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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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22. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0830

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AUSSTELLUNGEN

Schröter und Johannes Walter-Kurau,
die Bildhauer Richard Guhr, Hans Hart-
mann-Maclean und Heinrich Wedemeyer
und die Architekten Rudolf Bißan, Georg v.
Mayenburg und Martin Pießfch. Diefe
Künftler haben jüngft in Richters Kunftfalon
ihre erfte Kollektivausftellung veranftaltet.
Die bedeutendfte Erfcheinung der ganzen Gruppe
ift der Maler Walther Illner. Schüler Wein-
holds und Herterichs in München und Hermann
Prelis in Dresden, trat diefer noch jugendliche
Künftler zuerft aus der Reihe der Mittelmäßigkeit
hervormit einem großen Wandgemälde, das er als
erfter Preisträger in einem Wettbewerbe im Auf-
träge der Sächfifchen Staatsregierung für das
Treppenhaus des Juftizminifterialgebäudes in
Dresden gefchaffen hat. Illner ift ganz fraglos
das verheißungsvollfteTalent der Dresdner Kunft-
genoffenfchaft überhaupt; er hat den Saal des
Klubhaufes diefer Genoffenfchaft mit zwei farbig
überaus intereffanten Wandmalereien im Stile
des Münchners Friß Erler gefchmückt, ift an der
Äusfchmückung des Innern des neuen Dresdner
Rathaufes mit zwei Deckengemälden inMedaillon-
form beteiligt gewefen und war in diefer Aus-
stellung mit acht fehr tüchtigen Gemälden vertreten.
Seine kompofitorifche Begabung zeigte fich in
dem großen Bilde „Chriftus am Kreuz“, das er
mit feinem Sinn für räumliche Anordnung, mit
ftarkemFormgefühl und großer koloriftifcher Kraft
(Kontraftwirkungen) gemalt hat. Auch als Bild-
nismaler undLandfchafter erbrachte Illner in diefer
Äusftellung erneut den Beweis einer nicht all-
täglichen malerifchen Begabung; von Arbeiten
der erfteren Art trat ein „Studienkopf“, von
Landfchaftsdarftellungen ein farbig außerordent-
lich leuchtkräftiges „Haus im Park“ hervor. Der
eigentliche Porträtift der Gruppe ift allerdings
nicht Illner, fondern Friedrich Heyfer, wie
ihr ausgefprochener Landfehafter wiederum nicht
Illner, fondern Bernhard Schröter ift. Diefer
Künftler hat als Schilderer der Natur eine über-
aus ftarke perfönliche Note; er ift nicht nur ein
feinfühliger Beobachter des Körperlichen („Böh-
mifches Dorf“) in der Landfchaft, fondern auch
des Seelifchen („Waldftraße“) in der Natur.
Friedrich Heyfer, der Bildnismaler der Gruppe,
befticht weniger durch die Leuchtkraft feiner
Palette, als durch die Feinfühligkeit, mit der er
ein Menfchenantliß charakterifiert. Er liebt nicht
die ftarken farbigen Kontrafte, durch die fo
viele unferer modernen Bildnismaler faft aus-
rchließlich ihre Wirkungen zu erzielen fuchen;
aber dafür fucht er, und faft immer mit erftaun-
lichem Erfolge, einem Äntliß („Damenbildnis“)
die bedeutenden Züge abzugewinnen. Von
den übrigen, an der Äusftellung beteiligten

Malern ift noch Georg Lührig hervorzuheben,
der charaktervolle Schilderer von Landfchafts-
und Volkstypen, die vornehmlich dem Orient
entftammen, ferner Georg Jahn, der ausge-
zeichnete Radierer, und Johannes Walter-
Kurau, der, einft reiner Landfchafter, neuer-
dings auch als Bildnismaler und als Schilderer
von Genrefzenen („Prozeffion in Mähren“) fich
Beachtung zu fichern weiß. Von den Bild-
hauern der Gruppe ift an erfter Stelle Hans
Hartmann-Maclean zu nennen. Wie es
fcheint mit Aufträgen reichlich verfehen, tritt
diefer Künftler nicht allzuoft an die Öffentlichkeit.
Gefchieht es aber, fo find es immer Nachweife
einer vornehmen bildnerifchen Kunft, die er er-
bringt. In diefer Äusftellung war er mit vier in der
Bewegung wie in der plaftifchen Durchbildung
prachtvoll ausgeführten Reliefdarftellungen und
einer lebensvollen Bildnisbüfte vertreten. Nicht
nach Vorbildung und vonBerufBildhauer, fondern
Maler — er ift Profeffor für Dekorationsmalerei
an der Königl. Kunftgewerbefchule zu Dresden
— ift Richard Guhr; zur Plaftik hat ihn die
Erkenntnis gebracht, daß die größere Körper-
lichkeit diefer Kunft ihn reicher befähige, feinen
bildnerifchen Äbfichten Ausdruck zu geben als
die Malerei. In feinem plaftifchen Schaffen liegt
ein Zug zu michelangelesker Monumentalität;
die Riefenfigur, die er für die Turmfpiße des
neuen Dresdner Rathaufes fchuf, ift hierfür ein
charakteriftifches Beweisstück, und in diefer Äus-
ftellung fprach die Bronce „Siegfried“ wiederum
dafür, daß ihm der große Renaiffanceplaftiker
als Vorbild bei feinem Schaffen vorfchwebt.
Endlich ift noch ein Wort von den Architekten zu
fagen, die der Gruppe „Grün-Weiß“ als Mit-
glieder angehören. Hier hinterläßt den ge-
fchloffenften Eindruck Rudolf Bißan (BDA),
der Erfchaffer des Theaters in Hagen. In diefer
architektonifchen Arbeit fowohl wie auch in den
Entwürfen anderer Bauwerke, die von feiner
Hand herftammen, erweift ßch Bißan als ein
Baukünftler, der die Kraft befißt, feinen Arbeiten
individuellen Charakter zu geben, d. h. alfo
unter Verzicht auf die Nachbildung hiftorifcher
Stilarten einen eigenkünftlerifchen Stil von eben-
fo großer Zweckmäßigkeit wie hohem äfthetifchen
Reiz zu fchaffen.

In der Galerie ERNST ARNOLD hat der
Lofchwißer Maler Hans Unger eine 36Nummern
umfaffende Sonderausftellung neuerer Arbeiten
veranftaltet. Hans Unger, Schüler Hermann
Prelis, galt einft als eine der Hoffnungen der
Dresdner Malerei. Er hat nicht voll gehalten,
was er einft verfprach. Einer der Gründe mit
hierfür mag darin zu finden fein, daß er von

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