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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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23. Heft
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Cohn, William: Die Malerei in der ostasiatischen Kunstabteilung der Berliner Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0881

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MALEREI IN DER OSTASIATISCHEN KUNSTABTEILUNG DER BERLINER MUSEEN

ein halbes Duzend Kakemono find, fcheint mir, durchaus
hervorragende Werke, die zu den heften Schöpfungen der
Ashikagazeit gerechnet werden muffen. Allerdings find
die echten Motonobu zu zählen. Es hält fchwer, fich ein
Bild feines Könnens, unverdunkelt durch die zahllofen
Schulwerke, Kopien und Kopien von Kopien zu bewahren.
Was auf Motonobu folgt, entbehrt nicht gerade jedes
fchöpferifchen Geiftes, kann aber auch in feinen Glanz-
punkten nicht mit der Vergangenheit verglichen werden.
Am reichften an produktiven Kräften ift noch die kurze
Ashikaga- undTokugawazeit verbindendeToyotomiperiode
(1573—1600), in der Nobunaga, Hideyoshi undTokugawa
Jeyafu die Grundlagen zu der langen Tokugawaherrfchaft
und damit zum modernen zentralifierten Japan legten.
Wurden doch damals eine Reihe neuer Beftrebungen ge-
fchaffen und nicht ohne Kraft gepflegt, die erft fpäter fo
fehr veräußerlichen und erftarren füllten. Unkoku-, Soga-
und Kanofchulen machten große Stilwandlungen durch.
Die Ukiyoyefchulen löften fich von den Kano- und Tofa-
fchulen los und hatten in ihren erften Meiftern tüchtige
Kräfte, die noch frei waren von allem Plakat- und Schab-
lonenmäßigen der fpäteren Jahre. Vor allem aber fpielte
fich damals das größte künftlerifche Ereignis der lebten
drei Jahrhunderte Japans ab, die Gründung der Schule,
die fälfchlich nach Körin benannt wird. Es kann kein
Zweifel darüber herrfchen, daß Körin (1661—1716) nur
der gefchicktefte Propagator des neuen Stiles war, fowohl
in der Malerei, wie im Kunftgewerbe. Es gibt kaum
einen Zug in feinem Oeuvre, der nicht fchon bei dem
viel älteren Köetfu (1557—1637) und bei Sotatfu (geft.
zwifchen 1624 und 1643) zu finden wäre. Körin felbft
hat diefes Verhältnis ja nie geleugnet. Kopierte er doch

Äbb.24. F u g wa i, Bodhi Daruma. 9ewiITe ihrer Werke W* buchftäblich

Turchmaierei auf Papier. 25,5x72,5 cm Die Berliner Sammlung hat das Glück, ein Werk ihr

eigen zu nennen, daß mit größter Wahrfcheinlichkeit
Honnami Köetfu zuzufchreiben ift. Damit vermag es vom Beften und Schönften zu
geben, deffen die leßten drei Jahrhunderte japanifcher Malerei überhaupt fähig waren.
Es ift günftig, daß wir das kleine Format von Albumblättern (Abb. 22, 23) vor uns
haben, und es ift charakteriftifch, daß es fich um dekorative Gebilde handelt. Solche
kleinen Flächen mit Leben zu erfüllen, dazu reichte die Kunftkraft jetjt noch voll aus.
Wo es Fufuma, Byöbu oder großen Kakemono galt, empfindet man nicht nur vor Arbeiten
der Kano- und Shijofchulen, fondern auch vor denen der Köetfufchule fo oft eine leife
Leere. Köetfu und feine Nachfolger mögen fich deffen vielleicht auch bewußt gewefen
fein. Pflegten fie doch jene Weife des Byöbufchmuckes, die die Seßfchirmflächen mit
zahlreichen kleinen Fächern oder buntfarbigen Blättern (Shikishi) bedeckt, von denen
jedes oft ein Meifterwerk ift. Auch unfere 36 Albumblätter waren urfprünglich über
den Raum von zwei Seßfchirmen verftreut. Sie in zwei Alben vereinigt zu haben,

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