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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0695

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PERSONALIEN

für die neue Faffade des Florentiner Doms einen
San Simone. Die Figur einer Badenden, ein
Doppelmedaillon: „Die vier Jahreszeiten“ und
eine Allegorie der Zeit (Bronze) waren außer
kunftgewerblichen Arbeiten die Hauptergebniffe
feiner legten Lebensjahre, die Carnielo in völliger
Einfamkeit in einem reizenden Villino an der
Piazza Savonarola verbracht hat. B.

FLORENZ Am 3. September ift der Architekt
Riccardo Mazzanti geftorben. Er war in
Florenz 1850 geboren und hat an der dortigen
Akademie ftudiert. Eine große Zahl moderner
Florentiner Wohnhäufer, Villen und Gefchäfts-
paläfte find Werke des Verftorbenen. Nach feinen
Zeichnungen wurde der Palazzo Cocchi in Via
S. Martino in Rom und eine Menge Grabkapellen
in verfchiedenen Städten Italiens erbaut. Seine
legten Arbeiten waren die großartige Villa Phi-
lipfon in Vajoni bei Piftoia und die Zeichnungen
zur neuen amerikanifchen Kirche, deren Voll-
endung er nicht mehr erleben follte. Gemeinfam
mit feinem Bruder Enrico und mit dem Archi-
tekten Del Lungo gab Mazzanti 1876 das Ärchi-
tekturwerk: „Opere antiche e moderne di Fi-
renze“ heraus. Der in Florenz hochangefehene
Architekt hat neben dem Präfidium des Collegio
Accademico und dem Direktorat des Istituto di
Belle Ärti zahlreiche Ehrenämter bekleidet. Die
Bauten Mazzantis zeichnen fich meift durch ge-
fchmackvolle Einfachheit und Zweckmäßigkeit
aus; ein Neuerer auf dem Gebiet der Baukunft
war er nicht. W. B.

HÄÄRLEM Zur Führung der Gefchäfte eines
Direktors am ftädtifchen Mufeum, vorläufig für
ein Jahr, find die Herren J. O. Kronig im Haag
und W. J. C. van Meurs in Haarlem vom
Magiftrat zur Wahl vorgefchlagen. K. E.

LONDON Vor kurzem ftarb im Alter von
83 Jahren der legte Prärafaelitenbruder W. Hol-
man Hunt, der Maler des „Lichtes der Welt“,
des „Sündenbocks“, des „Jefusknaben im Tem-
pel“. Vor einigen Jahren fchilderte Hunt die
Entftehung der Prärafaelitenbruderfchaft in feinen
dickleibigen Memoiren, die die gleichen Haupt-
eigen fchaften wie die Malereien felber: un-
erfchöpfliche Ausdauer und faft unbegreifliche
Äcribie aufweifen. Er verficht darin die Führer-
rolle, die er in diefer Bewegung gefpielt hat.
Er habe, fo fchreibt er, die Grundfäge des echten
Prärafaelitentumes aufgeftellt, und ihnen fei er
auch treu geblieben fein lebelang. Das ift voll-
ftändig wahr, zeigt aber nur feine eigne Be-
fchränktheit. Er war der Vertreter des peinlich

genauen Realismus, dem fich ganz konfequent
der Hiftorismus anfchloß, der in feinem in-
dividuellen Falle (freilich durch nationale Gründe
mitbeftimmt) ein religiöfes Gewand trug. In-
dividualität und Temperament waren ihm un-
bekannte Begriffe; er vertrat überall den nor-
malen Typus, und daher wirken feine Gemälde
auch fo ganz außerordenlich langweilig. Ihre
„Kunft“ ift fehr gering, denn fein Farbenempfin-
den war meift das eines Ölfarbendruckers, feine
Linie die eines ängftlichen Zeichenlehrers, fein
Kompofitionstalent das eines Kopiften, dem alles
daran liegt, fein Vorbild — in Hunts Falle, die
zufällige Natur — auf das genauefte zu repro-
duzieren. Und doch hat diefer Mann, gleichfam
als Sprachrohr feiner Zeit, eine große Bedeutung
befeffen: er hat mit das Zeitalter des Realismus
heraufgeführt, er hat für Ehrlichkeit und Echt-
heit geftritten und deshalb als einer der aller-
erften das Freilichtmalen geübt. Er muß die
ungeheure Sicherheit befeffen haben, die aus
Befchränktheit und Überzeugung fich herfchreibt,
und mit diefer Sicherheit wußte er eine Zeitlang
fo völlig verfchiedene Naturen wie Dante Gabriele
Roffetti und Millais an fich zu feffeln. Er blieb
der kühleifrige Puritaner, die anderen gingen
aber bald eigne Wege. Wiewohl Hunt erft vor
einigen Jahren die höchfte Ehre, den Order of
Merit, verliehen erhielt, war er doch längft ein
abgetaner Mann, der leider nicht die Weite des
Herzens und Blickes befaß, die Jugend und ihr
neues Wollen zu verftehen. Die Leicefter Gal-
leries veranftalteten vor wenigen Jahren eine
Äusftellung feiner Werke, in der eigentlich nur
ein einziges Bildchen, eine Landfchaft mit Schafen,
uns Heutigen etwas zu geben vermochte. Sein
Titel allerdings deutete an, daß auch in ihm
Hunt das Predigeramt nicht ablegen konnte.
Hunt roll nun feine legte Ruheftätte in dem
Malerwinkel der St. Paulskathedrale erhalten.
Dort liegt u. a. auch Reynolds, der Verfediter
der alten Meifter und ihrer Tradition. Wie
wird er den naturaliftifchen Bilderftürmer emp-
fangen?

Ebenfalls vor kurzem ftarb Mr. Charles
Butler, D. L. of Warren Wood, Hatpeld, der
fehr häufig bei Chriftie zu fehen war und eine
bedeutende Sammlung von Gemälden alter Mei-
fter fowie von Skulpturen, namentlich der ita-
lienifch Renaiffance zufammengebracht hatte, p

PÄRIS Der Maler Henri Rouffeau, be-
kannt unter dem Namen „der Douainierpeintre“
ift am 1. September in Paris im 68. Lebensjahre
geftorben. Er war Zollbeamter und wurde erft
in feinem Ruheftand Maler. Sein naives, kind-

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