Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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DOI Heft:
Nr. 51
DOI Artikel:R., W.: Otto Gahr
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30. JAHRG.
LEIPZIG, 18. DEZEMBER 1909
Nr. 51
»W”' JOURNAL DER>”stSH
GOLDSCHMIEDEKUNST
VERLAG: HERM. SCHLAG NACHE
INH. FELIX HENTZE
LEIPZIG
NACHDRUCK, AUCH EINZELNER ARTIKEL, OHNE GENEHMIGUNG DER SCHRIFTLEITUNG VERBOTEN
OTTO GAHR
Es liegt in der menschlichen Natur begründet,
dafz der grolze Fremdenstrom, der ständig über
Sinnen und Trachten
sie sind von einer
Bayerns Metropole dahin-
flutet, dort hauptsächlich in
den weltberühmten Brau-
kellern bei kulinarischen Ge-
nüssen eine emsige Tätigkeit
entfaltet, um so den besten
Mafzstab dafür zu gewinnen,
was das schöne München
Hervorragendes zu bieten
vermag. Es hiefze ja in
Rom gewesen zu sein und
den Papst nicht gesehen zu
haben, wenn man in München
weilen wollte, ohne das Hof-
bräuhaus, den Löwenbräu-
keller und ähnliche Bier-
tempel aufzusuchen. Und
doch mufz ich mir den Vor-
wurf gefallen lassen, während
meiner letzten Anwesenheit
den herkömmlichen Brauch
schnöde mifzachtet zu haben,
denn obschon ich mich
längere Zeit dort aufhielt,
sah ich von jenen Stätten
des Münchner Ruhmes doch
nur die Aufzenseite, das
Innere lag so gänzlich aufzer-
halb meiner damaligen Inter-
essensphäre. Es sind zwar
auch ruhmvolle Gefilde der
bayerischen Hauptstadt, zu
denen es mich mächtig hin-
zog und die mein ganzes
OTTO GAHR — MÜNCHEN
ENTWURF ZU EINEM INTARSIA-
:: LEUCHTER ::
in Anspruch nahmen, aber
andern Art, sie liegen auf
kulturellem Gebiet, auf dem
Gebiete der Kunst. Neben
den reich ausgestatteten
Museen waren es vor allem
die Ausstellungs- und Ver-
kaufsräume des bayerischen
Kunstgewerbevereins, die
mein künstlerisches Empfin-
den immer wieder fesselten.
Dort ergötzten sich meine
Augen stundenlang an den
farbenprächtigen Meisterwer-
ken deutscher Goldschmiede-
kunst von Karl Rothmüller
u. a. und an den herrlichen
Silberschmiedearbeiten von
A. v. Mayrhofer usw., aber
auch die schönen mit Email
verzierten Messing getriebe-
nen Kunstgegenstände von
Winhart & Co. und was sonst
in jenen Räumen in grolzer
Fülle von echter Handwerks-
kunst geboten wird an Möbeln,
Arbeiten aus dem keramischen
und dem Textilgewerbe usw.
liefz mich erstaunen und er-
ringt auch wohl allgemein
eine lebhafte Befriedigung.
Auf meinen Rundgängen
durch die geräumigen Hallen
entdeckte ich unter den
Metallarbeiten einige Pokale
von eigenartigemReiz, die der
LEIPZIG, 18. DEZEMBER 1909
Nr. 51
»W”' JOURNAL DER>”stSH
GOLDSCHMIEDEKUNST
VERLAG: HERM. SCHLAG NACHE
INH. FELIX HENTZE
LEIPZIG
NACHDRUCK, AUCH EINZELNER ARTIKEL, OHNE GENEHMIGUNG DER SCHRIFTLEITUNG VERBOTEN
OTTO GAHR
Es liegt in der menschlichen Natur begründet,
dafz der grolze Fremdenstrom, der ständig über
Sinnen und Trachten
sie sind von einer
Bayerns Metropole dahin-
flutet, dort hauptsächlich in
den weltberühmten Brau-
kellern bei kulinarischen Ge-
nüssen eine emsige Tätigkeit
entfaltet, um so den besten
Mafzstab dafür zu gewinnen,
was das schöne München
Hervorragendes zu bieten
vermag. Es hiefze ja in
Rom gewesen zu sein und
den Papst nicht gesehen zu
haben, wenn man in München
weilen wollte, ohne das Hof-
bräuhaus, den Löwenbräu-
keller und ähnliche Bier-
tempel aufzusuchen. Und
doch mufz ich mir den Vor-
wurf gefallen lassen, während
meiner letzten Anwesenheit
den herkömmlichen Brauch
schnöde mifzachtet zu haben,
denn obschon ich mich
längere Zeit dort aufhielt,
sah ich von jenen Stätten
des Münchner Ruhmes doch
nur die Aufzenseite, das
Innere lag so gänzlich aufzer-
halb meiner damaligen Inter-
essensphäre. Es sind zwar
auch ruhmvolle Gefilde der
bayerischen Hauptstadt, zu
denen es mich mächtig hin-
zog und die mein ganzes
OTTO GAHR — MÜNCHEN
ENTWURF ZU EINEM INTARSIA-
:: LEUCHTER ::
in Anspruch nahmen, aber
andern Art, sie liegen auf
kulturellem Gebiet, auf dem
Gebiete der Kunst. Neben
den reich ausgestatteten
Museen waren es vor allem
die Ausstellungs- und Ver-
kaufsräume des bayerischen
Kunstgewerbevereins, die
mein künstlerisches Empfin-
den immer wieder fesselten.
Dort ergötzten sich meine
Augen stundenlang an den
farbenprächtigen Meisterwer-
ken deutscher Goldschmiede-
kunst von Karl Rothmüller
u. a. und an den herrlichen
Silberschmiedearbeiten von
A. v. Mayrhofer usw., aber
auch die schönen mit Email
verzierten Messing getriebe-
nen Kunstgegenstände von
Winhart & Co. und was sonst
in jenen Räumen in grolzer
Fülle von echter Handwerks-
kunst geboten wird an Möbeln,
Arbeiten aus dem keramischen
und dem Textilgewerbe usw.
liefz mich erstaunen und er-
ringt auch wohl allgemein
eine lebhafte Befriedigung.
Auf meinen Rundgängen
durch die geräumigen Hallen
entdeckte ich unter den
Metallarbeiten einige Pokale
von eigenartigemReiz, die der