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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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4. Heft
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Graul, Richard: Die französische Kunstausstellung der Berliner Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0149

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DIE FRANZÖSISCHE KUNSTAUSSTELLUNG DER BERLINER AKADEMIE

Greuze erfcheint auf der Ausftellung als ein vortrefflicher Porträtift. Das frifche Bild-
nis des Kupferftechers Wille (Nr. 59, Madame Andre, Paris) zeigt ihn von feiner heften
Seite, denn wo er moralifieren will oder junge Mädchen mit einem Anflug von Lüftern-
heit fchildert, wird es uns fchwer, die Lobfprüche Diderots zu beftätigen. Größeren äußeren
Erfolg im Porträt als Chardin und Greuze hatten zwei Frauen. Madame Labille-Guiard
hat fich in Paftell und Öl ausgezeichnet. Das Bild, auf dem fie fich — in mattblauem
Seidenkleid und Strohhut — mit zweien ihrer Schülerinnen (Nr. 85 von 1785) darftellt, ift
folide und in der Zeichnung tüchtige Malerei. Ihre Rivalin, die Vigee-Lebrun, ift be-
fonders reich vertreten, erfcheint bald als eine feine, bald als eine nur routinierte Malerin.
Aber troß aller Grazie, mit der diefe Malerinnen ihre Modelle ausftatten, man merkt ihnen
doch fchon etwas von der künftlerifchen Revolution an, der ein Schüler Bouchers,
Jacques Louis David, entfcheidend zum Siege über die leichtfertig gewordene Kunft
des ancien regime verholfen hat. In dem prächtig gemalten Bildnis des Bildhauers Caffieri
von 1787 (Nr. 76, Graf de Lariboisiere) im krapproten Samtrock und weißfeidener gold-
verbrämter Wefte erinnert David noch an die alte Weife, in dem Selbftbildnis von 1791
(Nr. 143, Marquis de la Ferronays), mit dem er gerade dem Befchauer entgegenblickt,
hat er fchon ganz die harte Sicherheit eines ebenfo tyrannifchen wie reich begabten
Klaffiziften.

Der Maler und Stecher Danloux und Boilly gehören hierher, der erste intereffiert
befonders, wenn er, wie auf dem Bilde der Duthe, die gefchmackvoll einfache Einrichtung
diefer Diva fchildert (Nr. 64, Sigmund Bardac, Paris), während der andere in harter aber
charakteriftifcher Malerei das Atelier Houdons vorführt (Nr. 231, Musee des Arts deco-
ratifs, Paris). Der franzöfifche Correggio Prudhon ift nur mit zwei Bildern vertreten,
von denen das kleine Jugendbildnis der Herzogin von Talleyrand die liebenswürdige
Phantafie und Heiterkeit des ancien regime atmet und das Paradebild des Fürften Talley-
rand von 1806 ganz die fteife offizielle Pracht des Kaiferreiches vor Augen führt (Nr. 232
und 250, Gräfin Jean de Caftellane).

Die Befprechung der Zeichnungen und Stiche und der wenigen Skulpturen und kunft-
gewerblichen Gegenftände behalten wir einem folgenden Auffaß vor.

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