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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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17. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0659

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AUSSTELLUNGEN

der „Lutherbecher“ hervorgehoben zu wer-
den. Wie fkeptifch man fich auch zu feiner
Infchrift, die ihn als Hochzeitsgefchenk der Uni-
verfität Wittenberg an Luther bezeichnet, (teilen
mag, nach Form und Schmuck ift der Becher
jedenfalls ein gutes und fchönes Werk deutfdier
Silberfchmiedekunft aus jener Epoche von 1525
und hat fich als folches fchon mehrfach felbft in an-
fpruchsvoller Umgebung zu behaupten vermocht.

— Kunftgefchichtlich lag der Schwerpunkt auf
denjenigen Teilen der Äusftellung, die das Greifs-
walder Milieu Caspar David Friedrichs an-
fchaulich zu erläutern fuchten. Von den Wer-
ken des großen Landschafters felbft war im
wefentlichen nur das zu fehen, was fich noch in
feiner Vaterftadt befindet; es ift nach den Er-
oberungszügen kapitalkräftiger Sammlungen im
letzten Luftrum leider nicht mehr allzuviel und
nicht durchweg erften Ranges. Doch beanfprucht
die große leichtaquarellierte Änficht des alten
Greifswalder Marktes jedenfalls ein mehr als
lokales Intereffe, ebenfo wie wir uns der gün-
ftigen Wendung freuen dürfen, die das feine
Stimmungsbildchen „Sonnenaufgang“ noch in
Greifswald fefthielt. Auch einige markige Por-
trätzeichnungen von feiner Hand in eigenartig
überlegter Technik verdienten allgemeiner be-
kannt zu werden, ebenfo wie ein intereffantes
Ölporträt feines Bruders, des Greifswalder Kunft-
tifchlermeifters C. Friedrich, das man doch zu-
nächft wohl Caspar David zufchreiben muß. .Von
eben jenem Bruder wies die Äusftellung zwei
bisher unbekannte Holzfchnitte auf — eine Kom-
pofition „Erlkönig“ und die humoriftifch-fatirifche
Darftellung einer Konzertprobe. — Solcher an
der Grenze von Dilettantismus und Kunft gehen-
der Erfcheinungen befaß Greifswald, wie die
Äusftellung durch weitere Zeugniffe von mehr
lokaler Natur veranfchaulichte, zu Anfang des
19. Jahrhunderts noch mehr in feiner Gelehrten-
und Bürgerfchaft. In ihrem Mittelpunkt ftand
der Univerfitätszeichenlehrer und Architekt Joh.
Gottl. Quiftorp (1755 —1835), offenbar eine
anregende und feinfinnige Perfönlichkeit, wie
feine Freundfchaft mit dem Dichter Kofegarten,
mit C. D. Friedrich und Ph. 0. Runge fowie mit
dem vielfeitig gebildeten Profeffor K. Schildener
beweift. Durch eine Anzahl feiner Entwürfe zu
privaten und öffentlichen Bauten lehrte ihn die
Äusftellung in feiner Wirkfamkeit für die Ge-
ftaltung der Greifswalder Lokalarchitektur ken-
nen, ebenfo wie fein Lehrer, der Polyhiftor
Profeffor Andreas Mayer (1715—1782) mit
den Originalplänen zu feinem einft vielbewun-
derten Univerßtätsneubau (1750) vertreten war.

— Gleich Friedrich war auch Wilhelm Titel
(1789—1862) ein Schüler Quiftorps, ohne daß

man den direkten künftlerifchen Einfluß diefes
Lehrers auf die beiden Maler allzu hoch anzu-
fchlagen braucht. Titel hat unter Quiftorps Lei-
tung den Weg vom Studenten der Theologie
in Greifswald zum Künftler gefunden und ift
nach längerem Aufenthalt in Dresden und Wien
1806 nach Italien gegangen, wo er, zunächft
(1806/07) in enger Gemeinfchaft mit Philipp
Hackert, dann beinahe 14 Jahre gearbeitet und
ftudiert hat; 1819 in die Heimat zurück gekehrt,
war er zunächft mehrere Jahre in Stralfund tätig,
dann von 1826 bis zu feinem Tode Nachfolger
Quiftorps als akademifcher Zeichenlehrer in
Greifswald. Er hat in der erften Hälfte des
19. Jahrhunderts faft alle gelehrten und unge-
lehrten Notabilitäten der Stadt und Provinz
porträtiert, fein Beftes aber in Bildniffen feiner
Angehörigen und in Landfchaften geleiftet, die
er offenbar ganz für fich malte, denn fie finden
fich ausfdrließlich im Befiße feiner Nachkommen,
ln diefen Bildern zeigt er fich als ein unab-
hängiger Künftler voll Naivetät und Gefühls-
wärme, der neben feinem nun berühmt gewor-
denen Landsmann wohl auch einen ehrenvollen
Plaß im Gedächtnis der Nachwelt verdiente. Die
Äusftellung ermöglichte zum erftenmal einen
Überblick über feine ftets durch künftlerifchen
Ernft und folides Können ausgezeichnete Tätig-
keit, die manches Werk von bleibendem Wert
und mehr als lokaler Bedeutung aufzuweifen
hat. — Auch das Andenken des liebenswürdigen
Silhouettiften Paul Konewka (1840—1871),eines
geborenen Greifswalders, wurde durch eine
Sammlung feiner in Reproduktion erfchienenen
Werke und zahlreicher Originalfilhouetten aus
Privatbefiß gebührend feftgehalten.

M. Semrau.

KRÄKÄU Die rührige „Gefellfchaft der
Freunde der Gefchichte und Denkmäler Krakaus“
hat im ftädtifchen Archiv eine Äusftellung des
Krakauer Stadtbildes in den Jahren 1806—1866
arrangiert. Aus privaten und teils öffentlichen
Sammlungen waren hier ca. 200 Ölgemälde,
Aquarelle, Zeichnungen und Pläne zufammen-
gebracht, welche ein vielfeitiges Bild Krakaus
während jener Periode ergaben, feiner jeßt zum
Teil fchon verfchwundener Bauten, Interieurs,
Ärchitekturdetails, Typen, Koftüme und Ge-
bräuche. Änderfeits boten die ausgeftellten
Werke von AI. Gryglewski, Teodor und Michal
Stachowicz, St. Bryniarski, Jan Wojnarowski,
Maximilian Cercha, Ä. Plonczynski, B. Gonfio-
rowski, M. Wierfzylowski u. a. ein reichliches
Material zur Gefchichte des Ärdiitekturbilds in
der neuern polnifchen Kunft, fpeziell auf Kra-
kauer Boden. P. E.

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