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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 39
DOI Artikel:
Bindhardt, Georg: Über das Zeichnen für Goldschmiede
DOI Artikel:
Becker: Zur Erhöhung des Feingehalts für Silberwaren
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0358

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338

JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST

Nr. 39

einen umgekehrten Weg, durch ein Zurück zur Natur.
— Da alles, was wir handwerklich und seelisch
schaffen, nur durch künstliche Bedingungen besteht,
so müssen wir diese Bedingungen zuerst verstehen
lernen. Erst mit dem Verständnis und dem Beherr-
schen der Technik bildet sich der Sinn für formale
Gestaltung.
Das Zeichnen bekommt praktischen Wert, wenn
wir unser Handwerk als solches schon kennen; so
lange wir es nicht tektonisch anzuwenden imstande
sind, ist es nichts mehr und soll nicht mehr sein,
als manuelle Übung und richtiges Sehenlernen.

Hierzu eignet sich ein verständig geleitetes
Kopieren besser, als ein unverstandenes Darauflos-
gehen auf die Natur. Erst kommt die handwerk-
liche Ausbildung und dann kommt die Kunst. Dieser
Satz gilt von der hohen Kunst ebenso, wie vom
Kunsthandwerk.
Ich würde daher immer raten, das Zeichnen vor
allem zunächst als Technik zu lernen, erst gute
Arbeiten zu kopieren, und wenn Geschicklichkeit
und Verständnis schon eine gewisse Reife erlangt
haben, mit Kompositionsübungen ausschliefzlich ein-
zusetzen, aber dann nur im Hinblick auf die Natur.



ZUR ERHÖHUNG DES FEINGEHALTS FÜR SILBERWAREN.
Referat von Hofjuwelier Becker, Köln, auf dem letzten Verbandstage.
(I. Fortsetzung.)

Bezüglich der Höhe des Feingehaltes, bei welchem
eine Stempelung im einen oder anderen Sinne zu-
lässig ist, möchte ich für die bedeutendsten folgendes
anführen:
Belgien: 900 und 800 können staatlich gestem-
pelt werden.
Bulgarien: 900; keine gesetzl. Bestimmungen.
Dänemark: mindestens 826 kann gestempelt werden,
Bestecke sogar II lötig.
Deutschland: Mindestgehalt 800.
Frankreich: 950 (Premier titre), 800 (titre bas)
zur Ausfuhr in jedem Gehalt.
Grofzbritannien: 925 (sterling silver) für Privat-
gebrauch eingeführte Ware nicht stempelpflichtig.
Italien: 950, 900 und 800.
Niederlande: garantiert wird für 934 und 833.
Norwegen: 828—820/qqq, eventuell zur doppelten
Gebühr 8I2'/2/qoo durch staatliche Stempelung.
Österreich-Ungarn: für inländische 950, 900,
800 und 750; für ausländische Prüfung nur
dahin, ob mindestens 750.
Portugal: 916,66/qqq und 833/qqq; für die
Ausfuhr auch 800, qqq.
Rumänien: keine Bestimmungen.
Rufzland: 947i7i2/qoo, 9I62/3/ooo, 875 OOO
(Stempel 91,88 und 84).
Schweden: 828—820/qqq, eventuell zur doppelten
Gebühr 812'/2/qqq.
Schweiz: von 875 qqq ab aufwärts.
Serbien: 950, 900,800 und 750/qqq.
Spanien: 9I62/3/oOO und 750/qqq.
Türkei: Mindestgehalt 900/qqq.
Von einer Aufzählung der aufzereuropäischen
Länder sehe ich ab, da dies zu weit führen würde.
Wegen der im Deutschen Reich geltenden ge-
setzlichen Bestimmungen möchte ich in Ihre Er-
innerung zurückrufen, dafz es eine lange Reihe von

Jahren erfordert hat, bis eine Einigung erzielt und
ein Gesetz erlassen wurde. Schon seit den 30 er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden zu
wiederholten Malen Versuche zu einer Verständigung
in die Wege geleitet, aber erst die im Jahre 1872
durch die Firma Wilkens & Söhne und andere
eingereichte Denkschrift zeitigte den Erfolg, dafz
das Reichskanzleramt eine Enquete veranstaltete und
Sachverständigen einen Gesetzentwurf vorlegte,
welcher den Mindestfeingehalt für Silberwaren auf
800/qqq vorsah. Nach weiteren langen Unter-
handlungen kam endlich der Gesetzentwurf von
1884 zu Stande, welcher dem heutigen, am 1. Januar
1888 in Kraft getretenen deutschen Gesetz zu
Grunde liegt.
Nach dieser, leider etwas trockenen Auffrischung
Ihrer Erinnerung komme ich dazu, über die von mir
veranstalteten Umfragen, bezw. alle die Aufzerungen
aus Fabrikanten- und Juwelierkreisen zu berichten,
welche nach dem neuerlichen Aufrollen der Er-
höhungsfrage zu meiner Kenntnis gelangt sind. Da
die Mitteilungen von vielen Stellen als vertraulich
bezeichnet wurden, sehe ich davon ab, Namen oder
Firmen zu nennen, auch würde es zu weit führen,
auf die Aufzerungen im einzelnen einzugehen, da
vieles von den verschiedensten Seiten wiederholt
wird. Es wird verständlicher und übersichtlicher
sein, wenn ich aus dem gesamten Material in ge-
wisser Ordnung und Gruppierung alle Gesichts-
punkte vortrage, welche für und wider die Erhöhung
des Feingehaltes geltend gemacht worden sind. Es
soll diese Wiedergabe in durchaus objektiver Weise
erfolgen, im Gegensatz zu der Tendenz der grofzen
Mehrheit der ergangenen Aufzerungen, in welcher
leicht erkenntlich — aber auch sehr selbstver-
ständlich — das Bestreben zutage tritt, in erster
Linie den eigenen Vorteil, je nach der Eigenart der
 
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