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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Rückblick und Ausblick zum Neuen Jahre
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0020

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■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST .—-* jmi

Rückblick und Ausblick zum Neuen Jahre.
Ein neues Jahr! Wie lange noch wird es dauern, dann ist das erste Dezennium des XX. Jahrhunderts
vollendet.' In Frieden nach aussen, in reger, vielgestaltiger Schaffenskraft nach innen sind die Jahre dahin-
gerauscht, deren Umfang man für gewöhnlich als den Inbegriff eines menschlichen Arbeitslebens ansieht:
30 Jahre! An der Schwelle eines neuen Periodenlaufes von 365 Tagen gilt es, vor allem Ausschau
”*■* zu halten in das, was die Zukunft dem deutschen Goldschmiedegewerbe bringen mag — hoffentlich
sind es mehr freudige Tage als düstere, mehr wirtschaftlich günstige Ereignisse als Fehlschläge und getäuschte
Erwartungen.
Mit dem doppelten Janusgesicht der Erfahrung wenden wir uns auch zurück in die Vergangenheit und
lernen dadurch erst die Gegenwart recht verstehen. Was war das Goldschmiedsgewerbe vor 30 Jahren, und
was ist es heute! Ist es eine Zeit der Entwicklung, freudigen Aufwärtsstrebens, oder eine Epoche des Nieder-
ganges, kümmerlichen Dahinfristens?
Am Neujahrstage 1909 tritt das „Journal der Goldschmiedekunst“ in den 30. Jahrgang seines Bestehens.
Nun — ohne Ueberhebung dürfen wir es sagen — wer die Geschichte des Goldschmiedegewerbes während
der letzten 3 Jahrzehnte schreiben wollte — er fände das reichhaltigste Archiv dazu im „Journal“. Eine schier
unerschöpfliche Fülle an Urkunden künstlerischer, technischer und wirtschaftlicher Art, Spuren des Wirkens von
Hunderten wackerer Männer des Gewerbes, von denen viele leider schon dahingegangen sind, finden sich chro-
nologisch in den Spalten unserer Zeitschrift geordnet, entstanden in dem Interessenkampfe des gewerblichen
Schaffens und oft durchweht von hohem Idealismus und gemeinnützigem Sinn. Es sind Zeugnisse darunter, aus
denen auch die Gegenwart gar vieles lernen kann, zur Nachahmung, aber auch zur Warnung.
Alles in allem aber lässt sich wohl sagen, dass es mit dem deutschen Handwerk und vor allem mit der
deutschen Goldschmiedekunst während dieser letzten 30 Jahre besser geworden ist. Ein neuer geläuterter Kunst-
geschmack, ein vor 15 Jahren noch ungeahnter Aufschwung der Technik, wesentlich verbesserte Arbeitsbedingungen
und vervollkommnete Organisationsformen der Betriebe haben im Goldschmiedsgewerbe Platz gegriffen; und
naturgemäss war das „Journal“ als ältestes und verbreitetstes Fachblatt der Branche der Faktor, der hier vielfach
bahnbrechend, ratgebend und führend vorangegangen ist. Ein Blick schon auf die äussere Gestaltung unseres
Organs zeigt die Entwicklung seines Einflusses und zugleich das Erstarken des Goldschmiedegewerbes. Welch
ein gewaltiger Unterschied zwischen den ersten dünnen Jahrgängen kleinen Formats des „Journals“ und einem
Jahrgang der Zeitschrift, wie er jetzt wieder unseren Lesern abgeschlossen vorliegt!
Mit grosser Freude konstatieren wir es, dass sich aber nicht nur äusserlich die Gestalt unseres Fachblattes
im Laufe der Zeit so erheblich erweitert hat, sondern dass sich auch innerlich der Wert des Gebotenen immer
mehr steigerte. Die Folge beider Tatsachen war eine von Jahr zu Jahr zunehmende engere Fühlung zwischen
dem „Journal“ einerseits und dem Kunsthandwerk und der Industrie andererseits. Das Ergebnis dieser innigeren
Beziehungen stellte die Gründung des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede dar. Hier ist es
damals das „Journal“ gewesen, welches seine Werbearbeit in den Dienst dieser Sache stellte und dem Verbands-
gedanken die zündende Kraft zu geben wusste, die für die Geburtsstunde eines solchen Werkes notwendig war.
In welch’ tatkräftiger Weise wir dann auch weiter dem Verbände fördernd zur Seite standen, bedarf keiner
erneuten Hervorhebung.
Brachte auch das letzte Jahr Differenzen in unserem Verhältnis zu einzelnen Personen in leitender Stellung
des Verbandes, so wird das „Journal“ dem Verbände als solchem die Treue nicht brechen, sondern beweisen, mit
welchem Ernst es sein Interesse diesen Aufgaben widmet. In dieser Tätigkeit wissen wir uns schon heute eins
mit der Gesamtheit unserer Juweliere und Goldschmiede. Besonders wohltuend berührte es uns, als wir beim
jähen Dahinscheiden unseres allverehrten Chefs, des Herrn Curt Hentze, im Laufe des letztvergangenen Jahres
so viele herzliche Beweise von Teilnahme aus allen Kreisen des Goldschmiedegewerbes erhielten. Hierfür auch
an dieser Stelle nochmals aufrichtigen Dank!
In neuem Gewände kommt das „Journal der Goldschmiedekunst“ am Beginn des neuen Jahres zu seinen
nach Tausenden zählenden Lesern. Auch die Goldschmiedsfrau soll fortan in unserem Fachblatte etwas für sich
finden — eine besondere Unterhaltungsbeilage —; aber der in 30 Jahren so trefflich bewährte geistige Gehalt
des Journals, die Liebe zum deutschen Goldschmiedegewerbe, die tatkräftige Förderung all seiner Bestrebungen,—
diese Vorzüge sollen unserem Fachblatte auch im Jahre 1909 erhalten bleiben. Wichtige wirtschaftliche
Fragen bedeutsamer Natur, die für das Gedeihen unseres Goldschmiedegewerbes unerlässlich sind, harren auch
an der Schwelle des neuen Jahres der Erledigung. Unentwegt wird hier das „Journal“ auf dem Wege des
Rechtes, des Nutzens für die Gesamtheit des Faches voranschreiten, unterstützt durch die Mithilfe aller derer, die
es wirklich aufrichtig mit dem Gedeihen unseres Kunsthandwerks meinen.
Möge die nächste Zukunft nur Erfreuliches bringen; mögen „Journal“ und Goldschmiede wie bisher auch
fernerhin treu zusammenstehen, damit wir nach abermals 12 Monaten einen erneuten Aufschwung des gesamten
Standes konstatieren können. Ernst ist die Zeit, und das Goldschmiedegewerbe hat alle Ursache, seine ganze
Kraft zusammenzunehmen, damit es unentwegt weiterentwickle und sich nach aussen und innen in gleicher
Weise kräftige.
In diesem Sinne rufen wir allen unsern Lesern zu:

Ein recht frohes glückliches Neujahr!
Gott schütze und segne die Deutsche Goldschmiedekunst im Jahre 1909!
 
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