Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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DOI Heft:
Nr. 19
DOI Artikel:Weinber, Kurt: Die Rechtsgültigkeit telephonischer geschäftlicher Unterhaltunge
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■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■
162
M 19
Die Rechtsgültigkeit telephonischer geschäftlicher Unterhaltungen.
Von Dr. jur. Kurt Weinberg, Berlin.
Die Fälle, wo es auf Grund telephonischer Unter-
haltungen zwischen Lieferanten und Kunden zu Differenzen
kommt, beschäftigen in letzter Zeit immer häufiger die
Gerichte. Dass telephonische Bestellungen und dergl. an
sich völlig rechtsgültig und rechtswirksam sind, ist zweifel-
los, denn das telephonische Gespräch ist doch im Grunde
genommen nur eine mündliche Unterhaltung, und ebenso
wie man mündlich Ware bestellen, Offerten machen kann
usw., kann man es auch telephonisch. Wenn also Herr
Gustav Meyer, in Firma Meyer & Co., persönlich mit
Herrn Wilhelm Schulze, in Firma Wilhelm Schulze Söhne,
am Telephon verhandelt, so ist es absolut zweifelsfrei, dass
diese beiden Herren alle möglichen rechtsverbindlichen
Abmachungen am Telephon abschliessen können.
Anders ist es nur, wenn nicht die Firmeninhaber selbst
Cehrlingsarbeif ber Handwerker- und Kunsfgewerbesdjule Älfona
oder ihre bevollmächtigten Vertreter, sondern andere Per-
sonen das Telephon benutzen und daselbst Erklärungen
abgeben. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Angestellter
der Firma Wilhelm Schulze Söhne klingelt bei Meyer & Co.
an. Es ertönt der Anruf: „Hier Meyer & Co.“ „Hören
Sie mal“, sagt der Anrufende, „die Ware, die Sie uns
zuletzt geschickt haben, gefällt uns aber gar nicht. Die
können wir nicht verwenden. Wir werden Ihnen die
Sachen retournieren“. „Gut“, wird bei Meyer geantwortet,
„wenn Ihnen die Ware nicht konveniert, schicken Sie sie
nur retour“. Die Ware kommt also zurück, die Annahme
wird aber verweigert, denn sie war ganz ordnungsgemäss
geliefert und die Firma Schulze hatte absolut keinen
Grund, die Ware zurückzusenden. Sie beruft sich auf die
telephonische Unterhaltung. Es wird im Geschäft von
Meyer nachgeforscht — kein Angesteller will davon etwas
wissen. Es kommt zum Prozess und das Gericht — das
Landgericht I Berlin hatte einen solchen Fall zu ent-
scheiden — entscheidet, nachdem der Angestellte der
Firma Schulze seine Aussage beschworen hatte, dass er
auf Anruf bei Meyer die in Frage stehende Antwort er-
halten hätte, zu Ungunsten von Meyer. Es argumentiert
dahin, dass der Geschäftsinhaber für die von seinen An-
gestellten an seinem Telephon abgegebenen Erklärungen
einzustehen hätte.
Diese prinzipiell bedeutungsvolle Ansicht des Berliner
Gerichtes wird aber keineswegs einheitlich von allen
Gerichten vertreten. In einem ähnlichen Falle, der in
Hamburg spielte, stellte sich das dortige Gericht auf den
gerade entgegengesetzten Standpunkt. Das Hamburger
Gericht ist der Ansicht, dass man nicht ohne weiteres die
am Telephon abgegebenen Erklärungen als bindend er-
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Die Rechtsgültigkeit telephonischer geschäftlicher Unterhaltungen.
Von Dr. jur. Kurt Weinberg, Berlin.
Die Fälle, wo es auf Grund telephonischer Unter-
haltungen zwischen Lieferanten und Kunden zu Differenzen
kommt, beschäftigen in letzter Zeit immer häufiger die
Gerichte. Dass telephonische Bestellungen und dergl. an
sich völlig rechtsgültig und rechtswirksam sind, ist zweifel-
los, denn das telephonische Gespräch ist doch im Grunde
genommen nur eine mündliche Unterhaltung, und ebenso
wie man mündlich Ware bestellen, Offerten machen kann
usw., kann man es auch telephonisch. Wenn also Herr
Gustav Meyer, in Firma Meyer & Co., persönlich mit
Herrn Wilhelm Schulze, in Firma Wilhelm Schulze Söhne,
am Telephon verhandelt, so ist es absolut zweifelsfrei, dass
diese beiden Herren alle möglichen rechtsverbindlichen
Abmachungen am Telephon abschliessen können.
Anders ist es nur, wenn nicht die Firmeninhaber selbst
Cehrlingsarbeif ber Handwerker- und Kunsfgewerbesdjule Älfona
oder ihre bevollmächtigten Vertreter, sondern andere Per-
sonen das Telephon benutzen und daselbst Erklärungen
abgeben. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Angestellter
der Firma Wilhelm Schulze Söhne klingelt bei Meyer & Co.
an. Es ertönt der Anruf: „Hier Meyer & Co.“ „Hören
Sie mal“, sagt der Anrufende, „die Ware, die Sie uns
zuletzt geschickt haben, gefällt uns aber gar nicht. Die
können wir nicht verwenden. Wir werden Ihnen die
Sachen retournieren“. „Gut“, wird bei Meyer geantwortet,
„wenn Ihnen die Ware nicht konveniert, schicken Sie sie
nur retour“. Die Ware kommt also zurück, die Annahme
wird aber verweigert, denn sie war ganz ordnungsgemäss
geliefert und die Firma Schulze hatte absolut keinen
Grund, die Ware zurückzusenden. Sie beruft sich auf die
telephonische Unterhaltung. Es wird im Geschäft von
Meyer nachgeforscht — kein Angesteller will davon etwas
wissen. Es kommt zum Prozess und das Gericht — das
Landgericht I Berlin hatte einen solchen Fall zu ent-
scheiden — entscheidet, nachdem der Angestellte der
Firma Schulze seine Aussage beschworen hatte, dass er
auf Anruf bei Meyer die in Frage stehende Antwort er-
halten hätte, zu Ungunsten von Meyer. Es argumentiert
dahin, dass der Geschäftsinhaber für die von seinen An-
gestellten an seinem Telephon abgegebenen Erklärungen
einzustehen hätte.
Diese prinzipiell bedeutungsvolle Ansicht des Berliner
Gerichtes wird aber keineswegs einheitlich von allen
Gerichten vertreten. In einem ähnlichen Falle, der in
Hamburg spielte, stellte sich das dortige Gericht auf den
gerade entgegengesetzten Standpunkt. Das Hamburger
Gericht ist der Ansicht, dass man nicht ohne weiteres die
am Telephon abgegebenen Erklärungen als bindend er-