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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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20. Heft
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Biermann, Georg: Die Ausstellung französischer Kunst im Leipziger Kunstverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0749

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DIE AUSSTELLUNG FRANZÖSISCHER KUNST IM LEIPZIGER KUNSTVEREIN

nelle Motive mehr als einmal bei der Auswahl des Gezeigten ausfchlaggebend ge-
wefen. Wollte man fchon — wie es ficher die Idee diefer Veranftaltung war —
dem breiten kunftfreudigen Publikum den Zauber Pariferifdien Schaffens zum Be-
wußtfein bringen — man hätte unter der Buntheit des willkürlich Vorhandenen eine
ganz andere Auswahl treffen follen. Daß Meifter wie Aman-Jean, Anglada, Bal-

leftrieri, Bonnard, Caro-Delvaille, Carriere, Cezanne, Gauguin (diefer mit einer pracht-
vollen Studie, die unmittelbar neben van Gogh entftanden ift), Laurens (gegen Chavan-
nes ein Weifenknabe) Legrand, Matiffe (der ultra-Moderne) Monet, Piffarro, Renoir,
Rochegrosse, Signac, Sisley, Legrand u. a. vertreten find, gibt dem Ganzen von vorn-
herein ein Relief, das gegen alle kritifchen Einwendungen fichert. Die Namen bedeuten
tatfächlich für fich fchon ein Programm und Werke wie Manets „Gießkanne“ oder
Piffaros Bildnis des Cezanne, diefes primitivfte und künftlerifch vollkommenfte Porträt-
ftück der ganzen Epoche, rechtfertigen alle großen Erwartungen, die fich an diefe Ver-
anftaltung knüpfen. Daß unter den Graphikern ebenfo Adler, Dethomas, Helleu,
Forain, Legrand, Lepere, Steinlen, unter den Plaftikern Bourdelle, Charpentier, Dalou,
Desbois, Maillol, Mercie, Rodin, Roty und Ville Vallgreen auftauchen, ift zum min-
deften bemerkenswert, und doch krankt diefe Abteilung gerade (trotj aller Meifternamen)
an der Qualität im Großen und der Auswahl im Kleinen. Man hätte es ruhig bei dem
einen typifchen Beifpiel, diefem „homme qui marche“ von Rodin bewenden laffen
können, hätte dann einen einzigen Repräfentanten gehabt, der Anfang und Ende zu-
gleich in fich begreift, während
einem in der Auswahl des Dar-

gebotenen die hiftorifchen Lücken
allzu fühlbar werden.

Man verfteht auch nicht recht,
warum Künftler wie Zuloaga, ein
echter Spanier aber kein Parifer,
ob er fchon mit der Zeit an der
Seine heimifch geworden ift, in
diefem Zufammenhang auftreten
mußten, verfteht zunächft ebenfo-
wenig, daß der Bildhauer Arnold
Rechberg, künftlerifch keine un-
intereffante Perfönlichkeit, der von
Rodin gelernt und an ihm em-
porgewachfen ift, in diefem Milieu
zu Worte kommt. Aber dem in

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CAMILLE PISSARRO, Bildnis von Paul Cezanne

Paris anfäffig gewordenen deut-
fchen Bildhauer wird die Initiative
für die Veranftaltung in erfter
Linie gedankt. Nur aus feinen
Beziehungen gefellfchaftlicher Art
ift es zu erklären, daß die vielen
privaten Sammler ihre Schäle auf
kurze Zeit hergeliehen haben und
darum wirkt auch das Auftreten
diefes Künftlers felbftverftändlich
 
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