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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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19. Heft
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Hadeln, Detlev von: Das Museo Civico in Belluno
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0706

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DAS MUSEO CIVICO IN BELLUNO

Fahne, den breitkrämpigen Hut emporhält. Geringwertig find zwei andere, recht fpäte
und unangenehm bunte Kopien baffanesker Bilder, eine „Austreibung der Händler“,
die auf das fchöne Original Jacopos in der Londoner National Gallery zurückgeht und
ein „Chriftus in Emmaus“, für den ich nicht das Urbild, wohl aber zahlreiche Atelier-
repliken zu nennen wüßte.

Mehr archäologifchen als künftlerifchen Wert befitjt ein kleines, auf Holz gemaltes
Bild im Treppenhaus, das den Täufer und Hieronymus darftellt, die kniend zur Ma-
donna auffchauen, die oben auf Wolken thronend von Engeln umgeben erfcheint. Es
ift dies meines Wiffens die einzige, farbige Reproduktion eines untergegangenen Freskos
des Paolo Veronefe, das fich früher über dem Altar der Sakriftei von S. Francesco
della Vigna in Venedig befand. Außer diefer Nachbildung exiftiert noch ein geringer
Stich von Antonio Baratti und im Mufeo Nazionle zu Neapel die fchwachen Wieder-
holungen der beiden knienden Heiligen.

Der Zettel unter einem Jünglingskopf bietet dem Befucher zur Auswahl nicht
weniger als drei Benennungen an. Die eine Rätfellöfung ift die in etwas fchwierigeren
Fällen fo [ehr beliebte: Spanifche Schule. Aber weder an diefe noch an den in
zweiter Linie als Autor vorgefchlagenen Sebaftiano Ricci kann gedacht werden. Der
dritte Vorfchlag ift nicht nur der befte, fondern fogar gut, er trifft das Richtige. Das
Bild ift tatfächlich von Fra Vittore Ghislandi.

Dem Sebaftiano Ricci gehört dagegen wirklich ein Freskofragment, ein im Profil
gewandter, ftark paolesker Frauenkopf, der aber die Kunft diefes bedeutenden, in
Belluno geborenen Settecentiften nicht ausreichend repräfentiert.

Von Pietro Longhi befißt das Mufeum das vorzügliche Bildnis eines vornehmen
Knaben in ganzer Figur. Die prächtigen Farben des Koftüms, das Silbergrau des
Rockes, die goldenen und roten Töne der Brokatwefte und das Weiß von Perrücke
und Strümpfen werden durch ein reich abgetöntes Blaugrün im Hintergründe in ihrer
Wirkung noch gefteigert.

Das Mufeum befißt nur ein nichtitalienifches Bild, das auf größeres Intereffe An-
fpruch machen kann. Ein Bildnis, das fcheinbar Karl I. von England darftellt und
dubitativ van Dyck zugefchrieben ift. Sehr reich ift die Sammlung an Zeichnungen des
bellunefer Bildfchnitjers Andrea Bruftolon und an guten italienifchen Medaillen und
Plaketten. Von den italienifchen Bronzeftatuetten, deren das Mufeum mehrere befifet,
feien zwei paduanifche Arbeiten hier abgebildet, ein leuchtertragender Faun und ein
gefeffelter Luzifer. Hadeln.

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