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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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21. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

der zwar immer noch etwas rafch auf den Effekt
loszielt, Martha Stettier, die entfchieden
Eigenes zu fagen hat. J. C.

FRANKFURT a. iYL Äm 30. Oktober ift
im hiefigen Kunftverein die 12. Jahresausftellung
Frankfurter Künftler eröffnet worden, zu der der
Kunftverein einen illuftrierten Katalog heraus-
gegeben hat. Der Überblick über das Kunft-
fchaffen am,Main ift überaus erfreulich. Es regt
fich neuerdings in Frankfurt eine Anzahl jüngerer
Kräfte, von denen die deutfche Kunft für die
Folge fehr viel erwarten darf. Unter den an-
erkannten Ältmeiftern find Künftler wie Burniß,
Philipp Franck, Piepho, Wilhelm Steinhaufen u. a.
vertreteu. Unter den Graphikern fehlt merk-
würdigerweife Frife Boehle.

GENF Im MUS FE RATH hat die Genfer
Gruppe des Vereins Schweiz. Maler, Bild-
hauer und Architekten eineÄusftellung ver-
anftaltet, die in ausgezeichneter Weife über die
Kräfte und Ziele der franzöfifch-fchweizerifchen
Kunft orientiert. Zum größten Teile ftehen die
Maler im Vordergrund und fie beweifen, daß
in Genf eine gediegene Kultur der Farbe neben
einem befonderen Sinn für die Linie und ihre
rhythmifche Geftaltung ausgebildet ift. Wir
nennen Namen wie Forestier, Vallet, Fon-
tanes, deren Werke immer von erfrifchend
kräftiger reicher Koloriftik find; Perrier, der
mit eigener feiner Faktur auf wohl abgeftimmte
Tonigkeit ausgeht; Vautier mit einer delikaten
Farbenwelt, die an reife Werke des 18. Jahr-
hunderts gemahnt. Aus dem differenzierten
koloriftifchen Empfinden des modernften Frank-
reich wieder ftammt die Kunft von Äuber-
jonois, von Hugonnet, Hermanjat, de
Traz, Muret, Perrelet. Hier feien auch ver-
wandte Gäfte genannt wie Cuno Ämiet mit
einer oft an Buntheit reichenden Farbenluft;
der kräftige Geftalter und feine Pfychologe
Giacometti; die energifch zeichnende, farbig
befonders originelle Marguerite Gillard.

Ihre Konturen gemahnen an Hodler, der
Felbft zwei ältere, auffchlußreiche Arbeiten ge-
jchickt hat. Aus feinem Kreife ragt weit hervor
Schmidt, der hier als Landfehafter vertreten
ift, Rehfous, der eine ftrenge Kunft auf uner-
bittliche Beobachtung aufbaut, Drachfel, der
in leichter Behandlung der Luft ein Meifter ift.

Plaftik von packender, großzügig charakte-
rifierender Art hat Niederhäufern ausgeftellt,
befonders in feinem „Kopf einer Arbeiterin“,
voller Kraft und verhaltener Empfindung. Auch
Angft, Haller, Vibert haben beachtenswerte
Arbeiten da, ohne fo Lebendiges und Neues zu

bieten wie Niederhäufern in feiner unvergeß-
lichen Büfte.

ImÄnfchluß an diefen Salon ift dem Andenken
von Barthelemy Menn eine Gedächtnisaus-
ftellung veranftaltet worden. In diefem Lehrer
von Baud-Bovy, von Hodler; und einer ganzen
Genfer Malergeneration lernt man hier einen
Künftler kennen von fichtlich ftarker Einfühlungs-
gabe in die idealiftifche wie die romantifche
Malerei Frankreichs, in die kleine, feine Welt
des paysage intime wie in die robufte Art eines
Courbet. Wie Menn alle feine Eindrücke ver-
arbeitet, das zeugt von einem Eingehen auf
letjte Nuancen verfchiedenfter Individualitäten —
das ihn kaum zum kraftvollen perfönlichen
Schaffen, wohl aber zu einem überaus frucht-
baren Lehren recht eigentlich beftimmte. J. C.

LONDON Städtebauausftellung in der
ROYÄL-ACÄDEMY: Von der eben ftattgehabten
internationalen Städtebaukonferenz in London
war fchon in einer Vornotiz (auf Seite 659/60)
die Rede, ln ihr wurde der Hoffnung Ausdruck
gegeben, daß fie und die gleichzeitig abgehaltenen
Ausheilungen in der Royal Academy und in der
Guildhall für das allgemeine Intereffe an Stadt-
baukunft und Stadtpßege ein Markftein fein
würden. Diefe Hoffnung hat fich leider nicht er-
füllt. Man ift auch diesmal wieder in den alten
Fehler des Geheimtuns verfallen, und hat die
Allgemeinheit von einigen der Veranftaltungen
ausgefchloffen. Die in der Guildhall zu fehen
gewefenen Londoner Pläne wurden nur den
Konferenzmitgliedern zugängig gemacht. Und
fo kam es, daß die Zeitungen Zufchriften ver-
öffentlichen mußten, in denen um Öffnung
auch diefer Äusftellung für Intereffenten gebeten
wurde. Daß die Äusftellungsgegenftände über-
haupt getrennt waren, muß bedauert werden.
In den Räumen der Royal Academy fpielte fo
London, die Stadt des Kongreffes, eine gar kläg-
liche Rolle. Deutfchland dominierte: München,
Berlin, Frankfurt und zahlreiche andere Städte
hatten Erweiterungspläne, Anfichten alter und
neuer Bauwerke, Modelle ufw. gefandt, aus denen
deutlich das neuerwachte Kunftempßnden und
gefunde Lebensluft zu erfehen waren. Von be-
fonderem Intereffe waren die großartigen Durch-
bruchspläne und Parkanlagen, die Chicago ge-
fchickt hatte, auch New York, Wafhington und
neuere amerikanifcheStädte waren vertreten. Aus
Großbritannien fand fich nicht allzuviel: immer-
hin Liverpool, Glasgow, Edinburg, vor allem
aber die Gartenftädte und Gartenvorftädte, die
ja die ganze neue Bewegung z. T. erft in Gang
gebracht haben. Von London fah man einige
Pläne zur Regent Street, die im Beginn des

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