Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

DOI Heft:
Nr. 13
DOI Artikel:
Die Gold- und Silberwarenbranche und der Gesetzentwurf über den unlauteren Wettbewerb
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0118

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
<l JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■ --=• m 13

Die Gold- und Silberwarenbranche und der Gesetzentwurf über den

unlauteren Wettbewerb.

(Nachdruck verboten.)

Mancherlei Missstände innerhalb des Gold- und
Silberwarenhandels wie überhaupt der Bijouteriebranche
allgemein, besonders das noch immer grassierende Aus-
verkaufsunwesen, das ja schon oft in diesen Spalten
kritisch beleuchtet worden ist, machen es zur Notwendig-
keit, die reellen Kreise des Gewerbes wieder und immer
wieder zur nachdrücklichen Abwehr dieser unliebsamen
Zustände anzuregen, sie vor allem auf die gesetzlichen
Handhaben gegen jene hinzuweisen. Daher gewinnt auch
der neue Gesetzentwurf über den unlauteren Wettbewerb,
den die Reichsregierung soeben fertiggestellt und am
8. Januar 1909 dem Reichstag zur Beratung und Beschluss-
fassung übermittelt hat, ein besonderes Interesse für das
Gold- und Silberschmiedegewerbe sowohl für den be-
scheidenen Goldschmiedemeister wie auch für den grösseren
Gold- und Silberwarenfabrikanten, vor allem aber natürlich
für die Ladengeschäfte betreibenden Angehörigen des
Gewerbes, die jenen Übelständen naturgemäss in erster
Linie ausgesetzt sind, daher naturgemäss auch das grösste
Interesse an der gesetzlichen Einschränkung derselben
haben. Erwartet der Gold- und Silberwarenhandel doch
schon seit Jahren von einer neuen gesetzgeberischen
Regelung des geschäftlichen Wettbewerbs ein geeignetes
Mittel zur Bekämpfung der verschiedenen Arten unlauterer
Machenschaften in seinen Reihen, hat doch gerade die
Bijouteriewarenbranche schon mehrfach die gesetzgebenden
Körperschaften, Reichsregierung und Reichstag, durch ihre
berufenen Vertreter, die Vereine und Verbände der Branche
wie auch durch die Fachpresse, in Petitionen und Denk-
schriften zur Erlassung ausreichender gesetzgeberischer
Massnahmen für diesen Zweck aufgefordert.
Der neue Gesetzentwurf kommt den Forderungen an
eine verschärfte gesetzgeberische Massnahme gegen die

Ausartungen des geschäftlichen Wettbewerbs, zum grossen
Teile wenigstens, nach, wie unbedingt anerkannt werden
muss. Besonders gegen jenen geschäftlichen Missstand,
unter dem wie alle Branchen so auch der Gold- und
Silberwarenhandel in allen seinen Zweigen am schwersten
zu leiden hat, gegen das Ausverkaufsunwesen. Der Gesetz-
entwurf zieht ganz bedeutend schärfere Seiten auf, als in
dem bisherigen Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren
Wettbewerbs vom 27. Mai 1896 vorgesehen sind. Das
genannte Gesetz hat sich während der ganzen Dauer
seines Bestehens als völlig unzureichend erwiesen, um als
geeignete Waffe gegen das Ausverkaufsübel und die
anderen Arten des unlauteren Wettbewerbs dienen zu
können, wofür der beste Beweis wohl darin zu suchen
ist, dass sich jenes Unwesen trotzdem ungestört immer
weiter ausdehnen konnte und trotz aller Abwehrmass-
regeln immer mehr an Ausbreitung gewann. Um die
Bedeutung dieser wichtigsten Seite des Gesetzentwurfs
für die gesamte Gold- und Silberwarenbranche voll er-
messen zu können, müssen wir uns kurz die bisherige und
auch gegenwärtig noch geübte Praxis der Gerichte in der
Behandlung des gewerbsmässigen Ausverkaufsunwesens
veranschaulichen.
Der Krebsschaden des Ausverkaufswesens für unser
Gewerbe besteht natürlich nicht darin, dass es überhaupt
Ausverkäufe gibt, sondern in den ohne wirkliches Bedürfnis
seitens der Veranstalter entrierten und künstlich in die
Länge gezogenen Ausverkäufen, die nur den Zweck haben,
unter der verlockenden Flagge „Ausverkauf“, „Total-Aus-
verkauf“, „Konkurs-Ausverkauf“ usw. grosse Massen von
Gold-, Silber- und sonstigen Bijouteriewaren jeder Art,
besonders aber billige und geringwertige Waren, schnell
und leicht an den Mann zu bringen. Das Publikum glaubt
eben immer noch, dass Waren dieser Art, die in
einem Ausverkauf angeboten werden, besonders
preiswert und billig sind und bevorzugt bei seinen
Einkäufen solche Ausverkäufe daher mit besonderer
Vorliebe. In der Tat wird ja auch der Besitzer
eines Gold- und Silberwarengeschäfts, der aus
irgend welchen Gründen gezwungen ist, sein Ge-
schäft aufzugeben und daher einen Ausverkauf
veranstaltet, seine Waren etwas im Preise herab-
setzen, um die Räumung des vorhandenen Lagers,
die der Zweck des Ausverkaufes ist und einzig
und allein sein soll, möglichst schnell und voll-
ständig zu erreichen, womit ihm, sofern er sich bei
der Veranstaltung von reellen Absichten leiten lässt,
am meisten gedient ist und auch die übrigen An-
gehörigen der Branche noch verhältnismässig am
wenigsten belästigt oder geschädigt werden. Inner-
halb dieser Grenzen gehalten, ist die Veranstaltung
eines Ausverkaufs ein durchaus einwandfreies ge-
schäftliches Verfahren, das unter Umständen auch


Taufsdjale von Ä. Sdjönaucr, Hofgolbsdjmieb, Hamburg.
 
Annotationen