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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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22. Heft
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Balet, Leo: Die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur von Domenico Ferretti 1762 bis 1765
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0821

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DIE LUDWIGSBURGER PORZELLÄNMODELLE VON DOMENICO FERRETTI

se precipiter du haut d’un rocher sur une Cascade formee par des Tritons et des
Nayades. Ce rocher representoit quatre grottes ä jour sous les quelles les Vents etoient
enchaines; et toutes les figures de ce groupe lanpoient continuellement en tous sens
des eaux qui avant de tomber dans le bassin trapoient en se croisant quantite de
figures differentes. Quatre autres rochers simmetriquement disposes soutenoient chacun
un groupe dont la figure principale etoit un grand Fleuve versant aussi les eaux dans
le bassin. Les bords etoient garnis de petits rochers sur les quels on voyoit des
Dauphins, des Tritons, des Enfants et des Pecheurs dont les attitudes et les amuse-
ments etoient varies par l’imagination la plus feconde et la plus pittoresque.“

Pfeiffer hält1 die Figuren für „Le Bassin de Neptune“ aus Fayence gefertigt, da
fie eine Höhe von vier bis fünf Fuß erreichten. Mit diefer Höhe war natürlich der
ganze, aus verfchiedenen Stücken begehende felfenartige Äufbau gemeint. Der Putto
auf dem Delphin (Abb.3} im Stuttgarter Mufeum fcheint nicht wie die anderen Stücke
eine fpätere Äbformung zu fein, fondern ein zu dem originellen Auffaß gehörendes Stück,
wie die Nafenlöcher und der Schlund beweifen, die durchbohrt find, damit das Un-
geheuer Waffer fpeien kann. Uriot fagt ausdrücklich: „ce surtout .... avoit ete fait
pour cette fete par les meilleurs ouvriers de la manufacture de Louisbourg“, alfo
nicht von einem Einzelnen. Der Fifcher und die Fifcherin von Beyer werden alfo
wohl auch dazu gehört haben. Überhaupt waren Beyer und Ferretti im Jahre 1763 nicht
nur „les meilleurs Ouvriers de la manufacture“, fondern auch die einzigen Künftler.
Der unbedeutende Weinmüller, wenn er überhaupt fchon 1763 für die Porzellanfabrik
arbeitete, wird kaum in Betracht gekommen fein.

Ich habe alfo nachgewiefen, daß Ferretti in feinem Tafelauffaß von einer Theater-
aufführung infpiriert wurde. Dasfelbe kann auch von feiner anderen Gruppe: Rinaldo
und Armida bewiefen werden. Im Februar 1763 wurde am Hof ein Ballet auf-
geführt, aus dem uns Uriot eine Szene befchreibt.2 „Rinaldo, an dem [ich Armida
rächen will, weil er ihre Gefangenen befreyet hatte, landet an einer mit dem Fluffe
Oront umgebenen Inful an. Die Nymphen laden ihn ein, fich durch die Ergözlichkeiten,
deren Genuß ihm diefe Inful anbiethet, von feinen kriegerifchen Bemühungen zu er-
holen. Sie führen ihn zu einem Rafenbette, wo er einfchlummert. Armida erfcheint.
Sie eilet auf den Rinaldo loß und will fein Leben ihrer Rache aufopfern; allein die
Liebe, die fich bey dem Anblike diefes Helden ihres Herzens bemeiftert, macht, daß
ihr der Dolch aus der Hand entfallet. Hierauf überlaffet fich diefe Prinzeffin ihrer
Leidenfchaft ufw.“ Ferretti hat diefe Balletfzene auf zwei verfchiedene Weifen dar-
geftellt, die aufs genauefte mit obiger Befchreibung übereinftimmen, felbft unbedeutende
Details wie „der Fluß Oront“ und das „Rafenbett“ fehlen nicht. Die eine Gruppe
hat den erften, die andere - die in der Stuttgarter Sammlung fehlt den leßten Teil
von Uriots Befchreibung zum Gegenftand.

Wären wir über die Theateraufführungen aus den Jahren 1762—1765 noch beffer
unterrichtet, ließe fich gewiß noch manche intereffante Übereinftimmung mit Ferrettis
anderen Gruppen herausfinden. Haben doch feine Porzellangruppen genau denfelben
lüftern-fentimentalen und hyperpathetifchen Charakter der Ballets von Noverre: „Medee
et Jafon, Orphee et Eurydice, Psyche, la Mort d’Hercule, la Mort de Lycomede, Hy-
permnestre, Atalante et Hyppomene“ etc. Der Titel allein fagt fchon genug.

1 Pfeiffer: Karl Eugen von Württemberg und feine Zeit, Bd. I, Äbfchnitt VIII, Eßlingen a. N.
1907, S. 704.

2 Uriot: Befchreibung der Feierlichkeiten ufw. Stuttgard 1763, S. 140, 141.

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