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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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24. Heft
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0929

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LITERATUR

italienifchen Schulen auf den weftlichen (bisher
nur von Werken germanifcher Kunft) eingenom-
menen Flügel zur Folge gehabt, in einem großen
Saal find dort die Gemälde des italienifchen
Barock vereinigt und der bisherige Tizianfaal
um einen Raum weitergerückt worden. Be-
merkenswert ift unter den zahlreichen Verände-
rungen die Herabnahme der beiden fchönen
Schildhalter Tullio Lombardis vom Vendramin-
Grab in S. Giovanni e Paolo zu Venedig, von
ihrem bisherigen, dem Äuge kaum erreichbaren
Standort auf einer Galerie der Bafilica und ihre
Überführung in die Gemäldegalerie, wo man
nun erft ihre ganze Bedeutung zu würdigen ver-
mag. Die Thiemfammlung mußte aufs neue um-
gelegt werden — jetjt ift fie in dem ehemaligen
Vermeer-Kabinett vereinigt; der große Teppich-
faal, der bisher einzig den Raffael-Gobelins
diente, ift noch für einige Plaftiken fowie die
Fresken aus der Luinifchule mit verwandt wor-
den. — Exzellenz Bode befpricht fchließlich noch
die Gefichtspunkte, das Für und Wider der Ver-
einigung von plaftifchen Werken und Gemälden
und weift für die Zukunft auf weitere Verände-
rungen hin. So gedenke man möglicherweife
Ipäter den neuen Oberlichtfaal der die Werke
Rembrandts und feiner Schule aufgenommen habe
durch eine Tür mit dem nächftliegenden, durch
Seitenlicht erhellten Kabinett zu verbinden, da
ein Teil der Rembrandtfchen Gemälde unter dem
Oberlicht des jeßigen Saales wefentlich von ihrer
Wirkung verloren hätte.

In zwei Äuffätjen werden Neuerwerbungen der
Äntikenfammlung behandelt. Dr. Schröder be-
fpricht die gücklichc Erwerbung einer archaifti-
fchen Friesplatte, den Jupiter exfuperantiffimus
in Geftalt eines bärtigen Mannes, die mit einem
bereits im Befiß der Mufeen befindlichen Relief
wahrfcheinlich einft zu einer Bafis gehörte, und
Dr.Köfter behandelt eine große römifcheBrunnen-
mündung aus Ton. Direktor von Falke erläutert
eine vom Kunftgewerbe-Mufeum neuerdings an-
gekaufte franzöfifche Zinnkanne und Dr. Krifteller
eine Zeichnung des italienifchen Meifters von
1515 im Kgl. Kupferftichkabinett. Die Besprechung
einer taufchierten karolingifchen Speerfpiße von
Dr. Ebert befchließt das Heft. Svs.

Der Schutt der Nürnberger Fayence-
manufaktur. In „Kunft und Kunfthandwerk“ ift
kürzlich von mir über die Funde im Grundftück der
Nürnberger Fayencemanufaktur berichtet wor-
den. Äuf Wunfch der Redaktion des Cicerone
refümiere ich die Ergebniffe. Wichtig ift zu-
nächft die Feftftellung, daß die Fabrik viel
länger beftand, als bisher angenommen wurde:
eine der neben dem Ofen gefundenen Glafur-

proben trägt das Datum 1825. Während der
über hundertjährigen Betriebsdauer find neben
den bekannten viele Sorten meift ordinärer
Ware in Nürnberg hergeftellt worden, die bisher
z. T. als anonyme fränkifch-thüringifche „Bauern-
fayence“ galten, z. T. auch als ausfchließliches
Eigentum anderer füd- und mitteldeutfcher Ma-
nufakturen angefehen wurden. Die keramifdie
Flora von Nürnberg wird um verfchiedene
Arten bereichert. Manche davon, wie die Waffer-
rofe (a. a. O. Äbb. 14—15) und das Zwiebel-
mufter (a. a. 0. Äbb. 13) kehren anderwärts
wieder, erftere z. B. in Crailsheim, letzteres in
Künersberg (Slg. Lockner). Es entftehen nun
Prioritätsfragen, die erft durch vergleichende,
fozufagen biologifche Unterfuchungen zeitlich
und örtlich beftimmter (!) Varietäten der be-
treffenden Spezies zu entfcheiden find. Das
gilt befonders von den Palmenkrügen wie von
dem früher (ohne Beweis?) für Frankfurt in
Änfpruch genommenen Mottendekor (Motten mit
Streublumen in Blau), während gewiffe volks-
tümliche Fayencen [ich eindeutig als Nürnberger
Fabrikat erweifen. Äucb mehrere Typen von
Äpothekergefäßen müffen fortan als Nürnbergifch
bezeichnet werden. — Was Signaturen anlangt,
fo habe ich mehrere gefunden, außer dem viel-
erörterten Vierer u. a. eine aus zwei verfchlunge-
nen C gebildete Marke, die von einer 2 unter-
fchrieben auch mit dem erwähnten Waffer-
rofendekor (zurzeit im Würzburger Handel)
vorkommt. W. Stengel.

NEUE FRÄNZÖS. LITERATUR

Paul Cornu hat ein reich dokumentiertes
Werk herausgegeben unter dem Titel: „LaTable
des proces-verbaux de l’Äcademie de peinture
et de sculpture, redigee pour la Societe de
l’Histoire de l’art framjais.

Louis Reau hat im Journal des Debats vom
2. November der Neuordnung der bayrifchen
Mufeen durch Hugo vonTfchudi eine begeijterte
Studie gewidmet.

Dr. Jouffeaume hat im Verlage von Ä. Ma-
loine unter dem Titel: „Les vandales du Louvre“
ein Buch herausgegeben, in dem verfchiedene
Mängel des Louvre und mancherlei Händler-
und Fälfchertricks gefchildert werden.

Franß Jourdain hat eine geiftvolle und
fcharfe Studie über den Zufammenbruch der
religiöfen Kunft in Frankreich in der revue vom
15. Oktober veröffentlicht.

Die Zeitfchriften Ärt et Decoration, L'art de-
coratif, L’art et les artistes und Ärt et Industrie
haben der Münchener Äusftellung im Herbftfalon
reich illuftrierte Sonderhefte gewidmnt. G.

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