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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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20. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0752

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SAMMLUNGEN

worbenes großes Blatt Schiavonettis, die Königin
Luife mit ihrer Schwerer (nach Tifdtbein) dar-
ftellend, das bisher nur in einem fchwarzen Druck
vertreten war.

Diefe Aufzählung, die nur das Widitigfte nennt
(nicht alle Ankäufe find ausgeftellt), wird ge-
nügen, um eine Vorfteilung von dem außer-
ordentlichen Wert und der großen Bedeutung
der Neuerwerbungen des Kupferftidikabinettes
im legten halben Jahr zu geben. Svs.

Im KAISER FRIEDRICH-MUSEUM find inner-
halb der Gemäldegalerie bemerkenswerte Ver-
änderungen in der Verteilung und Aufteilung
vorgenommen worden. Durch die Überführung
der Carftanjen-Sammlung, die jahrelang als
Leihgabe in einem Saal des Kaifer Friedrich-
Mufeums vereinigt war, in die Münchener Pi-
nakothek, ift ein großer Oberlichtraum frei-
geworden, der nun zur Aufnahme fämtlicher
Werke Rembrandts und der wichtigften Bilder
feiner unmittelbaren Schüler benugt wurde. Das
ehemalige Rembrandtkabinett bezog die Samm-
lung Thiem, deren Altniederländer (Bouts, Da-
vid ufw.) freilich getrennt davon in einem der
Nachbarräume untergebracht wurden. Svs.

In der KGL. NÄTIONALGALERIE ift eine
große Zahl von Aquarellen, die Eduard Hilde-
brand auf feiner Reife um die Welt gefertigt,
im Saale der Handzeichnungen ausgeftellt wor-
den. Der größte Teil der Blätter ift erft kürzlich
durch ein Legat in den Befig der Galerie gelangt.

Svs.

GENF Am 15. Oktober wurde das MUSEE
D’ARTET D’HISTOIRE von Genf eingeweiht.
Bei der in einfachen Bahnen gehaltenen Feier-
lichkeit waren die Behörden der Stadt, die
fchweizerifche Kunftkommiffion, die Gottfried
Keller-Stiftung, das Landesmufeum und die
Mufeen verfchiedener Schweizerftädte vertreten.
Ein Rundgang mit fachkundiger Leitung orien-
tierte die Gäfte über die Grundzüge der An-
lage und die im wefentlichen vollendete Auf-
hellung.

Imponierend ift vor allen Dingen der Umfang
des Inftitutes, das eine viereckige Grundßäche
von 4400 qm und einen Kubikgehalt von
106 000 m hat; dazu einen Binnenhof mit fran-
zöfifcher Heckenanlage von 840 qm Fläche. Der
von dem Genfer Architekten Camoletti von
1903 bis 1909 erftellte Bau zeigt die monumen-
talen Formen klaffifcher franzöfifcher Tradition,
die fich befonders im Innern und in den Hof-
faffaden in glücklicher Weife mit modernen Ele-
menten vereint. Der Ausbau ift das Refultat

erdauerter Zufammenarbeit des Architekten mit
den Mufeumsleitern, dem Generaldirektor Ä.Car-
tier, dem Konfervator der Kunftfammlung D.
Baud-Bovy, den Konfervatoren der kunftge-
werblidien und archäologifchen Abteilung, der
Waffen- und Münzenkollektion. Alle diefe
Sammlungen, dazu eine Reihe von Sälen mit
ehemaligen Privatkollektionen (z. B. von Spigen,
Schmuck, Mufikinftrumenten, Porzellan, Graphik,
Waffen) find in dem neuen Mufeum in derRue
des Casemates — in der Nähe der Ecole des
Beaux Ärts und des Obfervatoriums — ver-
einigt. In den Erdgefchoßräumen finden fich
die archäologifchen und hiftorifchen Sammlungen,
der Beftand des bisherigen Mufee Fol, die
Waffenfammlungen mit einem prachtvollen
Hauptraum, das große Relief von Genf, die mo-
dernen dekorativen Künfte. Im Zwifdhenftock
findet fich das Münzkabinett und eine Reihe
von Zimmern aus dem Graubünder Schloß Zizers.
Der erfte Stock, mit Oberlicht, ift vollftändig den
fchönen Kiinften eingeräumt. Hier haben die
Genfer Bilderfchäge Aufhellung gefunden, die
im Mufee Rath — das, 1826 gegründet, fchon
feit Jahrzehnten ganz ungenügende Plagver-
hältniffe bot — teilweife fichtbar, teilweife ma-
gaziniert waren. Die heutige Sammlung bietet
einen erfdtöpfenden Einblick in die alte Genfer
Schule mit ihren Petitot und Liotard, Jean Huber,
Agaffe, Töpffer, Maffot, Diday, Calame, Menn;
von dem alten Befig, des auf Napoleon I. Mu-
nifizenz zurückgeht, haben die verfchiedenen
Länder und Schulen ihre befonderen Säle. Erft
jegt wird man zu einem reftlofen äfthetifchen
Gewinn kommen vor dem „Rieur“ fpanifcher
Provenienz, dem Diptychon Fra Bartholomeos
und Mariotto Älbertinellis, der Grablegung von
Paul Veronefe und anderen Meifterwerken,
denen wir hier auch die Corots und einen
Delacroix zuzählen dürfen. Aus dem älteften
Genfer Kunftbefig ift nun auch das herrliche
Ältarwerk von Konrad Wig allgemein zu-
gänglich geworden.— Aber auch die modernfte
Kunft, befonders der Weftfchweiz, ift gut ver-
treten und möglichft nach Grundfägen der legten
galerietechnifchen Erfahrungen gehängt.

Nach jahrzehntelangen Vorftadien in der Mu-
feumsfrage nahm erft 1899 das Problem feftere
Geftalt an. Stadtrat Piguet-Fages führte die
Sache energifch durch, fo daß 1900 eine Kon-
kurrenz für den Bau eröffnet werden konnte.
Zwei Jahre darauf bewilligte der Stadtrat den
Kredit von drei Millionen Franken und 1903
wurden die Erdarbeiten in Angriff genommen.
Das bedächtige Zuwarten, das fchließlich eine
fo anfehnliche finanzielle Dotierung ermöglichte,
hat fich wohl gelohnt. Denn als Ganzes ift diefe

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