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Mannheimer Abendzeitung: Organ d. Deutschen Volkspartei in Baden — 1869

DOI issue:
No. 232 - No. 258 (1. Oktober - 31. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43993#1049

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A 238.



) auuhe. ein er

1869.



Organ der deutſchen Volkspartei in P den.







Die „Mannßhet mer Abenvzeititgg? wird - mit Rusn



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Anzeigen- H? bühr : die

einſpaltige 'Petitzeile z: kr.,

niage und Fefttage lich als Abendblatt ausgegeben.

~ Der Abonnementzpreis vierteljährlich G

sin Gulden, ohne Poſtauſſcehlag

, bei Lutalatzeigen 2 " 'Weftelungen bei der Expedition C 1 Nr. 15 in Mannheim und bei allen Poft anſtalten.





















Rußzland im Dalmatien.

[] Rußland scheint des „Wartens“ und „Sichſam-
melns“ müde zu sein. Es ſchickt seine Pionniere in's
Feld, entläßt die erſten Tirailleurketten und kreuzt die
Arme erwartungsvoll. Ueber dieſe Politik und Diplomatie,
welche direkt von den Galeeren zu kommen ſcheint und
im Privatleben jeden Menschen von der anständigen Ge-
Fellſchaft ausschlösſe!” Zu Ouchy in der Schweiz thut
Fürſt Gortlſchakoff thn mit dem “ut Beuſt, in dem-
selben Augenblicke, als der Plan für die Bocche di Cat-
taro, Montenegro, Bosnien tc. ſchon fix und fertig war!

Das ist nichts Plötzliches, Unerwartetes, was ſich in
dem Winkel von Unterdalmatien zuträgt. Die Landwehr-
frage iſt bloße Veranlaſſung, nicht Grund und Ursache
des Lärms. Nicht zufällig hat das Fürstlein von Mon-
tenegro ſich Waffen und Munition verschaffen wollen, und
noch dazu aus öſterreichiſchen Fabriken, wenn auch die
Konfiskation seitens der allzu sorgloſen Oefſterreicher dem
Zufall verdantt werden mag. Und durchaus nicht zu-
fällig fällt die Schilderhebung mit den Suezfesten zu-
sammen.

Rußland erklärt jetzt, die Kaiſerreiſe Franz Joſephs
in den Orient verdrieße es so sehr, daß es ſich bei der
Kanaleröffnung gar nicht tt jah würde. In der
Bocche di Cattaro iſt es deſto besser vertreten und in
Montenegro vortrefflich und, wie man versichern hört, in
der öſterreichiſchen Militärgrenze nicht minder. Rußland
1441: jezt ſein Spiel mit Oesterreich und dem Deutſch-
um a nachdem Frankreich und Preußen ihre
ru gehabt haben. Wie logisch auch: erſt Solferino,
dann Königgrätz, jetzt ein ruſsiſcher, d. h. panglaviſcher
Krieg. Endlich „Deutschöfterreich an Willhelm . Adler,
„der Deutsehen Deutſcheſter“, Mitteleuropa getheilt wischen
Hoher c und ſiomanaf m nicht wahr, n von
Bismarck? Das verſleht man auch in Varzin, ſelbſt im
nervöſeſten Zuſtande.

Das mongolische Ungeheuer, welches die panſlaviſche
Jakobinermütze aufgeſett hat, um eine „Mission“ zu haben,
auf deſſen Lockungen die Griechen und Slovenen so htoen.
. horchen, möchte das a driati ſ<e Me er. Montenegro,
Lakai und Brigant in Einer Person, ſtrectt die Arme
längſt nach Spizza aus, wo es dann den Ruſfssen eine
Flottenſtation anbieten würde. Rußland .in der
Adria, das wäre die Vollendung des illyriſchen Dreiecks,
des ſstrategiſchen nämlich, und die permanente Bedrohung
Obsterreichs.

Nun hat fc das Fürsſtlein Nikolaus von Monte-
negro so gewaltig der Lo yal it ä ts bezeugung gegen
Oſterreich befliſſen, daß Jeder die Absicht merkte. Die
konfiszirten Kriegs geräthe bildeten einen draftisſchen Kom-
mentar zu der HRernagozen-Loyalität. Die 1500
Söhne der ſchwarzen Berge, welche bereits zu den Auf-
ſtändiſchen gestoßen ſind, vollenden die Deutlichkeit der
Bilder; und damit auch der Hohn nicht fehle, bietet Ni-
kolaus von Zettinje dem öſterreichiſchen Heerführer Wagner
ſeine „Vermittelung“ an!! Ward das ſchon erlebt? Es
hätte nur noch gefehlt, daß man den Antrag nach Wien
zur diplomatiſchen Erwägung eingeſandt hätte!

Aber wie nun, wenn die öſterreichiſchen Kolonnen
entſchieden die Offenſive ergreifen, . die Inſurgenten ins
Gebirge verfol gen, bis an die Grenze, bis über die
Grenze; wenn ſie den Herd des Unheils selbſt aufsuchen,
die jchwarzen Berge beſeßen und dem Monarchen Niko-
laus hetzeilene was „Loyalität“ iſt? Was wird Rußland
thun, Rußland, hel geborene Schutzpatron guet Rebel-
lion ~ drauß en, jedes Auſſtandes ~ jenseits ſeiner
Grenzen, der Hort der Freiheit in der Ft Wird
es seinen Schütßling mit Heeresmacht ruhig überziehen
laſſen, wird es ſeine Pionniere und Tirailleure opfern?

Das iſt die Frage jezt, während zu Kairo und auf
der La indenge zwiſchen Afrika und Asien ein Weltfriedens-
feſt gefeiert zu werden ſchien. Curopa kommt eben nicht
zur Ruhe. . Es hat ein paar Menſchen zu viel. So
lange dieſe das große Wort jühren und die ſchwere Hand
haben, tt Curopa n <t zur Ruhe.





Badiſcher Landtag.
] X Karlsruhe ,29. Ott. 16. Sizung der Zweiten

Kammer: Vorſißender Bizepräſ. Kirsner.

Abg. Biſsſsſing kündi igt die Anfrage an das großh.
Kriegsmmisterium an: J|t es wahr, daß bei den in der
Mitte dieſes Monats ſtattgehaoten Kont w
ein Erlaß des "riegsminitteriums vorgelesen wurde, in |



wclchehr den Landwehrmännern verboten wird, Volks sver-
sammlungen, die einen ophoſitionellen Charakter haben,
anzuwohnen, oder an derartigen Vereinen ſich zu be-
theiligen ?

! Aba. Ro ß hi rt berichtet über einen Nachtrag zum
Budget des Juſtizminiſteriums, Titel 6 verſchiedene Aus-
gaben 7000 fl. Der Antrag auf Genehmigung wird be-
ſchloſsen.

t . ef Fortsetzung der Berathung des Berichts des
Abg. Näf , über den Geseßentwurf, einige Abänderungen
der Verfa ſuns betreffend.

Abg. K ief er hat den Antrag gestellt : Die 63 Ab-
geordneten sollen aus allgemeinen und direkten Wahlen
mit geheimer Stimmgebung hervorgehen und es ſoll der
Gesetzentwurf an die Kommission auf Grund dieſes An-
trages zurückgehen.

Abg. v. Feder:
theidiges des direkten Wahlrechts davongetragen, wiewohl
ſie bei der „Absti: nmung in der Minderheit bleiben wer-
den. Die Frage iſt keine prinzipiell unbedeutende, wie
der Herr Staatsminister behauptet hat. Die Einführung

Den Sieg haben gestern die Ver-

des direkten Wahlrechts iſt in unserem Lande eine kon-

ſtitutionelle Nothwendigkeit geworden. Der Kampf, der
zwischen Kirche und Staat bei uns geführt wird, iſt nicht
aus dem Volke hervorgegangen, ſondern iſt ein alp!
zwischen der Bureaukratie und Hierarchie. Unter Bu-
reaukratie verſtehe ich nicht die Beamten, ſondern die
bureaukratiſche Staatsleitung. Der Einfluß dieſer beiden
Beherrſchungsmächte richtet ſich besonders auf die Wahl-

männer und neben dieſen beiden Ginflüen kann ſich kein
anderer geltend machen. Von diesen Einflüſſen ſoll durch
die direkte Wahl das Volk freigemacht werden. Zugleich
trägt es dazu bei, politiſche Charaktere heranzubilden.
Auch ein Mittel des Ausgleichs für den Kirchenſtreit wird
es sein, denn es wird von allen Parteien verlangt. Gibi
die Regierung diesem Verlangen nach, so wird die Aus-
gleichung erfolgen, die Spitze der gegenwärtigen Agitation

wird abgebrochen sein. Gibt sie nicht nach, so wird die

Agitation für die dirette Wahl größer werden und in
nächſter Zeit schon den Sieg davontragen. Redner em-
pſiehlt den Kiefer schen Antrag.

St. M. Joll y: Der Abg. v. Feder gebe ſelbſt zu,
daß die Mehrheit der Kammer gegen das direkte Wahl-
recht ſei und doch verlange er von der Regierung, sie
ſolle mit der Minderheit gehen. Vom teonſstitutionellen
Standpunkte aus könne sie dieß doch nicht. Die Frage
des direkten Wahlrechts ſei keine prinzipielle, prinzipiell

sei nur ob das Wahlrecht ein allgemeines sein soll, und

darin sind alle Abgeordneten einverſtanden. Der Kirchen-
streit iſt nicht ein von der Regierungsgewalt hervorge-
rufener, ſondern das Volk will sich seinen Kulturſtand
nicht nehmen lassen.

Abg. Kief er iſt aus Zweckmäßigkeit für das direkte
Wahlrech. Ihm kommt es darauf an, daß der Volks-
wille zum Ausdruck komme, daß er geläutert werde. Die
Ultramontanen seien nicht ſo ſehr zu fürchten. Nur in
der Organiſation der Pfarrer hätte die ultramontane
Partei ihre Kraft. Sobald sie ihren Standpuntt parla-
mentariſch hier im Hauſe vertreten müsſſe, werde sie nicht
stärker, ſondern ſchwächer. Deßhalb habe man von dem
direkten Wahlrecht nichts zu fürchten.

Abg. Cc h ard unterſtütt den Antrag von Kiefer.

Der Antrag des Abg. Kiefer wird indeſſen abgelehnt:
Dafür stimmten : Baumſstark, Biſſing, Lindau, Lender,
Roßhirt, v. Feder, Kayſer, Mühlhäußer, Kiefer, Eckhard,
Fiſcher, Eſchbacher, Hebting, v. Gulat.

Ein Autrag des Abg. Feder den Regierungsentwurf
wieder herzuſtellen, wurde ebenfalls abgelehnt.

Damit war Artikel 1 der Vorlage angenommen.
Derſelbe lautet: § 36. Alle übrigen Staatsbürger, welche
das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, sind bei der
Wahl der Wahlmänner ſtimmfähig und wählbar. Ebenso
Artikel U uftiummig angenommen: Zum Abgeordneten
kann ohne Ri ückſicht auf Wohnort ernannt werden jeder
Staatsbürger, der das 30. Lebensjahr vollendet hat und
die Wählbarkeit zum Wahlmann besitzt.

Auch die Bestimmungen über Wiederwahl der Staats-
diener, Wahl des Präsidenten durch die Kammer und
überhaupt ſämmtliche Kommissionsanträge werden ange-
nommen und sodann das Gesetz einstimmig genehmigt.

u U ye Ueber steht.
; Mannheim, 30. Oktober.
* Graf Bismarck möchte die Krönung seines Gebäu-









des, die Vergewaltigung Deutſchlands durch Preußen, noch
erleben. So wollte er, wie eine unterrichtete Zuſchrift
an die „Demokr. Korreſp." aussagt, die Krankheit Na-
poleons ausnützen und in einem wiederholten „raſchen“
Kriege gegen Oesterreich dieses zwingen, in die Ver-
ſchluckung der Südſtaaten zu willigen. Vor drei Mo-
naten war die Kriegsfrage drohend. Der bis auf's
Aeußersſte geſpannte Depeſchenwechsel zwiſchen Berlin und
Wien ſollte die Aktion einleiten. Da mischte Lord Cla-

rendon sich ein und bewirkte ein Halt. England iſt den

preußiſchen Einheitsplänen günstig, aber Krieg wünſcht
man vermieden zu sehen. Die Umgestaltung oll ſtgtt
auf dem heißen Wege, auf dem kalten verſucht, die Zu-
geſtändnisse sollen Wien abgeſchmeichelt werden. Zunächst
handelt es ſich um Baden. Die Birne iſt dort ſo reif
herabzufallen, daß man jett Mühe hat, zur Verhütung
des Lärms sie noch eine Zeit lang auf dem Baume zu
halleern . .. Daher der Beſuch des preußiſchen
K ronprinzen in Wien. Der Beſuch wird als uüine
Art Gunſstbewerbung aufgefaßt ; man will den Wiener
Hof so zu ſagen „krauen." Schweigt man in Osterreich
still zur badiſchen Annexion, so hofft Preußen auch in
Paris die Wolken zu vertheilen . . .

Was daraus wird = darüber iſt jezt noch keine
Antwort zu geben ; denn oſffiziell wurde nicht darüber
verhandelt. Thatſache iſt, daß die Reiſe des Kaisees von
Oesterreich nach dem Orient als eine indirekte Antwort
auf die preußiſchen Verſuche gilt, insofern in der Theil-
nahme an der Einweihung des franzöſiſchen Lieblings-
iverks und in der Begegnung mit der Kaiserin eine neue
Besiegelung des guten Einvernehmens der beiden Mächte
gefunden wird, welche der Staat des deutſchen Berufs

als Grenzwächter am Main hinzuſtelen so klug wie

deutſ< war .. . Dießg stimmt. Da man den Stier
nicht an den Hörnern zu fassen vermochte, so ſcheint
man ihm nun von hinten beikommen zu wollen. Die
Ausführungen des Leitartikels ſcheinen das Richtige zu
treffen.

In fünf Wochen wird das to quiq the Konzil zu-
sammentreten. Die bei dem päpſtlichen Stuhle bevoll-

mächtigten Geſandten, die gegenwärtig noch auf Urlaub,

eiln darum auf ihre Posten. Der öſterreichiſche Bot-
schafter Graf Trauttmansdorff iſt bereits in Rom und er
soll die Weiſung haben, sich dem Konzil gegenüber der
„ſtrengſten Zurückhaltung“ zu befleißigen.

Kürzlich war gemeldet, Garibaldi habe in unbe-
kannter Richtung Caprera verlaſſen. Jetzt wird gemeldet,
er habe die Absicht, in den erſten Tagen des Dezember
nach Florenz und von da nach Neapel zu gehen, um
dem Gegen - Konzil anzuwohnen. Unterdessen schreibt
Garibaldi Brief auf Brief, in welchen er den Papſt und
die ganze Prieſterſchaft mit bitterem Grimm vernurtheilt.
Auch von Mazzini haben die demotkratiſchen Blätter neuer-

dings mehrere Briefe mitgetheilt, an Arbeiter- Aſsoziaionn

U. ſ1.w., in wielchen er die Arbeit als die allgemeine
P.licht aufstellt und dazu aufruft, die nationale Einheit,
die. heute eine Lüge iſk, zur Wahrheit zu machen.

Die sp an ii hts: Monarchiſten und Ahſolutiſten wollen
zur Kön 1gs w ah l schreiten. Nach der „AgenceHavas“"
wäre die Wahl des Herzogs von Genua „wahrscheinlich.“
Um eine Regentſchaft zu vermeiden, soll der Knabe für
volljährig erklärt werden. In einer Versammlung der
Progressiſlen und meonarchiſchen Demokraten stimmten
102 Deputirte für den Herzog von Genua. Der „Jm-
parcial“ meint, der Herzog werde von den 209 Stimmen
der Monarchiſten, einschließlich der Abhjolutiſten, etwa
166 Stimmen erhalten. Uns ſcheint, daß man bei dem
ganzen Königsſpiel in Spanien die Rechnung macht,

ohne den Wirth zu fragen. Es iſt durchaus unwahrscheins

lich, daß irgend Jemand ſo leicht ſich entſchließgen wird,
den Thron in Sharzien zu beſteiſca . . . der nicht
allein für immer in's Wanken gekommen , sondern der
auf eine Pulvertonne , die jeden Tag in die Luft gehen
kann, gestellt ist. .



Deutjſchland.

z! Mannqyeim. 2 '. Okt. Geſtern wurde dahier
die amtliche Lehrer- Ko nf erenz der Bezirke Ladenburg
und Mannheim abgehalten. Zur Berathung war der
neue Lehrplan für eine Schule mit eine m Lehrer auf-
gs. Die Konferenz gelangte hiebei zu folgenden Be-
ſchlüſſen: Sobald die Schule mit einem Lehrer mohr
!. 40 Schüler zähle,
3 Nlassen erſprießlicher, als eine ſFolche in 2 Klassen, wie





ſei eine Einlheilung derselben in .

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