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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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16. Heft
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Foerster, C. F.: Einige Erzeugnisse der Berliner Porzellanmanufaktur und ihre Vorbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0610

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EINIGE ERZEUGNISSE DER BERLINER PORZELLANMANUFAKTUR

fie ließen fort und [teilten zufammen, wie es ihnen gut fchien, ohne [ich um den Inhalt
der Darftellung zu kümmern. Bei einem Teller des Hohenzollernmu[eums mit der Ver-
wandlung der Nymphe Echo in eine körperlo[e Stimme (Abb. 5) [ind die Veränderungen,
die der Maler an der Monnet[chen Kompofition (Abb. 6) vorgenommen hat, um [ie dem
Runde des Tellers anzupa[[en, noch nicht [chlimm: die fliehende Figur rechts ift unwichtig,
während die beiden Pfauen als Attribute der Juno allerdings hätten berückfichtigt
werden müffen. Bezeichnender für die Unbefangenheit gegenüber der Mythologie ift
[chon die Darftellung des Opfers der Iphigenie auf einem Deckelnapf. Hier hat der
Maler die obere Hälfte [einer Vorlage, die Diana,

welche die Hirfchkuh auf den Altar legt, ein-
fach fortgelaffen, fo daß die erftaunte Gebärde
des Priefters, der fein Opfermeffer finken läßt,
ohne Erklärung, und die ganze Gefchichte alfo
ohne Pointe bleibt. Am ärgften gegen Ovid
gefündigt hat aber wohl der Maler einer Taffe
im Berliner Kunftgewerbemufeum, die wenn
auch vielleicht nicht zu dem Service felbft ge-
hörig, doch in Reliefmufter und Dekor ganz zu
diefem paßt: er hat nämlich auf der Untertaffe
den Narciß, der fein Bild im Waffer betrachtet,
nach der Illuftration Monnets angebracht und,
weil er rechts noch eine Figur brauchte, um die
Kompofition abzurunden, den Apollo aus Mo-
reaus Schindung des Marfyas als Zufchauer da-
neben geftellt! Es läßt [ich begreifen, daß
Friedrich der Große von derartigen „Verwand-
lungen des Ovid“ nicht entzückt war.

Wie bei den Watteaufzenen war diefer
durchgängig geübte Eklektizismus bei der Be-
nutjung von Landfchaftsvorlagen natürlich un-
gefährlich. Als folche dienten die Radierungen
Karl Wilhelm Böhmes, der 1763 von der Meißner
Manufaktur an die Berliner berufen wurde. Ein
bereits in der Literatur erwähntes1, aber bisher
noch nicht abgebildetes Beifpiel dafür ift das
Tablett eines Tete-ä-tete mit farbiger Malerei
in der Sammlung des Herrn Dr. v. Dallwitj, Berlin (Abb. 7). Hier ift die Felskuliffe
der Vorlage (Abb. 8), die zu maffiv wirken würde, fortgelaffen und das Stück Land
des Vordergrundes mehr nach rechts gerückt worden. Dafür wurde dann links der
große Baum in der bei Watteaufzenen üblichen Art hinzugefügt. Im Vergleich zu den
Gebäuden ift er entfchieden viel zu groß geraten. Tro^dem möchte man ihn in der
Kompofition nicht miffen. Da fich auf den übrigen Teilen des genannten Services
keine mit einer der zahlreichen Radierungen Böhmes übereinftimmende Landfchaft
findet, obwohl fie alle unverkennbar feinen Stil zeigen, ift wohl anzunehmen, daß auch
Zeichnungen von feiner Hand als Vorbilder gedient haben. Wie weit er felbft als
ausführender Porzellanmaler tätig war, harrt noch der Aufklärung._

Äbb. 6. Die Nymphe Echo wird von Juno
in eine körperliche Stimme verwandelt.

Stich von J. F. Rou|Teau nach C. Monnet aus der
vierbändigen Parifer Ovid-flusgabe von 1767—1771

Brüning, „Porzellan“ S. 137.

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