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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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12. Heft
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Bernhart, Max: Fälschungen römischer Kaisermünzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0490

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FÄLSCHUNGEN RÖMISCHER KAISER-MÜNZEN

fcheiden zwifchen dem Silber eines Denares von Hadrianus, von Claudius Gothicus und
Diocletianus.

Das untrüglichfte aller Merkmale ift die Patina. Trotj der angeftrengteften Ver-
[uche ift es noch nicht gelungen, einer falfchen Münze eine Patina zu geben, die uns auf
den erften Blick von der Echtheit einer Münze überzeugen könnte, es ift bisher unmög-
lich geblieben, die Patina mit der oberften Metallfchichte der Münze chemifch zu verbinden.
Kochendes Waffer oder Salmiak vermögen jedes nicht durch die Zeit patinierte Stück zu
entpatinieren.

Neben diefen äußerlichen Merkmalen gibt es noch den Inhalt betreffende. So beweift
z. B. das Datum des Tribunats (TR POT XIIII) und der Feldherrnwürde (IMP XIII) ver-
bunden mit dem Ehrentitel P(ater) P(atriae) auf einer Münze desÄuguftus, daß der Augs-
burger Humanift Markus Welfer auf Grund eines Falfifikates die weitgehendften Folge-
rungen für die römifche Vorzeit Augsburgs zog. Eines Anachronismus machte fich der
Fälfcher einer Konfekrationsmünze auf Kaifer Vespafianus, die im kgl. Münzkabinett
München aufbewahrt wird, fchuldig. Diefe zeigt auf dem Revers die erft feit Antoninus
Pius auf Münzen vorkommende Darftellung des Rogus, eines für die Consecratio errich-
teten Scheiterhaufens, wie diefes Bild bislang wohl fälfchlicher Weife erklärt wurde.

Ein Fälfcher im eigentlichften Sinne des Wortes, der für jeden Sammler, nicht nur für
den angehenden, der gefährlichfte bleibt, ift Carl Wilhelm Becker, der gegen Ende des
18. Jahrhunderts in Speier fein Unwefen trieb. Er hat es wie keiner verftanden, die
Anmut der Griechen wie die der römifchen Stempelfchneidekunft eigentümliche Strenge
zu imitieren. Mit feiner hervorragenden Fälfcherkunft in ftiliftifcher Hinficht verband er
eine außerordentlich raffinierte Technik. So wiffen wir, daß Becker die Schrötlinge wert-
lofer antiker Originale zum Überprägen mit feltenen Münzbildern benüjjte und daß er,
um diefen Nachbildungen völligen Echtheitscharakter zu geben, unter feinem Reifewagen
einen Behälter aufgehängt hatte, der mit Fett und Eifenfeilfpähnen gefüllt den Fälfchungen
durch ftändiges Schütteln eine vertrauenerweckende Patina und künftliche Abnu^ung
gab. Eines hat Becker manchmal überfehen, die für die Fälfchung nötige Legierung als
Schrötling zu benüjjen. So hat er zur Nachahmung eines Hoftilianusdenares das gute,
zwei Jahrhunderte früher zu Denaren verwendete Silber genommen. Desgleichen exiftieren
Beckerfche Fälfchungen der Cornelia Supera auf unzeitgemäßen Schrötlingen. Die Erben
diefes Carl Wilhelm Becker ließen von den noch auffindbaren Beckerfchen Stempeln Blei-
abfchläge machen, um zu ermöglichen, daß die verderblichen Speierer-Fälfchungen erkannt
und wieder aus der Welt gefchafft werden könnten. Das kgl. Münzkabinett München
befiljt die ftattliche Reihe von 138 folcher Bleiabfchläge neben einer Anzahl von Becker-
fchen Originalen in Silber.

Diefe Zeilen würden ihren Zweck verfehlen, wenn fie die Freuden eines Sammlers
trüben würden, fie füllen ihm vielmehr Winke geben, fich vor den hauptfächlichften Fäl-
fchungen zu fchütjen. Eine Sammlung von jedem Falfifikat frei zu halten, wird bei den
Fluten von Fälfchungen, die feit den Zeiten der Renaiffance den Markt überfchwemmen,
auch trolj der umfaffendften theoretifchen und praktifchen Kenntniffe nicht möglich fein.

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