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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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23. Heft
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Cohn, William: Die Malerei in der ostasiatischen Kunstabteilung der Berliner Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0876

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MALEREI IN DEROSTASIÄTISCHEN KUNSTABTEIL.

die_große Nachfrage zahllofe Fälfcherfabriken, fpeziell
in Ofaka ins Leben gerufen. So find die Kakemono
nach Hunderten zu zählen, die dem Intereffenten in
Japan mitNamenszug oder Stempel der großen Afhi-
kagameifter vor Augen kommen. Unter folchen Um-
ftänden muß die Vorficht eines Mufeums bei feinen
Ankäufen auf die Spitje getrieben werden. Das ge-
ringfte Nachlaffen in den Anfprüchen degradiert eine
Sammlung im Nu. Zeitgenöffifchkeit ift unbedingt
zu fordern, eine Forderung, die natürlich mit der der
Qualität zufammengehen muß. Dagegen ift, wie
fchon bei anderer Gelegenheit betont wurde, auch hier
die Frage der perföniichen Urheberfchaft nicht als
zwingend anzuerkennen. Zweifellofe Authentizität
kann nur urkundliches Material bringen; Stilkritik
wird immer Irrtümern ausgefeßt fein.

Bei einer Reihe von Werken, die aus dem Beginn
der Afhikagaperiode zu ftammen fcheinen, ift es fchwer
zu entfcheiden, ob fie nicht doch von chinefifcher
Hand herrühren. Die Kunft der beiden Nationen geht
hier geradezu ineinander über. Ganz befonders einige
Rakanferien geben zu folchen Bedenken Anlaß. Die
Berliner Sammlung befi^t ein Kakemono mit zwei
Rakan (Abb. 16), wohl ein Stück aus einer Serie von
acht, deffen Beftimmung diefelbe Schwierigkeit bereitet.
Daß das Bild an diefer Stelle genannt wird, beruht
eigentlich nur auf einem vagen Wahrfcheinlichkeits-
grund. Analyfiert man es im einzelnen, fo kann man
in der Tat ebenfowohl zu dem Schluß kommen, es
der Sungdynaftie, wie einem japanifchen Maler, etwa
Ryözen (Mitte des 14. Jahrhunderts) zuzufprechen.
Wenn die Geftalten auch etwas zahmer und wohl-
gefälliger anmuten, fo ift im ganzen die Nähe zu
ficheren Sungwerken nicht zu überfehen. Wie dem
auch fei, das Berliner Bild mit feinen wuchtigen be-
feelten Köpfen, feiner reichen, aber abgeklärten Far-
bengebung, mit feinem innigen Verwobenfein von
Menfch und Landfchaft, verkörpert mit vorzüglichem
Gelingen das fo oft behandelte Süjet, in dem fich
Magie, Naturliebe, Askefe und fanatifdie Frömmigkeit
eindrucksvoll verknüpfen.

Die meiften Ashikagabilder der Berliner Sammlung
können einer ftrengen Kritik ftandhalten. Faft alle
Richtungen find vertreten, vielleicht fogar mit einigen
eigenhändigen Werken der angefehendften Schulhäup-
ter. Die winzige Landfchaft mit den kerzengeraden Kie-
fern um einen Tempel zeigt alle charakteriftifdien

Äbb. 19. Seffhu, Hachadio. Tufdi-
malerei auf Papier. 20,5X79 cm

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