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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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2. Heft
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Zimmermann, Ernst: Von Friedrich dem Grossen neu in Auftrag gegebene Meissener Porzellane
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0078

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VON FRIEDRICH DEM GROSSEN IN AUFTRAG GEGEBENE PORZELLANE

Eins von diefen Servicen jedoch hat dem König anfcheinend ganz befonders am Herzen
gelegen, fo [ehr, daß er hierfür weitere eigenhändige Zeichnungen und felbft bis ins Ein-
zelne gehende Anweifungen gab. Es ift eins von jenen, deren Herftellung der König Ende
1762 befahl, und dem er felber den Namen „Veftunen“-d. h. Fefton-Service gab. Damals
erhielt Kandier, der berühmtePlaftiker der Meißener Manufaktur, von ihm — nicht gerade
zu feiner großen Freude — neben vielen anderen der oben genannten Aufträge auch den,
ein neues Speifefervice herzuftellen, „fowohl an Schüffeln und Tellern mit Antiquen
hangenden Veftunen, welche an d’Amours-Köpfgen angeknüpfet und flach erhaben fegn,
wozu Ihro Königl. Maj. eine eigenhändige Zeichnung gegeben“. Es hieß dann weiter:
die Ränder an Tellern und Schüffeln follen „fauber durchbrochen fegn und zwifchen denen
Veftunen foll eine glatte Partie verbleiben“, und fchließlich: „dieTerrinen follen mit Füßen
und ohne Unterfchaalen fein“. Ganz befonderen Wert hatte dann aber der König auf die
Bemalung gelegt. Hier waren Händler fchöne Blumen vorgefchrieben worden und auch
ganz bestimmte: Rofen, Mohnblumen, Nelken, Hgazinthen, Pappeln, Tulipane, Monftrofen (?)
und Aurikeln, denen dann der König anfcheinend perfönlich noch einmal Tuberofen,
Orangenblüten, Pavos(?), Tazetten und Anemonen hinzugefügt hat. Es waren dies zum
Teil Blumen, die Meißen allem Anfcheine nach vorher noch nicht gemalt hatte. Aber der
König begnügte sich keineswegs damit, die Motive für die Bemalung vorzufchreiben, auch
für die Malweife felber gab er befondere, eigenartige Anweifungen, die faft wie eine
Kritik der damaligen Malerei in Meißen ausfehen, zugleich aber beredte Zeugniffe feines
perfönlichen feinen Gefchmacks find. Er ordnet ausdrücklich an, daß niemals auf einen
Teller oder eineSchüffel mehr als zwei Blumen gefeßt werden; daß fie „proportionalifch“
und „mit Überlegung“ angebracht und „in den Farben fich nicht ftören“ follten. Man fieht
deutlich: er verlangte für feine Beftellung Einfachheit, fowie formale und koloriftifche
Harmonie.

Von diefem fo deutlich befchriebenen Service ift es mir nun geglückt, mit der Zeit
einige bedeutende, freilich jefet fehr verftreute Stücke aufzufinden, von denen jede bisher
feftgeftellte Form hier abgebildet ift. Es find zunächft zwei Terrinen ohne Unterfatj, die
eine im Mufeum zu Krefeld (Abb. 1), die andere, diefer gleich, im Kunftgewerbemufeum
zu Prag; dann drei gleichartige Teller in der Dresdener Porzellanfammlung (Abb. 2), in der
Sammlung Klemperer in Dresden und der Sammlung von Dallwitj in Berlin. Die Zuge-
hörigkeit der Stücke zu diefem Service ift unverkennbar. Die oben gegebene Befchreibung
desfelben paßt bis ins Einzelne. Ob fie freilich jemals wirklich dem Könige übergeben
worden find, ift eine andere Frage. Nicht auf allen diefen Stücken findet fich Blumen-
malerei: der Teller im Befiß von Dallwiß, ein fehr fchlecht gebranntes Stück, ift unbemalt
geblieben, der der Sammlung Klemperer zeigt eine ziemlich langweilige mythologifche
Szene. Die Blumenmalereien der übrigen Stücke entfprechen aber auch fehr wenig den
Weifungen des Königs. Und fo fcheint fich hier zu beftätigen, was oben vermutet worden,
daß alle hier erwähnten Service für den König nicht vollendet worden find, wobei man
dann anzunehmen hätte, daß die vielleicht nur wenigen fertigen Stücke derfelben nach
deffen Weggang von Dresden von der Manufaktur fpäter anderweitig verwertet worden find.

Eine Betätigung diefer Annahme ift ein anderes bedeutendes Stück, das kürzlich in
die Dresdener Porzellanfammlung gelangt ift und mit den damaligen Aufträgen Friedrichs
gleichfalls in engfte Verbindung zu bringen ift: es ift die hier in Abbildung 3 wieder-
gegebene 45 cm (mit dem fchönen alten Bronzefockel 50 cm) hohe Gruppe „Venus und
Adonis“, die größte bisher bekannte, vollftändige Gruppe diefer Art Meißens. Denn eine
derartige Gruppe von genau entfprechenderHöhe („U/äFuß“) hat damals der König nebft

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