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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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7. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

Street erbaut, das bald nach Oftern bezogen
werden foll.

BRIGHTON. Die Direktoren der Brighton fflu-
nicipal Art Galleries haben den Entfchluß ge-
faßt, eine Reihe von Ausheilungen moderner
Kunft des Auslandes abzuhalten. Jedes Jahr
foll ein einzelnes Land vertreten fein. Man be-
ginnt diefen Sommer mit einer franzöfifchen
Ausftellung, die von Seiten des franzöfifchen
Staates Unterftütjung erhält. F.

MÜNCHEN Die diesjährige FRÜHJAHRS-
AUSSTELLUNG der MÜNCHENER SEZES-
SION entwickelt ftarke Kräfte von Solidität,
die ein ruhiges Gleichmaß unter den zur Schau
gebrachten Bildern, geringe Ausnahmen abge-
rechnet, bedingen. Die „Sezeffion“ ift ein ehr-
barer Begriff geworden, ihre Häupter feiern
Jubiläen, die Künftler haben fich ihre Jugend-
torheiten abgewöhnt, über Schwankungen und
unfolide Verfuchungen find fie hinaus, und die
höhere Stufe der Qualität, die eben zu allgemein
vorherrfcht, verhindert Meiftertum und neugierige
Prognofe, die bisher ein erfreulicher Reiz gerade
derFrühjahrsausftellungwar. InWilhelmGall-
hof begrüßen wir einen temperamentvollen
Maler bunter Masken und fleifchiger Akte. Mit
einer größeren Zahl von Arbeiten tritt Hermann
Groeber hervor, ohne durch feine Vielfeitigkeit,
Jagdftricke, Stiileben, Landfchaft, Porträt die
Höhe zu erreichen, die er im Vorjahre mit
feinem großen Figurenbilde gewonnen hatte.
Friß Osswald hat wieder lichterfüllte, der
dekorativen Note wie von felbft fich bemächti-
gende Schneebilder gemalt und die kecke und
kraftvolle Wandlungsfähigkeit feines vorzüg-
lichen Talentes durch ein ausgezeichnetes Som-
merbild (Die Brücke) beftätigt. Die meiften an-
deren Münchner Landfehafter, Crodel, Kaifer,
Landenberger, Reifer, Pießftih find dem Kreife
ihres bisherigen Arbeitsgebietes treu geblieben.
Schramm - Zittau hat ein fehr dekoratives
Feldftück gefchaffen. Niffl, Piepho und Kühn
vertreten das Interieur, mit einer technifch fieberen
Gruppe „Frauen auf dem Felde“ bewährt fich
Julius Seyler.

Des englifchen Meifters Frank Brangwyn
Radierungen, faß fein gefamtes graphifches Werk,
find in ihrer vorzüglichen Bedeutung längft an-
erkannt, fo daß es fich erübrigt, mit begeisterter
Zuftimmung von ihnen zu fprechen. U.-B.

PÄRIS Der SALON DES INDEPENDANTS.
Die diesjährige Äusftellung der Independants
ßndet wieder auf dem Cours la Reine ftatt, wo
der Verein einen proviforifchen Zeltbau errichten

ließ, der etwa 40 Säle enthält, in denen gegen
6000 Kunftwerke untergebracht find. Der jury-
freie Charakter diefer Äusftellung bringt es mit
ßch, daß mehr als die Hälfte der ausgeftellten
Malereien, Shulpturen und kunftgewerblichen
Arbeiten ohne jeden künftlerifchen Wert find.
Da aber die beiden anderen Frühjahrsfalons
durch ihre Engherzigkeit jedes ernfthafte Intereffe
verloren haben, ift der Salon des Independants
die einzige Frühjahrsausftellung, die die Teil-
nahme der Kunftfreunde findet. Von der älteren
Künftlergruppe find Signac, Groß, Luce, Laprade,
Manguin, Bonnard, Vuillard und Rouffel wie
alljährlich mit charakteriftifchen Werken ver-
treten, ohne daß fie neue Seiten offenbaren.
Henri Matiffe ftellt ein junges Mädchen mit
Tulpen aus, in der er feine ftarke Begabung
unterdrückt zu haben fcheint. Das Spekulative
feines Strebens tritt im Vergleich zu feiner Um-
gebung nur zahm hervor. Delaunay, Le Fau-
connier, Friesz, van Dongen mühen fich in bis
zur Karikatur getriebenen Schematifierungen
vergeblich um einen neuen Äbftraktionsftil. Es
ift unmöglich vorauszufagen, wohin diefe Be-
wegung führen wird. Sicherlich ift das Bemühen
einiger ernft und redlich. Viele aber laßen fich
auch durch die moderne Rekordfucht zu ent-
gehenden Übertreibungen verleiten, die Schel-
menftreichen gleichen. Als das Neuefte vom
Neuen ift eine Gruppe junger polnifcher und ruffi-
fcher Künftler auf den Plan getreten, die Heiligen-
bilder im byzantinifchen Stil auf Goldgrund aus-
ftellen. Geht es noch weiter rückwärts? Es
wird erzählt, ein Parifer Älthändler habe bei
den gefdhickteften diefer Slaven eine Reihe
byzantinifcher Kopien beftellt, weil er gar fo
echt byzantinifiert. Älfo aufgepaßt, wenn in
einigen Monaten plößlich byzantinifche Tafeln
auf Goldgrund irgendwo entdeckt werden füllten!
Einen folchen Erfolg hätten feinerzeit fich die
Gründer diefes Salons auch wohl nicht träumen
laßen.

Der Norweger Edward Diriks hat ein kräf-
tiges Selbftbildnis ausgeftellt, eine der ftärkften
Malereien, die wir ihm überhaupt verdanken.
Von jüngeren Franzofen find noch Delfoße,
Flandrin, Puy, Cockroff, Le Beau zu nennen.
Alljährlich fallen ,in diefem Salon eine Reihe
fchöner, weiblicher Begabungen deutfehen Ur-
fprungs auf: Sophie Wolf, die fehr hübfehe
Harmonien auf einer guten Linienrhythmik auf-
baut, Maria Slawona mit Lübecker Änfichten,
Alice Dannenberg mit einem wundervollen
Kinderporträt, Eifa Weife, die neuerdings Ce-
zanne auf fich hat wirken laßen ohne ihn un-
felbftändig nachzuahmen und Martha Stettier
mit einigen reizvollen Landfchaften. Unter den

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