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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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20. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

rakter an [ich. Sehr zu loben ift die lockere
Hängeweife und das Aufheben der Wandbe-
fpannungen.

Neununddreißig Räume von fiebenundfiebzig,
alfo die Hälfte fämtlicher verfügbarer Säle hält
die Münchener Künftler-Genoffenfchaft inne. An
künftlerifchem Wert die erfte Stelle nimmt hier
die Landfchaft ein, L. Willroiderf, J. Weng-
lein, A. Fink, J. Bauer, O. Strüßel, M. Hartwig,
R. F. Curry, J. Hänfch, L. Schönchen und C. Lange
tun fich befonders hervor; im Figurenftück
H. Bremer, Fr. Eichhorft, P. Kalman und V. Maly,
fowie der Schlachtenmaler C. Becker, im Bildnis
A. Erdtelt und R. Birnftengel, im Stilleben
J. V. Carftens, J. Algier, G. Fifcher-Elpons und

G. Schachinger, im Tierbild E. Adam, W. Schwär
und Ä. Koefter.

Durch umfangreichere Sammelausftellungen
werden zwei tote und drei lebende Künftler ge-
ehrt. Hermann Kaulbach f und der Plaftiker
Anton Heß f bedürfen vielfach des hiftorifchen
Sehens, um ihr Werk noch nach Gebühr zu
würdigen, L. v. Löfzß zeigt ein vornehmes
eklektifches Wefen, Ph. Roth gehört jenem
Kreife wackerer Männer an, die in den fiebziger
Jahren fich um die Ausbildung der heimifchen
Landfchaftsmalerei verdient gemacht haben.
Friß A. v. Kaulbach endlich, der in neuerer Zeit
es liebt, durch prunkvolle Aufmachung feines
Äusftellungsraumes, feinen Darbietungen, wie
einft Lenbach, das Gepräge von etwas ganzBe-
fonderem zu geben, reizt durch das ftark Äußer-
liche feines Vortrags fehr zu kritifchem Wider-
fpruch.

In der Luitpoldgruppe wird unter W. Thor,
Ä. Gregoritfch, Harry Schulß und H. Brüne
im Bildnis Vorzügliches erreicht, letzterer hat
auch ein paar malerifch bedeutende Akte ge-
fchickt; in der Gruppe aber trifft man auch ein
paar unferer beften Landfehafter an, fo H. Heider,
R. Petuel, Fr. Baer und Toni Elfter.

Am gefchloffenften im ganzen Glaspalaft wirkt
der Saal der Münchener Künftlerkorporation die
„Bayern“. Landfehafter von Rang find hier

H. v. Bartels, Ä. Lüdecke, J. D. Holz, E. Lie-
bermann, CI. Bergen, R. Sieck, Ch. Palmie
und Fr. Hoch, im Figurenftück fieht man Hoch-
achtbares von C. Bios, A. Egger-Lienz und
Fr. Kunz, der eine der umfangreich ften Arbeiten
der ganzen Äusftellung, ein großes dekoratives
Votivgemälde, hier hängen hat. E. Thallmaier
ift noch anzufügen, ein vielfeitiger Künftler von
guter Naturanfchauung.

Weimar, das zwei Säle einnimmt, trägt im
allgemeinen den Charakter eines modernen
Akademismus zur Schau. Gari Melchers, Fr.
Mackenfen und vor allem Hans Olde find mit

wahrhaft Genuß bietenden Schöpfungen zur
Stelle, das übrige hält fich mehr oder minder im
Bereiche des Mittelmäßigen.

Der Verein der Berliner Künftler gibt ßch nur
wenig gehaltvoll. Das Befte an den Berlinern ift
eine fichere, wenngleich kalte Beobachtungsgabe,
die fie hauptfächlich in Landfchaft und Interieur
Charakteriftifches erreichen läßt. Schulte im Hofe,
R. Ä. Kampf, M. Gildemeifter, W. Obronski
find als Schöpfer der beften Leiftungen von den
hier Äusftellenden anzuführen.

Düffeldorf wirkt heute wohl am meiften ana-
chroniftifch, zeigt aber wiederum auch im un-
vermittelten Gegenfaße zur allgemeinen Übung
ein paar hier völlig als Outfider wirkende Mo-
derne. So nimmt fich Joffe Gooßens mit feinen
Arbeiten innerhalb feiner Umgebung ziemlich
feltfam aus, auch D. Zacharias und Ed. A. Weber
fallen Technik und Empfindungsweife ftark aus
dem gegebenen Rahmen heraus. Originell ift
weiterhin W. Schreuer; Fr. Kiederichs und H.
Liefegangs großformatige Schöpfungen find von
ftarkem Stimmungsgehalt.

Bei den Badenfern find es vor allem die Ält-
meifter W. Trübner, L. Dill und H. Thoma,
die der Äusftellung in vier Sälen Form und
Geficht geben, namentlich der erftere ift ftark
vertreten, und gibt fich mit allen feinen Vor-
zügen und Mängeln. Auch ift fein Einfluß bei
einigen der jüngeren Maler der Gruppe unver-
kennbar. Als feine treuefte Schildträgerin er-
fcheint feine Gattin Alice Fr., ihm oft zum Ver-
wechfeln ähnlich. Starkes feßen in diefem Part
der Äusftellung auch vor: R. Hellwag und

vor allem Fr. Fehr, zwei Gegenfäße allerfchärf-
fter Art.

In der Kunftgenoffenfchaft der Schleswig-
Holfteiner berührt die ftark ausgeprägte heimat-
liche Note fehr angenehm; die Kollektion zeigt,
als Ganzes genommen, viel Charakter, wenn-
gleich hier die überragenden Leiftungen ganz
fehlen.

Von Ausländern find kollektiv nur die Schotten
vertreten. Die Allgemeinheit bringt ihnen zwar
heute wohl kaum mehr in gleichem Maße wie
früher Intereffe entgegen, doch fchäßt der Kenner
noch immer die feine malerifche Kultur der
Schotten, die auch in diefer Revue manch
fchäßenswerte Blüte aufweift.

Die Plaftik des Glaspalaftes fpielt ebenfo wie
die Graphik neben der Malerei für den Befucher
meift eine untergeordnete Rolle, was eigentlich
recht zu bedauern ift, da namentlich die leßtere
hier teilweife ganz Vorzügliches bietet. Die
beiden Kunftgattungen, denen ein Maffenbetrieb
mehr noch wie der Malerei fchadet, täten gut

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