Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0871
DOI Heft:
23. Heft
DOI Artikel:Cohn, William: Die Malerei in der ostasiatischen Kunstabteilung der Berliner Museen
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MALEREI IN DER OSTASIATISCHEN KUNSTABTEILUNG DER BERLINER MUSEEN
ganz feinen Linien heraus-
gebracht, das Individuelle mit
den denkbar geringften Mit-
teln beftritten. Aber eine
ernfte kraftvolle Perfönlich-
keit kommt ohne Pofe und
ohne viel Aufwand zur Gel-
tung. Faft völlige Flächen-
haftigkeit ift aufrecht gehal-
ten. Das fchwarze Gewand
wie ein Schattenriß, ohne
einer Körperfunktion nachzu-
geben. Auf dem Berliner
Bilde viele Details. DasPrunk-
kiffen auf den Matten reich
gemuftert. Reich gemuftert
auch das Gewand des Kaifers,
wie überhaupt das ganze
Werk durchaus mit Farben-
wirkungen — faft zu ftark
— rechnet. Hinter der Ge-
ftalt ein reich bemalter Stand-
fchirm im Tofaftil. Das Ge-
ficht ift, verglichen mit Shi-
gemoris Kopf, beinahe natura-
liftifch in der Auffaffung,
dabei weniger packend. Viele
Runzeln; Haare und Bart deut-
lich charakterifiert. Die Linien
des Gewandes nicht nur kon-
turierend, fondern leife Selbft-
bedeutung erheifchend und
dem Körper eine gewiffe Run-
dung verleihend, wie ja die
Räumlichkeit des ganzen Bil-
des betont ift. Alles in allem,
es machen fich fchon Tenden-
zen der beginnenden Afhi-
kagazeit fühlbar. Und dazu
ftimmt, meine ich, auch der
Stil des Standfchirmes, vor
dem der Kaifer fifet, der mit
Äbb. 14. Unbekannter Meifter des beginnenden 14. Jahrh., Kaifer feiner reinen Landfchafts-
Saga. Farbige Malerei auf Seidengrund. 12?x68,5 cm fzenerie und feinen pronon-
zierten Fingerwolken auf den
mittleren Tofaftil, etwa aus den Tagen von Takafhina Takakane1, hinweift. Mit diefer
1 Sein Hauptwerk trägt das Datum 1309.
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ganz feinen Linien heraus-
gebracht, das Individuelle mit
den denkbar geringften Mit-
teln beftritten. Aber eine
ernfte kraftvolle Perfönlich-
keit kommt ohne Pofe und
ohne viel Aufwand zur Gel-
tung. Faft völlige Flächen-
haftigkeit ift aufrecht gehal-
ten. Das fchwarze Gewand
wie ein Schattenriß, ohne
einer Körperfunktion nachzu-
geben. Auf dem Berliner
Bilde viele Details. DasPrunk-
kiffen auf den Matten reich
gemuftert. Reich gemuftert
auch das Gewand des Kaifers,
wie überhaupt das ganze
Werk durchaus mit Farben-
wirkungen — faft zu ftark
— rechnet. Hinter der Ge-
ftalt ein reich bemalter Stand-
fchirm im Tofaftil. Das Ge-
ficht ift, verglichen mit Shi-
gemoris Kopf, beinahe natura-
liftifch in der Auffaffung,
dabei weniger packend. Viele
Runzeln; Haare und Bart deut-
lich charakterifiert. Die Linien
des Gewandes nicht nur kon-
turierend, fondern leife Selbft-
bedeutung erheifchend und
dem Körper eine gewiffe Run-
dung verleihend, wie ja die
Räumlichkeit des ganzen Bil-
des betont ift. Alles in allem,
es machen fich fchon Tenden-
zen der beginnenden Afhi-
kagazeit fühlbar. Und dazu
ftimmt, meine ich, auch der
Stil des Standfchirmes, vor
dem der Kaifer fifet, der mit
Äbb. 14. Unbekannter Meifter des beginnenden 14. Jahrh., Kaifer feiner reinen Landfchafts-
Saga. Farbige Malerei auf Seidengrund. 12?x68,5 cm fzenerie und feinen pronon-
zierten Fingerwolken auf den
mittleren Tofaftil, etwa aus den Tagen von Takafhina Takakane1, hinweift. Mit diefer
1 Sein Hauptwerk trägt das Datum 1309.
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