vorzeit in Bild
und Schrift, Neue Folge, Bd. V S. 200.

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